Königin Silvia von Schweden engagiert sich seit vielen Jahren für Menschen mit Demenz und deren Angehörige. Dieser Einsatz hat einen persönlichen Hintergrund: Ihre Mutter, Alice Sommerlath, litt an Demenz. Angesichts ihres eigenen Alters von fast 80 Jahren stellt sich nun die Frage, ob Königin Silvia selbst das traurige Schicksal ihrer Mutter teilen wird.
Die Sorge um das eigene Risiko
Die Sorge, an Demenz zu erkranken, ist verständlich, besonders wenn die Krankheit bereits in der Familie aufgetreten ist. Alice Sommerlath, die Mutter von Königin Silvia, war selbst von Demenz betroffen. "Ich vergesse mein Leben", stellte sie einst fest. Diese Erfahrung prägte Königin Silvia und motivierte sie, sich für Demenzkranke einzusetzen.
Die gute Nachricht ist, dass eine erbliche Form der Demenz extrem selten ist. In 99 Prozent der Fälle ist das Alter der größte Risikofaktor. Königin Silvia ist zweifellos fit und nimmt weiterhin viele Termine für die Krone wahr. Dennoch bleibt die Sorge im Hinterkopf, wenn man diese grausame Krankheit in der eigenen Familie erlebt hat.
Königin Silvias persönliches Engagement
Königin Silvia hat Demenz aus nächster Nähe erlebt. Sie pflegte ihre Mutter Alice Sommerlath bis zu ihrem Tod im Jahr 1997 auf Schloss Drottningholm. "Es hat mich sehr betroffen gemacht, meine Mutter so hilflos zu sehen", sagte die Königin. Sie erinnert sich daran, wie ihre Mutter ständig nach ihrem verstorbenen Vater fragte und immer wieder erklärt werden musste, dass er nicht mehr lebt. Auch ihr Bruder Walter erhielt später die Diagnose Demenz. "Vor zwei Jahren habe ich meinen Bruder an Alzheimer verloren", verriet sie auf einer Alzheimer-Konferenz in Göteborg.
Diese Erfahrungen haben Königin Silvia dazu bewegt, aktiv zu werden. Bereits im Jahr 1996 gründete sie die Stiftung "Silviahemmet". Ziel dieser Stiftung ist es, die Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu fördern und Pflegekräfte speziell zu schulen. Königin Silvia kennt alle Facetten des schrecklichen Leidens und setzt sich unermüdlich dafür ein, die Situation von Betroffenen und ihren Angehörigen zu verbessern. "Ich habe nie die Hoffnung verloren, dass wir einen Weg finden, die Krankheit zu besiegen", betont sie.
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Silviahemmet: Ein Leuchtturm in der Demenzversorgung
Die Stiftung Silviahemmet hat sich international einen Namen gemacht und gilt als führend auf dem Gebiet der Demenzversorgung. Das Konzept der Stiftung sieht eine umfassende Begleitung und Betreuung Demenzkranker und ihrer Angehörigen vor. Silviahemmet arbeitet eng mit verschiedenen Organisationen zusammen, um die bestmögliche Versorgung sicherzustellen.
Ein wichtiger Bestandteil der Arbeit von Silviahemmet ist die Schulung von Pflegepersonal. Alle Mitarbeitenden in von Silviahemmet zertifizierten Einrichtungen werden nach der Palliativen Philosophie von Silviahemmet geschult. Dies umfasst den demenzsensiblen Umgang mit Patienten, die Anpassung von Räumlichkeiten und Prozessen an die Bedürfnisse von Demenzkranken und ihrer Angehörigen.
Demenzsensible Krankenhäuser: Ein neuer Ansatz in der Versorgung
Ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Versorgungssituation von Demenzkranken ist die Schaffung demenzsensibler Krankenhäuser. Das Malteser Krankenhaus St. Carolus in Görlitz ist das erste Krankenhaus in Deutschland, das vollständig auf die Bedürfnisse von Patienten mit Demenz eingestellt ist. Königin Silvia selbst verlieh dem Krankenhaus im November 2020 das Zertifikat "Demenzsensibles Krankenhaus".
In dem demenzsensiblen Krankenhaus wurden umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt, Orientierungshilfen installiert, Räume gestaltet und gleichzeitig die Abläufe im Krankenhaus demenzsensibel angepasst. Alle Mitarbeitenden - von der Empfangsdame über den Internisten bis zum Techniker - wurden zum Thema demenzsensibler Umgang mit Patienten mehrtägig praxisnah weitergebildet.
Dieser Ansatz berücksichtigt die besonderen Bedürfnisse von Demenzkranken und trägt dazu bei, ihre Lebensqualität während eines Krankenhausaufenthalts zu verbessern. Denn gerade in Corona-Zeiten verlören viele Menschen mit einer Demenz die notwendige emotionale Stabilität, da z.B. Angehörige sie nicht mehr besuchen dürften.
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Herausforderungen und Lösungsansätze in der Demenzversorgung
Trotz der Fortschritte in der Demenzforschung und -versorgung gibt es noch viele Herausforderungen. Ein großes Problem ist der Mangel an Pflegekräften. Es besteht ein großer Bedarf an individuellen Versorgungsangeboten, um den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden.
Ein weiteres Problem sind herausfordernde Verhaltensweisen, die etwa neun von zehn Demenzkranken entwickeln können. Diese können sich als Aggression, Fluchen und Schreien, Agitiertheit, Wahn, Enthemmung und zielloses Umherlaufen äußern. Ebenfalls häufig zu beobachten ist Apathie. Ein Teil dieses unangepassten und für Pflegende belastenden Verhaltens könnte auf unbehandelte Schmerzen zurückgehen. Studien zeigen, dass Demenzpatienten häufig schmerztherapeutisch unterversorgt sind, da es schwierig sein kann, ihre Schmerzen zu erkennen.
Um diesen Herausforderungen zu begegnen, sind verschiedene Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören die Verbesserung der Ausbildung von Ärzten und Pflegekräften, die Förderung von Forschungsprojekten zur Entwicklung neuer Therapien und die Schaffung von mehr Unterstützungsmöglichkeiten für Angehörige. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft bietet beispielsweise Schulungen zum Demenz Partner an, um das Wissen über die Erkrankung zu mehren und Verständnis für Erkrankte und deren Angehörige zu wecken.
Die Bedeutung von Ernährung und Bewegung
Auch die Ernährung spielt eine wichtige Rolle bei der Versorgung von Demenzkranken. Mangelernährung kann die Kognition beeinflussen, aber kognitive Defizite können auch den Ernährungszustand verschlechtern. Es ist wichtig, auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Eiweiß und Flüssigkeit zu achten. Insgesamt liegt der Energiebedarf bei 25 bis 30 kcal pro Kilogramm Körpergewicht. Bei einer Person von etwa 60 kg sind das 1800 kcal pro Tag. Bewegen sich die Patienten viel, steigt der Bedarf.
Auch Bewegung ist wichtig für Demenzkranke. Sie kann dazu beitragen, die körperliche und geistige Fitness zu erhalten und herausfordernde Verhaltensweisen zu reduzieren.
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Fixierung vermeiden: Ein schwedischer Ansatz
Mitunter werden bei Demenzpatienten freiheitsentziehende Maßnahmen wie Bettgitter, Stecktische und Gurte, aber auch sedierende Medikamente genutzt. In Schweden wurde daher die landesweite Initiative »Vision Zero« gestartet, die als Ziel hat, den Einsatz von Fixierungen auf null zu senken. Hierfür wurden Richtlinien entwickelt, Handbücher geschrieben und Pflegepersonal geschult. Eine erste Evaluierung zeigte, dass die Zahl der Fixierungen seit Implementierung des Konzepts stark zurückging.
Die Bayerische Demenzstrategie
Auch in Bayern wird die Versorgung von Demenzkranken großgeschrieben. Die Bayerische Staatsregierung hat vor einigen Jahren die Bayerische Demenzstrategie ins Leben gerufen. In diesem Rahmen werden eine Vielzahl unterschiedlichster Projekte und Angebote gefördert. Ziel ist es, eine bedarfsgerechte Versorgung der Erkrankten sicherzustellen und den positiven Bewusstseinswandel in der Gesellschaft zum Thema Demenz weiter zu unterstützen.