Einleitung
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte Anfälle gekennzeichnet ist. Obwohl die meisten Menschen mit Epilepsie kognitiv normal entwickelt sind, gibt es immer wieder Spekulationen über einen möglichen Zusammenhang zwischen Epilepsie und Intelligenz. Dieser Artikel untersucht die aktuelle Forschungslage zu diesem Thema und beleuchtet verschiedene Aspekte, die bei der Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit Epilepsie eine Rolle spielen.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie umfasst eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die auf einer Überaktivität der Nervenzellen im Gehirn beruhen. Diese Überaktivität kann zu anfallsartigen Funktionsstörungen führen, die von kaum merklichen Abwesenheiten bis hin zu schweren Krampfanfällen mit Bewusstseinsverlust reichen. Es gibt verschiedene Arten von Anfällen, darunter generalisierte Anfälle, die das gesamte Gehirn betreffen, und fokale Anfälle, die nur in einem Teil des Gehirns entstehen.
Epidemiologie der Epilepsie im Kindesalter
Die Prävalenz der Epilepsie im Kindesalter beträgt etwa 0,5 Prozent. In den Industrieländern erkranken im Mittel etwa 50 von 100.000 Kindern jedes Jahr neu an einer Epilepsie. Insgesamt macht der Anteil von Kindern 25 Prozent aller Epilepsie-Neuerkrankungen aus.
Kognitive Fähigkeiten bei Epilepsie
Etwa 70 Prozent aller Kinder mit Epilepsie sind kognitiv normal entwickelt. Allerdings ist eine Intelligenzminderung (IQ < 70) die häufigste Komorbidität bei Kindern mit Epilepsie. Es ist wichtig zu beachten, dass Epilepsie eine Netzwerkerkrankung ist, die sowohl funktionelle als auch neuroanatomische Korrelate aufweist. Je stärker die Netzwerke betroffen sind, desto ausgeprägter sind die kognitiven Beeinträchtigungen und desto mehr Dimensionen werden erfasst.
Ursachen für kognitive Beeinträchtigungen
Es gibt verschiedene Ursachen für kognitive Beeinträchtigungen bei Menschen mit Epilepsie. Zu den wichtigsten Faktoren gehören:
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- Morphologische Faktoren: Stabile und progressive Gehirnläsionen sowie epilepsiechirurgische Eingriffe können die kognitiven Fähigkeiten beeinträchtigen.
- Klinische und demografische Faktoren: Das Alter bei Beginn der Epilepsie, die Lateralisation und Topografie der epileptogenen Läsion, die Erkrankungsdauer und das Geschlecht spielen eine Rolle.
- Funktionelle Faktoren: Die Medikation, eine allfällige psychiatrische Komorbidität, die Anfälle und möglicherweise interiktale epileptiforme Entladungen können kognitive Beeinträchtigungen hervorrufen.
Studien zur Intelligenz bei Epilepsie
Es gibt eine Reihe von Studien, die sich mit der Frage auseinandersetzen, ob Epileptiker intelligenter sind als die Allgemeinbevölkerung. Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Arten von Epilepsie mit höheren kognitiven Fähigkeiten verbunden sein könnten. Beispielsweise wurde in einigen Studien festgestellt, dass Menschen mit idiopathischer generalisierter Epilepsie (IGE) in bestimmten kognitiven Bereichen besser abschneiden als gesunde Kontrollpersonen.
Allerdings ist es wichtig zu betonen, dass diese Ergebnisse nicht bedeuten, dass alle Menschen mit Epilepsie intelligenter sind. Die kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit Epilepsie sind sehr unterschiedlich und hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab, darunter die Art und Schwere der Epilepsie, das Alter bei Beginn der Erkrankung, die Medikation und das Vorliegen von Begleiterkrankungen.
Transkranielle Stimulation zur Reduktion epileptischer Aktivität
Eine vielversprechende neue Behandlungsoption für Menschen mit Epilepsie ist die transkranielle Stimulation. Im Rahmen einer Studie soll untersucht werden, welche Effekte durch eine transkutane, also über die Haut vermittelte, elektrische Reizung erzielt werden können. Bisherige Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass bereits eine einzige Stimulationssitzung eine positive Wirkung haben kann. Das Hauptziel der Studie ist die Beurteilung der Wirkung der transkraniellen elektrischen Stimulation auf interiktale epileptiforme Aktivität, gemessen anhand eines EEG, und des Vergleichs, welche Art der Stimulation (AC, Wechselstrom vs. DC, Gleichstrom) die Spike-Aktivität am effektivsten verringert.
Hirnschrittmacher gegen Epilepsie
Bei mehr als einer Million Epilepsiepatienten in Deutschland helfen Medikamente nicht oder nicht ausreichend. Ende September ist nun der weltweit erste minimalinvasive Hirnschrittmacher für Epilepsiepatienten zugelassen worden, der die Anfallshäufigkeit und Stärke deutlich reduzieren kann. Die europäischen Zulassungsstudien wurden am Epilepsiezentrum des Universitätsklinikums Freiburg geleitet. In einer Folgestudie im Rahmen des Projekts Brain-MEP untersucht nun das Forschungsteam um Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage, Leiter des Epilepsiezentrums der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg, wie mittels Künstlicher Intelligenz bereits erste Anfallssignale erkannt und durch gezielte Stimulation unterbrochen werden können, sodass es gar nicht erst zu einem Anfall kommt. Außerdem wollen die Wissenschaftler und Ärzte herausfinden, welche Patienten von der Behandlung besonders profitieren, um sie gezielt anbieten zu können.
Epilepsie und Intelligenzminderung
Menschen mit geistiger Behinderung erkranken im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung häufiger an Epilepsie. Hinsichtlich Diagnostik und Behandlung gelten prinzipiell die gleichen Grundsätze wie bei nichtbehinderten Epilepsiekranken. Bei der pharmakologischen Therapie ist eine verbesserte Anfallskontrolle über eine Monotherapie anzustreben, um unerwünschte Wirkungen zu minimieren. Wo dies nicht möglich ist, bringt bereits oft eine Reduktion und Vereinfachung einer bestehenden Polytherapie für den Patienten eine erhebliche Verbesserung seiner psychischen, kognitiven und motorischen Möglichkeiten.
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Fazit
Die Frage, ob Epileptiker intelligenter sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die kognitiven Fähigkeiten von Menschen mit Epilepsie sind sehr unterschiedlich und hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab. Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte Arten von Epilepsie mit höheren kognitiven Fähigkeiten verbunden sein könnten, aber weitere Forschung ist erforderlich, um diese Ergebnisse zu bestätigen. Es ist wichtig, Menschen mit Epilepsie nicht zu stigmatisieren oder zu stereotypisieren, sondern ihre individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse zu berücksichtigen.
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