Die Parkinson-Krankheit, eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die vor allem motorische Fähigkeiten beeinträchtigt, betrifft Millionen Menschen weltweit. Im Laufe der Zeit entwickeln viele Betroffene motorische und nicht-motorische Symptomschwankungen, die eine kontinuierliche und objektive Überwachung erforderlich machen. Traditionelle Methoden wie Tagebücher und Arztbefragungen weisen oft Lücken auf. Smartwatches und andere Wearables rücken daher zunehmend in den Fokus von Forschung und Anwendung, um eine präzisere und umfassendere Erfassung von Symptomen und Therapiefortschritten zu ermöglichen.
Wearables zur kontinuierlichen Überwachung von Parkinson-Symptomen
Wearables, insbesondere Smartwatches, bieten die Möglichkeit, Parkinson-Symptome kontinuierlich und objektiv zu überwachen. Diese Geräte sind mit Sensoren wie Akzelerometern ausgestattet, die Bewegungen, Tremor und Gangmuster erfassen können. Die gesammelten Daten können wertvolle Einblicke in den Verlauf der Erkrankung und die Wirksamkeit der Therapie liefern.
VALIDATE-PD-Studie: Akzelerometer zur Erfassung motorischer Fluktuationen
Eine prospektive Studie (VALIDATE-PD) untersuchte, inwiefern eine sensorgestützte, kontinuierliche Dokumentation motorische Fluktuationen bei fortgeschrittener Parkinson-Erkrankung genauer erfasst als simultane Tagebuchdokumentationen von Betroffenen und Behandelnden. Die Dokumentation erfolgte mit einem Akzelerometer-System, einem kleinen Gerät ähnlich einer Smartwatch. Die Ergebnisse zeigten eine moderate Validität für die Detektion von motorischen Off-Phasen und dyskinetischen Phasen über den Verlauf eines Tages. Andere Untersuchungen mit Wearables erzielten ähnliche Ergebnisse mit milden bis moderaten Korrelationen zum Monitoring der Motorik, wobei Tremor durch die meisten verfügbaren Wearables mit einer guten Validität im Vergleich zur klinischen Bewertung detektiert wird.
Grenzen der aktuellen Wearables
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es noch Herausforderungen bei der Verwendung von Wearables zur Überwachung von Parkinson-Symptomen. Viele der am stärksten belastenden Symptome lassen sich noch nicht mit Wearables über alle Krankheitsstadien hinweg adäquat überwachen. Hier ist weitere Forschung erforderlich, um die Genauigkeit und Anwendbarkeit von Wearables zu verbessern.
Neuroprothesen und epidurale Stimulation zur Verbesserung von Gangstörungen
Neben der Überwachung von Symptomen werden auch innovative Therapieansätze erforscht, um die Lebensqualität von Parkinson-Patienten zu verbessern. Ein vielversprechender Ansatz ist die Implantation von epiduralen Elektroden (epidurale elektrische Stimulation, EES) bzw. einer Neuroprothese bei schweren Gangstörungen, wie Freezing of Gait.
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TEES-Studie: Verbesserung der Gangparameter und Reduktion der Sturzfrequenz
Die TEES (Targeted Epidural Spinal Stimulation) wurde anhand eines Primaten-Modells entwickelt und erstmals an einem 61-jährigen Parkinson-Patienten untersucht, der unter schwerem Freezing of Gait litt. Durch die Kombination von TEES mit etablierten Verfahren wie Tiefe Hirnstimulation und optimaler dopaminerger Medikation konnten wesentliche Gangparameter gebessert bis normalisiert werden. Die Sturzfrequenz sank dramatisch, und die Symptome des Freezing of Gait waren mit TEES nahezu verschwunden. Aktuell läuft eine größere Studie (STIMO-PARK, NCT04956770) zur Wirksamkeit der TEES über einen Follow-up-Zeitraum von drei Jahren.
Roboterassistierte Ansätze bei Freezing of Gait
In Bezug auf Freezing of Gait wird aktuell ein weiterer, roboterassistierter Ansatz mit soften Prothesen untersucht. Beide Ansätze deuten darauf hin, dass technologiebasierte Lösungen in Zukunft einen Wendepunkt in der Behandlung des Freezing of Gait einleiten werden.
Stammzelltherapie als restaurativer Ansatz
Restaurative Therapien mittels Stammzelltransplantation erleben bei Parkinson laut Einschätzung von Storch derzeit eine Renaissance. Ansätze mit induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSCs) und insbesondere embryonalen Stammzellen scheinen die aussichtsreichsten Zellquellen zu sein.
Bemdaneprocel: Ein vielversprechender Kandidat für die Stammzelltherapie
Als einen der klinisch am weitesten fortgeschrittenen Kandidaten für eine pluripotente Stammzelltherapie nannte der Experte Bemdaneprocel. Bisherige Ergebnisse aus einer Phase-I-Studie (NCT04802733) mit einer Nachbeobachtungszeit von mittlerweile 18 Monaten sind nach seiner Einschätzung ermutigend. Bemdaneprocel wurde bei allen 12 Probanden mit Parkinson in niedriger und hoher Dosis gut vertragen. Zudem konnte die OFF-Zeit reduziert und die ON-Zeit gesteigert werden, ohne dass Dyskinesien auftraten. Eine Phase-II-Studie zur weiteren klinischen Untersuchung von Bemdaneprocel wird noch in diesem Jahr mit der Rekrutierung von Studienteilnehmern beginnen.
Smartwatches und KI-Lösungen zur personalisierten Therapie
Digitale Anwendungen, insbesondere Smartwatches in Kombination mit KI-Lösungen, können bei Parkinson hilfreich sein. Diese Systeme messen Symptome und Behandlungsreaktionen und bieten eine dazu passende App für die Auswertung.
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Neptune-Lösung: KI-gestützte Überwachung motorischer Symptome
Die Neptune-Lösung kombiniert eine Garmin-Smartwatch mit einer KI-Lösung, um motorische Symptome und Behandlungsreaktionen minutengenau zu überwachen. Die Daten werden in eine Cloud geladen und von einem Algorithmus in relevante Werte umgewandelt. Betroffene können die Daten in einer zugehörigen App einsehen und ergänzen. Ärzte greifen per Computer auf die Daten zu und erhalten ein objektives und vollständigeres Bild als in der Momentaufnahme in der Sprechstunde.
Garmin Health API: Integration von Wearable-Daten in klinische Studien
Die Garmin Health API ermöglicht die Integration von Daten von Garmin-Wearables in klinische Studien. Forscher können die Daten mit Zustimmung des Benutzers direkt analysieren. Dies hat sich in einer ersten Pilotstudie als erfolgreiche Möglichkeit erwiesen, um das „Wearing-off“ von Parkinson-Medikamenten und motorischen Schwankungen von Parkinson-Patienten vorherzusagen.
Wearables im Gesundheitssystem: Visionen für die Zukunft
Wearables könnten in Zukunft eine wichtige Rolle im Gesundheitssystem spielen. Can Dincer skizziert drei mögliche Anwendungsszenarien:
- Kontinuierliche Überwachung nach ärztlichem Verdacht: Bei Beschwerden bittet der Arzt den Patienten, ein Wearable über mehrere Tage zu tragen, um bestimmte Parameter kontinuierlich zu überwachen.
- Morgendliche Auskunft über den Gesundheitszustand: Wearables geben morgens direkt Auskunft über den Gesundheitszustand, indem sie viele vitale und biochemische Gesundheitsparameter messen.
- Personalisierte Medikation: Wearables unterstützen bei der Einnahme von Medikamenten in der richtigen Menge, da sich diese mit der Zeit, dem Gewicht und dem Alter verändert.
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