Polyneuropathie und Sport: Ja oder Nein?

Sport ist bekannt dafür, bei einer Vielzahl von Krankheiten hilfreich zu sein. Aber gilt das auch für Sport bei Polyneuropathie? Die Antwort ist ja, je mehr Sie sich bewegen, desto besser! Sport hilft Ihnen, Ihre Muskelkraft zu erhalten, sodass Sie mobil bleiben. Manche Menschen, die trotz Polyneuropathie trainieren, erreichen trotz der Erkrankung eine beeindruckende Fitness. Wer viel für sich tut, der wird auch viel profitieren. Aus eigener Erfahrung kennen viele Patienten, die trotz schwerer Polyneuropathie und obwohl sie quasi keine Wahrnehmung ihrer Füße mehr haben, noch Ski fahren oder Windsurfen können.

Allgemeine Überlegungen zum Sport bei Polyneuropathie

Es gibt keine Sportarten, die bei Polyneuropathie grundsätzlich schädlich sind. Welcher Sport für den Einzelnen gut ist, hängt von den eigenen Fähigkeiten und der Schwere der Polyneuropathie ab. Im Prinzip können alle Sportarten betrieben werden, insbesondere wenn die Polyneuropathie noch nicht sehr ausgeprägt ist und der Schwierigkeitsgrad angepasst wird. Menschen, die viel Erfahrung in einer Sportart haben, können diese oft auch noch mit fortgeschrittener Polyneuropathie ausüben.

Natürlich kann man mit der Polyneuropathie aber nicht einfach weitermachen wie bisher. Es gibt einige Dinge, die zu beachten sind. Insbesondere die erhöhte Sturzgefahr spielt eine große Rolle. Deshalb sollte man möglichst spezielle Übungen in das Training und den Alltag einbauen, um die Sturzgefahr zu verringern.

Ausdauertraining und Polyneuropathie

Ausdauertraining ist mit einer unglaublichen Vielzahl an positiven Wirkungen auf die Gesundheit verbunden. Deshalb sollten auch Menschen mit Polyneuropathie nicht darauf verzichten. Die wichtigste Einschränkung beim Sport stellt die verschlechterte Bewegungssteuerung durch die Polyneuropathie dar. Dementsprechend braucht man etwas länger, um auf Störungen wie zum Beispiel Stolpern zu reagieren. Dies ist nicht nur dann wichtig, wenn Sie (Sturz-)Risikosportarten wie Ballsport, Skifahren oder zum Beispiel Inline Skating betreiben möchten.

Es ist sinnvoll, möglichst gutes Schuhwerk zu tragen und nur Strecken auszuwählen, die einen nicht überfordern. Allerdings ist es auch entscheidend, sich nicht zu wenig zuzutrauen. Der allerbeste Schutz vor Verletzungen und Stürzen sind Ihre eigenen Fähigkeiten. Eine gute Koordination und ein gutes Gleichgewicht sind dafür entscheidend. Wer das Gleichgewicht gut halten kann, stürzt seltener.

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Die gute Nachricht daran: Das Gleichgewicht ist gut trainierbar, auch und insbesondere bei Menschen mit Polyneuropathie. Wenn Sie im Moment aufgrund der Polyneuropathie ein schlechtes Gleichgewicht haben, profitieren Sie ganz besonders von einem Training. Denn insbesondere, wenn Sie gerade ganz schwach sind, lässt sich durch ein Training viel erreichen. Denn wenn man das Gleichgewicht trainiert, muss man dauernd auf kleine Schwankungen des Körpers angemessen reagieren. Wenn man so trainiert, verbessert man damit die Funktion des Nervensystems. Das heißt, je besser Ihr Gleichgewicht ist, desto weniger wird die Polyneuropathie Sie beeinträchtigen. Das Training des Gleichgewichts hilft übrigens auch etwas gegen Schmerzen und Missempfindungen durch die Polyneuropathie. Das Nervensystem lernt durch das Training die Nervenschäden zu einem gewissen Grad auszugleichen.

Natürlich wurde bereits ausprobiert und untersucht, ob die Nerven vom Ausdauersport profitieren. Dabei zeigte sich, dass das Ausdauertraining tatsächlich einen Effekt auf die Nerven hat. Wer Ausdauertraining betreibt, verlangsamt das Fortschreiten der Polyneuropathie ein wenig. Wird das Ausdauertraining allerdings gleichzeitig mit einem Gleichgewichtstraining durchgeführt, ergänzen sich die beiden Trainingsformen gegenseitig, man erhält dann deutlich bessere Effekte auf die Polyneuropathie.

Dass Ausdauertraining Ihre Fitness verbessert klingt zunächst als schöner Nebeneffekt. Um Ausdauernd Sport treiben zu können, muss der Körper viel Sauerstoff aufnehmen und an die richtigen Stellen transportieren. Deshalb profitieren alle Organe, die Sauerstoff und transportieren von einem Ausdauertraining. In zahlreichen Studien wurde untersucht, wie groß die Mortalität bei Menschen ist, die unterschiedlich schnell zu Fuß gehen können. Cooper et al.

Es gibt für Polyneuropathie-Patienten nicht "Die" Ausdauersportart. Wenn Sie durch die Polyneuropathie stark eingeschränkt sind, ist Schwimmen oder Wassergymnastik sehr zu empfehlen. Beim Walking sollten Sie beachten, dass eine relativ große Gefahr zu stürzen besteht. Um weiterhin fit für den Alltag zu bleiben ist Walking zwar sehr sinnvoll, allerdings sollten Sie etwas vorsichtiger sein und nur Strecken auswählen, auf denen keine große Stolpergefahr besteht. Außerdem können Sie sich mit Stöcken behelfen, um stabiler zu gehen. Radfahren ist in aller Regel trotz Polyneuropathie möglich. Wer trotz Polyneuropathie Joggen will sollte beachten, dass eine erhöhte Gefahr von Stürzen oder Umknicken des Sprunggelenks besteht. Wählen Sie dementsprechend Strecken aus, auf denen die Stolpergefahr gering ist. Außerdem kann es recht schnell zu Überlastungen kommen, wenn man die Füße nicht mehr richtig wahrnimmt und deshalb die Warnsignale des Körpers nicht erkennt. Erfahrene Sportler haben diese Probleme meist trotz der Polyneuropathie im Griff. Wenn Sie sehr fit sind, können Sie auch vorsichtig Skilanglauf, am besten im klassischen Stil probieren. Das gilt insbesondere, wenn Sie bereits Erfahrung damit haben. Dabei trainieren Sie nicht nur die Ausdauer, sondern gleich die Koordination und das Gleichgewicht mit. Wählen Sie allerdings einfache Strecken. Wenn es bergab geht, können Sie die Loipe verlassen und daneben im unpräparierten Schnee fahren. Dadurch werden Sie nicht so schnell.

Patienten mit Polyneuropathie können meist mit den gleichen Intensitäten trainieren wie gesunde. Als Faustregel gilt, dass man sich so sehr anstrengen sollte, dass man gerade noch sprechen kann. Bei dieser Intensität ist die Gefahr sich zu überlasten sehr gering und man trainiert Herz und Lunge trotzdem sehr intensiv. Diese Faustregel ist übrigens besser für die Trainingssteuerung geeignet als Angaben von Pulsgrenzen. Denn die Herzfrequenz ist etwas sehr individuelles. Manche Menschen haben schon bei geringer Anstrengung einen hohen Puls, andere haben immer einen sehr niedrigen. Für die Praxis ist es deshalb besser, die Trainingsintensität über die Atmung zu steuern. Zusätzlich kann es sinnvoll sein, Intervalle durchzuführen. Das heißt, Sie trainieren zum Beispiel 4 Minuten ganz langsam und dann 1 Minute schnell.

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Ausdauersport ist für Diabetiker wichtig - auch wenn sie eine Polyneuropathie haben. Nicht jeder Sport belastet die Füße in gleichem Ausmaß. "Das Lebenszeit-Risiko für Ulzera liegt für Diabetiker mit Polyneuropathie bei 25 Prozent", sagte Professor Peter R. Cavanaugh von der Pennsylvania State University in den USA beim US-Diabeteskongress. Allerdings sei nicht jeder Ausdauersport gleich gut geeignet für die Patienten, so der Bewegungsmediziner und Orthopäde. "Beim Joggen verbraucht man zwar die meiste Energie, gemessen in MET, aber die Füße werden auch am stärksten belastet", sagte Cavanaugh. Zu beachten sei auch die Fuß-Boden- und die Fuß-Schuh-Wechselwirkung, bei der es um den Druck auf die Füße gehe: "Schwimmen ist hier wiederum mit keiner Belastung verbunden", so Cavanaugh. Schränken Sie aber das Gehen nicht grundlos ein.

Krafttraining und Polyneuropathie

Dass es von Vorteil ist starke Muskeln zu haben, ist für jeden offensichtlich. Starke Muskeln machen auch starke Knochen. Wenn die Muskeln arbeiten, ziehen sie an den Knochen. Dadurch bewirken sie einen leichten Stress. Der Knochen reagiert darauf, indem er mehr Clacium einbaut. Dadurch wird der Knochen fester - und das auch noch an den richtigen Stellen. Das heißt, wer starke Muskeln hat, übersteht Stürze und Unfälle eher unbeschadet als ein Mensch mit schwachen Muskeln. Dieser Effekt auf die Knochen tritt übrigens nur durch mechanische Beanspruchung ein. Es reicht nicht aus, eine Ernährung mit viel Calcium zu haben. Denn der Reiz, der den Knochen dazu bringt das Calcium einzubauen, ist der mechanische Stress, also der Zug und Druck, den die Muskeln ausüben. Die aufgewandte Kraft muss übrigens groß genug sein. Um die Knochenfestigkeit zu steigern, müssen mindestens 70% der Maximalkraft aufgewandt werden. Das heißt zum Beispiel, ein Gewicht zu heben, das man höchstens 10-12 mal heben kann.

Ein weiterer Effekt, der für die Polyneuropathie interessant ist kommt hinzu: Wenn man schwere Lasten hebt, dann wachsen mehr Nervenenden in den Muskel. Bei keinem Menschen werden alle Fasern eines Muskels gleichzeitig aktiviert. Wenn man mit schweren Lasten trainiert, lernt der Körper allerdings mehr Fasern zu erreichen, indem er mehr Nervenenden in den Muskel wachsen lässt. Auch hier gilt allerdings: Die Last muss relativ hoch sein. Ein häufiges Problem bei Polyneuropathie ist, dass die Nerven nicht mehr alle Muskelfasern erreichen. Denn jede Muskelfaser hat ihr eigenes Nervenende. Dieses aktiviert die Muskelfaser und löst so Bewegungen aus. Ohne Nerven gibt es auch keine Muskelarbeit! Wenn ein Muskel trainiert wird, bewirkt dies nicht nur eine Anpassung der Muskelfasern selbst, sondern auch der Nerven, die diesen Muskel ansteuern. Dieser Prozentsatz erhöht sich, wenn man Krafttraining betreibt. Krafttraining erhöht also die Anzahl an Muskelfasern, die gleichzeitig arbeiten. (Das ist die berühmte Intramuskuläre Koordination). Dadurch steigt die Kraft der Muskulatur, ohne dass die Muskeln größer werden. Im Leistungssport wären das zum Beispiel Skispringer oder Kletterer. Sie müssen für ihre Sportarten möglichst leicht sein, sollten also keine Muskelberge mit sich herumschleppen, benötigen aber trotzdem viel Kraft.

Es ist nämlich durchaus auch trotz Polyneuropathie möglich, durch ein Krafttraining zu "lernen", mehr Muskelfasern anzusprechen. Dadurch steigt die Muskelkraft trotz der Polyneuropathie. Wichtig ist auch hier, genügend Widerstand zu bewegen. Wenn es Ihr Gesundheitszustand zulässt sollten Sie deshalb Übungen durchführen, die möglichst große Widerstände bieten. Zum Beispiel Dinge, die Sie gerade ein- bis zweimal schaffen. Dieses sogenannte Maximalkrafttraining hat den größten Effekt auf das Nervensystem. Aber auch mit sanfterem Krafttraining ist trotz Polyneuropathie eine wesentliche Steigerung der Muskelkraft möglich. Es ist in aller Regel machbar, die Kraft um 30-50% zu erhöhen. Es gibt auch Menschen, die ihre Kraft durch ein regelmäßiges Training verdoppeln.

Im Schaubild rechts sehen Sie die Kniebeugenleistung eines meiner Patienten mit schwerer Polyneuropathie im Alter von 91 Jahren. Er schaffte es, die Anzahl an Kniebeugen, die er an einem Stück absolvierte in 5 Wochen von 15 auf 33 zu steigern. Das ist mehr als das Doppelte. Alles was er dazu brauchte war etwas Übung und: Das Wissen, dass das überhaupt möglich ist. Denn viele denken, sie seien zu krank oder zu alt um ihre Kraft zu steigern. Selbstverständlich sind diesem Trainingseffekt natürliche Grenzen gesetzt, die auch von der Schwere der Polyneuropathie abhängen. Denn wenn der Nerv, der eine Muskelfaser versorgt garnicht mehr funktioniert, kann er natürlich auch keine Muskelarbeit und keinen Trainingseffekt mehr bewirken.

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Ob ein direkter Effekt auf die Symptome der Polyneuropathie oder sogar auf die Nervenschäden besteht, ist natürlich eine entscheidende Frage. Natürlich wurden dazu Studien durchgeführt, das heißt: es wurde Krafttraining mit Polyneuropathiepatienten ausprobiert und die Schwere der Polyneuropathie untersucht. Dabei zeigte sich, dass ein Krafttraining alleine einen kleinen positiven Effekt auf die Nervenschäden hat. Also, wer Krafttraining betreibt weist etwas weniger Symptome der Polyneuropathie wie Schmerzen, Taubheitsgefühl und Missempfindungen auf. Wenn man das Krafttraining allerdings mit Gleichgewichtsübungen kombiniert, ergänzen sich die Wirkungen gegenseitig.

Übungen für Kraft und Gleichgewicht bei Polyneuropathie

Für alle diese Partien zeige ich Ihnen Übungen in verschiedenen Schwieirgkeitsgraden. Die erste Übung ist jeweils die einfachste. Wählen Sie für sich eine Übung aus, die Sie 8-15 mal schaffen.

Kniebeugen

  • Setzen Sie sich auf einen Stuhl. Stehen Sie auf und setzen Sie sich wieder. Und gleich nochmal. Wenn möglich machen Sie die Bewegung freihändig.
  • Stellen Sie sich mit schulterbreiten Beinen hin und beugen Sie die Knie. Lehnen Sie sich dabei im Oberkörper nach vorne, dadurch kommen Sie weiter nach unten, ohne Ihre Knie zu belasten. Versuchen Sie die Knie bis 90 Grad zu beugen.
  • Machen Sie die gleiche Bewegung wie bei normalen Kniebeugen, nur auf einem Bein, um das jeweilige Bein intensiver zu trainieren. Halten Sie sich dabei an einem stabilen Gegenstand fest (ein Türrahmen ist ideal). Versuchen Sie, das Knie bis 90 Grad zu beugen.

Wadentraining

Das Training der Waden ist bei Polyneuropathie besonders wichtig, da sie besonders vom Kraftverlust betroffen sind. Gut trainierte Waden ermöglichen ein elegantes und leichtes Gehen.

  • Setzen Sie sich auf einen Stuhl und legen Sie ein Gummiband über Ihren Fußballen. Halten Sie die Enden des Bandes je in einer Hand, die Mitte des Bandes liegt also am Fußballen. Strecken Sie das Bein nun waagrecht vor sich aus. Ziehen Sie mit den Armen am Band.
  • Stellen Sie sich aufrecht hin, halten Sie sich an der Rückenlehne eines Stuhls fest. Heben Sie Ihren Körper mit der Kraft Ihrer Waden an bis Sie auf den Zehenspitzen stehen. Wiederholen Sie diese Bewegung so oft bis Sie ein starkes Anstrengungsgefühl in den Waden spüren. Achten Sie darauf, nicht mit dem ganzen Körper vor und zurück zu schwanken.
  • Stellen Sie sich hinter einen Stuhl und halten Sie sich an der Rückenlehne fest. Heben Sie jetzt ein Bein vom Boden ab. Heben Sie jetzt Ihren Körper mit der Kraft der Wade Ihres Standbeins an bis Sie auf den Zehenspitzen stehen. Senken Sie nun den Körper wieder ab bis die Ferse wieder den Boden berührt. Wiederholen Sie diese Bewegung bis die Wadenmuskeln sehr angestrengt sind.

Training gegen Fußheberschwäche

Sehr viele Menschen mit Polyneuropathie entwickeln mit der Zeit eine Fußheberschwäche. Das heißt, man schafft es nicht mehr, die Fußspitze anzuheben. Das kann häufiges Stolpern und Stürze zur Folge haben. Je besser die Muskeln trainiert sind, desto eher schaffen Sie es dauerhaft, diese Probleme zu vermeiden.

  • Setzen Sie sich auf einen Stuhl. Heben Sie nun die Fußspitze an und legen Sie sie wieder ab.
  • Um diese Übung anspruchsvoller zu machen nehmen Sie einen Stab (auch ein Besenstiel oder ein Lineal funktionieren) in die Hand. Lege Sie ein Ende des Stabs auf die Fußspitze. Drücken Sie jetzt mit Ihrer Fußspitze gegen den Stab und ziehen Sie sie nach oben. Das Anstrengungsgefühl sollte man bei dieser Übung an der Vorderseite des Schienbeins spüren.

Schaffen Sie es zum Beispiel nicht mehr, mit den Waden viel Kraft aufzubringen, können die Oberschenkel stattdessen mehr Arbeit übernehmen. Dazu müssen die Oberschenkel natürlich stark genug sein.

Weitere wichtige Aspekte

Fortsetzung bekannter Sportarten

Es ist grundsätzlich ausgesprochen sinnvoll, Sportarten, die man schon gut kann und an denen man Spaß hat weiter zu betreiben. Wenn man zum Beispiel gerne Fußball spielt, sollte man das auch weiterhin tun - im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Denn alles, was man nicht mehr übt verschlechtert sich. Und dazu gehören auch Dinge, die man in Spielsportarten trainiert: Reaktionsfähigkeit, Schnelligkeit, Ausdauer und Koordination. Deshalb sollten Sie weitermachen, solange Ihr erkranktes Nervensystem das zulässt. Allerdings sollten Sie das Niveau anpassen und je nach Gesundheitszustand etwas kürzer treten. Es ist oft auch sinnvoll, etwas abgewandelte Formen des Sports zu betreiben. Wenn ein Basketballer zum Beispiel nicht mehr fit genug für ein wettkampfmäßiges Spiel ist, kann er doch trotzdem einfach Körbe werfen. Ein Fußballer kann sich mit einem Freund den Ball zukicken, ein Tennisspieler Technikübungen machen. Übrigens gilt für alle Ballsportarten, ob mit oder ohne Polyneuropathie: Ein gutes Gleichgewicht schützt …

Polyneuropathie erkennen und behandeln

Ein Gefühl, als würden Ameisen über die Beine laufen, Schmerzen oder fehlendes Temperaturempfinden in Händen oder Füßen - diese Symptome können Anzeichen für eine Polyneuropathie sein. Der Zusatz „Poly“ drückt aus, dass nicht nur ein einzelner Nerv, sondern mehrere Nerven oder ganze Nervenstrukturen geschädigt sind. Dadurch werden bei Betroffenen Reize zwischen Nerven, Rückenmark und Gehirn nicht mehr richtig weitergeleitet. Diese Funktionsstörung löst die typischen Beschwerden wie Schmerzen, Missempfindungen, Gefühlsstörungen oder Muskelschwäche aus. Über das periphere Nervensystem sind Organe und Gewebe mit dem zentralen Nervensystem verbunden. Das komplexe Nervengeflecht hat vielfältige Aufgaben. Es leitet etwa motorische Befehle an die Muskeln weiter oder überträgt Sinneseindrücke. Bewegungen auszuführen oder eine sanfte Berührung auf der Haut zu spüren, wäre ohne das periphere Nervensystem nicht möglich.

Symptome der Polyneuropathie

Eine Polyneuropathie kann mit unterschiedlichen Symptomen einhergehen, je nachdem, welche Nerven von der Erkrankung betroffen sind. Mediziner und Medizinerinnen unterscheiden sensible, motorische und vegetative Polyneuropathien. Manche Menschen sind auch von mehreren Formen der Polyneuropathie gleichzeitig betroffen. Eine Polyneuropathie kann akut, sich schnell verschlechternd oder chronisch verlaufen.

  • Symptome der sensiblen Polyneuropathie: Sensible Nerven senden Informationen von der Haut zum Gehirn. Beeinträchtigungen können zu Empfindungsstörungen wie Ameisenlaufen, Brennen, Jucken, Taubheitsgefühlen oder Kribbeln führen. Auch ein vermindertes Temperatur- oder Schmerzempfinden ist möglich. Diese Form der Polyneuropathie merken Betroffene vor allem an Füßen oder Händen.
  • Symptome der motorischen Polyneuropathie: Die motorischen Nerven leiten Signale vom Gehirn zu den Muskeln weiter. Eine Nervenschädigung kann Muskelschwäche, Muskelschmerzen, Muskelzucken oder Muskelkrämpfe verursachen.
  • Symptome der vegetativen Polyneuropathie: Das vegetative Nervensystem ist Bestandteil des peripheren Nervensystems - es koordiniert automatisierte Körperfunktionen wie das Verdauen, Atmen oder Schwitzen. Eine vegetative Polyneuropathie steht unter anderem mit Beschwerden wie Schwindel, Blasenschwäche, Durchfall oder verstärktem Schwitzen in Verbindung - sie betrifft die Organfunktionen.

Die Nervenschädigung kann sich an einer oder beiden Körperhälften bemerkbar machen. Betroffene berichten neben körperlichen Symptomen auch von weiteren Beschwerden - Erschöpfungszustände sind bei einer Polyneuropathie ebenfalls möglich. Oft leiden Betroffene unter brennenden, schneidenden oder stechenden Schmerzen.

Ursachen der Polyneuropathie

Polyneuropathie kann erblich bedingt oder im Laufe des Lebens erworben sein, was häufiger der Fall ist. Schädigungen an den peripheren Nerven können etwa durch Entzündungsprozesse im Körper als Folge einer Autoimmunerkrankung oder einer Infektion mit bestimmten Viren beziehungsweise Bakterien auftreten. Dafür bekannte Erkrankungen sind unter anderem Borreliose, Diphtherie oder Gürtelrose. Daraus resultieren Entzündungen, die die empfindliche Schutzschicht des Nervenzellfortsatzes, die sogenannte Myelinschicht, angreifen können.

Oft steht die Polyneuropathie im Zusammenhang mit einer Diabeteserkrankung - dann handelt es sich um eine diabetische Polyneuropathie: Ein dauerhaft zu hoher Blutzuckerspiegel schädigt die Nerven und führt zu den Beschwerden. Eine weitere häufige Ursache ist die Abhängigkeit von Alkohol, wegen seiner nervenschädigenden Wirkung bei langjährigem hohen Konsum.

Weitere Polyneuropathie-Ursachen:

  • Erkrankungen der Leber
  • Mangelernährung, unter anderem bei Zöliakie
  • Vitaminmangel, z.B. Vitamin B12
  • Autoimmunerkrankungen wie das Guillain-Barré-Syndrom oder rheumatoide Arthritis
  • Einnahme bestimmter Medikamente wie zum Beispiel die Antibiotika Nitrofurantoin oder Metronidazol
  • Kontakt mit giftigen Substanzen, etwa Schwermetalle
  • HIV-Infektionen
  • Erkrankungen, die auf Infektionen beruhen: Borreliose oder Syphilis
  • Krebserkrankungen, beispielsweise Brustkrebs oder Blutkrebs
  • hormonelles Ungleichgewicht, zum Beispiel ausgelöst durch eine Schilddrüsenunterfunktion
  • erbliche Veranlagung (hereditäre Neuropathien)

Diagnose der Polyneuropathie

Eine neurologische Facharztpraxis ist die richtige Anlaufstelle bei Polyneuropathie. Betroffene können sich aber auch an den Hausarzt oder die Hausärztin wenden - diese erstellen eine Verdachtsdiagnose und überweisen zu einem Neurologen oder einer Neurologin. Um festzustellen, ob tatsächlich eine Polyneuropathie vorliegt, findet zuerst ein Gespräch statt. Dabei erkundigt sich der Mediziner oder die Medizinerin nach der Krankengeschichte und nach den vorliegenden Beschwerden. Von Interesse ist etwa, ob den Betroffenen das Gehen Probleme bereitet oder ob sie feinmotorische Einschränkungen der Hände oder Finger haben. Relevant ist auch, ob die Betroffenen Schmerzen haben und wie stark die Schmerzen sind. Auch eine körperliche Untersuchung ist wichtig. Dabei prüft der Mediziner oder die Medizinerin, ob Muskeln gelähmt oder geschwächt sind. Einschränkungen beim Reizempfinden oder eine Beeinträchtigung der Reflexe können bei der körperlichen Untersuchung ebenfalls auffallen.

Um den Ursachen auf den Grund zu gehen und um herauszufinden, welche Nerven wie stark geschädigt sind, gibt es zahlreiche Untersuchungsmethoden.

  • Elektroneurographie: Bei der Elektroneurographie wird ein Elektrodenset im Gebiet des Nervenverlaufs auf die Haut geklebt - so lassen sich die elektrischen Impulse der Nerven messen. Die Untersuchung hilft dabei, herauszufinden, wie die Nervensignale transportiert und im Körper verteilt werden - Nervenschädigungen führen zu einem auffälligen Ergebnis und geben Hinweise zur Abgrenzung der Nervenausfälle.
  • Elektromyographie: Macht deutlich, ob und wie stark die Muskeln auf die Nervensignale ansprechen. Bei dieser Untersuchung werden dünne Nadelelektroden durch die Haut in den entsprechenden Muskel eingeführt.
  • Untersuchungen von Urin, Gehirnwasser, Blut oder Gewebeproben sowie genetische Tests und bildgebende Verfahren: Diese Methoden sind sinnvoll, wenn etwa Diabetes und Alkoholkrankheit als Ursache unwahrscheinlich sind und das Beschwerdebild sowie elektrophysiologische Untersuchungsbefunde weiteren Abklärungsbedarf ergeben. Auch wenn die Symptome sehr plötzlich auftreten, kann eine zusätzliche Diagnostik sinnvoll sein.

Therapie der Polyneuropathie

Die Therapie der Polyneuropathie richtet sich nach ihrer Ursache. Sind die Nervenschäden wegen einer anderen Grunderkrankung entstanden, gilt es zuerst, diese zu behandeln. Bei der diabetischen Polyneuropathie ist beispielsweise eine konsequente Blutzuckereinstellung entscheidend. Je besser die Werte langfristig eingestellt sind, desto eher lässt sich die Nervenschädigung stoppen. Patientinnen und Patienten mit Polyneuropathie sollten Alkohol möglichst meiden. Das gilt auch, wenn die Nervenschäden nicht durch übermäßigen Alkoholkonsum entstanden sind. Nervenschmerzen sind individuell mit Medikamenten behandelbar. Neben Schmerzmitteln kommen Antidepressiva oder Mittel gegen Epilepsie zum Einsatz. Auch eine Physiotherapie kann helfen, die Beschwerden zu lindern und die Beweglichkeit zu verbessern.

Vorsicht beim Barfußlaufen

Barfußlaufen ist grundsätzlich vorteilhaft, wenn die Füße gesund sind. „Wegen der durch die Polyneuropathie bedingten Nervenschäden spüren viele Betroffene keine Schmerzen, wenn sie sich verletzen. Oder die Schmerzen treten erst sehr spät auf, wenn Geschwüre oder Infektionen schon weit fortgeschritten sind“, warnt Dr. Curt Beil vom Berufsverband Deutscher Neurologen (BDN) mit Sitz in Krefeld. „Neben der Polyneuropathie leiden viele Diabetiker an einer beeinträchtigten Durchblutung der Extremitäten. Daher sind vor allem die Füße anfällig für Infektionen und es kann schon bei kleineren Verletzungen Komplikationen geben, weil die Wundheilung gestört ist.“ Betroffene sollten daher nur dort barfuß laufen, wo keine Verletzungsgefahr besteht. Das Barfußlaufen kann dann die Durchblutung in den Füßen fördern und auch eine bessere Empfindsamkeit trainieren, was grundsätzlich vorteilhaft ist.

Fußpflege bei Polyneuropathie

Grundsätzlich hat körperliche Aktivität einen positiven Effekt auf die diabetische Grunderkrankung und fördert die Durchblutung. Daher ist sportliche Betätigung allgemein empfohlen. Diabetiker, die auch an Polyneuropathie erkrankt sind, sollten ihre Füße am besten jeden Tag inspizieren, um mögliche Wunden frühzeitig zu bemerken. „Bereits kleinste Verletzungen, die durch Anstoßen der Zehenspitzen im Schuh entstehen oder eine aufgescheuerte Blase, können für Zuckerkranke schlimme Folgen haben und zu einem so genannten diabetischen Fuß führen. Dabei entwickeln sich chronische Wunden, die unbehandelt zunehmend das Fußgewebe zerstören“, erklärt der Neurologe. „Betroffene sollten sich nicht scheuen, auch mit kleinen Druckstellen oder Wunden einen Arzt aufzusuchen. Keinesfalls sollten sie abwarten, ob die Sache von allein heilt, denn viele Amputationen sind die Folge einer verschleppten Behandlung.“

Um die Sohlen und die Zehenzwischenräume zu kontrollieren, können Betroffene einen Spiegel zu Hilfe nehmen. Wenn sie schlecht an Ihre Füße herankommen, können sie jemanden aus der Familie um Hilfe bitten. Wenn bei Diabetikern bereits eine Nervenschädigung nachgewiesen wurde, sollten ihre Füße bei jedem Arztbesuch in der Praxis angesehen werden, mindestens jedoch routinemäßig einmal im Jahr. Auch sollten sie ihr Schuhwerk sorgfältig auswählen und für die Fußpflege professionelle Hilfe durch speziell ausgebildete medizinische Fußpfleger in Anspruch nehmen.

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