Musik und Demenz: Eine Melodie der Erinnerung

Demenz ist eine Erkrankung, die nicht nur den Betroffenen selbst, sondern auch deren Angehörige vor große Herausforderungen stellt. Neben den medizinischen und pflegerischen Aspekten rückt zunehmend die Bedeutung von Musik in den Fokus. Musik kann ein Schlüssel sein, um Menschen mit Demenz zu erreichen, Erinnerungen zu wecken und das Wohlbefinden zu steigern.

Die Kraft der Musik bei Demenz

Musik hat eine einzigartige Fähigkeit, Emotionen und Erinnerungen hervorzurufen. Dies gilt insbesondere für Menschen mit Demenz, bei denen andere kognitive Fähigkeiten nachlassen. Das Hören von Musik kann eine Brücke zur Vergangenheit schlagen und positive Gefühle auslösen.

Nostalgie und Erinnerung

Studien haben gezeigt, dass das Hören von Musik aus der Jugend oder von Liedern, die mit bedeutsamen Ereignissen verbunden sind, bei Menschen mit Demenz Erinnerungen wecken kann. Diese nostalgischen Gefühle aktivieren Gedächtnis- und Belohnungszentren im Gehirn und können zu einer vorübergehenden Verbesserung des Wohlbefindens führen.

Neuronale Aktivierung

Forscher haben mithilfe von Kernspintomografie festgestellt, dass Musik bei Menschen mit Alzheimer und anderen Gedächtnisstörungen eine neuronale Signatur und Gehirnaktivität auslöst. Dies deutet darauf hin, dass Musik nicht nur angenehm ist, sondern auch tatsächlich das Gehirn stimuliert.

Identität und persönliche Geschichte

Musik ist eng mit unserem Identitätsgefühl und unserer persönlichen Geschichte verknüpft. Sie löst Nostalgie aus, die neuronale Aktivierungs- und funktionelle Konnektivitätsmuster unterstützt. Interessanterweise greifen ältere Menschen stärker auf nostalgiebezogene Regionen im Gehirn zurück als jüngere.

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Künstlerisches Engagement für das Thema Demenz

In den letzten Jahren haben sich immer mehr Künstlerinnen und Künstler dem Thema Demenz angenommen. Oftmals sind sie durch persönliche Erfahrungen mit der Krankheit in ihrer Familie oder im engeren Umfeld dazu inspiriert worden.

Equa Tu und "Meine Oma"

Ein Beispiel hierfür ist der junge Sänger Equa Tu (alias Hauke Löber), der das Thema Alzheimer-Demenz aus eigener Erfahrung kennt. Seine Großmutter war betroffen, und er hat den Weg durch die Krankheit gemeinsam mit ihr und seiner Familie erlebt. Anlässlich des Welt-Alzheimertags veröffentlichte er den berührenden Song „Meine Oma“, um das Thema Demenz in die Öffentlichkeit zu rücken und insbesondere jüngere Menschen zu sensibilisieren. Der Liedtext betont die Bedeutung von Musik und Erinnerung: „Du willst wissen wie ich heiß‘. Ich sag dir meinen Namen nochmal, wir haben Zeit … Meine Oma hat alles vergessen, nur die Lieder nicht.“

Weitere musikalische Initiativen

Es gibt zahlreiche weitere Künstlerinnen und Künstler, die sich musikalisch mit dem Thema Demenz auseinandersetzen. Ihre Werke werden oft bei Veranstaltungen zum Thema Demenz gespielt, um Betroffene und Angehörige zu unterstützen.

Praktische Anwendung von Musik in der Demenzbetreuung

Musik kann auf vielfältige Weise in der Betreuung von Menschen mit Demenz eingesetzt werden.

Gemeinsames Singen

Gemeinsames Singen aktiviert das Klanggedächtnis und stimuliert die umliegenden Hirnregionen. Es kann Menschen mit Demenz buchstäblich aus ihrer Isolation holen und die Energie wieder zum Fließen bringen. Mitsingkonzerte dienen gleichzeitig als Anleitung für Pfleger, Familien und Angehörige, den täglichen Umgang mit demenzkranken Menschen zu erleichtern.

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Die BASE-Methode

Die Sängerin de Lint hat die spezielle BASE-Methode (Brain Awakening Singing Education) entwickelt, mit der sie auf struktureller Basis in der Pflege für Demenz arbeitet. Unterstützt wurde sie dabei von Wilco Achterberg, Professor für Geriatrie an der Universität Leiden.

Musiktherapie

Musiktherapie ist eine weitere Möglichkeit, die positiven Effekte von Musik bei Demenz zu nutzen. Musiktherapeuten setzen Musik gezielt ein, um die kognitiven, emotionalen und sozialen Fähigkeiten von Menschen mit Demenz zu fördern.

CD "Mann am Fenster"

Die CD "Mann am Fenster" enthält 32 bekannte Volkslieder zum Mit- und Vorsingen. Sie soll Angehörige und Pflegekräfte motivieren, mit Menschen mit Demenz Musik zu hören und gemeinsam zu singen. Die Lieder wurden bewusst mit tiefer Stimme, ohne Instrumentalbegleitung und großer Textverständlichkeit gesungen, um das Mitsingen zu erleichtern.

Projekte und Initiativen

Es gibt zahlreiche Projekte und Initiativen, die sich der Förderung von Musik in der Demenzbetreuung widmen.

"Ein Lied für Dich"

Das Projekt „Ein Lied für Dich“ ist eines von 21 demenzsensiblen Musikprojekten, die im Rahmen des Programms „Länger fit durch Musik!“ des Bundesverbands Chor & Orchester gefördert werden. In interaktiven Konzertreihen werden Menschen mit Demenz sowie ihre Pflegenden und Angehörigen dazu eingeladen, gemeinsam der Musik zu lauschen, Erinnerungen aufleben zu lassen, zu singen, zu tanzen, zu lachen und zu weinen.

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Selbstbestimmt Leben Leipzig

Der Verein Selbstbestimmt Leben Leipzig und Umgebung e. V. unterstützt Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen durch Beratung, Begleitung und Betreuung in der Häuslichkeit. Ziel der Arbeit ist die Erleichterung des Umgangs mit demenziellen Erkrankungen sowie die Information und Unterstützung bei allen Fragen rund um die Pflege bei Demenz.

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