Rigor, ein Zustand anhaltend angespannter Muskeln, ist ein Hauptsymptom der Parkinson-Krankheit. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Diagnose und Behandlung von Rigor und Spastik bei Parkinson, um Betroffenen und ihren Angehörigen ein umfassendes Verständnis zu ermöglichen.
Was ist Rigor?
Der Begriff „Rigor“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Steifheit, Starre“. Im medizinischen Kontext bezieht sich Rigor auf eine unwillkürliche, durchgehende Anspannung der Muskeln. Er unterscheidet sich von der Spastik, bei der die Muskelspannung mit zunehmender Geschwindigkeit passiver Bewegungen steigt. Beim Rigor bleibt die Muskelspannung unabhängig von der Geschwindigkeit oder Richtung der Bewegung konstant. Eine spezielle Form des Rigors ist das Zahnrad-Phänomen, bei dem der Bewegungswiderstand ruckartig nachlässt und der Muskel sich stückweise bewegen lässt, bevor die Spannung wieder ansteigt.
Ursachen von Rigor
Rigor entsteht durch Schädigungen im Gehirn, die mit Parkinson einhergehen. Diese Nervenschäden können entweder zum Ausfall hemmender Nervenzellen führen, die der Muskelanspannung entgegenwirken, oder die Nervenzellen, die zur Muskelanspannung führen (α-Motoneuronen), werden permanent angeregt. Es ist wichtig zu beachten, dass Rigor nicht immer auf Parkinson oder Vergiftungen zurückzuführen ist. Auch andere Erkrankungen, Verletzungen oder Medikamentennebenwirkungen können Muskelsteifigkeit verursachen.
Symptome von Rigor
Rigor selbst ist ein Symptom einer zugrunde liegenden Erkrankung. Die Muskelanspannung von Streck- und Beugemuskeln der Gliedmaßen ist dauerhaft erhöht, was die Ausführung von Bewegungen erschwert und die Lebensqualität beeinträchtigt. Typisch sind Missempfindungen und Schmerzen, die durch die dauerhaft angespannten Muskeln und eingeklemmten Nerven verursacht werden. Die Symptome verstärken sich bei passiven Bewegungen, die von einer anderen Person ausgeführt werden.
Diagnose von Rigor
Bei anhaltender oder wiederkehrender Muskelsteifigkeit ohne erkennbare Ursache sowie bei zusätzlichen Symptomen ist ein Arztbesuch ratsam. Die Diagnose beginnt mit einer Anamnese, gefolgt von einer körperlichen Untersuchung, bei der die Beweglichkeit der Muskeln und ihr Widerstand gegen passive Bewegungen getestet werden. Bei Parkinson kann es zum Kopfkissen-Phänomen kommen, bei dem die betroffene Person ihren Kopf unbeabsichtigt über der Unterlage hält, auch wenn ein Kissen entfernt wird. Zusätzliche Blutuntersuchungen können Muskelschäden und Störungen des Immunsystems ausschließen. Bildgebende Verfahren wie MRT können eingeklemmte Nerven identifizieren, die ebenfalls zu Verspannungen führen können. In seltenen Fällen werden die elektrischen Signale der Muskeln direkt mittels Elektromyografie (EMG) gemessen.
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Behandlung von Rigor
Da Rigor meist ein Symptom einer anderen Erkrankung ist, zielt die Behandlung in erster Linie auf die Grunderkrankung ab. Bei Entzündungen oder Muskelverletzungen werden nichtsteroidale entzündungshemmende Medikamente (NSAID) eingesetzt. Wenn ein Arzneimittel die Ursache ist, kann die Dosis angepasst oder auf eine alternative Medikation umgestellt werden. Bei Parkinson liegt der Fokus auf der Behandlung der fehlerhaften Ansteuerung der Muskeln durch das Gehirn, wobei NMDA-Rezeptor-Antagonisten zum Einsatz kommen. Lange Phasen der Inaktivität sollten vermieden werden.
Spastik: Eine weitere Form der Muskelsteifheit
Spastik, auch Spastizität genannt, ist eine weitere Form der Muskelsteifheit, die oft im Zusammenhang mit neurologischen Erkrankungen auftritt. Sie ist durch eine übermäßige Muskelspannung gekennzeichnet, die zu unwillkürlichen Muskelkontraktionen und Bewegungseinschränkungen führen kann.
Ursachen von Spastik
Spastik entsteht durch Schädigungen des zentralen Nervensystems (ZNS), also des Gehirns oder Rückenmarks. Mögliche Ursachen sind:
- Schlaganfall
- Schädel-Hirn-Trauma
- Multiple Sklerose (MS)
- Zerebralparese
- Rückenmarksverletzungen
- Hirntumor
Symptome von Spastik
Die Symptome einer Spastik können vielfältig sein und hängen von der Schwere der Schädigung und den betroffenen Muskelgruppen ab. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Erhöhte Muskelspannung (Hypertonie)
- Unwillkürliche Muskelkontraktionen (Spasmen)
- Steifheit und Bewegungseinschränkungen
- Schmerzen
- Überaktive Reflexe
- Fehlhaltungen
- Erschöpfung
Diagnose von Spastik
Die Diagnose einer Spastik basiert in der Regel auf einer körperlichen Untersuchung und einer neurologischen Beurteilung. Der Arzt wird die Muskelspannung, Reflexe und Beweglichkeit des Patienten untersuchen. Zusätzlich können bildgebende Verfahren wie MRT oder CT eingesetzt werden, um die Ursache der Spastik zu identifizieren.
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Behandlung von Spastik
Die Behandlung von Spastik zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, die Beweglichkeit zu verbessern und die Lebensqualität des Patienten zu erhöhen. Es gibt verschiedene Therapieansätze, die je nach Schweregrad der Spastik und den individuellen Bedürfnissen des Patienten eingesetzt werden können.
Medikamentöse Therapie
- Botulinumtoxin Typ A: Wird zur Behandlung der fokalen Spastik (betrifft nur eine Körperregion) und multifokalen Spastik (betrifft zwei oder mehrere Körperregionen) eingesetzt. Die Behandlung erfolgt gezielt durch Injektionen in den von der Spastik betroffenen Muskel.
- Baclofen: Ein Muskelrelaxans, das oral oder intrathekal (direkt in den Rückenmarkkanal) verabreicht werden kann.
- Tizanidin: Ein weiteres Muskelrelaxans, das oral eingenommen wird.
- Dantrolen: Wirkt direkt auf die Muskelzellen und reduziert die Muskelspannung.
- Benzodiazepine: Wirken angstlösend, schlaffördernd und entspannend auf die Muskulatur.
- Cannabinoide: Können bei schmerzhaften Krämpfen der Muskulatur helfen.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Physiotherapie: Umfasst Übungen zur Verbesserung der Beweglichkeit, Muskelkraft und Koordination.
- Ergotherapie: Hilft Patienten, Alltagsaktivitäten trotz der Einschränkungen durch die Spastik zu bewältigen.
- Orthopädische Hilfsmittel: Orthesen, Schienen oder Gipsverbände werden eingesetzt, um die von der Spastik betroffenen Körperregionen zu stützen, zu fixieren oder zu entlasten.
- Elektrostimulation und Elektroakupunktur: Diese Methoden werden direkt am spastischen Muskel angewendet, um die überhöhte Muskelspannung zu behandeln und langfristig die Beweglichkeit zu verbessern.
- Operation: In bestimmten Fällen kann eine Operation in Erwägung gezogen werden, um Sehnen zu verlängern oder zu verkürzen, Verwachsungen zu lösen oder Fehlstellungen und Verformungen der Knochen zu korrigieren.
Atypische Parkinson-Syndrome
Neben dem idiopathischen Parkinson-Syndrom (Morbus Parkinson) gibt es atypische Parkinson-Syndrome (APS), die seltener sind und sich in ihrem Verlauf und ihren Symptomen vom Morbus Parkinson unterscheiden können. Zu den APS gehören:
- Multisystematrophie (MSA): Eine neurodegenerative Erkrankung, die durch Parkinson-Symptome, cerebelläre Ataxie und autonome Funktionsstörungen gekennzeichnet ist.
- Progressive supranukleäre Blickparese (PSP): Eine neurodegenerative Erkrankung, die durch vertikale Blickparese, Parkinson-Symptome, Sturzneigung und kognitive Beeinträchtigungen gekennzeichnet ist.
- Kortikobasales Syndrom (CBS): Eine seltene neurologische Erkrankung, die durch eine Kombination von kortikalen und basalganglionären Symptomen gekennzeichnet ist, darunter Apraxie, Rigor, Dystonie und Myoklonus.
- Demenz mit Lewy-Körperchen (LBD): Eine neurodegenerative Erkrankung, die durch Demenz, Parkinson-Symptome, visuelle Halluzinationen und Schwankungen der Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist.
Diagnose von APS
Die Diagnose von APS kann schwierig sein, da die Symptome oft denen des Morbus Parkinson ähneln. Eine sorgfältige klinische Untersuchung, bildgebende Verfahren und spezielle Tests können helfen, die verschiedenen APS voneinander zu unterscheiden.
Behandlung von APS
Die Behandlung von APS ist in der Regel symptomatisch und zielt darauf ab, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern. Medikamente, Physiotherapie, Ergotherapie und andere unterstützende Maßnahmen können eingesetzt werden, um die Symptome zu lindern und dieFunktionsfähigkeit zu erhalten.
Tipps für den Umgang mit Rigor und Spastik im Alltag
- Regelmäßige Bewegung: Ein aktiver Lebensstil und gezielte Übungen können helfen, Missempfindungen und Verkrampfungen zu reduzieren.
- Dehnungsübungen: Regelmäßiges Dehnen der Muskeln kann die Steifheit reduzieren und die Beweglichkeit verbessern.
- Wärme: Warme Bäder oder Umschläge können helfen, die Muskeln zu entspannen.
- Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen und die Muskelspannung zu reduzieren.
- Hilfsmittel: Der Einsatz von Hilfsmitteln wie Gehstöcken oder Orthesen kann die Mobilität und Selbstständigkeit verbessern.
- Unterstützung: Der Austausch mit anderen Betroffenen und die Unterstützung durch Familie und Freunde können helfen, mit den Herausforderungen von Rigor und Spastik umzugehen.
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