Spastik nach Schlaganfall: Behandlungsmöglichkeiten und was Sie wissen sollten

Ein Schlaganfall kann weitreichende Folgen haben, darunter spastische Bewegungsstörungen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Behandlung von Spastik nach einem Schlaganfall und richtet sich an Betroffene sowie deren Angehörige. Ziel ist es, die verschiedenen Therapieansätze und deren Bedeutung für die Verbesserung der Lebensqualität zu erläutern.

Was ist Spastik?

Spastik, abgeleitet vom griechischen Wort „spasmós“ (Krampf), bezeichnet eine krankhafte Erhöhung der Muskelspannung, die durch eine Schädigung des zentralen Nervensystems (ZNS) verursacht wird. Diese Schädigung kann die Feinabstimmung zwischen Muskelanspannung und -entspannung stören, was zu einer dauerhaften Erregung der Muskeln führt. Die Ursachen für eine solche Schädigung können vielfältig sein, darunter Schlaganfälle, Schädel-Hirn-Traumata oder chronische neurologische Störungen. In Deutschland sind schätzungsweise 800.000 Menschen von Spastik betroffen, darunter etwa 50.000 Kinder.

Grundlagen einer Spastik

Spastik ist keine eigenständige Krankheit, sondern ein Symptom einer zugrunde liegenden Schädigung des Gehirns oder Rückenmarks. Die Symptome können von leichter Muskelsteifigkeit bis hin zu schweren, dauerhaften Muskelverkrampfungen reichen. Die Ausprägung hängt davon ab, wie stark die Bereiche des Gehirns oder Rückenmarks geschädigt sind.

Klassifikation der Spastik nach Ausmaß

Spastische Lähmungen können einzelne Muskeln oder ganze Körperbereiche betreffen. Man unterscheidet zwischen fokaler und generalisierter Spastik:

  • Fokale Spastik: Lokal begrenzte Spastik.
  • Generalisierte Spastik: Umfassende Spastik, die mehrere Körperbereiche betrifft. Ein Beispiel hierfür ist die Tetraspastik, bei der beide Beine und Arme betroffen sind.

Weitere Symptome einer Spastik

Eine Spastik kann von weiteren Symptomen begleitet sein, die ebenfalls durch die Schädigung des Gehirns oder Rückenmarks verursacht werden. Dazu gehören Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und in einigen Fällen eine halbseitige schlaffe Lähmung, die Arm und Bein einer Körperhälfte betrifft.

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Warum ist die Behandlung von Spastik wichtig?

Die frühzeitige Behandlung der Spastik ist entscheidend, um die Funktionen der betroffenen Gliedmaßen und Gelenke zu erhalten, Folgeschäden zu vermeiden und Schmerzen zu reduzieren. Durch die Verminderung der körperlichen Folgen nach einem Schlaganfall können Selbstständigkeit und Lebensqualität verbessert werden.

Konkrete Behandlungsziele

Die wichtigsten Ziele der Behandlung sind die Verbesserung der Symptome und der Erhalt der Lebensqualität. Konkrete Ziele können sein:

  • Verbesserung des Sitzens, Gehens und Stehens
  • Erleichterung von Aktivitäten im Alltag
  • Vermeidung von Folgeerkrankungen
  • Verbesserung des Selbstwertgefühls
  • Erhalt oder Wiedererlangung der Selbstständigkeit

Die Behandlungsziele sollten gemeinsam mit Ärzten, Therapeuten, pflegenden Angehörigen und anderen Pflegepersonen festgelegt und regelmäßig überprüft werden.

Behandlungsmöglichkeiten bei Spastik

Es gibt verschiedene Therapiemöglichkeiten und unterstützende Maßnahmen, die das Leben mit einer Spastik nach einem Schlaganfall erleichtern können. Die Wahl der Therapie hängt von der Form der Spastik ab. Oft werden die besten Ergebnisse durch eine Kombination aus Medikamenten und nicht-medikamentösen Therapieverfahren erzielt.

Therapie einer Spastik mit Medikamenten

Medikamente zur Behandlung der Spastik sollten eingesetzt werden, wenn die Beeinträchtigungen und Beschwerden mit einer ausschließlich nicht-medikamentösen Therapie nicht zufriedenstellend verbessert werden konnten. Es wird unterschieden zwischen Medikamenten, die per Injektion oder Infusion verabreicht werden, und solchen, die man einnehmen kann (orale Antispastika).

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Behandlungen mit Medikamenten zur Injektion oder Infusion

  • Therapie mit Botulinumtoxin Typ A: Dieser Wirkstoff wird zur Behandlung der fokalen und multifokalen Spastik eingesetzt. Die Injektionen erfolgen gezielt in den betroffenen Muskel, wodurch sich dieser vorübergehend entspannt. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) empfiehlt Botulinumtoxin Typ A als Mittel der ersten Wahl zur Behandlung einer lokal begrenzten Spastik nach einem Schlaganfall.
  • Therapie mit Baclofen: Bei einer sehr stark ausgeprägten Spastik kann die intrathekale Therapie mit Baclofen (ITB) zum Einsatz kommen. Dabei wird das Medikament über ein spezielles Infusionssystem direkt in den das Rückenmark umgebenden Raum verabreicht.

Orale Antispastika

  • Klassische Antispastika: Wirkstoffe wie Baclofen, Tizanidin und Tolperison bewirken eine Entkrampfung der Muskeln und können Bewegungseinschränkungen verbessern.
  • Dantrolen: Dieser Wirkstoff hemmt gewisse Vorgänge im Muskel und bewirkt dadurch eine Muskelentspannung.
  • Benzodiazepine: Obwohl nicht für die Behandlung der Spastik nach einem Schlaganfall zugelassen, werden sie aufgrund ihrer Wirksamkeit eingesetzt, wirken angstlösend, schlaffördernd und entspannend auf die Muskulatur.
  • Cannabinoide: Die Wirkstoffe Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) können bei schmerzhaften Krämpfen der Muskulatur helfen.

Therapie einer Spastik ohne Medikamente

  • Physiotherapie (Krankengymnastik): Die Grundlage der Behandlung bildet die Physiotherapie. Verschiedene Übungen dienen dazu, Muskeln und Gelenke beweglich zu halten.
  • Orthopädische Hilfsmittel: Orthesen, Schienen oder Gipsverbände werden eingesetzt, um die betroffenen Körperregionen zu stützen, zu fixieren oder zu entlasten.
  • Ergotherapie: Die ergotherapeutische Behandlung beinhaltet Maßnahmen und Übungen, die erlernt werden können, um Alltagsaktivitäten trotz der Einschränkungen durch eine Spastik zu bewältigen.
  • Elektrostimulation und Elektroakupunktur: Diese Methoden werden direkt am spastischen Muskel angewendet, um die überhöhte Muskelspannung zu behandeln und langfristig die Beweglichkeit zu verbessern.
  • Operation: Unter gewissen Umständen kann eine Operation in Erwägung gezogen werden, um Sehnen zu verlängern oder zu verkürzen, Verwachsungen zu lösen oder Fehlstellungen und Verformungen der Knochen zu korrigieren.

Weitere nicht-medikamentöse Behandlungen

  • Regelmäßige Lagerung: Schmerzfreies Dehnen der spastischen Muskulatur zur Vorbeugung von Verkürzungen.
  • Gipsverbände: In spezialisierten Zentren zur Mobilisierung stark eingeschränkter Gelenke.
  • Elektrostimulation und Elektroakupunktur: Ergänzende Behandlungen zur positiven Beeinflussung der spastischen Tonuserhöhung.

Klinische Messung von Spastik

Es gibt verschiedene klinische Beurteilungsskalen, mit denen Spastik „gemessen“ werden kann. Diese standardisierten Tests erfassen die Spastik und ihre Stärke, um Veränderungen im Verlauf der Behandlung zu dokumentieren. Es wird empfohlen, diese Skalen mit anderen Beurteilungsinstrumenten zu kombinieren, die die aktiven Funktionen messen.

Die Bedeutung der Rehabilitation (Reha)

Häufig ist eine Rehabilitation (Reha) notwendig, meist stationär in einer speziellen Klinik. Sie soll dabei helfen, verloren gegangene Körperfunktionen wiederzuerlangen und bestenfalls in den Alltag zurückzukehren.

Umsetzung der Behandlungsleitlinien in Deutschland

Eine Studie untersuchte die Umsetzung der deutschen Behandlungsleitlinien für Spastik nach Schlaganfall. Dabei wurde festgestellt, dass nur ein geringer Prozentsatz der Patienten Botulinumtoxin-Injektionen erhält, während ein größerer Anteil mit Tabletten gegen Spastik behandelt wird. Die Autoren der Studie empfehlen eine Ausweitung der regelmäßigen spezifischen Physiotherapie und die regelmäßige Botulinumtoxinbehandlung, insbesondere bei Patienten, die bislang ausschließlich antispastische Medikamente einnehmen.

Was können Sie selbst tun?

  • Nehmen Sie Unterstützung in Anspruch: Suchen Sie Unterstützung durch Ärzte und Physiotherapeuten, um natürliche Bewegungsabläufe zu trainieren und Folgeschäden zu vermeiden.
  • Geben Sie Feedback: Ihr Feedback hilft anderen Nutzern, die für sie passenden Kurse zu finden.
  • Beachten Sie: Klären Sie medizinische Fragen in einem persönlichen Gespräch mit Ihrem Arzt.

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