Nervenschmerzen, auch neuropathische Schmerzen genannt, stellen für viele Betroffene eine erhebliche Belastung dar. Sie entstehen durch Schädigungen oder Erkrankungen des Nervensystems und äußern sich oft in brennenden, stechenden oder elektrisierenden Schmerzen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Behandlungsmethoden, die in Spezialkliniken für Nervenschmerzen angeboten werden, um Patienten eine bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.
Was sind Nervenschmerzen?
Neuropathische Schmerzen werden definiert als Schmerzen, die als direkte Folge einer Erkrankung oder Läsion des zentralen und/oder peripheren somatosensorischen Nervensystems entstehen. Neuropathische Schmerzen treten vor allem dann auf, wenn betroffene Nerven geschädigt sind. Beispiele sind Infektionen (z.B. Gürtelrose), Schäden des Rückenmarks oder Gehirns, Stoffwechselerkrankungen (z.B. Diabetes mellitus) oder direkte Verletzungen von Nerven. Klinisch zeichnen sie sich im Vergleich zu nozizeptiven Schmerzen durch Symptome der Hyperalgesie und Allodynie für mechanische und/oder thermische Stimuli aus.
Dr. Rudolf van Schayck, Ärztlicher Leiter der Kliniken Schmieder Stuttgart, erklärt, dass Nervenschmerzen durch eine Schädigung der Nervenbahnen oder eine Beschädigung von Gehirn und Rückenmark entstehen. Sind die Nervenbahnen an Armen und Beinen betroffen, spricht man von peripheren neuropathischen Schmerzen. Bei Schädigung von Rückenmark oder Gehirn können zentrale neuropathische Schmerzen entstehen.
Ursachen von Nervenschmerzen
Nervenschmerzen können vielfältige Ursachen haben. Zu den häufigsten gehören:
- Infektionen: Gürtelrose (Herpes zoster) kann zu einer Post-Zoster-Neuralgie führen.
- Stoffwechselerkrankungen: Diabetes mellitus kann Nervenschädigungen (diabetische Neuropathie) verursachen.
- Verletzungen: Nervenverletzungen nach Operationen, Unfällen oder Amputationen können neuropathische Schmerzen auslösen.
- Erkrankungen des Nervensystems: Multiple Sklerose (MS), Schlaganfall oder Rückenmarksverletzungen können zentrale neuropathische Schmerzen verursachen.
- Tumore: Tumore, die auf Nerven drücken, können ebenfalls Schmerzen verursachen.
- Chemotherapie: Einige Chemotherapeutika können Nervenschäden verursachen (chemotherapieinduzierte Polyneuropathie).
- Bandscheibenvorfälle: Druck auf Nervenwurzeln kann zu Nervenschmerzen führen.
- Alkoholmissbrauch: Alkohol kann Nervenschäden verursachen (alkoholtoxische Polyneuropathie).
Symptome von Nervenschmerzen
Patienten beschreiben Nervenschmerzen oft als:
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- Brennend
- Stechend
- Elektrisierend
- Kribbelnd oder prickelnd (wie Ameisenlaufen)
- Schmerzhafte Berührungsempfindlichkeit (Allodynie)
- Taubheitsgefühl im Schmerzbereich
- Blitzartige Schmerzattacken
- Gelegentlich schmerzhafte Kälte oder Wärme
Diagnose von Nervenschmerzen
Eine genaue Diagnose ist entscheidend für eine erfolgreiche Behandlung von Nervenschmerzen. Dazu gehören:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und Beschreibung der Schmerzen durch den Patienten.
- Körperliche Untersuchung: Neurologische Untersuchung zur Feststellung vonSensibilitätsstörungen, Reflexänderungen oder Muskelschwäche.
- Schmerztagebuch: Aufzeichnung der Schmerzintensität, Häufigkeit und auslösenden Faktoren.
- Elektrophysiologische Untersuchungen: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit (NLG) und Elektromyographie (EMG) zur Beurteilung der Nervenfunktion.
- Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) zur Darstellung von Nervenstrukturen und zum Ausschluss anderer Ursachen.
- Schmerzfragebögen: Standardisierte Fragebögen zur Erfassung der Schmerzqualität und -intensität sowie der Auswirkungen auf die Lebensqualität.
Behandlungsmethoden in Spezialkliniken für Nervenschmerzen
Spezialkliniken für Nervenschmerzen bieten ein breites Spektrum an Behandlungsmethoden an, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten werden. Ziel ist es, die Schmerzen zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und dieFunktionsfähigkeit wiederherzustellen.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Nervenschmerzen. Es werden verschiedene Medikamentengruppen eingesetzt:
- Antikonvulsiva: Ursprünglich zur Behandlung von Epilepsie entwickelt, können Antikonvulsiva wie Gabapentin und Pregabalin auch bei Nervenschmerzen wirksam sein. Sie wirken, indem sie die Erregbarkeit der Nervenzellen reduzieren.
- Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva (z.B. Amitriptylin) und selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) (z.B. Duloxetin, Venlafaxin) können ebenfalls bei Nervenschmerzen eingesetzt werden. Sie beeinflussen die Schmerzverarbeitung im Gehirn und wirken stimmungsaufhellend.
- Opioide: In einigen Fällen können Opioide wie Tramadol oder Morphin zur Behandlung von starken Nervenschmerzen eingesetzt werden. Aufgrund des Suchtpotenzials und möglicher Nebenwirkungen werden sie jedoch nur unter strengerIndikationsstellung und engmaschiger Kontrolle eingesetzt.
- Topische Therapeutika: Cremes oder Pflaster mit Lokalanästhetika (z.B. Lidocain) oder Capsaicin können bei lokalisierten Nervenschmerzen eingesetzt werden.
- Nicht-Opioid-Analgetika: Klassische Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Diclofenac sind bei neuropathischen Schmerzen oft nicht ausreichend wirksam, können aber in Kombination mit anderen Medikamenten eingesetzt werden.
Multimodale Schmerztherapie
Die multimodale Schmerztherapie ist ein integrativer Ansatz, der verschiedene Therapieformen kombiniert, um die komplexen Aspekte chronischer Schmerzen zu behandeln. Sie umfasst in der Regel:
- Medikamentöse Therapie: Anpassung der Medikation zur Schmerzlinderung.
- Physiotherapie: Verbesserung der Beweglichkeit, Kraft und Koordination.
- Ergotherapie: Anpassung derAlltagsaktivitäten und Hilfsmittelversorgung.
- Psychologische Schmerztherapie: Kognitive Verhaltenstherapie (KVT),Entspannungstechniken und Stressbewältigung.
- Sozialmedizinische Beratung: Unterstützung bei sozialen und beruflichen Problemen.
Die multimodale Schmerztherapie zielt darauf ab, die körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen der Schmerzen zu berücksichtigen und den Patienten zu helfen, aktiv mit ihren Schmerzen umzugehen. In der Schmerzklinik der Albklinik Münsingen werden Patienten gemeinsam von Vertretern verschiedener Fachdisziplinen unter Einbeziehung der Schmerzpsychologie behandelt.
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Eine multimodale stationäre Schmerztherapie ist angezeigt, wenn mindestens drei der folgenden Punkte zutreffen:
- Mangelnder Erfolg ambulanter schmerztherapeutischer Maßnahmen oder operativer Eingriffe
- Medikamentenabhängigkeit oder -fehlgebrauch
- Manifeste oder drohende Beeinträchtigung der Lebensqualität und/oder der Arbeitsfähigkeit
- Gravierende psychische Begleiterkrankung
- Gravierende somatische Begleiterkrankung
Invasive Schmerztherapie
Invasive Schmerztherapieverfahren können in bestimmten Fällen eingesetzt werden, wenn andereBehandlungen nicht ausreichend wirksam sind. Dazu gehören:
- Nervenblockaden: Injektion von Lokalanästhetika oder Kortikosteroiden in die Nähe von Nerven, um die Schmerzleitung zu unterbrechen.
- Rückenmarksnahe Anästhesieverfahren: Epidurale oder intrathekale Injektion von Schmerzmitteln.
- Rückenmarksstimulation (SCS): Implantation eines Geräts, das elektrische Impulse an das Rückenmark sendet, um die Schmerzsignale zu modulieren.
- Periphere Nervenstimulation (PNS): Implantation von Elektroden in die Nähe von peripheren Nerven, um die Schmerzleitung zu beeinflussen.
- Radiofrequenztherapie: Erhitzung von Nervengewebe, um die Schmerzleitung zu reduzieren.
- Intrathekale Medikamentenpumpe: Implantation einer Pumpe, die Schmerzmittel direkt in den Liquorraum abgibt.
Komplementärmedizinische Behandlungen
Einige Kliniken bieten auch komplementärmedizinische Behandlungen an, wie z.B.:
- Akupunktur: Stimulation bestimmter Punkte am Körper mit feinen Nadeln, um dieSchmerzleitung zu beeinflussen.
- Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Anwendung von elektrischen Impulsen auf die Haut, um die Schmerzleitung zu blockieren.
- Biofeedback: Erlernen der bewussten Kontrolle von Körperfunktionen wie Muskelspannung oder Herzfrequenz, um Schmerzen zu reduzieren.
- Entspannungstechniken: Progressive Muskelentspannung nach Jacobson (PMR), autogenes Training oder Achtsamkeitsübungen.
Psychologische Schmerztherapie
Psychologische Faktoren spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung chronischer Schmerzen. Psychologische Schmerztherapie kann helfen, Schmerzbewältigungsstrategien zu entwickeln,Angst und Depression zu reduzieren und die Lebensqualität zu verbessern. Häufig eingesetzte Methoden sind:
- Kognitive Verhaltenstherapie (KVT): Identifizierung und Veränderung negativer Gedanken und Verhaltensweisen, die die Schmerzen verstärken.
- Achtsamkeitsbasierte Schmerztherapie: Lenkung der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment, um die Schmerzwahrnehmung zu verändern.
- Stressbewältigungstechniken: Erlernen von Strategien zur Reduktion von Stress und Anspannung.
Spezialkliniken für Nervenschmerzen: Beispiele und Angebote
Einige Beispiele für Spezialkliniken für Nervenschmerzen in Deutschland sind:
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- Neurologisch-verhaltensmedizinische Schmerzklinik Kiel: Unter der Leitung von Prof. Dr.med. Dipl.Psych. Hartmut Göbel bietet die Klinik spezielle Therapien für Migräne, Kopfschmerzen, Nervenschmerzen und andere chronische Schmerzerkrankungen an.
- Kliniken Schmieder Stuttgart: Dr. Rudolf van Schayck leitet die Kliniken und beschäftigt sich seit vielen Jahren mit chronischen Nervenschmerzen.
- Schmerzklinik der Albklinik Münsingen: Bietet eine multimodale stationäre Schmerztherapie unter Einbeziehung verschiedener Fachdisziplinen und der Schmerzpsychologie an.
- Schmerztherapie Püttlingen: Bietet nicht-medikamentöse Behandlungen im neuro-modulativen Zentrum an.
Diese Kliniken bieten in der Regel eine umfassende Diagnostik und ein breites Spektrum an Behandlungsmethoden an, die individuell auf die Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten werden.
Aufnahmeformalitäten und Kostenübernahme
Die Aufnahmeformalitäten können je nach Klinik variieren. In der Regel sind folgende Schritte erforderlich:
- Verordnung von Krankenhausbehandlung: Einweisung durch den behandelnden Arzt.
- Aufnahme-Checkliste: Ausfüllen einer Checkliste mit relevanten Informationen.
- Schmerzkalender und Schmerzfragebogen: Dokumentation der Schmerzen.
- Einreichung von Unterlagen: Zusendung aller relevanten Arztbriefe, Röntgenbilder etc. an die Klinik.
Die Kostenübernahme für die Behandlung in einer Spezialklinik für Nervenschmerzen hängt von der Krankenkasse ab. Zahlreiche Krankenkassen haben integrierte Versorgungsverträge mit bestimmten Kliniken abgeschlossen. Es ist ratsam, sich vorab bei der Krankenkasse über die Kostenübernahme zu informieren.
Leben mit Nervenschmerzen: Tipps und Strategien
Neben den medizinischen Behandlungen gibt es auch einige Tipps und Strategien, die Patienten im Alltag helfen können, mit Nervenschmerzen umzugehen:
- Regelmäßige Bewegung:Moderate körperliche Aktivität kann helfen, Schmerzen zu lindern und dieFunktionsfähigkeit zu verbessern.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kannEntzündungen reduzieren und das Nervensystem unterstützen.
- Stressmanagement: Erlernen von Entspannungstechniken und Stressbewältigungsstrategien.
- Schlafhygiene: Achten Sie auf ausreichend Schlaf und eine gute Schlafhygiene.
- Unterstützung suchen: Sprechen Sie mit Familie, Freunden oder einer Selbsthilfegruppe über Ihre Schmerzen.
- Achtsamkeit: Praktizieren Sie Achtsamkeit, um die Schmerzwahrnehmung zu verändern und Stress zu reduzieren.
- Schmerztagebuch: Führen Sie ein Schmerztagebuch, um Auslöser und Strategien zur Schmerzlinderung zu identifizieren.
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