Stellan Skarsgård, der schwedische Schauspieler, der seit Jahrzehnten eine feste Größe in der Filmwelt ist, sprach offen über einen schweren gesundheitlichen Schicksalsschlag und dessen Auswirkungen auf sein Leben und seine Arbeit. In einer ausführlichen Coverstory des Magazins "Vulture" sprach der 74-jährige Skarsgård über seinen Schlaganfall vor drei Jahren.
Der Schlaganfall und seine Folgen
Der Schlaganfall ereignete sich zwischen den Dreharbeiten für die zwei Staffeln der Star-Wars-Serie "Andor" und den beiden bisher veröffentlichten Teilen von Denis Villeneuves Filmreihe "Dune". Die gesundheitlichen Folgen sind demnach nicht motorischer Natur, sondern beeinträchtigen vor allem sein Gedächtnis und die Fähigkeit zu komplexen Gedankengängen.
"Seit meinem Schlaganfall ist meine Argumentation schwächer, meine Sprache ist schwächer", sagte Skarsgård. "Es fühlt sich an, als könne ich nicht kämpfen, keine Diskussion führen." Auch im Alltag spüre er bis heute die Nachwehen des Schlaganfalls und könne "einem Gedanken nicht folgen oder ein Argument vorbringen, das sich über mehrere Sätze erstreckt und auf den Punkt kommt".
Diese Beeinträchtigungen führten dazu, dass Skarsgård bei Dreharbeiten auf einen Souffleur angewiesen ist, der ihm die Texte über einen In-Ear-Kopfhörer vorsagt. Für den zweiten Teil von "Dune", in dem Skarsgård Baron Wladimir Harkonnen spielt, habe er In-Ear-Kopfhörer bekommen, »über die ein Souffleur meinen Text spricht«. Aber weil er seinen eigenen Rhythmus habe, so der Schauspieler weiter, habe der Souffleur den Text auf eine spezielle Art und Weise ansagen müssen: »sehr schnell, sehr neutral«. Es sei viel Training dafür notwendig gewesen.
Trotz dieser Herausforderungen konnte Skarsgård die Fortsetzungen filmen. "Ich habe einen Weg gefunden", sagte er. "Manche Leute mögen sagen: 'Oh, du hast Glück. Du musst deinen Text nicht lernen.' Aber jetzt ist es mehr Arbeit als vorher." Ihm würden Namen plötzlich nicht mehr einfallen. "Ich kann keinem Gedanken oder Argument folgen, das über mehrere Sätze geht." Es sei extrem frustrierend. "Aber auf der anderen Seite: Ich lebe."
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Umgang mit der Situation
Skarsgård beschreibt die Zeit nach dem Schlaganfall als "Nachspielzeit", ein Bonusdasein auf der Welt. Zwar hatte er "wirklich Angst" bei dem Schlaganfall und er verspüre seither eine große Sorge, der Tod sei das aber nicht: "Ich habe keine Angst vor dem Sterben, aber ich habe Angst, nicht lebensfähig zu sein." Umso dankbarer sei er, wenn auch mit etwas mehr Hilfe von außen, weiterhin als Schauspieler tätig sein zu können. Sein skandinavisch-stoisches Fazit zu der Angelegenheit: "Ich lebe.
Familie und Sorgen
Auf seine zahlreichen Kinder angesprochen, enthüllte der "Andor"-Star aber doch noch weitere Sorgen: "Bei all meinen acht Kindern gibt es eine Sache, vor der ich jedes Mal Angst hatte, wenn ich ein neues Kind bekam… dass sie langweilig sein könnten. Zum Glück ist keines von ihnen langweilig." Vier seiner sieben Söhne sind ebenfalls Schauspieler geworden, laut Skarsgård Senior ohne seine Hilfe. Der aktuell erfolgreichste ist Alexander Skarsgård ("Tarzan", "Big Little Lies"). Bill, 30, spielt den Clown Pennywise in den Neuverfilmungen des Stephen-King-Klassikers "Es".
In Bezug auf seinen Sohn Kolbjörn sprach er ein anderes Problem an. Offenbar wird der 13-Jährige in der Schule gemobbt und als "Nepo-Baby" verunglimpft, weil er bereits selbst als Schauspieler tätig ist. "Das ist so ein Unfug", stellt sich Stellan Skarsgård nun schützend vor seinen Sohn.
Skarsgård ist Vater von acht Kindern, sechs von ihnen bekam er mit seiner ersten Frau My, zwei weitere mit seiner aktuellen Ehefrau, der Filmproduzentin Megan Everett. Zu den kleinen Schockmomenten für Interviewer gehört bei Stellan Skarsgård auch, dass er von seiner Vasektomie erzählt. Noch mehr schöne Skarsgårds wird es aber nicht geben, jedenfalls nicht vom Stammvater der Dynastie.
Karriere und Vielseitigkeit
Stellan Skarsgård ist seit Ende der 1980er Jahre in internationalen Produktionen vor der Kamera und schaffte den Sprung nach Hollywood. Er war in "Good Will Hunting", in zwei Teilen von "Fluch der Karibik" oder "Illuminati" zu sehen. Zu seinen jüngsten Produktionen zählen "Dune", "Andor" und "Sentimental Value".
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Skarsgård ist kein Kostverächter: Er spielt für Lars von Trier und für Joss Whedon. Er gewann 1998 den Europäischen Filmpreis für die "beste europäische Leistung im Weltkino", und er verpasste acht Jahre später knapp den "Chainsaw Award" des Horrormagazins "Fangoria".
Sein Wandern zwischen den Welten von Mainstream und Arthouse hat er in einem Interview einmal als gar nicht so schwierig beschrieben. Der Unterschied zwischen Marvel-Filmen und denen Triers sei, dass er sich bei den einen nackt ausziehen müsse und es bei den anderen nicht dürfe.
Er spielte in großen Blockbustern mit. Auf der Liste der weltweit finanziell erfolgreichsten Schauspieler steht er ziemlich weit oben, wobei Erfolg sich in dieser Liste an den Einspielergebnissen der Filme misst, in denen sie mitgespielt haben. Das liegt daran, dass Skarsgård in gleich drei Blockbuster-Reihen mitspielt. In zwei "Fluch der Karibik"-Filmen ist er als untoter Pirat Bootstrap Bill Turner zu sehen, in den "Mamma Mia!"-Musicals als Ex-Hippie Bill und in mehreren Marvel-Comicverfilmungen als Astrophysiker Erik Selvig.
Sein Glück ist es, zu den wenigen Schauspielern zu gehören, die abgründige Charaktere, ja bisweilen recht eindimensional gezeichnete Schwerverbrecher darstellen können, ohne fortan auf die Rolle des Antagonisten festgenagelt zu bleiben.
Kompensiert er seinen fehlenden Status vielleicht mit seiner Dauerpräsenz? Oder ist es schlicht fehlende Eitelkeit, die ihn dazu bringt, auch kleine Nebenrollen in unbedeutenden Produktionen anzunehmen? "Manchmal geben die Kollegen den Ausschlag, manchmal das Skript und manchmal die Gage", erklärt Skarsgård.
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Politische Ansichten
Skarsgård äußerte sich auch zu politischen Themen. Skarsgård: Tja, obwohl die Steuern hoch sind. Dafür stimmt das Gesundheitssystem und die Schulen und Universitäten sind gebührenfrei. Das Schöne am Marshall-Plan war ja einst, dass man den Sozialstaat als Mittel gegen Faschismus und Extremismus einsetzte und es wirklich funktioniert hat, weshalb wir heute auf Jahrzehnte des Friedens zurückblicken können. Jetzt, da sich die Schere zwischen arm und reich wieder weiter öffnet, erwachen schon wieder rechte Kräfte in Europa.
Skarsgård: Wir sollten dafür sorgen, dass die sozialdemokratischen Parteien in Westeuropa aus dem verdammten Gefrierschrank herauskommen, in dem sie seit Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre feststecken. Wer sagt denn wie beispielsweise in Frankreich, dass dem Staat die Infrastruktur gehören soll? Wer sagt dort, dass Bildung und Gesundheit vom Staat organisiert und verwaltet werden müssen? Das sind nicht die Sozialisten, sondern es ist diese verdammte Marine Le Pen.
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