Stent der Halsschlagader nach Schlaganfall: Informationen zu Verfahren, Risiken und Nutzen

Jährlich erleiden in Deutschland mehr als 200.000 Menschen einen Schlaganfall, wobei bei etwa 30.000 von ihnen eine Karotisstenose die Ursache ist. Die Beseitigung von hochgradigen Verengungen der Arteria carotis hat sich als wirksamste Form der Schlaganfallprophylaxe erwiesen. Hierfür stehen zwei Therapieformen zur Verfügung: die klassische Operation, bekannt als Karotisthrombendarteriektomie (TEA), und die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit Stentimplantation.

Was ist eine Karotisstenose und warum ist sie gefährlich?

Die Verengung der Halsschlagader, auch Karotisstenose genannt, wird meist durch eine fortschreitende Gefäßverkalkung (Arteriosklerose) verursacht. Risikofaktoren wie hoher Blutdruck und falsche Ernährung begünstigen diesen Prozess. Durch die Verengung kann es zu einer Minderversorgung des Gehirns kommen, was einen Schlaganfall auslösen kann. In Deutschland sind verengte oder verschlossene Halsschlagadern für 15 bis 25 Prozent aller Schlaganfälle verantwortlich.

Therapieoptionen bei Karotisstenose

Karotisthrombendarteriektomie (TEA)

Die Karotisthrombendarteriektomie (TEA) ist ein etabliertes Verfahren, bei dem die Ablagerungen in der Halsschlagader operativ entfernt werden. Über einen kleinen Schnitt am Hals wird die Halsschlagader freigelegt und die Engstelle ausgeschält. Während des Eingriffs wird die Gehirndurchblutung kontinuierlich kontrolliert. Die Operation dauert in der Regel ein bis eineinhalb Stunden. In den ACST- und ACAS-Studien hat sich die Operation als hochwirksame Maßnahme zur Vorbeugung des karotisbedingten Schlaganfalls erwiesen.

Perkutane Transluminale Angioplastie (PTA) mit Stent

Die perkutane transluminale Angioplastie (PTA) mit Stent ist eine minimal-invasive Alternative zur Operation. Dabei wird über einen Katheter, der meist über die Leiste eingeführt wird, ein Stent (eine Art Gefäßstütze) in die verengte Stelle der Halsschlagader eingebracht. Der Stent wird dann mit einem Ballon aufgeweitet, um das Gefäß offen zu halten.

Ablauf des Eingriffs

  1. Vorbereitung: Vor dem Eingriff erhalten die Patienten eine Prämedikation mit ASS und Clopidogrel, um die Bildung von Blutgerinnseln zu verhindern.
  2. Katheterisierung: Unter örtlicher Betäubung wird ein Katheter in die Leistenschlagader eingeführt und bis zur betroffenen Halsschlagader vorgeschoben.
  3. Stentimplantation: Der Stent wird durch den Katheter in der Verengung platziert, freigesetzt und mit einem Ballon entfaltet.
  4. Abschluss: Der Katheter wird entfernt, die Leistenpunktion verschlossen und ein Druckverband angelegt.

Indikationen für das Carotis-Stenting

  • Symptomatische Karotisstenose: Wenn die Stenose bereits Symptome wie vorübergehende Seh- oder Sprachstörungen oder Lähmungserscheinungen (transiente ischämische Attacken, TIA) verursacht hat. Symptomatische Carotis-Stenosen sollten schnell behandelt werden, um das Risiko eines Schlaganfalls zu senken.
  • Asymptomatische Karotisstenose: Eine hochgradige Verengung (über 70 Prozent) oder eine schnell zunehmende Verengung, die noch keine Symptome verursacht hat. Ein Carotis-Stent ist hier möglich, sollte aber nur eingesetzt werden, wenn für die Operation ein erhöhtes Risiko besteht.

Vorteile des Carotis-Stentings

  • Minimal-invasiver Eingriff ohne großen chirurgischen Schnitt
  • Keine Vollnarkose erforderlich
  • Geringeres Risiko für Hirnnervenlähmung

Risiken des Carotis-Stentings

  • Embolisation von Plaques, die zu neurologischen Ausfällen führen kann
  • Restenose (erneute Verengung) der Halsschlagader

Stent oder Operation: Was ist die bessere Wahl?

Die Frage, ob Stent oder Operation die bessere Behandlungsmethode ist, wird unter Experten kontrovers diskutiert. Studien wie SPACE haben gezeigt, dass beide Verfahren gleichwertig sind, um einem weiteren Schlaganfall innerhalb der ersten zwei Jahre nach dem Eingriff vorzubeugen. Allerdings gibt es Hinweise darauf, dass bei Stent-Patienten häufiger erneute Verengungen der Halsschlagader auftreten.

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Aktuelle Studienergebnisse

  • SPACE-Studie: Die SPACE-Studie, eine große internationale Vergleichsstudie, ergab, dass das Risiko für einen weiteren Schlaganfall in den ersten zwei Jahren nach dem Eingriff bei beiden Verfahren vergleichbar niedrig ist.
  • EVA-3S-Studie: Die französische EVA-3S-Studie zeigte einen Vorteil der chirurgischen Ausschälung gegenüber Stenting bei symptomatischen Patienten mit einer Stenose von mehr als 60 Prozent. Die Studie wurde aus Sicherheitsgründen vorzeitig abgebrochen, da Stenting im Vergleich ein höheres Risiko zeigte.

Expertenmeinungen

  • Prof. Dr. Werner Hacke: Betont, dass die Therapieentscheidung individuell getroffen werden muss und individuelle Faktoren der Patienten, vor allem das Alter, und die Erfahrung des Behandlers wichtiger sind als die Methode selbst.
  • Dr. Peter Ringleb: Ergänzt, dass ältere Patienten (über 70 Jahre) in der SPACE-Studie ein etwas niedrigeres Behandlungsrisiko bei der operativen Behandlung hatten, während Patienten unter 70 Jahren ein niedrigeres Risiko bei der Behandlung mit einem Stent hatten.
  • Dr. Jakob Ledwoch: Berichtet, dass das Karotisstenting im Langzeitverlauf bei Patienten unterschiedlichen Alters gleichermaßen effektiv ist, wobei ältere Patienten aufgrund von Begleiterkrankungen ein höheres Risiko für Komplikationen haben.
  • Prof. Dr. Frank Veith: Steht der Begeisterung um das Karotis-Stenting skeptisch gegenüber und verweist auf die Ergebnisse von ACST und ACAS, die in der Operation eine hochwirksame Maßnahme zur Vorbeugung des karotisbedingten Schlaganfalls sehen.

Patientenauswahl und interdisziplinäre Entscheidungsfindung

Die Patientenauswahl ist entscheidend für den Erfolg der Behandlung. In einem interdisziplinären Team aus Angiologen, Gefäßchirurgen, Neurologen und Neuroradiologen (Carotis-Board) wird für jeden Patienten eine individuelle Behandlungsstrategie festgelegt. Dabei werden Faktoren wie Alter, Begleiterkrankungen, Stenosegrad und individuelle Risikofaktoren berücksichtigt.

Nachsorge und Risikofaktorenkontrolle

Nach der Operation oder dem Stenting ist eine regelmäßige Nachsorge wichtig. Dazu gehören Ultraschalluntersuchungen, um den Erfolg des Eingriffs zu kontrollieren und eventuelle erneute Verengungen frühzeitig zu erkennen. Zudem sollten die Risikofaktoren für Arteriosklerose, wie hoher Blutdruck, Diabetes und Rauchen, konsequent behandelt werden.

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