Systemische Neurologische Erkrankung: Definition, Ursachen, Diagnose und Behandlung

Eine systemische neurologische Erkrankung ist eine Krankheit, die mehrere Organsysteme betrifft, einschließlich des Nervensystems. Diese Erkrankungen können eine Vielzahl von Symptomen verursachen und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Es ist wichtig, diese Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und eine angemessene Behandlung einzuleiten, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und die Symptome zu lindern.

Definition und Überblick

Eine systemische neurologische Erkrankung liegt vor, wenn eine Erkrankung nicht nur das Nervensystem (Gehirn, Rückenmark, periphere Nerven), sondern auch andere Organsysteme des Körpers betrifft. Dies kann zu einer komplexen Symptomatik führen, die die Diagnose erschwert.

Ursachen

Die Ursachen für systemische neurologische Erkrankungen sind vielfältig und können in folgende Kategorien eingeteilt werden:

  • Genetische Ursachen: Viele seltene Erkrankungen, die neurologische Symptome verursachen, sind genetisch bedingt.
  • Infektiöse Ursachen: Einige Infektionen können das Nervensystem und andere Organe gleichzeitig befallen.
  • Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen greift das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Strukturen an, was zu Entzündungen und Schäden in verschiedenen Organen, einschließlich des Nervensystems, führen kann.
  • Stoffwechselstörungen: Bestimmte Stoffwechselstörungen können die Funktion des Nervensystems beeinträchtigen und systemische Auswirkungen haben.
  • Toxische Ursachen: Die Exposition gegenüber bestimmten Toxinen kann das Nervensystem und andere Organe schädigen.

Beispiele für systemische neurologische Erkrankungen

Es gibt zahlreiche systemische neurologische Erkrankungen, von denen einige im Folgenden beispielhaft aufgeführt werden:

  • Multisystematrophie (MSA): Die Multisystematrophie (MSA) ist eine seltene, rasch fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die mehrere Bereiche des Gehirns betrifft. Die genauen Zahlen zur Häufigkeit in Deutschland liegen nicht vor, aber Schätzungen gehen von 2 bis 5 Betroffenen pro 100.000 Einwohner aus. Die Erkrankung tritt in der Regel erst bei Erwachsenen ab 30 Jahren auf. MSA entsteht durch das Absterben von Nervenzellen in verschiedenen Hirnbereichen. Es gibt keine eindeutigen Hinweise auf eine direkte Vererbung, obwohl familiäre Häufungen in sehr seltenen Fällen beobachtet wurden. Die Lebenserwartung nach Ausbruch der Erkrankung beträgt etwa 10 Jahre, kann aber in einigen Fällen auch länger sein.

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    • Symptome: Die MSA kann eine Vielzahl von Symptomen verursachen, die sich im Krankheitsverlauf verändern und verstärken können. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

      • Motorische Beeinträchtigungen: Erhöhte Muskelspannung (Rigor), Bewegungsarmut (Bradykinese/Akinese), Gleichgewichts- und Gangstörungen. Im fortgeschrittenen Stadium können Parkinson-ähnliche Symptome auftreten, die jedoch im Gegensatz zum idiopathischen Parkinson-Syndrom nicht nur einseitig auftreten. Auch die Feinmotorik kann beeinträchtigt sein, was alltägliche Aufgaben erschwert.
      • Vegetative Störungen: Störungen des vegetativen Nervensystems, wie z.B. Blasenentleerungsstörungen, Impotenz bei Männern, Blutdruckabfall beim Aufstehen (orthostatische Hypotonie), Störungen der Darmfunktion und vermindertes Schwitzen.
      • Weitere Symptome: Sprachstörungen (undeutliche, verwaschene Sprache), kognitive Beeinträchtigungen, Schlafstörungen.
    • Diagnostik: Die Diagnose der MSA umfasst verschiedene Untersuchungen und Tests:

      • Anamnese: Erhebung der Krankheitsgeschichte und der aktuellen Beschwerden.
      • Neurologische und körperliche Untersuchung: Überprüfung von Gleichgewicht, Bewegungssteuerung durch Kleinhirn und Hirnstamm.
      • Test der Kreislaufregulation beim Stehen: Messung des Blutdruckabfalls beim Aufstehen.
      • MRT und/oder DAT-Scan: Bildgebende Verfahren zur Darstellung des Gehirns und zum Nachweis von Nervengewebsverlust.
    • Therapie: Die MSA ist nicht heilbar, aber es gibt verschiedene Therapieansätze zur Linderung der Symptome:

      • Physikalische Therapien: Physiotherapie zur Verbesserung von Beweglichkeit und Koordination, Stärkung der Muskulatur und Sturzprophylaxe. Ergotherapie zur Unterstützung bei alltäglichen Aufgaben und zur Verbesserung der Nahrungsaufnahme bei Schluckstörungen.
      • Medikamentöse Therapie: Behandlung von Symptomen wie Parkinson-ähnlichen Beschwerden, Blutdruckabfall und Blasenfunktionsstörungen. Medizinisches Cannabis kann bei Schmerzen, Schlafstörungen und psychischen Beschwerden eine Option sein.
      • Psychotherapie: Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung und Bewältigung von Ängsten und Sorgen.
      • Hilfsmittel: Hilfsmittel zur Erleichterung des Alltags und zur Erhaltung der Selbstständigkeit.
      • Wohnraumanpassung: Umbaumaßnahmen in der Wohnung, um die häusliche Pflege zu erleichtern.
      • Palliativversorgung: Im Endstadium der Erkrankung ist eine umfassende Betreuung und palliative Versorgung erforderlich. Eine Patientenverfügung kann helfen, die eigenen Wünsche für die medizinische Versorgung im Endstadium festzulegen.
  • Multiple Sklerose (MS): Eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, bei der das Immunsystem die Myelinscheiden der Nervenfasern angreift.

  • Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Eine akute oder subakute Polyradikuloneuritis, die häufig nach Infektionen auftritt und zu Muskelschwäche und Lähmungen führen kann.

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  • Neuromyelitis optica (NMO) und MOG-Antikörper assoziierte Erkrankungen (MOGAD): Autoimmunerkrankungen, die vor allem das Rückenmark und die Sehnerven betreffen.

  • Entzündliche ZNS-Erkrankungen: Entzündungen des zentralen Nervensystems, die durch verschiedene Erreger (Bakterien, Viren, Pilze) oder Autoimmunprozesse verursacht werden können.

  • Funktionelle Neurologische Störungen (FNS): Neurologische Symptome wie Lähmungen, Bewegungsstörungen oder Taubheitsgefühle, ohne dass eine strukturelle Schädigung des Nervensystems nachweisbar ist.

Diagnostik

Die Diagnose einer systemischen neurologischen Erkrankung kann eine Herausforderung sein, da die Symptome oft unspezifisch sind und anderen Erkrankungen ähneln können. Eine sorgfältige Anamnese, neurologische Untersuchung und gegebenenfalls weitere diagnostische Maßnahmen sind erforderlich, um die Diagnose zu sichern. Zu den möglichen diagnostischen Maßnahmen gehören:

  • Laboruntersuchungen: Blutuntersuchungen zur Bestimmung von Entzündungswerten, Autoantikörpern, Stoffwechselparametern und anderen relevanten Markern.
  • Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns und Rückenmarks, Computertomographie (CT), Röntgenaufnahmen.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen: Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie (ENG) zur Beurteilung der Funktion von Muskeln und Nerven.
  • Lumbalpunktion: Entnahme von Nervenwasser zur Untersuchung auf Entzündungszeichen, Infektionen oder andere Auffälligkeiten.
  • Genetische Untersuchungen: Bei Verdacht auf eine genetisch bedingte Erkrankung.
  • Neuropsychologische Testung: Zur Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten.

Behandlung

Die Behandlung systemischer neurologischer Erkrankungen richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache und den individuellen Symptomen des Patienten. Es gibt keine Heilung für die meisten dieser Erkrankungen, aber es gibt verschiedene Therapieansätze, um die Symptome zu lindern, das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Zu den möglichen Behandlungsansätzen gehören:

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  • Medikamentöse Therapie:
    • Immunsuppressiva und Immunmodulatoren zur Behandlung von Autoimmunerkrankungen.
    • Antivirale oder antimikrobielle Medikamente zur Behandlung von Infektionen.
    • Symptomatische Behandlung von Schmerzen, Muskelkrämpfen, Schlafstörungen und anderen Beschwerden.
  • Physikalische Therapie: Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie zur Verbesserung von Beweglichkeit, Koordination, Kraft, Sprache und Schluckfunktion.
  • Psychotherapie: Unterstützung bei der Krankheitsverarbeitung und Bewältigung von psychischen Belastungen.
  • Hilfsmittel: Anpassung von Hilfsmitteln zur Erleichterung des Alltags.
  • Ernährungstherapie: Anpassung der Ernährung bei Stoffwechselstörungen oder Schluckstörungen.
  • Chirurgische Eingriffe: In einigen Fällen können chirurgische Eingriffe erforderlich sein, z. B. zur Entfernung von Tumoren oder zur Entlastung von Nervenkompressionen.
  • Palliativversorgung: Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung kann eine palliative Versorgung erforderlich sein, um die Lebensqualität zu verbessern und die Symptome zu lindern.

Bedeutung der neurologischen Pflege

Die neurologische Pflege spielt eine wichtige Rolle bei der Betreuung von Patienten mit systemischen neurologischen Erkrankungen. Sie umfasst die Unterstützung bei den Aktivitäten des täglichen Lebens, die Überwachung der Symptome, die Verabreichung von Medikamenten und die Beratung von Patienten und Angehörigen. Die Pflegekräfte müssen sich konsequent neuen Herausforderungen stellen und die Pflegekonzepte und Therapien individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abstimmen.

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