Systemische Sklerose: Ursachen, Symptome und Therapie

Die systemische Sklerose (SSc), auch Sklerodermie genannt, ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die durch eine Verhärtung und Verdickung der Haut sowie des Bindegewebes gekennzeichnet ist. Diese Veränderungen können auch innere Organe wie Lunge, Herz, Nieren und Magen-Darm-Trakt betreffen. Der Begriff "Sklerodermie" leitet sich von den griechischen Wörtern "skleros" (hart) und "derma" (Haut) ab und beschreibt das Hauptsymptom der Erkrankung. Anstatt des Begriffes „Sklerodermie“ wird heute vermehrt der Begriff „systemische Sklerose“ verwendet. Er verdeutlicht, dass die Verhärtung nicht nur das Organ „Haut“, sondern alle Körperorgane betrifft.

Was ist Sklerodermie?

Sklerodermie bezeichnet eine Gruppe von Erkrankungen, bei denen die Haut und das Bindegewebe verdicken und verhärten. Beschränken sich die Symptome auf die Haut und das darunterliegende Gewebe, spricht man von einer zirkumskripten Sklerodermie (Morphea). Sind auch innere Organe wie Lunge, Darm, Herz oder Nieren betroffen, handelt es sich um eine sogenannte systemische Sklerodermie (auch: progressive systemische Sklerose). Bei der systemischen Sklerodermie (SSc) sind neben der Haut auch Blutgefäße und innere Organe in unterschiedlichem Ausmaß betroffen.

Formen der Sklerodermie

Grundsätzlich lassen sich zwei Hauptformen unterscheiden:

  • Zirkumskripte Sklerodermie (Morphea): Beschränkt sich auf die Haut und das darunterliegende Gewebe.
  • Systemische Sklerose (SSc): Kann innere Organe betreffen, da Bindegewebe im gesamten Körper vorkommt.

Die systemische Sklerose wird weiter unterteilt in:

  • Limitierte systemische Sklerose (lSSc): Hautveränderungen beschränken sich auf Gesicht, Hände und Füße unterhalb von Ellbogen und Knien. Früher als CREST-Syndrom bezeichnet.
  • Diffuse systemische Sklerose (dSSc): Hautveränderungen betreffen auch den Rumpf und Bereiche oberhalb der Ellbogen und Knie.
  • Systemische Sklerose sine scleroderma: Innere Organe sind betroffen, ohne dass Hautveränderungen auftreten.
  • Overlap-Syndrom: Symptome der Sklerodermie treten in Kombination mit anderen rheumatischen Erkrankungen auf.

Es gibt verschiedene Formen der systemischen Sklerose. Die wichtigsten Formen sind:

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  • Limitierte systemische Sklerose: Früher als CREST-Syndrom bezeichnet. Die Hautveränderungen beschränken sich auf das Gesicht, die Hände und Füße und gehen nicht über die Ellenbogen und Knie hinaus.
  • Diffuse systemische Sklerose: Die Hautveränderungen gehen über die Ellenbogen und Knie hinaus. Neben dem Gesicht ist auch der Körperstamm betroffen.
  • Systemische Sklerose sine scleroderma: Die inneren Organe sind betroffen ohne Hautbefall.
  • Overlap-Syndrom: Zeichen einer Sklerodermie in Kombination mit anderen rheumatischen Erkrankungen, z. B. Rheuma.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen der Sklerodermie sind bisher unbekannt. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise eigenes Gewebe angreift. Mediziner gehen davon aus, dass mehrere Faktoren eine Rolle spielen:

  • Genetische Veranlagung: In betroffenen Familien treten selten mehrere Fälle von Sklerodermie auf. Eine genetische Veranlagung für Sklerodermie bedeutet aber nicht, dass Betroffene auch tatsächlich daran erkranken.
  • Hormone: Frauen erkranken häufiger als Männer.
  • Umweltfaktoren: Infektionen mit Viren und Bakterien, Kontakt mit bestimmten Substanzen (z.B. Kieselsäure, Silikon, Lösungsmitteln und Kohlenwasserstoffen).
  • Erhöhte Endothelin-Konzentration: Endothelin ist ein Stoff mit starker gefäßverengender Wirkung, der in der Innenauskleidung der Blutgefäße (Endothel) gebildet wird. Endothelin spielt eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Gefäßschäden: Es verursacht Gefäßverengungen und trägt außerdem zur Entstehung von Fibrosen und Entzündungen bei.

Mögliche Auslöser für die Autoimmunerkrankung sind:

  • Genetische Veranlagung
  • Hormone (Frauen erkranken häufiger als Männer)
  • Umweltfaktoren wie Infekte mit Viren und Bakterien

Die Entstehung einer Sklerodermie wird durch verschiedene Faktoren begünstigt. Dazu zählt eine genetische Veranlagung, auch wenn sich in betroffenen Familien nur selten mehrere Fälle von Sklerodermie finden. Eine genetische Veranlagung für Sklerodermie bedeutet aber nicht, dass Betroffene auch tatsächlich daran erkranken.

Symptome

Die Symptome der Sklerodermie können sehr unterschiedlich sein, je nachdem, welche Organe betroffen sind. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Hautveränderungen: Verdickung, Verhärtung und Straffung der Haut, insbesondere an Fingern, Händen und im Gesicht. Die Haut kann glänzend und gespannt aussehen. Im Gesicht kann es zu einem maskenhaften Ausdruck mit reduzierter Mimik, verschmälerten Lippen und verkleinerter Mundöffnung (Mikrostomie) kommen.
  • Raynaud-Syndrom: Anfallsartiges Zusammenziehen der Blutgefäße in Fingern und Zehen bei Kälte oder Stress, was zu Blässe, Blaufärbung und Schmerzen führt. Das Raynaud-Syndrom kann das erste Symptom der Sklerodermie sein. Viele Menschen haben allerdings ein Raynaud-Syndrom, ohne jemals an Sklerodermie zu erkranken.
  • Gefäßveränderungen: Erweiterte Blutgefäße (Teleangiektasien) auf der Haut, insbesondere im Gesicht, am Dekolleté und an den Händen.
  • Gelenk- und Muskelschmerzen: Schmerzen, Steifigkeit und Bewegungseinschränkungen in Gelenken und Muskeln.
  • Verdauungsbeschwerden: Sodbrennen, Schluckbeschwerden, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung.
  • Lungenbeteiligung: Kurzatmigkeit, Husten und eingeschränkte Lungenfunktion.
  • Herzprobleme: Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz.
  • Nierenbeteiligung: Erhöhter Blutdruck, Nierenfunktionsstörung.
  • Allgemeine Beschwerden: Müdigkeit, Gewichtsverlust, Fieber.

Warnzeichen für das Vorliegen einer systemischen Sklerose:

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  • Raynaud-Syndrom
  • Geschwollene und gerötete Finger („Puffy Fingers")
  • Erhöhung der antinukleären Antikörper (erhöhter ANA-Titer)

Die Symptome der Sklerodermie können sich stark unterscheiden: Während bei einigen Patient*innen fast alle Organe betroffen sind, weisen andere nur an einzelnen Organen Symptome auf. Dadurch kommt es zu sehr unterschiedlichen Krankheitsverläufen.

Diagnose

Die Diagnose der Sklerodermie stützt sich auf eine Kombination aus:

  • Klinischer Untersuchung: Beurteilung der Hautveränderungen und anderer Symptome.
  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Beschwerden.
  • Blutuntersuchung: Nachweis von spezifischen Antikörpern (antinukleäre Antikörper, ANA) und anderen Markern. Bei fast allen Patienten mit systemischer Sklerose finden sich im Blut bestimmte Antikörper, sogenannte antinukleäre Antikörper (ANA). Die Blutuntersuchung gibt außerdem erste Hinweise darauf, ob die Organe betroffen sind.
  • Kapillarmikroskopie: Untersuchung der kleinen Blutgefäße im Nagelfalz, um Veränderungen festzustellen. Erweiterte Blutgefäße im Nagelfalz - der kleinen Spalte zwischen Nagelwall und Nagelbett - sind ein weiterer Hinweis auf Sklerodermie. Der Arzt überprüft dafür mit einem Mikroskop oder einer kleinen Kamera (Dermatoskop) den Zustand der kleinen Blutgefäße an den Fingernägeln.
  • Bildgebende Verfahren: Röntgen, Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT), um innere Organe zu beurteilen. Mithilfe einer Röntgenuntersuchung kann der Arzt zum Beispiel Knochenveränderungen an den Fingerspitzen oder Verkalkungen im Gewebe feststellen. Ein Röntgen-Thorax kann zudem fortgeschrittene Veränderungen an Lunge und Herz sichtbar machen. Eine Computertomografie des Brustkorbs ist eine Standarduntersuchung, um eine mögliche Beteiligung der Lunge abzuklären. Einige Veränderungen lassen sich besser mittels Magnetresonanztomografie (MRT) erkennen.
  • Weitere Untersuchungen: Ultraschall, Elektrokardiogramm (EKG), Herzechokardiografie, Lungenfunktionsprüfung oder eine Speiseröhren-, Magen- und Darmspiegelung, um die Funktion der inneren Organe zu überprüfen.

Therapie

Sklerodermie ist nach derzeitigem Wissensstand nicht heilbar. Es lassen sich jedoch die Symptome der Erkrankung lindern und das Fortschreiten verzögern. Ärzte sprechen daher auch von einer symptomatischen Behandlung (im Gegensatz zur ursächlichen Behandlung). Die Therapie richtet sich in erster Linie danach, welche Organe von der Sklerodermie betroffen sind und welche Beschwerden gelindert werden sollen.

Die Behandlung der Sklerodermie verfolgt drei Ziele:

  • Das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen.
  • Die Beschwerden lindern.
  • Die Lebensqualität erhalten.

Es gibt kein spezielles Medikament gegen Skerodermie, das den Verlauf und die Schwere der Erkrankung zuverlässig beeinflussen kann. Die Therapie besteht aus einer Kombination aus nichtmedikamentösen (Physio-, Ergotherapie, manuelle Lymphdrainage, manuelle Therapie) und medikamentösen Maßnahmen. Bei schwerer diffuser SSc kann eine autologe Stammzelltransplantation in Erwägung gezogen werden. Die Bausteine der Behandlung werden auf die individuellen Symptome und die Schwere der Erkrankung ausgerichtet. Oft erfolgt dies in Zusammenarbeit mit einem Zentrum des Netzwerks systemische Sklerose.

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Behandlung der systemischen Sklerodermie

  • Raynaud-Syndrom: Schutz vor Kälte, gefäßerweiternde Medikamente (Kalziumantagonisten wie Nifedipin, Iloprost). Liegt ein Raynaud-Syndrom vor, sollten die Hände und Füße vor Kälte geschützt werden. Darüber hinaus verordnet der Arzt bei Bedarf gefäßerweiternde oder blutverdünnende Medikamente. Sogenannte Kalziumantagonisten wie beispielsweise Nifedipin bei leichten Beschwerden, und Iloprost bei schweren Symptomen verbessern die Durchblutung. Sie erweitern die Blutgefäße und vermindern die Schwere und Häufigkeit der Gefäßkrämpfe beim Raynaud-Syndrom.
  • Lungenbeteiligung: Zytostatika (Cyclophosphamid), Immunsuppressiva, antifibrotische Therapie, in Einzelfällen Lungentransplantation. Sind die Lungen bei Sklerodermie betroffen, wird häufig das Zytostatikum Cyclophosphamid eingesetzt.
  • Nierenbeteiligung: ACE-Hemmer, Angiotensin-II-Rezeptorblocker, Calciumkanalblocker, Immunsuppressiva, blutdrucksenkende und entzündungshemmende Medikamente. Sind die Nieren beteiligt, kommen ACE-Hemmer zur Anwendung, mitunter auch Angiotensin-II-Rezeptorblocker, Calciumkanalblocker, Immunsuppressiva oder andere blutdrucksenkende und entzündungshemmende Medikamente.
  • Hautveränderungen: Lichttherapie (PUVA), Kortisonhaltige Salben. Bei Hautveränderungen und beginnender Verhärtung der Haut an Händen und Unterarmen kann eine Lichttherapie mit PUVA (Psoralen und UV-A-Licht) eingesetzt werden. Allerdings fehlen bisher wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit dieser Behandlung eindeutig belegen.
  • Physiotherapie und Ergotherapie: Verbesserung der Beweglichkeit und Vorbeugung von Versteifungen. Lymphdrainagen, Physiotherapie und Krankengymnastik helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und Versteifungen der Finger bei der Sklerodermie entgegenzuwirken.
  • Psychosoziale Unterstützung: Selbsthilfegruppen, psychotherapeutische Beratung.

Behandlung der zirkumskripten Sklerodermie

  • Kortisonhaltige Salben: Wirken entzündungshemmend.
  • Lichtbehandlung (Phototherapie): UVA-Licht oder PUVA-Therapie.
  • Physiotherapie: Vorbeugung von Gelenkversteifungen und Erhalt der Muskelkraft. Eine Lichtbehandlung (Phototherapie) mit UVA-Licht gehört zu den effektivsten Behandlungen bei der zirkumskripten Sklerodermie. Sie soll gegen die Entzündung, Verhärtung und Verdickung der Haut helfen. Zusammen mit einem Wirkstoff aus der Gruppe der Psoralene, der die Haut lichtempfindlicher macht, wird diese Behandlung PUVA genannt. Die PUVA kann als Creme (Creme-PUVA), Bad (Bade-PUVA) oder Tablette (systemische PUVA) angewendet werden. Die verhärteten Hautbereiche werden meist deutlich weicher. Die Physiotherapie ist ebenfalls ein wichtiger Bestandteil der Behandlung. Sie beugt versteiften Gelenken vor und erhält die Muskelkraft. Begleitend können Lymphdrainagen oder Bindegewebsmassagen hilfreich sein.

Was kann man selbst tun?

  • Hautpflege: Regelmäßige Hautpflege, um Narbenbildung zu vermeiden.
  • Verzicht auf Nikotin und Alkohol.
  • Ausreichend Bewegung.
  • Gesunde Ernährung: Ballaststoffreiche Lebensmittel und eine mediterrane Kost mit viel Obst, Gemüse, Vollkornprodukten, Olivenöl und Fisch.

Komplikationen und Folgeerkrankungen

Je nachdem, welche Organe betroffen sind, kann es zu schweren Komplikationen kommen:

  • Pulmonale Hypertonie: Erhöhter Blutdruck im Lungenkreislauf, der zu Rechtsherzversagen führen kann.
  • Renale Krise: Akute Nierenfunktionsstörung, die Dialyse erforderlich machen kann.
  • Refluxösophagitis: Schädigung der Speiseröhre durch zurückfließende Magensäure.
  • Mangelernährung: Aufgrund von Verdauungsstörungen.
  • Erhöhtes Risiko für weitere Erkrankungen: Koronare Herzkrankheit (KHK), periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK), Schlaganfall, Krebs, Osteoporose.

Folgeerkrankungen durch die systemische Sklerose können die Lebenserwartung reduzieren. Etwa 60 % der Patient*innen versterben an den direkten Folgen der Sklerodermie. Dabei gelten die pulmonal-arterielle Hypertonie und die Lungenfibrose (Lungenversteifung) als häufigste Todesursachen. Anschließend folgen Magen-Darm- oder Herz-Beteiligung, renale Krise und Multiorganversagen. Krebserkrankungen, Infektionen und Suizid sind für 25 % der Todesfälle verantwortlich.

Häufigkeit

Sklerodermie ist eine seltene Erkrankung. Schätzungen kommt die systemische Sklerodermie in Europa bei etwa 300 von einer Million Menschen vor. Am häufigsten treten die ersten Symptome zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr auf, in einigen Fällen auch erst nach dem 65. Lebensjahr. Frauen erkranken etwa fünfmal häufiger als Männer an Sklerodermie.

Für die „zirkumskripte Sklerose“ wird die Zahl der jährlichen Neuerkrankungen etwa 27 pro einer Million Einwohner geschätzt. Frauen sind etwa viermal häufiger betroffen als Männer. Sind Kinder betroffen, kommt es rund um das achte Lebensjahr zu ersten Symptomen.

Die systemische Sklerose ist eine seltene Krankheit, die auch als Orphan Disease bekannt ist. Mit den bisherigen Klassifikationskriterien, die 1980 veröffentlicht wurden, beträgt die Häufigkeit der systemischen Sklerose 1,9-5 von 100.000 Menschen, mit einer Zunahme in den letzten Jahrzehnten. Die Anzahl der Menschen, die von systemischer Sklerose betroffen sind, wird auf 5-20 von 100.000 Einwohnern geschätzt. Neue Klassifikationskriterien, die dieses Jahr veröffentlicht werden sollen, zeigen eine höhere Prävalenz von über 300 Betroffenen pro Million Einwohner sowie eine höhere Häufigkeit, aber weitere große epidemiologische Studien sind erforderlich.

Systemische Sklerose kann in jedem Lebensalter auftreten, erreicht jedoch einen Höhepunkt zwischen 45 und 55 Jahren. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, insbesondere in jüngeren Jahren, im Verhältnis von 3-9 zu 1.

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