Taubheitsgefühl durch Corona: Ursachen und Auswirkungen

Die COVID-19-Pandemie hat nicht nur die Atemwege, sondern auch das Nervensystem vieler Menschen beeinträchtigt. Neurologische Beschwerden treten häufig im Zusammenhang mit einer Corona-Erkrankung auf und können sich in vielfältiger Weise äußern. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Auftreten von Taubheitsgefühlen, deren Ursachen und Auswirkungen im Folgenden näher beleuchtet werden.

Auswirkungen von COVID-19 auf das Nervensystem

Das Coronavirus SARS-CoV-2 kann verschiedene neurologische Erkrankungen auslösen. Bereits zu Beginn der Pandemie berichteten Infizierte über Symptome, die nichts mit der Atmung zu tun hatten. Schnell wurde klar, dass das Virus mehrere Organe und vor allem das Nervensystem in Mitleidenschaft ziehen kann. Etwa 80 % der Patient:innen, die mit einer Coronaviruserkrankung im Krankenhaus behandelt werden, haben neurologische Beschwerden.

Neuro-Covid: Ein Angriff aufs Gehirn

Viele Covid-19-Patient:innen entwickeln neurologische Beschwerden, die unter dem Begriff "Neuro-Covid" zusammengefasst werden. Anhaltende Erschöpfung, Schmerzen, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisprobleme und Schlafstörungen sind typische Symptome, die nicht nur Intensivpatient:innen, sondern auch leicht Erkrankte während und noch Monate nach einer Covid-19-Erkrankung belasten können. In extremen Fällen kann es sogar zu demenzähnlichen Symptomen oder Psychosen kommen.

Taubheitsgefühl als Symptom von Long-COVID

Treten nach einer COVID-19-Infektion neue Beschwerden auf oder halten diese weiter an, kann es sich um Symptome handeln, die besonders typisch für eine Erkrankung mit Long-COVID sind. Zu den häufigsten Langzeitfolgen gehören:

  • Luftnot unter Belastung und Kurzatmigkeit (Dyspnoe)
  • Fatigue (Energiemangel)
  • Konzentrationsstörungen und Gedächtnisprobleme (Brain Fog)
  • Geruchs- und Geschmacksstörungen
  • Seelische Belastungen (Angst, Depression)
  • Stimmstörungen, Schluckbeschwerden und Husten
  • Kopfschmerzen und Schwindel
  • Muskel- und Gelenkschmerzen
  • Sensibilitätsstörungen und Muskelschwäche
  • Stress und Schlafstörungen
  • Haarausfall und Hautprobleme

Sensibilitätsstörungen und Muskelschwäche

COVID-19 kann lange Nervenbahnen oder auch einzelne periphere Nerven schädigen und zu Sensibilitätsstörungen, Muskelschwäche oder Koordinationsstörungen führen. Betroffenen fällt es dann zum Beispiel schwer, länger zu stehen, Treppen zu steigen, die Arme über den Kopf zu heben oder Gegenstände mit den Händen zu greifen. Allgemein fehlt es bei Muskelschwäche an Kraft, zudem ermüden die Muskeln schneller. Weitere Symptome können Missempfindungen wie Kribbeln, Taubheit, Krämpfe oder Schmerzen in den Gliedmaßen sein. Die Symptome können den ganzen Körper betreffen oder nur einzelne Gliedmaßen.

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Ursachen für Taubheitsgefühl im Zusammenhang mit Corona

Es gibt verschiedene mögliche Ursachen für Taubheitsgefühl im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion:

  1. Direkte Schädigung der Nerven durch das Virus: SARS-CoV-2 kann auch das Nervensystem befallen und Nervenzellen schädigen. Dies kann zu Riechstörungen, Erschöpfung und kognitiven Defiziten führen.
  2. Entzündliche Prozesse: Vermutet wird, dass es während der akuten Infektion zu entzündlichen Prozessen im Körper kommt, die Nerven schädigen oder deren Funktion beeinträchtigen können.
  3. Kreislaufstörungen: Durch das Virus verursachte Kreislaufstörungen bei Lagewechsel (Posturales Tachykardie Syndrom, POTS) können ebenfalls zu Schwindel und Sensibilitätsstörungen führen.
  4. Critical-Illness-Polyneuropathie (CIP) und -myopathie (CIM): Bei Patient:innen, die intensivmedizinisch behandelt werden mussten, kann es zu CIP und CIM kommen. Diese Erkrankungen führen zu Gefühlsstörungen in den Extremitäten, Taubheitsgefühl und Muskelschwäche.
  5. Guillain-Barré-Syndrom (GBS): In seltenen Fällen kann eine SARS-CoV-2-Infektion das Guillain-Barré-Syndrom auslösen, eine Nervenerkrankung, die Kribbeln, Taubheitsgefühl und Lähmungserscheinungen verursachen kann.

Periphere Neuropathie nach COVID-19

Eine Studie der University of Washington School of Medicine in St. Louis ergab, dass einige Personen, die in den ersten Monaten der Pandemie infiziert waren, während und nach der Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus eine periphere Neuropathie (Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühl in Händen und Füßen) entwickelten. Fast 30 % der Patienten, die positiv auf COVID-19 getestet wurden, berichteten zum Zeitpunkt ihrer Diagnose auch Probleme mit Neuropathie, und bei 6 bis 7 % von ihnen hielten die Symptome mindestens zwei Wochen und bis zu drei Monate an.

COVID-19 und Polyneuropathie

Es gibt Hinweise darauf, dass COVID-19 eine bestehende Polyneuropathie negativ beeinflussen kann.

Auswirkungen auf bestehende Neuropathien

Der COVID-Virus scheint zwar nicht direkt Neuropathien auszulösen, aber eine COVID-Erkrankung kann sich negativ auf die Ausprägung unterschiedlicher Symptome auswirken. Da eine Neuropathie typischerweise auf das Vorliegen einer Grunderkrankung hinweist (z.B. Diabetes, Autoimmunerkrankungen, Krebs), kann eine COVID-19-Infektion die Symptome verstärken.

Risiken für Menschen mit Neuropathie

Menschen mit Neuropathie haben aufgrund eines geschwächten Immunsystems ein höheres Risiko, sich mit dem Virus zu infizieren. Da ihre Extremitäten möglicherweise das Gefühl verloren haben, bemerken sie Verletzungen und Infektionen möglicherweise nicht rechtzeitig.

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Vorsicht bei Blutinfusionen

Patienten, die aufgrund einer Autoimmunerkrankung regelmäßige Blutinfusionen benötigen, sollten sich bewusst sein, dass die meisten Blutspender nicht auf COVID-19-Antikörper getestet wurden.

Wiederaufflackern neuropathischer Symptome

Auch wenn COVID-19 nicht unmittelbar zu neuen Nervenschäden führt, kann es zu einem Wiederaufflackern bestehender neuropathischer Symptome kommen. Die grippeähnliche Wirkung von COVID-19 kann das Kribbeln und Taubheitsgefühl verstärken.

Behandlung von Taubheitsgefühl und Long-COVID

Die Behandlung von Taubheitsgefühl und anderen Long-COVID-Symptomen erfordert einen fachübergreifenden Ansatz. Ein interdisziplinäres Team entwickelt einen individuellen Therapieplan für den jeweiligen Patienten, der sowohl die körperlichen als auch die psychologischen Aspekte berücksichtigt.

Rehabilitationsmaßnahmen

Spezielle Reha-Programme für Menschen mit Corona-Langzeitfolgen umfassen:

  • Atemmuskeltraining und Atemphysiotherapie
  • Ausdauertraining und Krafttraining
  • Sensibilitätstraining der Nerven
  • Psychologische Begleitung bei Posttraumatischer Belastungsstörung, Depression und Ängsten
  • Sozialberatung

Medikamentöse Therapie

Bei schmerzhafter Polyneuropathie kann eine medikamentöse Schmerztherapie mit Tabletten oder Pflastern eingesetzt werden.

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Weitere Therapieansätze

  • Muskelaufbau
  • Elektrostimulation
  • Bädertherapie
  • Thermische Stimulation (Kalt-Warm-Reize)
  • Ergotherapie
  • Computergestütztes Training bei Konzentrations- und Gedächtnisstörungen

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