Die Radiofrequenztherapie (RFT) ist ein minimalinvasives Verfahren, das zur Behandlung verschiedener Schmerzzustände eingesetzt wird. Obwohl sie im Allgemeinen als sicher gilt, können in seltenen Fällen Nebenwirkungen auftreten, darunter auch Taubheitsgefühle im Behandlungsbereich. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für Taubheitsgefühle nach einer RFT und gibt einen Überblick über die Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist Radiofrequenztherapie?
Die Radiofrequenztherapie ist eine minimalinvasive Behandlungsmethode, bei der hochfrequente Radiowellen eingesetzt werden, um gezielt Nerven zu veröden, die Schmerzsignale an das Gehirn weiterleiten. Sie wird häufig bei chronischen Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, der Gelenke oder der peripheren Nerven eingesetzt.
Anwendungsbereiche der Radiofrequenztherapie
Die RFT findet Anwendung bei verschiedenen Beschwerdebildern, darunter:
- Facettengelenksarthrose: Schmerzen aufgrund von Verschleiß der kleinen Wirbelgelenke.
- Bandscheibenvorfälle: Schmerzen, die durch Bandscheibenvorwölbungen oder -vorfälle verursacht werden.
- Iliosakralgelenkschmerzen: Schmerzen im Bereich des Kreuzbein-Darmbein-Gelenks.
- Kniegelenksarthrose: Schmerzen aufgrund von Knorpelverschleiß im Kniegelenk.
- Hüftgelenksarthrose: Schmerzen aufgrund von Knorpelverschleiß im Hüftgelenk.
- Trigeminusneuralgie: Anfallsartige Gesichtsschmerzen.
- Hemispasmus facialis: Unwillkürliche Zuckungen der Gesichtsmuskulatur.
- Glossopharyngeusneuralgie: Anfallsartige Schmerzen im Rachenbereich.
Ursachen für Taubheitsgefühle nach RFT
Taubheitsgefühle nach einer Radiofrequenztherapie können verschiedene Ursachen haben. In den meisten Fällen sind sie vorübergehend und verschwinden innerhalb weniger Wochen oder Monate von selbst. Einige der häufigsten Ursachen sind:
Schädigung von Hautnerven
Während der RFT werden gezielt Nerven verödet, um die Schmerzweiterleitung zu unterbrechen. Dabei kann es unvermeidlich zu einer Schädigung von Hautnerven im Operationsbereich kommen. Diese Schädigung kann zu Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder anderen Empfindungsstörungen führen. In den meisten Fällen erholt sich die Empfindlichkeit der Haut innerhalb von wenigen Monaten wieder vollständig.
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Entzündung und Schwellung
Nach der RFT kann es im Behandlungsbereich zu einer Entzündung und Schwellung kommen. Diese Reaktion des Körpers kann auf die Nerven und das umliegende Gewebe drücken und so Taubheitsgefühle verursachen. Die Entzündung und Schwellung klingen in der Regel innerhalb weniger Tage oder Wochen ab, wodurch auch die Taubheitsgefühle verschwinden.
Narbenbildung
In seltenen Fällen kann es nach einer RFT zu einer Narbenbildung im Behandlungsbereich kommen. Narbengewebe kann auf die Nerven drücken und so Taubheitsgefühle verursachen. In den meisten Fällen sind die Narben jedoch klein und verursachen keine Beschwerden.
Medikamentenwirkung
Die während der RFT verwendeten Lokalanästhetika können vorübergehende Taubheitsgefühle verursachen. Diese Taubheitsgefühle klingen in der Regel innerhalb weniger Stunden nach dem Eingriff ab.
Neurovaskuläre Kompression
In sehr seltenen Fällen können Taubheitsgefühle nach einer RFT auf eine neurovaskuläre Kompression zurückzuführen sein. Dabei werden Nerven durch Blutgefäße oder andere Strukturen eingeengt. Neurovaskuläre Kompressionssyndrome können zu Funktionsstörungen einzelner Hirnnerven führen. Das häufigste Kompressionssyndrom betrifft den N. trigeminus und führt zur Trigeminusneuralgie, gefolgt vom Hemispasmus facialis, der durch eine vaskuläre Kompression des N. facialis verursacht wird. Weniger bekannte Nervenkompressionssyndrome können zu Störungen des N. glossopharyngeus, des N. intermedius oder des N. vestibulocochlearis führen. Sehr selten sind der N. oculomotorius oder N. abducens betroffen.
Den Kompressionssyndromen liegt die gleiche pathophysiologische Ursache zugrunde. Im Bereich der Nervenaustritts-/Eintrittszone am Hirnstamm („root entry“/„root exit zone“ [REZ]) kommt es zu einem Kontakt zwischen dem Hirnnerven und einem arteriellen oder, seltener, einem venösen Blutgefäß. An dieser „natürlichen Schwachstelle“, an der zentrales Myelin in peripheres Myelin übergeht, ist der Nerv besonders anfällig für mechanische Irritationen, die dann die Symptomatik hervorrufen.
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Diagnose von Taubheitsgefühlen nach RFT
Um die Ursache für Taubheitsgefühle nach einer RFT zu ermitteln, wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und eine körperliche Untersuchung durchführen. Dabei wird er nach den genauen Symptomen, dem Zeitpunkt des Auftretens und möglichen auslösenden Faktoren fragen.
Bildgebende Verfahren
In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie eine Magnetresonanztomografie (MRT) erforderlich sein, um die Ursache für die Taubheitsgefühle zu ermitteln. Eine MRT kann helfen, Nervenkompressionen, Entzündungen oder andere strukturelle Veränderungen im Behandlungsbereich zu erkennen. Neben hochauflösenden 3D-T2-gewichteten Sequenzen, wie zum Beispiel der CISS-Sequenz („constructive interference in steady-state“) sollte auch eine 3D-TOF(„time of flight“)-Angiografie durchgeführt werden, um sicher zwischen arterieller und venöser Kompression unterscheiden zu können. Außerdem dient die MRT auch dazu, andere Prozesse auszuschließen, die ursächlich für die Symptomatik sein könnten, wie zum Beispiel Tumore oder Aneurysmen.
Neurologische Untersuchung
Eine neurologische Untersuchung kann helfen, die Funktion der Nerven im Behandlungsbereich zu beurteilen. Dabei werden verschiedene Tests durchgeführt, um die Sensibilität, die Muskelkraft und die Reflexe zu überprüfen.
Behandlung von Taubheitsgefühlen nach RFT
Die Behandlung von Taubheitsgefühlen nach einer Radiofrequenztherapie richtet sich nach der Ursache der Beschwerden. In den meisten Fällen sind die Taubheitsgefühle vorübergehend und bedürfen keiner speziellen Behandlung. Einige Maßnahmen können jedoch helfen, die Beschwerden zu lindern und die Heilung zu fördern:
Medikamentöse Behandlung
- Schmerzmittel: Bei Bedarf können Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen eingenommen werden, um Schmerzen oder Missempfindungen zu lindern.
- Antineuropathische Medikamente: Bei neuropathischen Schmerzen, die durch Nervenschädigungen verursacht werden, können Antineuropathika wie Gabapentin oder Pregabalin eingesetzt werden.
- Kortikosteroide: In einigen Fällen können Kortikosteroide eingesetzt werden, um Entzündungen und Schwellungen zu reduzieren.
Physiotherapie
Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und die Beweglichkeit im Behandlungsbereich zu verbessern. Spezielle Übungen können die Durchblutung fördern und die Nervenfunktion verbessern.
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Nervenstimulation
In einigen Fällen kann eine Nervenstimulation, wie z. B. eine transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS), eingesetzt werden, um Schmerzen und Taubheitsgefühle zu lindern.
Operation
In seltenen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um die Ursache für die Taubheitsgefühle zu beheben. Dies kann beispielsweise bei einer Nervenkompression oder einer Narbenbildung der Fall sein.
Mikrovaskuläre Dekompression (MVD)
Bei neurovaskulären Kompressionssyndromen kann eine mikrovaskuläre Dekompression (MVD) in Betracht gezogen werden. Die MVD nach Jannetta hat als kausale Therapie der klassischen Trigeminusneuralgie die höchste Langzeiterfolgsrate. In größeren Fallstudien erreicht die MVD eine Schmerzfreiheit/Schmerzlinderung von 68 % bis über 90 %. Des Weiteren ist die MVD der radiochirurgischen Behandlung bezüglich der frühen als auch Langzeit-Schmerzfreiheit klar überlegen, wie Metaanalysen zeigen. Nach fünf Jahren sind noch weit über 80 % der Patienten nach MVD schmerzfrei. Selbst nach zehn Jahren wird noch von einer Erfolgsrate von über 70 % berichtet. Komplikationen der Operation sind selten und schließen das Risiko der Hörminderung/Anakusis und sensible Defizite ein.
Die mikrovaskuläre Dekompression wird an unserer Klinik als endoskopisch-assistierte mikrochirurgische Operation durchgeführt. Das bedeutet, dass die wesentlichen operativen Schritte unter dem Operationsmikroskop durchgeführt werden. Das Endoskop wird an bestimmten Punkten der Operation zu Hilfe genommen, um die lokale Anatomie an der REZ besser beurteilen zu können, die vor allem beim Hemispasmus facialis häufig mit dem Mikroskop nicht gut einsehbar ist. Ziel der mikrovaskulären Dekompressionsoperation ist die Beseitigung des Gefäß-Nerven-Kontaktes durch Trennung der Strukturen voneinander und das langfristige Verhindern der Neuentstehung einer neurovaskulären Kompression.
Prävention von Taubheitsgefühlen nach RFT
Es gibt einige Maßnahmen, die helfen können, das Risiko von Taubheitsgefühlen nach einer Radiofrequenztherapie zu verringern:
- Sorgfältige Patientenauswahl: Die RFT sollte nur bei Patienten durchgeführt werden, bei denen eine klare Schmerzursache vorliegt und bei denen konservative Behandlungsmethoden nicht erfolgreich waren.
- Erfahrene Ärzte: Die RFT sollte von erfahrenen Ärzten durchgeführt werden, die mit der Technik vertraut sind und die Anatomie des Behandlungsbereichs genau kennen.
- Sorgfältige Durchführung: Die RFT sollte sorgfältig durchgeführt werden, um Nervenschädigungen zu vermeiden.
- Postoperative Nachsorge: Nach der RFT sollten die Patienten sorgfältig überwacht werden, um Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
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