Taubheitsgefühle im Unterschenkel, insbesondere an der Außenseite, können verschiedene Ursachen haben. Es ist wichtig, die Symptome und Begleitumstände genau zu beobachten, um die zugrunde liegende Ursache zu ermitteln und eine geeignete Behandlung einzuleiten. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über mögliche Ursachen, Diagnosemethoden und Behandlungsansätze bei Taubheitsgefühlen an der Außenseite des Unterschenkels.
Einführung
Taubheitsgefühle, Kribbeln oder andere Missempfindungen in den Beinen sind weit verbreitet. Oft sind sie harmlos und verschwinden nach kurzer Zeit von selbst. Wenn diese Symptome jedoch regelmäßig auftreten, anhalten oder von anderen Beschwerden begleitet werden, ist eine ärztliche Untersuchung ratsam. Taubheitsgefühle können verschiedene Ursachen haben, von vorübergehenden Durchblutungsstörungen bis hin zu schwerwiegenden Erkrankungen des Nervensystems.
Ursachen für Taubheitsgefühle an der Außenseite des Unterschenkels
Die Ursachen für Taubheitsgefühle an der Außenseite des Unterschenkels sind vielfältig. Hier sind einige der häufigsten Ursachen:
Nervenkompression und -reizung
Eine Kompression oder Reizung von Nerven im Unterschenkelbereich kann zu Taubheitsgefühlen führen. Dies kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden:
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall in der Lendenwirbelsäule (LWS), insbesondere im Bereich L5/S1, kann Nervenwurzeln komprimieren und zu ausstrahlenden Schmerzen und Taubheitsgefühlen bis in die Großzehe oder Kleinzehe führen.
- Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Wirbelkanals (Spinalkanalstenose) kann ebenfalls Druck auf die Nerven ausüben und ähnliche Symptome verursachen.
- Peroneuslähmung: Eine Kompression oder Schädigung des Nervus peronaeus (Fibularnerv) kann zu Schmerzen oder Missempfindungen wie Brennen oder Taubheitsgefühlen an der Außenseite des Unterschenkels führen. Dies kann durch Verletzungen, Überbelastung oder direkte Kompression, z.B. durch falsches Sitzen, ausgelöst werden.
- Iliotibialband-Syndrom (ITBS): Dieses Syndrom betrifft das lange Band, das von der Hüfte über die Außenseite des Oberschenkels bis zum Knie verläuft. Es kann ebenfalls zu Schmerzen und Missempfindungen im seitlichen Unterschenkelbereich führen.
- Tarsaltunnelsyndrom: Obwohl häufiger mit Schmerzen im Fuß verbunden, kann eine Kompression des Nervus tibialis im Tarsaltunnel auch zu ausstrahlenden Beschwerden im Unterschenkel führen.
Muskelverspannungen und Überlastung
- Muskelzerrung oder Überlastung: Eine Überbeanspruchung der seitlichen Unterschenkelmuskulatur, insbesondere des Musculus peronaeus longus und brevis (Fibularis-Muskeln), kann zu Schmerzen und Missempfindungen auf der Außenseite des Unterschenkels führen. Dies tritt häufig bei Sportarten wie Laufen, Springen oder seitlichen Bewegungen auf.
Durchblutungsstörungen
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK): Eine Verengung der Arterien in den Beinen kann die Durchblutung beeinträchtigen und zu Schmerzen, Taubheitsgefühlen und Kältegefühl im Unterschenkel führen.
- Raynaud-Syndrom: Obwohl häufiger in den Händen, kann das Raynaud-Syndrom auch in den Füßen und Unterschenkeln auftreten und zu anfallsartigen Durchblutungsstörungen führen, die mit Taubheitsgefühlen einhergehen.
Weitere Ursachen
- Shin Splints (Tibiakantensyndrom): Diese Schmerzen entstehen durch Überlastung der Muskulatur und des Gewebes entlang der Schienbeinkante, insbesondere bei Läufern oder Menschen, die plötzlich ihre körperliche Aktivität erhöhen.
- Stressfraktur: Eine Überlastungsfraktur des Waden- oder Schienbeinknochens kann durch wiederholte Belastungen, wie bei Langstreckenläufern, entstehen.
- Verletzungen des Sprunggelenks: Verstauchungen oder Instabilitäten im Sprunggelenk können auch Schmerzen entlang der Außenseite des Unterschenkels verursachen, da die umliegenden Muskeln und Bänder stark beansprucht werden, um das Gelenk zu stabilisieren.
- Diabetes mellitus: Diabetes kann zu Nervenschädigungen (Polyneuropathie) führen, die sich in Taubheitsgefühlen, Kribbeln und Schmerzen in den Beinen äußern können.
- Vitaminmangel: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, insbesondere Vitamin B12, kann ebenfalls Nervenschädigungen verursachen und zu Taubheitsgefühlen führen.
- Medikamente: Einige Medikamente können als Nebenwirkung Taubheitsgefühle verursachen.
- Alkoholmissbrauch: Chronischer Alkoholmissbrauch kann zu Nervenschädigungen und Polyneuropathie führen.
- Multiple Sklerose (MS): MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die auch Taubheitsgefühle verursachen kann.
- Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Diese seltene Autoimmunerkrankung kann zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen in Händen und Füßen führen, die sich im Verlauf auf den ganzen Körper ausbreiten können.
Diagnose von Taubheitsgefühlen an der Außenseite des Unterschenkels
Die Diagnose von Taubheitsgefühlen an der Außenseite des Unterschenkels umfasst in der Regel die folgenden Schritte:
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Anamnese
Der Arzt wird zunächst eine ausführliche Anamnese erheben, um Informationen über die Art, Dauer, Lokalisation und Begleitumstände der Beschwerden zu erhalten. Wichtige Fragen sind:
- Seit wann bestehen die Taubheitsgefühle?
- Treten die Taubheitsgefühle ständig auf oder nur zeitweise?
- Gibt es bestimmte Auslöser oder Faktoren, die die Beschwerden verstärken oder lindern?
- Bestehen weitere Symptome wie Schmerzen, Kribbeln, Muskelschwäche oder Gangstörungen?
- Liegen Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen oder neurologische Erkrankungen vor?
- Werden Medikamente eingenommen?
- Gibt es Hinweise auf Alkoholmissbrauch?
Körperliche Untersuchung
Bei der körperlichen Untersuchung wird der Arzt den Unterschenkel und Fuß gründlich untersuchen, um mögliche Ursachen für die Taubheitsgefühle zu identifizieren. Dies umfasst:
- Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Sensibilität, Reflexe und Muskelkraft.
- Gefäßuntersuchung: Beurteilung der Durchblutung durch Palpation der Pulse und gegebenenfalls Messung des Knöchel-Arm-Index.
- Orthopädische Untersuchung: Untersuchung der Wirbelsäule, der Hüft- und Kniegelenke, um mögliche Ursachen im Bewegungsapparat zu identifizieren.
- Palpation: Abtasten des Unterschenkels, um schmerzhafte Stellen oder Verhärtungen zu identifizieren.
Weiterführende Untersuchungen
Abhängig von den Ergebnissen der Anamnese und der körperlichen Untersuchung können weitere Untersuchungen erforderlich sein, um die Ursache der Taubheitsgefühle zu klären:
- Elektrophysiologische Untersuchungen (ENG/EMG): Diese Untersuchungen messen die Nervenleitgeschwindigkeit und die elektrische Aktivität der Muskeln, um Nervenschädigungen zu identifizieren.
- Bildgebende Verfahren:
- Röntgen: Zur Beurteilung von Knochenstrukturen und zum Ausschluss von Frakturen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Zur Darstellung von Weichteilen, Nerven und Gefäßen und zum Ausschluss von Bandscheibenvorfällen, Spinalkanalstenosen oder Tumoren.
- Computertomographie (CT): In einigen Fällen kann eine CT-Untersuchung sinnvoll sein, um knöcherne Strukturen genauer zu beurteilen.
- Doppler-Sonographie: Zur Beurteilung der Durchblutung der Beinarterien und -venen.
- Blutuntersuchungen: Zur Abklärung von Diabetes mellitus, Vitaminmangel, Entzündungen oder anderen Stoffwechselstörungen.
- Liquoruntersuchung: In seltenen Fällen kann eine Liquoruntersuchung erforderlich sein, um neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder Guillain-Barré-Syndrom auszuschließen.
Behandlung von Taubheitsgefühlen an der Außenseite des Unterschenkels
Die Behandlung von Taubheitsgefühlen an der Außenseite des Unterschenkels richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Hier sind einige allgemeine Behandlungsansätze:
Konservative Behandlung
- Schmerzlinderung: Schmerzmittel wie nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) oder Opioide können zur Linderung von Schmerzen eingesetzt werden.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen, die Durchblutung zu verbessern und die Nervenfunktion zu fördern.
- Manuelle Therapie: Manuelle Techniken, die beispielsweise von einem Physiotherapeuten durchgeführt werden, können helfen, angespannte Muskeln und Nerven zu entspannen und den Blutzufluss zu verbessern.
- Entlastung: Vermeidung von Aktivitäten, die die Beschwerden verstärken.
- Gewichtsreduktion: Bei Übergewicht kann eine Gewichtsreduktion helfen, den Druck auf die Nerven zu reduzieren.
- Anpassung der Kleidung: Vermeidung von zu enger Kleidung, insbesondere Hosen, die den Nervus peronaeus komprimieren können.
- Einlagen: Bei Fußfehlstellungen können Einlagen helfen, die Belastung der Beinmuskulatur zu reduzieren.
- Vitamin-B-Präparate: Bei Vitamin-B12-Mangel können Vitamin-B-Präparate eingenommen werden, um die Nervenfunktion zu verbessern.
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung bringt das Herz-Kreislauf-System in Schwung und hilft dabei, die Blutgefäße zu stärken.
- Massagen: Massagen können helfen, Muskelverspannungen zu lösen und die Durchblutung zu verbessern.
- Geeignete Kleidung: Wer zu enges oder unpassendes Schuhwerk trägt, wird es - ob kurz oder lang - im Körper spüren. Unbequeme Schuhe oder zu enge Kleidung, die die Atmung einschränken, können zu einem erhöhten Druck auf die Nerven führen.
- Ausgewogene Ernährung: Wer an Taubheitsgefühlen leidet, sollte besonders auf die Zufuhr von Vitamin-B achten, welches sich vorrangig in Obst und Gemüse oder Vollkornprodukten befindet. Auch hilft es, viel Wasser zu trinken oder zu Tee zu greifen.
Medikamentöse Behandlung
- Antikonvulsiva: Medikamente wie Gabapentin oder Pregabalin können zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden.
- Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) können ebenfalls zur Behandlung von neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden.
- Kortikosteroide: In einigen Fällen können Kortikosteroide zur Entzündungshemmung eingesetzt werden.
Invasive Behandlung
- Injektionen: Injektionen von Kortikosteroiden oder Lokalanästhetika können zur Linderung von Schmerzen und Entzündungen eingesetzt werden.
- Operation: In seltenen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, um den Nervus peronaeus zu dekomprimieren oder einen Bandscheibenvorfall zu behandeln.
Spezifische Behandlungen
- Diabetes mellitus: Eine gute Blutzuckereinstellung ist entscheidend, um Nervenschädigungen zu verhindern oder zu verlangsamen.
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK): Die Behandlung der PAVK umfasst in der Regel eine Änderung des Lebensstils (z.B. Raucherentwöhnung, Bewegungstherapie), Medikamente zur Verbesserung der Durchblutung und in schweren Fällen eine Operation oder Angioplastie.
- Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Die Behandlung des GBS umfasst in der Regel eine Immuntherapie mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG) oder Plasmapherese.
Was Sie selbst tun können
Es gibt einige Maßnahmen, die Sie selbst ergreifen können, um Taubheitsgefühle an der Außenseite des Unterschenkels zu lindern:
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- Vermeiden Sie enge Kleidung: Tragen Sie lockere Kleidung, die den Nervus peronaeus nicht komprimiert.
- Achten Sie auf eine gute Körperhaltung: Vermeiden Sie langes Sitzen in ungünstigen Positionen.
- Machen Sie regelmäßige Pausen: Stehen Sie regelmäßig auf und bewegen Sie sich, um die Durchblutung zu fördern.
- Dehnen Sie Ihre Beinmuskulatur: Regelmäßiges Dehnen der Beinmuskulatur kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen.
- Kühlen Sie den Unterschenkel: Bei akuten Beschwerden kann Kühlung helfen, Schmerzen und Entzündungen zu lindern.
- Wärmen Sie den Unterschenkel: Bei chronischen Beschwerden kann Wärme helfen, Muskelverspannungen zu lösen und die Durchblutung zu fördern.
- Nehmen Sie Vitamin-B-Präparate: Wenn Sie einen Vitamin-B12-Mangel haben, nehmen Sie Vitamin-B-Präparate ein.
- Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung: Essen Sie eine gesunde und ausgewogene Ernährung, um Ihren Körper mit allen wichtigen Nährstoffen zu versorgen.
- Trinken Sie ausreichend Wasser: Trinken Sie ausreichend Wasser, um die Durchblutung zu fördern und die Nervenfunktion zu unterstützen.
- Vermeiden Sie Alkohol und Nikotin: Alkohol und Nikotin können Nervenschädigungen verursachen oder verstärken.
Wann Sie einen Arzt aufsuchen sollten
Sie sollten einen Arzt aufsuchen, wenn:
- Die Taubheitsgefühle plötzlich auftreten oder sich rasch verschlimmern.
- Die Taubheitsgefühle von anderen Symptomen wie Schmerzen, Muskelschwäche oder Gangstörungen begleitet werden.
- Die Taubheitsgefühle regelmäßig auftreten oder anhalten.
- Sie Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen oder neurologische Erkrankungen haben.
- Sie sich Sorgen machen oder unsicher sind.
Zusammenfassung
Taubheitsgefühle an der Außenseite des Unterschenkels können verschiedene Ursachen haben. Eine sorgfältige Anamnese, körperliche Untersuchung und gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen sind wichtig, um die zugrunde liegende Ursache zu ermitteln und eine geeignete Behandlung einzuleiten. Die Behandlung richtet sich nach der Ursache und kann konservative Maßnahmen, Medikamente oder in seltenen Fällen eine Operation umfassen. Es gibt auch einige Maßnahmen, die Sie selbst ergreifen können, um die Beschwerden zu lindern. Wenn Sie unter Taubheitsgefühlen an der Außenseite des Unterschenkels leiden, sollten Sie einen Arzt aufsuchen, um die Ursache abklären und eine geeignete Behandlung einleiten zu lassen.
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