Multiple Sklerose (MS) ist eine chronische Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinflussen kann. Die Techniker Krankenkasse (TK) engagiert sich umfassend, um MS-Patienten in allen Lebenslagen zu unterstützen. Dieser Artikel beleuchtet die Leistungen der TK im Bereich MS, innovative Projekte und die Problematik steigender Arzneimittelkosten.
Multiple Sklerose: Eine vielschichtige Erkrankung
MS ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift. Die Erkrankung manifestiert sich meist im frühen Erwachsenenalter und verläuft sehr individuell, was ihr den Namen "Krankheit mit den 1000 Gesichtern" eingebracht hat. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, es werden jedoch verschiedene Faktoren wie genetische Veranlagung, Virusinfektionen, Vitamin-D-Mangel, Übergewicht und Rauchen diskutiert.
Erste Anzeichen einer MS sind oft unspezifisch und können von selbst wieder verschwinden, was die Diagnose erschwert. Typisch ist ein Verlauf in Schüben, wobei sich die Symptome zwischenzeitlich zurückbilden können. Die Beschwerden können sehr unterschiedlich sein, da die Entzündungsherde im Gehirn und Rückenmark verschiedene Nervenbahnen betreffen können.
Leistungen der Techniker Krankenkasse für MS-Patienten
Die TK bietet ein breites Spektrum an Leistungen, um MS-Patienten bestmöglich zu versorgen:
- Medikamentöse Therapie: Die TK übernimmt die Kosten für Medikamente zur Schubtherapie und zur Schubprophylaxe. Im akuten Schub wird in erster Linie Kortison als Infusion eingesetzt, um die Entzündung zu hemmen. Medikamente wie Interferone, Glatirameracetat, Fingolimod oder Natalizumab senken die Entzündungsbereitschaft des Körpers und schützen die Nerven.
- Physiotherapie: Regelmäßige Physiotherapie ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung, um die Beweglichkeit, Koordination und Kraft zu erhalten oder zu verbessern. Die TK übernimmt die Kosten für Physiotherapie, die vom Arzt verordnet wird.
- Rehabilitationsmaßnahmen: Stationäre Rehabilitationsmaßnahmen können helfen, die körperlichen und psychischen Folgen der MS zu bewältigen und die Lebensqualität zu verbessern. Die TK unterstützt Rehabilitationsmaßnahmen.
- Psychologische Unterstützung: MS kann auch psychische Belastungen verursachen. Die TK bietet ihren Versicherten Zugang zu psychologischer Beratung und Unterstützung.
- Selbsthilfegruppen: Die TK fördert Selbsthilfegruppen und -organisationen, die eine wichtige Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige darstellen. Hier können sie sich austauschen, informieren und gegenseitig unterstützen.
Innovative Projekte der TK zur Unterstützung von MS-Patienten
Die TK engagiert sich auch in innovativen Projekten, um die Versorgung von MS-Patienten zu verbessern:
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- MS-Modulvertrag: Gemeinsam mit anderen Ersatzkassen hat die TK einen MS-Modulvertrag entwickelt, der eine verbesserte Versorgung durch extrabudgetäre Vergütungsanreize fördert. Ziel ist es, die ambulante Schubtherapie zu fördern und die Auswahl der MS-spezifischen Immuntherapie zu optimieren.
- AMSEL: Die TK unterstützt die "Aktion Multiple Sklerose Erkrankter, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg e. V." (AMSEL) bei der Verwirklichung von Projekten für MS-Patienten.
- "MS behandeln": Dieses Projekt bietet Erkrankten die Möglichkeit, Therapien und ihre Auswirkungen besser zu verstehen und einzelne Behandlungsformen miteinander zu vergleichen.
- Virtuelle MS-Klinik: Die virtuelle MS-Klinik soll die Angst vor dem Unbekannten nehmen und Patienten helfen, sich besser mit ihrer Erkrankung auseinanderzusetzen.
- "Unser Kanal - Gemeinsam Grenzen überwinden": Die TK fördert dieses innovative Selbsthilfeprojekt des Landesverbands Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft in Mecklenburg-Vorpommern mit rund 13.800 Euro. Der länderübergreifende YouTube-Kanal dient als virtueller Treffpunkt für Menschen mit MS und bietet eine Plattform für Austausch, Information und Unterstützung.
- "MS-Kognition": Mit dem Internetprojekt "MS-Kognition" können Betroffene ihre geistigen Fähigkeiten trainieren. Die TK unterstützt dieses Portal und setzt sich dafür ein, Betroffenen auch im Alltag Zugang zu effektiven Übungen zu ermöglichen.
Antientzündliche Ernährung und Sport
Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung können das Wohlbefinden von MS-Patienten steigern. Empfohlen wird eine mediterrane Kost mit viel Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Fisch. Einige Lebensmittel wirken zudem antientzündlich, da sie viele ungesättigte Fettsäuren und Antioxidantien enthalten. Geeignet sind leichtes bis mäßiges Ausdauertraining oder gezielte Kräftigungsübungen im Rahmen der individuellen Möglichkeiten. Sportarten wie Feldenkrais, Yoga, Gymnastik, Rudern, Aquafitness, therapeutisches Reiten oder Rollstuhlsport können ebenfalls positive Effekte haben.
Die Problematik steigender Arzneimittelkosten
Ein aktueller Bericht der TK zeigt, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für patentgeschützte Arzneimittel in den vergangenen fünf Jahren fast verdoppelt haben. Besonders bei der Indikation Multiple Sklerose (MS) sieht die TK eine Tendenz der Pharmaindustrie, durch verschiedene Strategien die Gewinne künstlich zu steigern.
Die Bruttoausgaben für patentgeschützte Arzneimittel sind demnach von 14,6 Milliarden Euro im Jahr 2018 auf 28 Milliarden Euro im Jahr 2022 gestiegen. Dies entspricht fast der Hälfte aller GKV-Arzneimittelausgaben, obwohl nur ein geringer Teil des Gesamtverbrauchs auf diese Gruppe entfällt.
Die TK kritisiert, dass die Pharmaindustrie mit verschiedenen Tricks arbeitet, um die Einnahmen zu erhöhen. Dazu gehören:
- Slicing (Orphanisierung): Aus häufigeren Erkrankungen werden durch genaueres Definieren seltene gemacht, um von einem Orphan Drug-Status inklusive hoher Arzneimittelpreise profitieren zu können.
- Me-Too-Präparate: Es werden Präparate entwickelt, die weitestgehend wirkstoffgleich mit bereits für andere Indikationen zugelassenen sind. Statt einer Indikationserweiterung werden also auch minimale Veränderungen zum Zweck der Neuzulassung genutzt.
- Evergreening: Der Patentschutz wird durch geringfügige Änderungen verlängert, ohne dass die Wirksamkeit wesentlich verändert wird.
Die TK sieht besonders bei MS Beispiele für diese Strategien. So wird Ocrelizumab als ein Me-Too-Präparat kritisiert, da der Wirkstoff Rituximab bereits lange in der Onkologie zugelassen war und in ersten Studien auch eine Wirkung gegen MS gezeigt hatte. Statt weitere Studien für eine Zulassung in der Indikation MS in Auftrag zu geben, brachte der Hersteller unter dem Namen Ocrelizumab einen leicht abgewandelten Wirkstoff neu auf den Markt, der dann dem Patentschutz unterlag.
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Auch schwerwiegende Fälle von Evergreening wurden beobachtet, bei denen onkologische Wirkstoffe nach geringfügigen Änderungen in der Indikation MS neu zugelassen wurden - und dann ein Vielfaches des Preises abgerufen wurde. So sei der Presi von Alemtuzumab um das 42-fache und der von Ofatumumab um das 23-fache gestiegen.
Die TK betont, dass Innovationen zwar honoriert und gefördert werden müssen, aber die Preissteigerungen langfristig nicht vom deutschen Gesundheitssystem getragen werden können. Angesichts der hohen Gewinnmargen der pharmazeutischen Industrie müsse die Frage erlaubt sein, ob die aktuellen Preise für patentgeschützte Arzneimittel in einem Solidarsystem angemessen und fair sind.
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