Die Alzheimer-Krankheit stellt eine der größten Herausforderungen im Bereich der Altersmedizin dar. Innovative Therapieansätze wie die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) rücken zunehmend in den Fokus der Aufmerksamkeit. Die TPS ist eine nicht-invasive Methode zur Hirnstimulation, die darauf abzielt, die kognitiven Fähigkeiten von Patienten mit leichter bis mittelschwerer Alzheimer-Demenz zu verbessern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Dieser Artikel beleuchtet die Grundlagen der TPS, ihre Anwendung, die damit verbundenen Kosten und die aktuelle Studienlage.
Grundlagen der Transkraniellen Pulsstimulation (TPS)
Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist eine moderne Methode der nicht-invasiven Hirnstimulation (NIBS). Sie nutzt gezielt dosierte, niedrigenergetische Stoßwellen, die bis zu acht Zentimeter tief in das Gehirn vordringen können. Die TPS greift gezielt in die Aktivität neuronaler Netzwerke ein und moduliert diese. Das Verfahren ist das Ergebnis von mehr als 35 Jahren intensiver Entwicklungs- und Forschungsarbeit.
Wie funktioniert die TPS?
Bei der TPS werden kurze, präzise Stoßwellen mit dem medizintechnischen Gerät NEUROLITH® erzeugt und transkraniell, also durch die Schädeldecke hindurch, in das Gehirn geleitet. Die Stoßwellen setzen am Zielort ihre physikalische Energie in lokal begrenzten Gewebebereichen frei. Dies regt die Mechanotransduktion an, die Umwandlung physikalischer Signale in intrazelluläre Prozesse auf molekularer Ebene. Zudem wird die Freisetzung von Stickoxid (NO) angeregt und die VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor)-Produktion stimuliert. Die Verbesserung der Durchblutung, die Regeneration der Nerven und die Bildung neuer Blutgefäße (Neoangiogenese) sind die Folge, was letztlich zu einer höheren Leistungsfähigkeit des Gehirns führt.
Anwendungsbereiche der TPS
Der NEUROLITH® ist seit August 2018 in Europa CE-zugelassen zur Behandlung von Patienten mit Alzheimer-Demenz. Die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass die TPS auch bei anderen neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen positive Effekte haben kann. Klinische Studien und zahlreiche Untersuchungen existieren unter anderem zu Morbus Parkinson, anderen Demenz-Formen, Depressionen, Long-/Post-Covid, Autismus-Spektrum-Störungen und ADHS.
Ablauf einer TPS-Behandlung
Die TPS-Therapie beginnt mit einer initialen Therapieeinheit von sechs Anwendungen innerhalb von 14 Tagen, wobei mehrere Ruhetage vorgesehen sind. Die Therapie startet mit einem ausführlichen Erstgespräch und diagnostischen Verfahren. Die Erstbehandlung endet mit der Dokumentation des gesamten Behandlungsverlaufs, einem Arztbrief für den behandelnden Arzt und der gemeinsamen Abstimmung des weiteren Therapieverlaufs.
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Vorbereitung und Durchführung
Der Patient nimmt auf einem Behandlungsstuhl Platz, auf dem er sich jederzeit frei bewegen kann. Vor der eigentlichen Behandlung werden die Patientendaten in das Therapiesystem eingespeist und Ultraschallgel auf die Kopfhaut oder die Haare aufgetragen. Während der Behandlung bewegt der Therapeut das Handstück sanft über die Kopfhaut und Schädeldecke. Eine 3D-Kamera zeichnet jede Bewegung auf und stellt die aktuell im Zielbereich liegende Hirnregion auf einem Monitor anhand vorhandener MRT-Daten dar.
Individuelle Anpassung
Je nach Ziel und Anwendungsgebiet lassen sich unterschiedliche Frequenzen und Intensitäten einstellen, um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Die Steuerung sowie die Kommunikation mit der Visualisierungssoftware erfolgt über eine 3D-Kamera.
Nachbehandlung
Die TPS-Therapie wird monatlich mit einer Intervall-Therapieeinheit fortgesetzt. Diese umfasst ein Anamnese-Gespräch, weitere somatische und psychiatrische Diagnostik je nach Bedarf, Alzheimer-/Demenzdiagnostik mittels anerkannter Testmethoden sowie die Neurolith-Therapiesitzung. Die Terminierung der Intervall-Therapieeinheiten wird im Anschluss an die initiale Therapie gemeinsam vorgenommen und sollte für mindestens 12 Folgesitzungen abgestimmt werden. Nach aktueller Studienlage wird die Intervall-Therapie für eine Dauer von 24 bis 36 Monaten empfohlen.
Kosten der TPS-Therapie
Die TPS-Therapie ist derzeit noch eine Selbstzahlerleistung, da sie nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten ist. Die Kosten für die Behandlung variieren je nach Anbieter und individuellem Behandlungskonzept.
Kostenübersicht
Die Kosten für die sechs-malige TPS-Behandlung inklusive Anamnese, MMS-Tests (Minimal Mental Status Test), Vor- und Nachuntersuchungen belaufen sich pauschal auf ca. 2.300,00 €. Eine einzelne Auffrischung-Sitzung, die alle vier bis sechs Wochen empfohlen wird, kostet ca. 300,00 €. Kommt als diagnostische Erhebung noch ein QEEG (quantitative Elektroenzephalographie) hinzu, belaufen sich die Gesamtkosten auf ca. 2.700,00 €.
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Einige Anbieter bieten eine initiale Therapieeinheit für 3.000 Euro (Aufwandspauschale inkl. aller vorgenannten Leistungen) an. Die Kosten für eine einzelne Auffrischungsbehandlung betragen ca. 400 €. Ein Behandlungszyklus (sechs Sitzungen) kostet ca. 2.500 € - 3000 €. Die letzte Sitzung ist etwas teurer, da hier erneut sämtliche Messungen zum Vergleich durchgeführt werden. Die Kosten für die Erstbehandlung betragen circa € 1500,00.
Kostenübernahme durch Krankenkassen
Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen die Kosten für die TPS noch nicht, da es in der Regel 10 - 15 Jahre dauert, bis eine Therapieform ihren Weg in den Leistungskatalog der gesetzlichen Kassen findet. Im Falle der TPS geht man jedoch davon aus, dass diese „Wartezeit“ deutlich kürzer sein wird, da sie aufgrund ihrer nachgewiesenen Wirksamkeit und ihrer stetig steigenden Verbreitung auch die Kassen selbst bald entlasten könnte. Einige private Krankenkassen übernehmen bereits einen Teil der Kosten. Es ist ratsam, sich hierzu mit dem jeweiligen Versicherungsträger in Verbindung zu setzen.
Argumente für eine Kostenübernahme
Die TPS kann Betroffenen nicht nur bessere Lebensqualität schenken, sondern auch den Zeitpunkt einer Pflegebedürftigkeit hinauszögern. Ein Pflegeplatz in Deutschland oder Österreich verursacht heute monatliche Zuzahlungen von rund 4.000 Euro - für viele Familien eine enorme Belastung. Die TPS ist als additive Therapie konzipiert und kann bzw. soll ohne Weiteres parallel zu bestehenden medikamentösen Behandlungen angewendet werden.
Wirksamkeit der TPS-Therapie: Studienlage und Erfahrungen
Die Behandlung zeigt bei sehr vielen Patienten bereits nach kurzer Zeit deutlich positive Auswirkungen. Eine Verbesserung der Gedächtnisleistung lässt sich dabei ebenso feststellen wie eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufs. Erinnerungen kehren zurück und der Patient kommt mit alltäglichen Aufgaben und Herausforderungen besser zurecht, als zuvor. Insbesondere Angehörige berichten zudem, dass sich die Persönlichkeitsveränderung, die oft mit Alzheimer einhergeht, spürbar zurückentwickelt und der Patient wieder mehr „der Alte“ ist.
Klinische Studien
Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist heute Gegenstand einer beeindruckenden Zahl an internationalen wissenschaftlichen Arbeiten. Allein im Bereich der Alzheimer-Demenz wurden mehrere randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) sowie bildgebende Untersuchungen (fMRT, EEG, DTI) durchgeführt, die kognitive Verbesserungen, bessere Hirnkonnektivität und signifikante Therapieeffekte nachweisen. Bei der TPS zeigen sich signifikante Steigerungen im CERAD-Test (einer Sammlung verschiedener Demenz-Tests) sowie ein Abfall des Becks-Depressions-Index.
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Erfahrungen von Patienten und Angehörigen
Viele Patienten erleben durch die TPS spürbare Verbesserungen - etwa bei der Orientierung, Sprache, Stimmung und/oder Gedächtnisleistung - und diese Effekte können über viele Monate oder sogar Jahre anhalten. Die besten Ergebnisse zeigen sich dann, wenn nach der initialen sechsteiligen TPS-Behandlungsserie regelmäßig einzelne, sogenannte Auffrischungsbehandlungen durchgeführt werden - meist im Abstand von mehreren Wochen oder Monaten.
Kritische Betrachtung
Es gibt auch kritische Stimmen zur TPS-Behandlung. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft relativiert die Aussagekraft einiger Studien und zweifelt an der Wirkung der Methode. Faktoren wie die Erweiterung von Blutgefäßen und die Anregung von Nervenwachstum seien nicht für die Alzheimer-Krankheit spezifisch und stünden in keinem offensichtlichen Zusammenhang zu Neurotransmittern, die bei der Alzheimer-Krankheit verändert seien.
Sicherheitsaspekte und Nebenwirkungen
Die TPS®-Technologie gilt als sicher. Bei der überwiegenden Mehrzahl der Patienten treten keine Nebenwirkungen auf. Gelegentlich kann es, vor allem in den Stunden nach der Behandlung, zu Kopfschmerzen oder Unbehagen an der Stimulationsstelle kommen. Die Beschwerden vergehen jedoch schnell wieder. Da es sich um eine noch recht junge medizinische Methode handelt, ist allerdings auch die Erforschung von Langzeitwirkungen noch nicht abgeschlossen und derzeit Gegenstand weiterer Forschung.
Kontraindikationen
Es gibt bestimmte Voraussetzungen, die im Sinne der Gesundheit beachtet werden müssen:
- Metallobjekte in der Kopfregion (z. B. Implantate, Shunts, Clips, Stents, tiefe Hirnstimulation)
- Schwere Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Akute oder chronische Infektionen
- Tumorerkrankungen in der Anamnese
- Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten
Die Rolle der TPS bei anderen neurologischen Erkrankungen
Die Transkranielle Pulsstimulation wird derzeit bei Morbus Parkinson, Depression und Long-Covid noch als sogenannte „Off-Label-Therapie“ angesehen, da für Parkinson bisher keine spezifische Zulassung beantragt wurde. Bei einer „Off-Label“-Behandlung handelt es sich um einen „individuellen Heilversuch“, bei dem ein Medikament oder eine Therapiemethode in einem spezifischen Fall angewendet wird. Diese Entscheidung wird vom behandelnden Arzt oder der behandelnden Ärztin im Rahmen der Therapiefreiheit und mit Zustimmung des Patienten eigenständig getroffen.
TPS bei Morbus Parkinson
Die Trankranielle Pulsstimulation (TPS) zielt darauf ab, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern, indem sie typische Parkinson-Symptome wie Steifheit, Zittern und Bewegungsverzögerungen lindert. Die TPS bietet Vorteile wie eine individuell angepasste Therapie und ein geringes Risiko für Nebenwirkungen, wodurch sie insbesondere für die Patienten, die auf andere Behandlungen nicht ansprechen, attraktiv wird.
TPS bei Depressionen
Durch den Einsatz von Ultraschallwellen lassen sich spezifische Regionen des Gehirns anregen, die bei depressiven Patienten möglicherweise unteraktiv sind. Diese Pulse wirken sich aktiv auf die neuronalen Netzwerke aus, in der Absicht, die Stimmung zu stabilisieren und depressive Symptome zu lindern.