Die Tuberöse Sklerose (TSC) ist eine genetisch bedingte Erkrankung, die verschiedene Organsysteme betreffen kann. Sie ist gekennzeichnet durch die Bildung von gutartigen Tumoren in verschiedenen Organen, insbesondere im Gehirn, Herz, den Nieren, der Haut und der Lunge. Die Symptome und der Schweregrad der Erkrankung können von Patient zu Patient stark variieren. In Deutschland werden pro Jahr etwa 100 Kinder mit dieser Erkrankung geboren, wobei die Dunkelziffer deutlich höher liegen dürfte, da die Erkrankung mitunter erst im späteren Lebensalter ausbricht.
Was ist Tuberöse Sklerose?
Die Tuberöse Sklerose (TSC) ist eine genetisch bedingte Erkrankung, bei der Fehlbildungen und Tumoren in nahezu allen Organsystemen auftreten können. Der Name leitet sich vom lateinischen Wort "tuber" (Höcker, Beule) und vom griechischen Wort "skleros" (hart) ab. Die Erkrankung wird entweder von den Eltern vererbt oder entsteht spontan durch Defekte in einem von zwei Genen: dem TSC-1-Gen oder dem TSC-2-Gen. Diese Gene sind verantwortlich für die Bildung des TSC-Proteinkomplexes, der als Tumorsuppressor wirkt, indem er einen "Hauptschalter" der Zellen (MTOR: Mechanistic Target of Rapamycin) kontrolliert und damit das Zellwachstum steuert. Ist der TSC-Komplex durch Mutationen verändert, kommt es zu unkontrolliertem Zellwachstum und zur Tumorbildung.
Symptome und Diagnose
Eine Tuberöse Sklerose wird oft erst erkannt, wenn Folgeerkrankungen eingetreten sind. Es gibt für Neugeborene und Kleinkinder keine obligatorische Untersuchung, bei der nach typischen Symptomen gesucht wird. Anders ist das, wenn im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung noch während der Schwangerschaft ein Herztumor beim ungeborenen Kind entdeckt wird oder wenn schon in den ersten Lebensmonaten epileptische Anfälle auftreten.
Auch ohne Symptome kann man der Erkrankung mit einem genauen Blick auf die Haut auf die Spur kommen. Vor allem weiße, nicht pigmentierte Flecken auf der Haut können bei Kindern in den ersten Lebensjahren ein typisches erstes Anzeichen einer Tuberösen Sklerose sein. Im späten Kleinkindesalter und im Schulalter können zusätzlich Gefäßknötchen schmetterlingsförmig im Nasen- und Wangenbereich auftreten, die ähnlich wie eine Akne aussehen können. Diese sind nicht gefährlich oder ansteckend. Die weißen Hautflecken sind bei kleinen Kindern dagegen häufig nur unter UV-Licht erkennbar, da sie sich insbesondere bei Säuglingen, deren Haut noch nicht durch Sonneneinwirkung gebräunt ist, mit bloßem Auge kaum erkennen lassen. In der Oldenburger Kinderklinik benutzen die Ärzte eine spezielle UV-Lampe, die diese Flecken schnell und präzise sichtbar macht.
Da während der Embryonalphase die Haut und das Nervensystem aus dem gleichen Keimblatt entstehen, sind die charakteristischen weißen Flecken bei Patienten mit einer Tuberösen Sklerose in der Regel auch im Gehirn zu finden. Diese sogenannten Tuber können eine veränderte Nervenleitung aufweisen, was wiederum eine Epilepsie auslösen kann. Bei betroffenen Kindern kann es auch zu einer Entwicklungsverzögerung kommen. Zusätzlich können sich kleine Knötchen im Gehirn in den Wänden der Hirnkammern bilden. Hierdurch kann es zu einer Zirkulationsstörung des Gehirnwassers kommen, die zu einer lebensgefährlichen Hirndruckerhöhung führen kann, wenn sie nicht erkannt und von einem Neurochirurgen behandelt wird. Eine frühzeitige Diagnose kann für die Lebensqualität und Lebenserwartung der kleinen Patienten entscheidend sein.
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Risiken in der Schwangerschaft
Für Frauen mit Tuberöser Sklerose besteht während der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko für Komplikationen. Regelmäßige Kontrollen sind daher unerlässlich. Es ist wichtig zu wissen, dass die Tuberöse Sklerose vererbt werden kann. Wenn ein Elternteil betroffen ist, besteht ein 50%iges Risiko, dass das Kind die Erkrankung erbt. Daher ist eine genetische Beratung vor der Schwangerschaft ratsam, um die Risiken und Möglichkeiten der Pränataldiagnostik zu besprechen.
Einige spezifische Risiken und Aspekte, die bei einer Schwangerschaft mit Tuberöser Sklerose berücksichtigt werden sollten, umfassen:
- Erhöhtes Risiko für Komplikationen: Schwangere Frauen mit TSC haben ein erhöhtes Risiko für bestimmte Komplikationen, die eine engmaschige medizinische Betreuung erfordern.
- Vererbung: Die Tuberöse Sklerose ist eine genetische Erkrankung, die von den Eltern an ihre Kinder weitergegeben werden kann.
- Genetische Beratung: Eine genetische Beratung vor der Schwangerschaft kann helfen, das Vererbungsrisiko besser zu verstehen und informierte Entscheidungen zu treffen.
- Pränataldiagnostik: Durch pränatale Tests kann festgestellt werden, ob das ungeborene Kind von der Tuberösen Sklerose betroffen ist.
- Symptomkontrolle: Schwangere Frauen mit TSC benötigen möglicherweise eine Anpassung ihrer Medikation, um ihre Symptome während der Schwangerschaft zu kontrollieren.
Behandlungsmöglichkeiten
Die Tuberöse Sklerose ist bisher nicht heilbar. Die Behandlung erfolgt symptomatisch und orientiert sich an den im Vordergrund stehenden Symptomen. Medikamente, die den mTOR-Signalweg hemmen (mTOR-Inhibitoren wie Sirolimus und Everolimus), werden zunehmend bei TSC eingesetzt und haben eine Zulassung für die Behandlung verschiedener Erkrankungen bei TSC. Häufig werden Antiepileptika wie Carbamazepin oder Vigabatrin eingesetzt, um epileptische Anfälle zu kontrollieren. Bei größeren Tumoren können Operationen erforderlich sein.
Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Lebensqualität und Lebenserwartung der kleinen Patienten zu verbessern. Eine Studie untersucht, ob Babys mit der Seltenen Erkrankung Tuberöse Sklerose von sehr früher Medikation profitieren können. In der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Studie erhalten 30 Säuglinge von den ersten vier Lebensmonaten an das Medikament. Die Ergebnisse dieser klinischen Studie werden wertvolle und genaue Informationen über den Nutzen und die Sicherheit einer vorbeugenden Rapamycin-Behandlung geben. Die Studie wird zusammen mit 17 geplanten Prüfzentren an Standorten in ganz Deutschland durchgeführt. Insgesamt werden 60 Kinder mit einer TSC im Alter von unter 4 Monaten in die Studie aufgenommen und zufällig in 2 Gruppen unterteilt.
Unterstützung für Betroffene und ihre Familien
Ansprechpartner für Patienten und ihre Angehörigen ist zum Beispiel die bundesweite Selbsthilfeorganisation Tuberöse Sklerose Deutschland e.V. Der Verein bietet Informationen, Beratung und Unterstützung für Betroffene und ihre Familien.
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Bedeutung der Forschung
Die Forschung spielt eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Behandlung und des Verständnisses der Tuberösen Sklerose. Das Projekt PROTECT („Der Einfluss einer prophylaktischen mTOR-Inhibitor Behandlung bei Säuglingen mit einer Tuberösen Hirnsklerose auf die langfristige neuropsychologische Entwicklung“) wird bis zum Jahr 2026 mit rund 3,6 Millionen Euro unterstützt.
Podcast-Reihe
Es gibt eine TS-Podcast-Reihe, in der persönliche Geschichten, Herausforderungen und Erfolge von Menschen mit Tuberöser Sklerose (TSC) im Mittelpunkt stehen. Jede Episode dauert etwa 20-30 Minuten und gibt Einblicke in die individuellen Erfahrungen der Gäste. Die Episoden werden regelmäßig auf YouTube veröffentlicht und stehen jederzeit und überall zur Verfügung.
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