In unserer modernen Welt prasseln täglich unzählige Reize auf uns ein. Geräusche, Gerüche, Berührungen und Lichter überfluten unsere Sinne. Für manche Menschen kann diese ständige Reizflut überwältigend sein und zu einer Überreizung des Gehirns führen. Dieser Artikel beleuchtet die Symptome, Ursachen und Bewältigungsstrategien von Überreizung, um Betroffenen zu helfen, ihr Leben besser zu gestalten.
Was ist Überreizung?
Überreizung ist ein Zustand, in dem das Gehirn nicht mehr in der Lage ist, die eingehenden Reize adäquat zu verarbeiten. Es handelt sich nicht um einen medizinischen Fachbegriff, sondern um eine umgangssprachliche Metapher, die eine Überforderung der menschlichen Sinne beschreibt. In der Psychologie wird der Begriff jedoch zunehmend verwendet, um die Auswirkungen der modernen Reizüberflutung auf unsere Gesundheit zu verstehen.
Hochsensibilität und Überreizung
Hochsensible Personen (HSP) sind besonders anfällig für Überreizung. Sie nehmen ihre Umgebung intensiver wahr und verarbeiten Informationen gründlicher, was dazu führen kann, dass sie schneller überlastet sind. Studien legen nahe, dass bei Hochsensiblen bestimmte Hirnareale stärker aktiviert werden, was ihre erhöhte Empfindlichkeit erklären könnte.
Die US-amerikanische Psychologin Elaine Aron prägte den Begriff "Hochsensibilität" in den 1990er Jahren und identifizierte vier Hauptindikatoren:
- Niedrige sensorische Reizschwelle: Betroffene reagieren bereits auf geringe Reize stark.
- Starke und schnelle Reaktion auf Reize: Sie reagieren intensiver auf verschiedene Umwelteinflüsse.
- Tiefe Verarbeitung von Reizen: Emotionen und Erfahrungen klingen länger nach.
- Meidung reizintensiver Situationen: Betroffene versuchen, überstimulierende Umgebungen zu vermeiden.
Es ist wichtig zu beachten, dass Hochsensibilität keine Krankheit oder psychische Störung ist, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal. Schätzungen zufolge sind 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung hochsensibel.
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Symptome der Überreizung
Die Symptome der Überreizung können vielfältig sein und variieren von Person zu Person. Einige häufige Anzeichen sind:
- Konzentrationsschwierigkeiten: Es fällt schwer, sich auf Aufgaben zu konzentrieren.
- Schlafstörungen: Probleme beim Ein- und Durchschlafen.
- Ängste: Gefühl der Besorgnis oder Panik.
- Aggressionen: Gereiztheit und Neigung zu Wutausbrüchen.
- Erschöpfung: Gefühl von Müdigkeit und Energielosigkeit.
- Leistungsabfall: Verminderte Fähigkeit, Aufgaben zu erledigen.
- Herz-Kreislauf-Probleme: Erhöhter Blutdruck oder Herzrasen.
- Verdauungsstörungen: Magen-Darm-Beschwerden.
- Chronische Schmerzen: Anhaltende Schmerzen ohne erkennbare Ursache.
- Migräne: Wiederkehrende Kopfschmerzen.
- Burnout-Syndrom: Zustand emotionaler, körperlicher und geistiger Erschöpfung.
- Sprachlosigkeit
- Veränderte Wahrnehmung
- Einengung des Bewusstseins
- Nacherleben der Situation
- Lücken in der Erinnerung
- Stimmungsschwankungen
- Körperliche Reaktionen
Ursachen der Überreizung
Es gibt viele Faktoren, die zu einer Überreizung des Gehirns beitragen können. Einige häufige Ursachen sind:
- Lärm: Ständiger Lärm, insbesondere in städtischen Umgebungen.
- Grelles Licht: Helle oder flackernde Lichter.
- Starke Gerüche: Intensive Düfte oder Gerüche.
- Menschenmengen: Große Menschenansammlungen.
- Stress: Hoher Stresspegel im Alltag.
- Schlafmangel: Unzureichender Schlaf.
- Überlastung: Zu viele Aufgaben oder Verpflichtungen.
- Medienkonsum: Übermäßiger Konsum von Fernsehen, Internet und sozialen Medien.
- ADHS: Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung.
- Autismus: Autismus-Spektrum-Störung.
- Genetische Veranlagung
- Umweltfaktoren
- Psychische Belastungen
- Körperliche Erkrankungen
Überreizung bei Kindern
Kinder sind besonders anfällig für Überreizung, da ihr Nervensystem noch nicht vollständig entwickelt ist. Sie können Reize nicht so effektiv filtern wie Erwachsene. Anzeichen von Überreizung bei Kindern können sein:
- Verhaltensstörungen: Wutanfälle, Aggressionen oder Rückzug.
- Schwierigkeiten im Schulunterricht: Konzentrationsprobleme, Leistungsabfall.
- Innere Unruhe und Rastlosigkeit
- Emotionale Ausbrüche
- Schüchternheit und Introvertiertheit
- Probleme mit der Reizfilterung
Es ist wichtig, die Bedürfnisse hochsensibler Kinder zu verstehen und ihnen Strategien zur Bewältigung von Reizen zu vermitteln. Eltern können ihren Kindern helfen, indem sie:
- Eine ruhige Umgebung schaffen: Einen Rückzugsort bieten, an dem sie sich entspannen können.
- Rituale und Regeln einführen: Feste Strukturen geben Sicherheit und helfen, eine chaotische Welt zu ordnen.
- Bildschirmzeit begrenzen: Den Konsum von elektronischen Medien reduzieren.
- Zeit in der Natur verbringen: Die Natur hilft, sich zu entspannen und Reize zu verarbeiten.
- Aufmerksam zuhören: Die Gefühle und Bedürfnisse des Kindes ernst nehmen.
- Dem Kind erklären, was bei einer Reizüberflutung im Körper passiert
- Selbstfürsorge beibringen
Bewältigungsstrategien für Überreizung
Es gibt verschiedene Strategien, die helfen können, Überreizung zu bewältigen und vorzubeugen:
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- Ruhepausen einlegen: Regelmäßige Pausen, in denen man sich entspannen und abschalten kann.
- Stress reduzieren: Stressmanagement-Techniken wie Meditation, Yoga oder Atemübungen anwenden.
- Reize reduzieren: Reizüberflutende Umgebungen vermeiden oder sich ihnen nur kurzzeitig aussetzen.
- Achtsamkeit praktizieren: Sich auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren und die eigenen Gefühle und Gedanken bewusst wahrnehmen.
- Grenzen setzen: Lernen, "Nein" zu sagen und die eigenen Bedürfnisse zu respektieren.
- Gesunden Lebensstil pflegen: Ausreichend schlafen, sich ausgewogen ernähren und regelmäßig bewegen.
- Entspannungstechniken anwenden: Autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder andere Entspannungsmethoden ausprobieren.
- Kreative Aktivitäten ausüben: Malen, Musik hören oder andere kreative Hobbys pflegen.
- Soziale Kontakte pflegen: Zeit mit Freunden und Familie verbringen.
- Professionelle Hilfe suchen: Bei Bedarf einen Therapeuten oder Coach aufsuchen.
- Tief und bewusst atmen
- Sich auf den Atem konzentrieren
- Die Signale des Körpers ernst nehmen
- Sich, den Wahrnehmungen und entstehenden Gefühlen den Platz einräumen, der allem zusteht
Medizinische Unterstützung
In einigen Fällen kann es notwendig sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Arzt oder Therapeut kann helfen, die Ursachen der Überreizung zu identifizieren und geeignete Behandlungsstrategien zu entwickeln. Mögliche Therapieansätze sind:
- Psychotherapie: Um zugrunde liegende psychische Probleme zu behandeln.
- Medikamente: Um Symptome wie Angst oder Schlafstörungen zu lindern.
- Ergotherapie: Um Strategien zur Bewältigung von Reizen im Alltag zu erlernen.
- Neurofeedback: Um die Gehirnaktivität zu regulieren.
Natürliche Unterstützung
Es gibt auch einige natürliche Mittel, die helfen können, Überreizung zu lindern:
- Magnesium: Unterstützt die Nervenfunktion und hilft bei Stress.
- B-Vitamine: Wichtig für die Nerven und den Stoffwechsel.
- Probiotika: Fördern eine gesunde Darmflora und können die Kommunikation zwischen Darm und Gehirn verbessern.
- Pflanzliche Mittel: Baldrian, Lavendel oder Johanniskraut können beruhigend wirken.
Hyperakusis und Misophonie
Hyperakusis ist eine erhöhte Geräuschempfindlichkeit, bei der normale Umgebungsgeräusche als unangenehm oder sogar schmerzhaft empfunden werden. Misophonie ist eine extreme Abneigung gegen bestimmte Geräusche, die Wut, Ekel oder Angst auslösen können. Beide Zustände können zu sozialer Isolation und psychischem Leiden führen.
Akute Belastungsreaktion
Ein Nervenzusammenbruch, in der Fachsprache als akute Belastungsreaktion bezeichnet, ist eine vorübergehende, aber extreme Reaktion auf ein traumatisches Ereignis. Symptome können Sprachlosigkeit, veränderte Wahrnehmung, Flashbacks und Stimmungsschwankungen sein. Es ist wichtig, in solchen Fällen schnell professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
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