Die Universitätsklinik Mannheim bietet ein breites Spektrum neurochirurgischer Leistungen an. Im Fokus stehen innovative Verfahren und modernste Technologien, um Patient:innen optimal zu versorgen. Die Klinik arbeitet eng mit anderen Fachbereichen zusammen, um individuelle Therapiekonzepte zu entwickeln.
Tiefe Hirnstimulation bei Bewegungsstörungen und neuropsychiatrischen Erkrankungen
Bei bestimmten Bewegungsstörungen, die nicht oder nicht mehr ausreichend auf eine medikamentöse Therapie ansprechen, kann die Tiefe Hirnstimulation (THS) eine wirksame Behandlungsoption sein. Hierbei werden feine Elektroden in spezifische Hirnareale implantiert, um fehlerhafte Nervenstrukturen durch elektrische Impulse zu aktivieren oder zu hemmen.
Anwendungsbereiche der Tiefen Hirnstimulation
Die Tiefe Hirnstimulation findet Anwendung bei:
- Morbus Parkinson: Hier sind bestimmte Hirnareale überaktiv, die durch die THS gezielt gehemmt werden können. Dadurch lassen sich Symptome wie Zittern oder Muskelsteifigkeit reduzieren.
- Essentieller Tremor: Auch hier kann die THS das Zittern effektiv unterdrücken.
- Dystonie: Die THS kann helfen, die unwillkürlichen Muskelkontraktionen zu kontrollieren.
- Neuropsychiatrische Erkrankungen: In einigen Fällen kann die THS auch bei Depressionen oder Zwangsstörungen eingesetzt werden, um fehlerhafte Hirnareale zu modulieren.
Funktionsweise der Tiefen Hirnstimulation
Die THS beeinflusst die Aktivität bestimmter Hirnregionen, ohne diese zu zerstören. Die Hirnregionen selbst bleiben dabei intakt, sodass die Stimulation jederzeit rückgängig gemacht werden kann. Die elektrischen Impulse werden von einem Impulsgeber gesteuert, der ähnlich wie ein Herzschrittmacher unter die Haut an der Brust der Patient:innen implantiert wird.
Schmerztherapie durch Rückenmarksstimulation und Spinalganglienstimulation
Für Patient:innen mit chronischen Schmerzen, die nicht oder nicht mehr ausreichend auf Medikamente ansprechen, bietet die Universitätsklinik Mannheim verschiedene Verfahren der Neuromodulation an.
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Rückenmarksstimulation
Bei der Rückenmarksstimulation (SCS) werden feine Elektroden in den Rückenmarkskanal eingesetzt, die elektrische Impulse abgeben. Das Einbringen der Elektroden kann in örtlicher Betäubung erfolgen. Die Elektroden werden durch einen Impulsgeber angesteuert, der unter die Haut am Gesäß oder an der Bauchwand der Patient:innen implantiert wird. Die abgegebenen elektrischen Impulse hemmen die Schmerzweiterleitung. Die Nervenstrukturen bleiben bei der Rückenmarksstimulation erhalten, sodass die Stimulation jederzeit rückgängig gemacht werden kann.
Anwendungsbereiche der Rückenmarksstimulation
Die SCS findet Anwendung bei:
- Schmerzen nach Verletzungen von Nerven oder des Rückenmarks
- Phantomschmerzen
- Behandlungsresistenten Schmerzen durch Durchblutungsstörungen bei Herzkrankheit (Angina Pectoris) und Gefäßkrankheit der Beine (pAVK)
- Bei der Gefäßkrankheit der Beine (pAVK) kann die Stimulation zudem dazu beitragen, die Durchblutung wieder zu verbessern und die Gliedmaßen zu erhalten.
Spinalganglienstimulation
Neben der Rückenmarksstimulation ist es bei bestimmten chronischen Schmerzen möglich, ganz gezielt bestimmte Spinalganglien zu stimulieren. Das Spinalganglion ist ein Bündel aus Nervenkernen und Nervenfasern, das alle sensorischen und schmerzhaften Reize einer Nervenwurzel verarbeitet. Bei diesem Verfahren werden feine Elektroden direkt an das Spinalganglion eingesetzt. Wie bei der Rückenmarksstimulation werden die Elektroden durch einen Impulsgeber angesteuert, der unter die Haut implantiert wird. Die abgegebenen elektrischen Impulse hemmen die Schmerzweiterleitung. Auch bei der Spinalganglienstimulation bleiben die Nervenstrukturen erhalten, sodass die Stimulation jederzeit rückgängig gemacht werden kann.
Anwendungsbereiche der Spinalganglienstimulation
Diese Therapie findet Anwendung bei:
- Thorakalen Neuropathien (z.B. nach Mastektomie, Thorakotomie oder Herpes Zoster)
- Leistenschmerzen nach Leistenhernienoperationen
- Schmerzen nach Operationen am Knie, Fuß, Hüft Hand oder Schulter
- Komplexem regionalen Schmerzsyndrom
- Phantom- und Stumpfschmerzen nach Amputationen.
Hitzebehandlung bei Trigeminusneuralgie
Bei einschießenden Gesichtsschmerzen (Trigeminusneuralgie), die nicht oder nicht mehr ausreichend auf eine medikamentöse Therapie ansprechen und für die kein anderes operatives Verfahren infrage kommt, ist es möglich, durch Hitzebehandlung des Nervenknotens des Gesichtsnervs die Schmerzweiterleitung zu hemmen. Diese Behandlung kann durchgeführt werden, da die schmerzleitenden Fasern des Nervs gegenüber Hitze empfindlicher sind als andere Fasern. Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, dass es in örtlicher Betäubung durchgeführt werden kann und somit auch für Patient:innen infrage kommt, für die keine längere Operation in Vollnarkose nicht möglich ist.
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Vagusnervstimulation bei Epilepsie
Bei Krampfleiden (Epilepsie), die nicht oder nicht mehr ausreichend auf eine medikamentöse Therapie ansprechen und für die ein epilepsiechirurgischer Eingriff am Gehirn nicht infrage kommt, ist es möglich, die Anfallshäufigkeit durch Stimulation des Vagusnervs (zehnter Hirnnerv) zu reduzieren. Hierbei wird eine feine Elektrode um den linken Vagusnerv gelegt, über die Nervenstrukturen mit elektrischen Impulsen stimuliert werden. Der Vagusnerv selbst bleibt dabei intakt, sodass die Stimulation jederzeit rückgängig gemacht werden kann. Die elektrische Stimulation wird durch einen Impulsgeber gesteuert, der ähnlich wie ein Herzschrittmacher unter die Haut an der Brust der Patient:innen implantiert wird.
Medikamentenpumpe bei Spastik
Bei schwerer Spastik (Muskeltonussteigerung), die nicht oder nicht mehr ausreichend auf eine medikamentöse Therapie anspricht, ist es möglich, eine Medikamentenpumpe zu implantieren, die den Wirkstoff Baclofen direkt um das Rückenmark abgibt. Da durch die Pumpe der Wirkstoff in einer deutlich hören Konzentration am Zielorgan ankommt, kann die Steifigkeit gut reduziert und gleichzeitig Nebenwirkungen verhindert werden. Das Verfahren kommt z.B. bei frühkindlicher Hirnschädigung, nach einem Schlaganfall oder bei der Multiplen Sklerose zum Einsatz. Bei Kindern mit frühkindlicher Hirnschädigung (infantiler Zerebralparese) kann das Verfahren bereits vor dem 2.
Wachoperationen
In ausgewählten Fällen wird eine Operation am Gehirn mit einer Wachphase während der Operation durchgeführt. Eine intraoperative Sprachtestung durch eine Logopädin ermöglicht Tumoroperation in der Nähe der Sprachregion sicher durchführen zu können. Um Wach-Operationen für den Patienten so angenehm wie möglich zu gestalten haben wir in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut, Experten aus Medizintechnologie und Musikindustrie ein spezielles Setup entworfen bei dem Patienten von den Umgebungsgeräuschen des OPs abgeschirmt werden und Musik ihrer Wahl hören dürfen.
Interdisziplinäres Tumorboard
Nach Erhalt des neuropathologischen Gewebebefundes beschließen wir zusammen mit den Kollegen der Neurologie und der Strahlenklinik in unserem wöchentlichen interdisziplinären Tumorboard, für jeden Patienten ein individuelles, optimales Therapiekonzept unter Berücksichtigung aktueller Therapiestudien.
Navigation und intraoperatives Monitoring
Unter Verwendung von modernsten Softwareapplikationen in Kombination mit einem intraoperativen DynaCT (spezielle hochauflösende Computertomographie) werden alle komplexen spinalen Eingriffe navigiert durchgeführt. Ebenso werden spinale Tumore aller Art navigationsgestützt entfernt. Durch ein fest installiertes robotisches 3D C-Arm DynaCT (spezielle hochauflösende Computertomographie) besteht die Möglichkeit, im Rahmen von komplexen spinalen Eingriffen einen Navigationsdatensatz zu generieren. Bei unseren Operationen verwenden wir einen robotisch-mechatronischen Haltearm in Kombination mit einer spinalen Neuronavigation. Dies steigert die Präzision der Schraubenendlage bei Wirbelsäulenstabilisationen, insbesondere bei sehr schmalen Pedikeln (Bereich zwischen Wirbelkörper und Wirbelbogen). Als zusätzliche Sicherheit werden viele Eingriffe unter intraoperativem neurophysiologischem Monitoring durchgeführt.
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Endoskopische Wirbelsäuleneingriffe
Mittels hochauflösender Endoskopietechnik werden komplexe endoskopische Wirbelsäulen-Eingriffe durchgeführt. Wir arbeiten eng mit verschiedenen führenden und innovativen Herstellern von spinalen Implantaten zusammen, um unsere Patienten mit möglichst optimalen Produkten operativ zu versorgen.
Operative Behandlung von intrakraniellen Aneurysmen
In Abhängigkeit von mehreren Faktoren wie Patientenalter, Ort des Aneurysmas und dessen Beschaffenheit werden Patienten mit nicht-gebluteten oder gebluteten intrakraniellen Aneurysmen, also Aneurysmen innerhalb des Schädels, operativ mittels Clipping behandelt. Durch den Einsatz von modernen, während der Operation angewendeten Navigationsverfahren werden individualisierte Operationszugänge genutzt. Abbildung 1: Moderne Navigationsverfahren dienen der Planung von individualisierten und minimal-invasiven Zugängen zur Behandlung von Hirnarterienaneurysmen, hier am Beispiel eines Art. Dieses nicht-invasive, Mikroskop basierte Verfahren stellt Gefäße während der Operation dar. Es dient einerseits der Kontrolle von Trägergefäßen und Aneurysmen nach dem Clipping, andererseits aber auch der Kontrolle von arteriovenösen Malformationen (Fehlbildung der Blutgefäße) oder duralen arteriovenösen Fisteln (spontane Gefäßfehlbildungen auf der Hirnhaut, beispielsweise durch Unfälle) vor und nach der Operation. Insbesondere bei der operativen Behandlung von komplexen intrakraniellen Aneurysmen beziehungsweise intrakraniellen oder spinalen arteriovenösen Malformationen (AVMs; Fehlbildung der Blutgefäße innerhalb des Schädels oder Rückenmarks) kann eine intraoperative Darstellung der Hirngefäße mittels Katheterangiografie notwendig sein. Eigens für derartige Operationen wurde eine der modernsten Anlagen (Zeego®, Fa. Der Vorteil eines solchen Hybrid-Operationssaals ist, dass sowohl operative als auch bildgebende und interventionelle Eingriffe in einem Raum durchgeführt werden können.
Mikrovaskuläre Dekompression nach Jannetta
Die mikrovaskuläre Dekompression (nach Jannetta) dient der Behandlung der sogenannten neurovaskulären Konflikte im Bereich des Hirnstamms beziehungsweise Kleinhirnbrückenwinkels. Die gängigsten Krankheitsbilder sind hier die Trigeminusneuralgie (anatomischer Konflikt der Arteria cerebelli superior, einer Kleinhirnaterie und Nervus trigeminus, einem Hirnnerven), bei der Patienten unter stärksten Schmerzattacken im Gesicht leiden, und der Hemispasmus facialis (anatomischer Konflikt der Arteria cerebelli anterior inferior, ebenfalls eine Kleinhirnaterie, und Nervus facialis, dem Gesichtsnerv), der plötzliche schmerzlose Muskelkontraktionen einer Gesichtshälfte, also Verkrampfungen, verursacht.
EC-IC Bypass
Der sogenannte EC-IC Bypass ist eine Anastomose, also eine Verbindung zwischen einem extrakraniellen und einem intrakraniellen Gefäß (einem Gefäß außer- und innerhalb des Schädels) und ist somit als "Umgehungskreislauf von außen nach innen" zu verstehen. Er dient einerseits der Blutflusssteigerung bei Minderdurchblutungserscheinungen des Gehirns (zum Beispiel Moya-Moya Erkrankung, ein atherosklerotisch - durch Ablagerungen - bedingter Verschluss einer Gehirn versorgenden Arterie), andererseits der Blutflusserhaltung bei der Behandlung von komplexeren Aneurysmen und/oder Schädelbasistumoren. Letztlich kann durch diese effektive und risikoarme Methode der Blutfluss in der inneren Hauptschlagader des Gehirns (Arteria carotis interna) entweder verstärkt oder gar ersetzt werden.
Behandlung von Hirntumoren
Patienten mit einem Hirntumor (Glioblastom u.a.) werden an der UMM optimal versorgt. Die operative Therapie erfolgt durch die Klinik für Neurochirurgie. Die Eingriffe erfolgen ausschließlich in mikrochirurgischer Technik, d.h. unter dem Operationsmikroskop. Manche Hirntumore können - beispielsweise aufgrund der Lage im Gehirn - nicht sinnvoll mittels Operation therapiert werden. Oftmals sind es aber auch Begleiterkrankungen (wie etwa schwere Herz- oder Lungenerkrankungen), aufgrund derer eine Operation nicht die Therapie der ersten Wahl ist. In diesen Fällen kann eine Radiochirurgie ("Strahlenskalpell") eine Alternative sein. Diese Methode kommt auch zur zielgenauen Bestrahlung von Tumorhöhlen nach der Operation zum Einsatz. Hierzu verfügt die Universitätsmedizin Mannheim über das erste vollakademisch betriebene Gammaknife® der modernsten Generation (Gammaknife®PERFEXION) mit integrierter Bildgebung. Um die Lagerungsgenauigkeit zu garantieren, wird eine Maske oder ein Metallrahmen benötigt. Die Behandlung von Hirntumoren kann durch den Einsatz der Strahlentherapie erfolgen. Die Bestrahlung kann hierbei in Kombination mit einer Operation vor oder nach dieser als einzige („definitive“) Therapie zum Einsatz kommen. Sollte eine Bestrahlung durchgeführt werden müssen, stehen vier hochmoderne Linearbeschleuniger in der Klinik für Strahlentherapie zur Verfügung. Alle Geräte verfügen über eine CT-gesteuerte Präzisionslagertechnik ("Bildgestützte Strahlentherapie", IGRT) und sind in der Lage, eine so genannte intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) mit modernster Methodik (Volumetric Modulated Arc Therapy) durchzuführen. Durch eine IMRT/VMAT können Risikoorgane effizient geschont werden und die Nebenwirkungen der Bestrahlung deutlich gesenkt werden. Zusätzlich zu den Linearbeschleunigern steht das INTRABEAM(R) System zur Verfügung, das eine präzise und sofortige Bestrahlung noch während der Operation ermöglicht. In enger interdisziplinärer Zusammenarbeit versorgt die Neurologische Klinik Patienten mit Hirntumoren oder mit neurologischen Symptomen im Rahmen anderer Krebserkrankungen. Für eine umfassende Diagnostik stehen neben bildgebenden Verfahren in Zusammenarbeit mit der Abteilung für Neuroradiologie das gesamte Spektrum an apparativer Zusatzdiagnostik wie Elektroenzephalographie (EEG), Elektroneurographie (ENG) und neuropsychologische Testverfahren zur Verfügung. Neben der medikamentösen Hirntumorbehandlung, die ambulant oder (teil)stationär erfolgt, wird eine individuelle Begleitung und strukturierte Nachsorge angeboten.
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