Vaskuläre Demenz: Ursachen, Symptome und Therapie

Demenzerkrankungen stellen eine erhebliche Herausforderung für Betroffene und ihre Angehörigen dar. In Deutschland leben bereits deutlich mehr als eine Million Menschen mit Demenz, und jährlich kommen mindestens 100.000 Neuerkrankungen hinzu. Demenzen treten typischerweise im höheren Lebensalter auf, können aber in seltenen Fällen auch schon vor dem 60. Lebensjahr beginnen. Eine besondere Form der Demenz ist die vaskuläre Demenz (VD), die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht wird. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome und Therapiemöglichkeiten der vaskulären Demenz.

Was ist Demenz?

Unter einer Demenz versteht man Beeinträchtigungen der höheren Hirnleistungsfunktionen, insbesondere der Merkfähigkeit, der Gedächtnisleistungen und des Denkvermögens, die zu Problemen bei der Alltagsbewältigung führen. Demenz ist kein einheitliches Krankheitsbild, sondern ein Syndrom, das verschiedene Ursachen haben kann.

Ursachen der vaskulären Demenz

Die vaskuläre Demenz (VD) ist eine Form der Demenz, die ihren Ursprung in den Blutgefäßen des Gehirns hat. Der Begriff „vaskulär“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „die Gefäße betreffend“. Im Gegensatz zur Alzheimer-Krankheit, bei der Eiweißablagerungen im Gehirn eine zentrale Rolle spielen, wird die vaskuläre Demenz durch Durchblutungsstörungen verursacht. Diese Durchblutungsstörungen können verschiedene Ursachen haben:

  • Multiple Infarkte (Multi-Infarkt-Demenz): Mehrere gleichzeitig oder zeitlich versetzt auftretende Hirninfarkte in strategisch mehr oder weniger relevanten Hirnregionen.
  • Strategische Infarkte (strategic infarct dementia): Einzelne, kleine Infarkte in bestimmten Hirnregionen (z.B. Thalamus, hinteres Kapselknie, frontales Marklager, Gyrus angularis) können schwerwiegende kognitive Defizite verursachen.
  • Marklagerläsionen und Lakunen (subcortical ischemic VaD): Ischämische Marklagerläsionen (sogenannte White Matter Lesions) und Lakunen (zystisch umgewandelte Infarkte) als Folge einer zerebralen Mikroangiopathie.
  • Hirnblutungen (hemorrhagic dementia): Makroskopische Hirnblutungen (Intrazerebrale Blutung, ICB) und zerebrale Mikroblutungen, oft als Folge einer zerebralen Mikroangiopathie bei langjährigem Hypertonus oder einer zerebralen Amyloidangiopathie (CAA).
  • Seltenere Ursachen: Globale Hypoperfusion (z.B. bei beidseitigem Karotisverschluss und kardialen Erkrankungen), Subarachnoidalblutungen, Sinusvenenthrombosen, Vaskulitiden und genetische Erkrankungen (z.B. CADASIL).

Risikofaktoren:

Epidemiologische Studien haben etliche Faktoren ermittelt, die das Risiko einer vaskulären Demenz erhöhen:

  • Bluthochdruck
  • Hohe Blutfettwerte
  • Herzrhythmusstörungen
  • Diabetes mellitus

Symptome der vaskulären Demenz

Die Symptome der vaskulären Demenz können vielfältig sein und hängen davon ab, welche Hirnregionen von den Durchblutungsstörungen betroffen sind. Im Allgemeinen äußert sich die Erkrankung durch:

Lesen Sie auch: Ursachen, Symptome und Behandlung von vaskulärer Demenz

  • Kognitive Beeinträchtigungen:
    • Verminderung von Merkfähigkeit und Gedächtnisleistungen
    • Orientierungsstörungen
    • Verlust von höheren Hirnleistungsfunktionen (z.B. Abstraktionsvermögen, Kritik- und Urteilsfähigkeit)
    • Denkverlangsamung/-verarmung
    • Sprachstörungen (Wortfindungsstörungen)
  • Neurologische Symptome:
    • Störungen von Motorik und Sensorik
    • Zittern (Tremor)
    • Gangstörungen
  • Psychische Veränderungen:
    • Affektive Veränderungen (Stimmung und Emotionen betreffend)
    • Antriebsstörungen
    • Störungen der emotionalen Regulation
    • Antriebsverlust
    • Abneigung gegenüber Neuem
  • Weitere Symptome:
    • Leichte Störungen der Auffassungsgabe, der Konzentration, der Merkfähigkeit und der Ausdauer
    • Innere Unruhe und Bewegungsdrang
    • Verlust alter Gewohnheiten und Fertigkeiten
    • Unkontrollierte Wutausbrüche

Verlauf:

Der Verlauf einer vaskulären Demenz kann unterschiedlich sein. Im Gegensatz zur Alzheimer-Krankheit, die meist schleichend beginnt und sich kontinuierlich verschlimmert, kann die vaskuläre Demenz einen schrittweisen Verlauf haben, bei dem sich die Symptome nach einem Schlaganfall oder einer anderen Durchblutungsstörung plötzlich verschlechtern und sich dann stabilisieren oder sogar leicht verbessern können.

Abgrenzung zur Alzheimer-Krankheit:

Die Abgrenzung zwischen vaskulärer Demenz und Alzheimer-Krankheit kann schwierig sein, da beide Erkrankungen ähnliche Symptome verursachen können. Allerdings gibt es einige Unterschiede:

  • Beginn: Die Alzheimer-Krankheit beginnt meist schleichend, während die vaskuläre Demenz oft plötzlich beginnt oder einen schrittweisen Verlauf hat.
  • Symptome: Bei der Alzheimer-Krankheit stehen Gedächtnisstörungen im Vordergrund, während bei der vaskulären Demenz auch andere kognitive und neurologische Symptome häufig sind.
  • Risikofaktoren: Die Alzheimer-Krankheit hat keine eindeutigen Risikofaktoren, während die vaskuläre Demenz mit vaskulären Risikofaktoren wie Bluthochdruck, Diabetes und Herzerkrankungen assoziiert ist.

Diagnose der vaskulären Demenz

Die Diagnose der vaskulären Demenz basiert auf einer umfassenden Untersuchung, die folgende Elemente umfasst:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Beschwerden
  • Körperliche Untersuchung: Untersuchung des neurologischen Zustands
  • Kognitive Tests: Durchführung von Tests zur Beurteilung der kognitiven Funktionen (z.B. DemTect, Mini-Mental-Status-Test (MMST), Montreal-Cognitive-Assessment-Test (MoCa-Test))
  • Bildgebende Verfahren:
    • Magnetresonanztomografie (MRT) des Kopfes: Zum Nachweis von Durchblutungsstörungen, Gefäßveränderungen oder Schlaganfällen
    • Computertomografie (CT) des Kopfes: Kann ebenfalls zur Darstellung von Hirnveränderungen eingesetzt werden
  • Weitere Untersuchungen:
    • Blutuntersuchungen: Zum Ausschluss anderer Ursachen für die kognitiven Beeinträchtigungen (z.B. Vitaminmangel, Schilddrüsenfunktionsstörungen)
    • Liquoruntersuchung: In bestimmten Fällen zur Abklärung anderer Erkrankungen des Nervensystems

Differentialdiagnose:

Es ist wichtig, andere Ursachen für die kognitiven Beeinträchtigungen auszuschließen, wie z.B.:

  • Alzheimer-Krankheit
  • Lewy-Körper-Demenz
  • Frontotemporale Demenz
  • Depression
  • Medikamentennebenwirkungen

Therapie der vaskulären Demenz

Demenzerkrankungen sind in der überwiegenden Zahl der Fälle leider nicht heilbar, es stehen uns aber therapeutische Ansätze zur Verfügung, mit denen wir den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen können. Das Ziel der therapeutischen Maßnahmen ist eine psychische und körperliche Stabilisierung der Patienten, bei progredienten (fortschreitenden) Verlaufsformen eine Verlangsamung des Krankheitsprozesses mit einem möglichst langen Erhalt der Selbstständigkeit.

Lesen Sie auch: Vaskuläre Demenz verstehen: Ein tiefer Einblick

Die Behandlung der vaskulären Demenz zielt in erster Linie darauf ab, die Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen zu kontrollieren und weitere Schäden im Gehirn zu verhindern. Dazu gehören:

  • Behandlung von Bluthochdruck: Medikamentöse Einstellung des Blutdrucks
  • Behandlung von Diabetes mellitus: Optimale Blutzuckereinstellung
  • Senkung der Blutfettwerte: Medikamentöse Therapie oder Ernährungsumstellung
  • Behandlung von Herzerkrankungen: Je nach Art der Herzerkrankung medikamentöse oder operative Therapie
  • Thrombozytenaggregationshemmer: Medikamente zur Vorbeugung von Blutgerinnseln (z.B. ASS, Clopidogrel)
  • Gesunder Lebensstil:
    • Ausgewogene Ernährung
    • Regelmäßige körperliche Aktivität
    • Verzicht auf Rauchen
    • Mäßiger Alkoholkonsum

Weitere Therapien:

  • Kognitives Training: Übungen zur Verbesserung der Gedächtnisleistungen und anderer kognitiver Funktionen
  • Ergotherapie: Training vonAlltagsfertigkeiten
  • Physiotherapie: Verbesserung der motorischen Fähigkeiten und der Koordination
  • Logopädie: Behandlung von Sprachstörungen
  • Psychotherapie: Unterstützung bei psychischen Problemen wie Depressionen oder Angstzuständen
  • Medikamentöse Therapie:
    • Acetylcholinesterase-Hemmer: Können bei einigen Patienten die kognitiven Funktionen verbessern (z.B. Donepezil, Rivastigmin, Galantamin)
    • Memantin: Kann bei mittelschwerer bis schwerer Demenz eingesetzt werden
    • Antidepressiva: Zur Behandlung von Depressionen
    • Neuroleptika: Zur Behandlung von Verhaltensstörungen (nur in Ausnahmefällen und unter strenger ärztlicher Kontrolle)

Unterstützung für Angehörige:

Die Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine große Herausforderung für die Angehörigen. Es ist wichtig, dass sich die Angehörigen Unterstützung suchen, z.B. durch:

  • Beratungsstellen
  • Selbsthilfegruppen
  • Pflegedienste
  • Tagespflegeeinrichtungen
  • Entlastungsangebote

Prävention der vaskulären Demenz

Ein gesunder Lebensstil kann dazu beitragen, das Risiko einer vaskulären Demenz zu senken:

  • Regelmäßige Bewegung: Mindestens zwei Mal pro Woche 30 Minuten flott spazieren gehen
  • Gesunde Ernährung: Ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten
  • Soziale Kontakte pflegen: Teilnahme an sozialen Aktivitäten und Hobbys
  • Geistig fit bleiben: Regelmäßige geistige Aktivität (z.B. Lesen, Kreuzworträtsel lösen, Schach spielen)
  • Risikofaktoren kontrollieren: Bluthochdruck, Diabetes und hohe Blutfettwerte behandeln lassen

Lesen Sie auch: Vaskuläre Demenz: Aggressivität als Symptom

tags: #vaskuläre #Demenz #Ursachen #Symptome #Therapie #doccheck