Vaskuläre Demenz und Diabetes: Ursachen, Risiken und Prävention

Die vaskuläre Demenz ist nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste Form der Demenz. Sie wird durch eine Schädigung der Blutgefäße im Gehirn verursacht, was zu einer unzureichenden Versorgung des Gehirns mit Nährstoffen und Sauerstoff führt. Diabetes mellitus, insbesondere Typ-2-Diabetes, ist ein wichtiger Risikofaktor für die Entwicklung einer vaskulären Demenz. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen vaskulärer Demenz und Diabetes, die zugrunde liegenden Ursachen und Mechanismen sowie Möglichkeiten zur Prävention und Behandlung.

Was ist vaskuläre Demenz?

Vaskuläre Demenz ist ein Sammelbegriff für Demenzformen, die durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht werden. "Vaskulär" bedeutet "gefäßbedingt", "durchblutungsbedingt" oder "die Blutgefäße betreffend". Im Gegensatz zur Alzheimer-Demenz, die sich schleichend entwickelt, kann die vaskuläre Demenz plötzlich beginnen, oft in Form eines Schlaganfalls, und einen stufenweisen Verlauf zeigen. Die Symptome hängen stark davon ab, welche Hirnregion betroffen ist und wie stark die Durchblutungsstörungen sind.

Formen der vaskulären Demenz

Je nach Art und Stärke der Durchblutungsstörungen werden verschiedene Arten vaskulärer Demenz unterschieden:

  • Multiinfarkt-Demenz: Entsteht durch mehrere Hirninfarkte, die gleichzeitig oder zeitlich versetzt auftreten. Diese Infarkte führen zum Absterben von Nervenzellgewebe im Gehirn.
  • Subkortikale vaskuläre Demenz (Binswanger-Krankheit): Verursacht durch eine Wandverdickung in kleinen Blutgefäßen im Gehirn (Arteriosklerose), die die tiefen Hirnstrukturen mit Blut versorgen. Dies führt zu kleinen Hirninfarkten und einer Schädigung von Nervenfasern.

Diabetes als Risikofaktor für vaskuläre Demenz

Typ-2-Diabetes ist ein gut belegter Risikofaktor für Demenz, insbesondere für die vaskuläre Demenz. Menschen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko, an Demenz zu erkranken. Laut Leitlinien der Österreichischen Diabetes Gesellschaft (ÖDG) haben Menschen mit Diabetes Typ 2 ein bis zu vierfach erhöhtes Risiko für vaskuläre Demenz aufgrund von Durchblutungsstörungen im Gehirn. Das Risiko für eine Alzheimerdemenz ist um das Eineinhalb- bis Zweifache erhöht.

Mechanismen, die Diabetes und vaskuläre Demenz verbinden

Mehrere Mechanismen erklären, warum Diabetes das Risiko für vaskuläre Demenz erhöht:

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  • Gefäßschäden: Diabetes begünstigt Arterienverkalkung (Arteriosklerose) und Durchblutungsstörungen - auch im Gehirn. Hohe Blutzuckerwerte belasten die Gefäße oder den Stoffwechsel.
  • Blutzuckerspiegel: Sowohl dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte als auch schwere Unterzuckerungen können das Gehirn schädigen. Wiederholte hypoglykämische und hyperglykämische Ereignisse beeinträchtigen die Gefäße im Gehirn, die der Energiezufuhr dienen.
  • Entzündungen und Stoffwechselveränderungen: Erhöhte Blutzuckerwerte können Entzündungsprozesse fördern, die langfristig auch das Gehirn belasten.
  • Insulinresistenz: Auch die Insulinresistenz der Körperzellen scheint ein Bindeglied zwischen Diabetes und Alzheimer-Demenz darzustellen. Eine periphere Insulinresistenz scheint auch mit einer zerebralen Insulinresistenz verbunden zu sein.
  • Weitere Risikofaktoren: Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen erhöhen ebenfalls das Risiko für Demenz, ebenso die häufig mit Diabetes assoziierte Depression. Und das Alter ist ebenfalls ein Risikofaktor.

Weitere Risikofaktoren für vaskuläre Demenz

Neben Diabetes gibt es weitere Risikofaktoren, die die Entstehung einer vaskulären Demenz begünstigen können:

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, wie Bluthochdruck, koronare Herzkrankheit oder Herzinsuffizienz, erhöhen das Risiko für Durchblutungsstörungen im Gehirn und somit für eine vaskuläre Demenz.
  • Bluthochdruck: Bluthochdruck im mittleren Lebensalter erhöht das Risiko für alle Demenzformen, insbesondere für die vaskuläre Demenz. Der Effekt scheint besonders stark auszufallen, wenn der Bluthochdruck über Jahre hinweg unbehandelt bleibt. Bluthochdruck tritt häufig zusammen mit anderen Risikofaktoren wie Diabetes, Übergewicht oder Bewegungsmangel auf. Diese Kombination verstärkt das Risiko zusätzlich.
  • Erhöhte Cholesterinwerte: Erhöhtes Cholesterin - vor allem bei Menschen unter 65 - kann die Ablagerung von schädlichen Proteinen wie Amyloid-beta und verändertem Tau im Gehirn fördern, beides typische Merkmale der Alzheimer-Krankheit. Zudem belastet zu viel Cholesterin die Blutgefäße. Das steigert das Risiko für Schlaganfälle und damit auch für eine vaskuläre Demenz.
  • Übergewicht: Übergewicht - besonders im mittleren Lebensalter - erhöht das Risiko, später an einer Demenz zu erkranken. Das gilt nicht nur für Alzheimer, sondern auch für vaskuläre Demenz. Besonders problematisch ist Bauchfett, also das Fettgewebe um die Organe im Bauchbereich. Seine Botenstoffe fördern hohen Blutdruck, entzündliche Erkrankungen und belasten die Gefäße. Die Hauptursache für die Entstehung von zu großen Fettspeichern im Bauchraum sind ungesunde Essgewohnheiten und zu wenig Bewegung.
  • Rauchen: Rauchen erhöht das Risiko für Alzheimer und vaskuläre Demenz - vor allem durch die negativen Auswirkungen auf Herz, Gefäße und Gehirn. Auch Entzündungen und zellschädigende Prozesse im Gehirn können durch Rauchen gefördert werden.
  • Bewegungsmangel: Wer sich im Alltag kaum bewegt, erhöht sein Risiko, an einer Demenz zu erkranken. Bewegungsmangel beeinträchtigt die Durchblutung des Gehirns, schwächt Nervenzellen und begünstigt den geistigen Abbau.
  • Alkohol: Wer regelmäßig viel Alkohol trinkt, riskiert mehr als einen Kater. Studien zeigen: Schon mehr als drei Liter Bier oder zwei Liter Wein pro Woche führt zum Verlust der grauen Masse im Gehirn und damit zu einem höheren Risiko für alle Formen der Demenz. Ein zu hoher Alkoholkonsum kann zudem bewirken, dass eine Demenz früher auftritt als bei Menschen, die wenig oder gar nicht trinken.
  • Soziale Isolation und Einsamkeit: Soziale Isolation bedeutet, dass ein Mensch nur selten Kontakt zu anderen hat - zum Beispiel, wenn er allein lebt, kaum Besuch bekommt oder nicht mehr aktiv am gesellschaftlichen Leben teilnimmt. Eine solche Isolation kann das Risiko erhöhen, an Demenz zu erkranken. Denn das Gehirn braucht Anregung: Gespräche, Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten halten es wach und leistungsfähig.
  • Luftverschmutzung: Was wir einatmen, kann auch unser Gehirn erreichen. Feine Partikel aus Abgasen, Industrie, Holz- und Kohleöfen können Entzündungen auslösen, die Gefäße schädigen und langfristig die geistige Gesundheit beeinträchtigen. Vor allem Feinstaub steht im Verdacht, das Demenzrisiko zu erhöhen.
  • Seh- und Hörverlust: Sehen ist mehr als nur ein Sinn - es ist geistige Anregung. Wenn das Sehvermögen nachlässt und nicht ausgeglichen wird, gehen dem Gehirn wichtige Reize verloren. Ähnlich wie beim Hören gilt auch beim Sehen: Viele Probleme lassen sich gut behandeln, etwa mit der richtigen Brille, mit Kontaktlinsen oder durch eine Augenoperation bei Grauem Star.
  • Kopfverletzungen: Ein Sturz, eine Schlag, ein Zusammenprall - Schwere oder wiederholte Kopfverletzungen erhöhen das Risiko für Demenzerkrankungen wie Alzheimer und die chronisch-traumatische Enzephalopathie (CTE).

Symptome der vaskulären Demenz

Bei vaskulärer Demenz können zu Beginn vor allem Probleme mit Aufmerksamkeit, verlangsamtem Denken sowie Persönlichkeitsveränderungen auftreten. Dazu können Gangstörungen oder Kontrollverluste der Blase sowie Probleme mit der Sprache kommen. Auch Gedächtnisstörungen können auftreten, stehen aber zu Beginn nicht immer im Vordergrund. Die Symptome können je nach Ursache plötzlich, schleichend oder schrittweise auftreten. Dazwischen kann es auch längere stabile Phasen geben.

Diagnose der vaskulären Demenz

Um festzustellen, ob überhaupt eine Demenz vorliegt, werden zunächst die Symptome und deren Verlauf erfasst. Dies gibt möglicherweise schon Hinweise, ob es sich um eine vaskuläre Demenz handelt. Um diese festzustellen werden zunächst das Herz-Kreislauf-System sowie neurologische Funktionen, zum Beispiel der Gleichgewichtssinn, untersucht. Blutuntersuchungen können Hinweise auf Risikofaktoren für Durchblutungsstörungen geben. Mit bildgebenden Verfahren wie CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) können Veränderungen im Gehirn festgestellt werden. Medizinische Demenztests dienen der Beurteilung der geistigen Leistungsfähigkeit. Dabei werden bestimmte geistige Leistungsbereiche, wie Gedächtnis und die Konzentrationsfähigkeit getestet.

Behandlung der vaskulären Demenz

Eine vaskuläre Demenz ist nicht heilbar. Die im Gehirn entstandenen Schäden können nicht rückgängig gemacht werden. Ziel der Therapie ist es, weiteren Schäden vorzubeugen und eine Verschlimmerung der Beschwerden aufzuhalten, beziehungsweise zu verlangsamen.

Medikamentöse Behandlung

Bei der vaskulären Demenz werden Durchblutungsstörungen im Gehirn mit blutverdünnenden Medikamenten behandelt. So kann weiteren Schlaganfällen vorgebeugt werden. Bluthochdruck, erhöhter Cholesterinspiegel und erhöhter Blutzucker können ebenfalls medikamentös behandelt werden. Aktuelle Studienergebnisse deuten darauf hin, dass moderne Diabetes-Medikamente wie GLP-1-Rezeptoragonisten nicht nur den Blutzucker senken, sondern auch das Gehirn schützen könnten.

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Nicht-medikamentöse Behandlung

Es gibt verschiedene Ansätze, eine vaskuläre Demenz ohne Medikamente zu behandeln. Behandlungsmöglichkeiten wie Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie können helfen, die kognitiven Fähigkeiten und somit die Lebensqualität der Patientin oder des Patienten zu verbessern. Auch Musiktherapie, Erinnerungsarbeit und Krankengymnastik können Betroffenen helfen. Vaskuläre Demenz kann mit Gesprächen (kognitive Stimulation) oder Erinnerungsarbeit (autobiographische Arbeit) behandelt werden. Körperliche Betätigung oder Kunsttherapie können geeignete Behandlungsmethoden darstellen.

Diabetesbehandlung

Eine konsequente Diabetesbehandlung ist entscheidend, um das Risiko für vaskuläre Demenz zu senken. Dies umfasst:

  • Gute Blutzuckereinstellung: Vermeidung von sowohl hohen als auch niedrigen Blutzuckerwerten.
  • Regelmäßige Checks: Ein jährliches Demenz-Screening für Menschen mit Diabetes wird ab dem 65. Lebensjahr empfohlen, wenn der Verdacht (auch von Betreuern oder der Familie) auf eine demenzielle Erkrankung aufkommt. Generell empfiehlt die Österreichische Diabetes Gesellschaft ein geriatrisches Assessment etwa ab dem 75. Lebensjahr.

Prävention der vaskulären Demenz

Einer vaskulären Demenz beugt man vor, indem man einem Schlaganfall vorbeugt. Es gibt verschiedene Maßnahmen, die helfen können, das Demenzrisiko zu senken und die Gesundheit des Gehirns zu fördern:

  • Gesunder Lebensstil: Ein aktiver Lebensstil, im Sinne von körperlicher Betätigung (z.B. Spaziergänge, Gymnastik), kann (weiteren) Schlaganfällen vorbeugen. Man sollte auf eine gesunde, mediterrane Ernährung (z.B. viel Gemüse, Obst, Fisch, Olivenöl) achten. Empfohlen wird zudem auf das Rauchen und einen übermäßigen Alkoholkonsum zu verzichten.
  • Kontrolle der Risikofaktoren: Regelmäßige Kontrolle und Behandlung von Bluthochdruck, erhöhten Cholesterinwerten und Diabetes.
  • Geistige und soziale Aktivität: Alltag aktiv gestalten mit regelmäßiger Bewegung. Geistig aktiv bleiben, zum Beispiel durch Lesen, Spielen oder Neues lernen. Soziale Kontakte pflegen.
  • Vermeidung von Übergewicht: Achten Sie auf ein gesundes Gewicht und vermeiden Sie insbesondere Bauchfett.
  • Schutz vor Luftverschmutzung: Versuchen Sie, sich möglichst wenig Schadstoffen auszusetzen.
  • Behandlung von Seh- und Hörverlust: Lassen Sie Seh- und Hörprobleme frühzeitig behandeln.
  • Eigene Psyche stärken: Hilfe bei Stress, Sorgen oder depressiven Stimmungen in Anspruch nehmen.

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