Wetterfühligkeit, die wetterbedingte Veränderung des körperlichen und seelischen Befindens, ist ein Phänomen, das seit der Antike bekannt ist. Bereits Hippokrates (460-370 v. Chr.) beschrieb die Auswirkungen des Wetters auf den menschlichen Organismus. Obwohl die genauen Mechanismen noch nicht vollständig erforscht sind, steht fest, dass das vegetative Nervensystem eine zentrale Rolle bei der Anpassung an Wetterveränderungen spielt.
Die Rolle des vegetativen Nervensystems bei Wetterfühligkeit
Unser Körper strebt danach, eine konstante Kerntemperatur von etwa 37 Grad Celsius aufrechtzuerhalten, um die optimale Funktion der Organe zu gewährleisten. Bei Wetterumschwüngen, die mit Temperaturänderungen, Luftdruckschwankungen und veränderter Luftfeuchtigkeit einhergehen, muss der Körper reagieren. Diese Anpassungsprozesse werden maßgeblich vom vegetativen Nervensystem gesteuert, das lebenswichtige Funktionen wie Herzschlag, Atmung, Blutdruck und Stoffwechsel reguliert.
Das vegetative Nervensystem arbeitet autonom und passt die Körperfunktionen unbewusst an die äußeren Bedingungen an. Bei einem Temperaturanstieg beispielsweise werden die Blutgefäße erweitert, um Wärme abzugeben, während sie sich bei Kälte verengen, um den Wärmeverlust zu reduzieren. Diese Regulationsmechanismen beeinflussen auch den Hormonhaushalt und können somit das allgemeine Befinden beeinflussen.
Symptome der Wetterfühligkeit
Nicht jeder Mensch reagiert gleich auf Wetterveränderungen. Während einige die Anpassungsprozesse kaum wahrnehmen, leiden andere unter deutlichen Beschwerden. Wetterfühlige Menschen besitzen oft ein sehr empfindliches Nervensystem, dessen Reizschwelle bei Luftdruck- und Temperaturänderungen schnell überschritten wird.
Typische Symptome der Wetterfühligkeit sind vielfältig und können sowohl körperliche als auch psychische Aspekte umfassen:
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- Kopfschmerzen und Migräne: Dies sind die häufigsten Beschwerden, die von wetterfühligen Menschen genannt werden.
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit: Viele Betroffene fühlen sich energielos und erschöpft.
- Gelenkschmerzen: Besonders Menschen mit chronischen Erkrankungen wie Rheuma leiden unter verstärkten Schmerzen bei bestimmten Wetterlagen.
- Schlafstörungen: Wetterumschwünge können den Schlaf-Wach-Rhythmus beeinträchtigen und zu Schlafproblemen führen.
- Schwindel und Kreislaufprobleme: Veränderungen des Blutdrucks können Schwindelgefühle und Kreislaufbeschwerden verursachen.
- Konzentrations- und Gedächtnisprobleme: Die Leistungsfähigkeit des Gehirns kann durch Wetterveränderungen beeinträchtigt werden.
- Atembeschwerden: Besonders bei Asthma-Patienten können Wetterumschwünge zu verstärkter Atemnot führen.
- Innere Unruhe und Reizbarkeit: Wetterfühlige Menschen können emotional labiler sein und stärker auf äußere Reize reagieren.
Eine Studie des Deutschen Wetterdienstes im Auftrag des Umweltbundesamtes ergab, dass 50 % der Befragten einen Einfluss des Wetters auf ihre Gesundheit wahrnehmen. Knapp ein Drittel der Wetterfühligen war im Jahr vor der Befragung mindestens einmal nicht in der Lage, ihrer normalen Tätigkeit nachzugehen.
Wetterempfindlichkeit vs. Wetterfühligkeit
Es ist wichtig, zwischen Wetterfühligkeit und Wetterempfindlichkeit zu unterscheiden. Während Wetterfühligkeit gesunde Menschen betrifft, deren Körper sich schwer an Wetterveränderungen anpassen kann, verstärkt Wetterempfindlichkeit bereits bestehende gesundheitliche Probleme, die durch chronische Krankheiten verursacht wurden. In diesem Fall ist das Wetter nicht die Ursache der Beschwerden, sondern verstärkt lediglich die Symptome.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen der Wetterfühligkeit sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass eine Kombination aus genetischer Veranlagung, individuellem Gesundheitszustand und Umweltfaktoren eine Rolle spielt.
Einige Personengruppen sind besonders anfällig für Wetterfühligkeit:
- Ältere Menschen: Mit zunehmendem Alter lässt die Anpassungsfähigkeit des Körpers nach.
- Frauen in den Wechseljahren: Hormonelle Veränderungen können die Wetterfühligkeit verstärken.
- Menschen mit chronischen Erkrankungen: Erkrankungen wie Rheuma, Asthma oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen können die Reaktion auf Wetterveränderungen verstärken.
- Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen: Stress, Angstzustände und Depressionen können die Wetterfühligkeit beeinflussen.
- Allergiker: Pollenflug und andere allergische Reaktionen können die Symptome der Wetterfühligkeit verstärken.
Was tun bei Wetterfühligkeit? Tipps und Maßnahmen
Obwohl Wetterfühligkeit nicht als Krankheit gilt, können Betroffene einiges tun, um ihre Beschwerden zu lindern und den Körper widerstandsfähiger zu machen.
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Allgemeine Maßnahmen:
- Anpassung an den Biorhythmus: Ein regelmäßiger Tagesablauf mit festen Schlafzeiten und Mahlzeiten kann helfen, den Körper zu stabilisieren.
- Ausreichend Schlaf: Ein erholsamer Schlaf ist wichtig für die Regeneration und Stärkung des Immunsystems.
- Stressmanagement: Entspannungstechniken wie Yoga, autogenes Training oder Meditation können helfen, Stress abzubauen und das vegetative Nervensystem zu beruhigen.
- Vermeidung von Extremen: Wer ununterbrochen Klimaanlagen oder Heizungen nutzt, reagiert empfindlicher auf natürliche Klimareize. Ein gesundes Raumklima ist wichtig.
Körperliche Abhärtung:
- Bewegung an der frischen Luft: Tägliche Spaziergänge bei jedem Wetter helfen dem Körper, sich an Temperaturwechsel anzupassen.
- Wechselduschen: Wechselwarme Duschen trainieren das vegetative Nervensystem und fördern die Durchblutung.
- Saunabesuche: Saunagänge stärken das Immunsystem und verbessern die Anpassungsfähigkeit an Temperaturveränderungen.
- Kneipp-Anwendungen: Güsse und Bäder nach Kneipp-Art können das vegetative Nervensystem stärken und die Abwehrkräfte aktivieren.
Ernährung:
- Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten stärkt das Immunsystem und versorgt den Körper mit wichtigen Nährstoffen.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie ausreichend Wasser, Tee oder Schorlen, um den Körper hydriert zu halten.
- Vermeidung von Alkohol und Nikotin: Diese Substanzen können das vegetative Nervensystem zusätzlich belasten.
Weitere Tipps:
- Kleidung: Tragen Sie atmungsaktive Kleidung im Zwiebelprinzip, um sich flexibel an Temperaturänderungen anpassen zu können.
- Biowettervorhersagen: Nutzen Sie die Wetterindizes des Deutschen Wetterdienstes, um sich auf bevorstehende Wetterumschwünge vorzubereiten.
- Wettertagebuch: Führen Sie ein Wettertagebuch, um Zusammenhänge zwischen Wetterlagen und Ihren Beschwerden zu erkennen.
- Ärztliche Beratung: Bei starken oder anhaltenden Beschwerden sollte ein Arzt aufgesucht werden, um mögliche Ursachen abzuklären und geeignete Behandlungen zu besprechen.
Spezielle Maßnahmen für bestimmte Symptome:
- Kopfschmerzen: Pfefferminzöl auf die Schläfen auftragen, ausreichend trinken, Entspannungsübungen.
- Kreislaufprobleme: Kreislaufanregende Maßnahmen wie Wechselduschen, Bewegung, ausreichend trinken, eventuell Kompressionsstrümpfe.
- Gelenkschmerzen: Wärme- oder Kälteanwendungen, entzündungshemmende Ernährung, Bewegungstherapie.
- Schlafstörungen: Abendliche Rituale, Entspannungsübungen, Vermeidung von Bildschirmarbeit vor dem Schlafengehen.
Medikamentöse Behandlung
In einigen Fällen kann eine medikamentöse Behandlung sinnvoll sein, um die Symptome der Wetterfühligkeit zu lindern. Dies sollte jedoch immer in Absprache mit einem Arzt erfolgen.
- Schmerzmittel: Bei Kopfschmerzen oder Gelenkschmerzen können Schmerzmittel wie Paracetamol oder Ibuprofen helfen.
- Kreislaufmittel: Bei Kreislaufproblemen können Kreislaufmittel den Blutdruck stabilisieren.
- Pflanzliche Mittel: Einige pflanzliche Präparate wie Melisse, Baldrian oder Johanniskraut können bei Unruhe und Schlafstörungen helfen. Klosterfrau Melissengeist kann innerlich zur Besserung des Allgemeinbefindens bei Belastung von Nerven und Herz-Kreislauf mit innerer Unruhe und Nervosität, zur Förderung der Schlafbereitschaft und bei Wetterfühligkeit angewendet werden.
Das Biowetter des Deutschen Wetterdienstes
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) bietet spezielle Biowettervorhersagen an, die Informationen über die Auswirkungen des Wetters auf die Gesundheit und das Wohlbefinden liefern. Diese Vorhersagen berücksichtigen verschiedene Faktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Wind und Sonneneinstrahlung und geben Auskunft darüber, wie stark das Wetter den Körper belasten kann.
Die Biowettervorhersagen sind besonders hilfreich für Menschen mit Wetterfühligkeit oder chronischen Erkrankungen, da sie ihnen ermöglichen, sich auf bevorstehende Wetterumschwünge vorzubereiten und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Die Karte bietet per Filtereinstellung auch Informationen über mögliche Auswirkungen auf das allgemeine Befinden, asthmatische Erkrankungen sowie rheumatische und Herz-Kreislauf-Beschwerden. Mit einer einfachen Farbskala liefert sie auch eine Einschätzung, ob das vorausgesagte Wetter positiven oder negativen Einfluss auf die Gesundheit wetterfühliger Menschen hat - oder ob es keinen Einfluss hat.
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