Verdacht auf Schlaganfall: Welcher Arzt ist zuständig?

Ein Schlaganfall ist ein Notfall, bei dem es auf jede Sekunde ankommt. Umso wichtiger ist es zu wissen, welcher Arzt bei Verdacht auf einen Schlaganfall zuständig ist und welche Schritte unternommen werden müssen, um die bestmögliche Versorgung zu gewährleisten.

Die Rolle des Neurologen bei Verdacht auf Schlaganfall

Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist der Neurologe der primäre Ansprechpartner. Neurologen sind Spezialisten für Erkrankungen des Gehirns und der Nerven und verfügen über die notwendige Expertise, um einen Schlaganfall schnell und zuverlässig zu diagnostizieren und zu behandeln. Jeder Patient, der mit Verdacht auf einen Schlaganfall in ein Krankenhaus eingeliefert wird, muss von einem Neurologen untersucht werden.

Neurologische Untersuchung

Die neurologische Untersuchung zielt darauf ab, Ausfallerscheinungen, aber auch versteckte Symptome, die auf einen Schlaganfall hinweisen, festzustellen und richtig einzuordnen. Zudem werden mögliche Risikofaktoren des Patienten und eventuell aufgetretene Frühwarnsymptome abgefragt. Die Diagnose Schlaganfall kann am Ende der neurologischen Untersuchung mit großer Sicherheit gestellt werden. Da die Therapie von der Ursache eines Schlaganfalls abhängt, müssen weitere Untersuchungen zeigen, ob z.B.

Bildgebende Verfahren zur Diagnose

Um die Ursache und das Ausmaß des Schlaganfalls festzustellen, werden in der Regel bildgebende Verfahren eingesetzt.

  • Computertomographie (CT): In den meisten Fällen wird nach der neurologischen Untersuchung zunächst eine Computertomographie (CT) des Kopfes durchgeführt. Die Computertomographie liefert Bilder des Gehirns und seiner Blutgefäße. Sie ermöglicht, zwischen einer Durchblutungsstörung (ca. 85% der Schlaganfälle) und einer Hirnblutung (ca. 15% der Schlaganfälle) zu unterscheiden.
  • Kernspintomographie (MRT): Auch mit Hilfe der Kernspintomographie (Magnetresonanz-Tomographie, MRT) kann das Gehirn sowie der Verlauf und Zustand der Blutgefäße dargestellt werden. Die MRT liefert wesentlich genauere Ergebnisse als die Computertomographie, benötigt auf der anderen Seite dafür aber auch mehr Zeit und ist teurer. Sie wird deshalb meistens nicht als erstes Untersuchungsverfahren eingesetzt. Die MRT ermöglicht dem Neurologen, sich ein sehr präzises Bild über den Ort und das Ausmaß der Schädigung im Gehirn zu machen.
  • Ultraschalluntersuchung (Doppler- und Duplexsonographie): Eine Ultraschalluntersuchung (Doppler- und Duplexsonographie) der Hals- und Nackenarterien, zu denen auch die Halsschlagader gehört, zeigt, wie stark die erkrankten Blutgefäße z.B. durch Arterienverkalkung (Arteriosklerose) eingeengt sind. Sie kann auch Hinweise auf den Ablösungsort eines Blutgerinnsels erbringen. Die Ultraschalluntersuchung der im Kopf liegenden Gehirnarterien zeigt, ob hier Gefäße verschlossen oder verengt sind.
  • Echokardiographie: Die Echokardiographie ist eine Ultraschalluntersuchung des Herzens. Sie erlaubt es, Ver-änderungen am Herzen, wie beispielsweise zu dicke Herzwände und in ihrer Funktion beeinträchtigte Herzklappen festzustellen. Herzrhythmusstörungen können mit einem Elektrokardiogramm (EKG) diagnostiziert werden.
  • Blutuntersuchung: In jedem Fall wird dem Schlaganfall-Patienten Blut abgenommen, das dann im Labor untersucht wird. Dabei wird die Konzentration der roten (Erythrozyten) und weißen Blutkörperchen (Leukozyten, Lymphozyten, Granulozyten) festgestellt. Von besonderem Interesse sind auch die Blutplättchen (Thrombozyten) und Blutgerinnungswerte. Bei einer krankhaften Störung des Gerinnungssystems verklumpen die Blutplättchen und bilden die gefährlichen Blutgerinnsel. Zudem werden Blutzuckerwerte, Kalium- und Natriumkonzentration sowie Leber- und Nierenwerte gemessen.
  • Angiographie: Bei der Angiographie werden die Blutgefäße im Gehirn dargestellt. Man unterscheidet drei verschiedene Verfahren. Die anschließend durchgeführte Röntgenaufnahme zeigt den Verlauf der Hirnarterien und -venen. Diese Untersuchungsmethode kann auch therapeutisch eingesetzt werden, wenn die lokale Behandlung eines Blutgerinnsels in einem größeren Blutgefäß des Gehirns durch lokale Thrombolyse oder Thrombusentfernung über einen Kathether sinnvoll erscheint. Die Angiographie wird auch bei Schlaganfällen eingesetzt, die durch eine Blutung ins Gehirn verursacht wurden und bei denen der Verdacht auf eine krankhafte Veränderung der Arterien oder eine Gefäßmissbildung (z.B. Aneurysma) besteht. Nicht-invasive Möglichkeiten zur Gefäßsdarstellung sind die Magnetresonanz-Angiographie (MRA) sowie die CT-Angiographie. Beide Untersuchungsmethoden geben Aufschluss über die Art und Ausdehnung von Gefäßeinengungen und -verschlüssen und verdeutlichen Gefäßschäden, die zu Hirnblutungen geführt haben.
  • Elektroenzephalogramm (EEG): Das Elektroenzephalogramm (EEG) misst die Gehirnströme mittels Elektroden. Während der Untersuchung trägt der Patient eine Kopfhaube, in welche die Elektroden gesteckt werden.
  • Lumbalpunktion: In sehr seltenen Fällen wird eine Lumbalpunktion vorgenommen. Dabei entnimmt der Arzt mit einer feinen Nadel etwas Flüssigkeit aus dem Rückenmarkskanal. Diese Untersuchung wird durchgeführt, wenn der Verdacht auf eine Gehirn- oder Gefäßentzündung besteht und andere diagnostische Verfahren keine Klarheit gebracht haben.

Die Stroke Unit: Spezialisierte Versorgungseinheit

Im Falle eines Schlaganfalls ist eine schnelle und spezialisierte Versorgung entscheidend. Stroke Units sind spezielle Abteilungen in Krankenhäusern, die auf die Behandlung von Schlaganfallpatienten spezialisiert sind. Sie zeichnen sich durch eine hohe Personaldichte und eine enge Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Disziplinen aus. Auf der Stroke Unit im St. Augustinus-Krankenhaus mit 10 Planbetten können wir Patienten zu jeder Zeit aufnehmen. Die Vorteile der Schlaganfallstation sind schnelles und effektives Handeln, optimierte Abläufe mit Verkürzung der Zuweisungszeiten, eine rationale Diagnostik, optimierte Therapien mit verbesserten Behandlungsergebnissen wie die systemische Lysetherapie oder Thrombektomie, enge Zusammenarbeit verschiedener medizinischer Disziplinen wie Neurologen, Internisten, Neurochirurgen und Radiologen und frühzeitige Einleitung einer längerfristig angelegten Rehabilitation (Krankengymnastik, Ergotherapie, Logopädie und Hilfsmittelversorgung).

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"Time is brain": Schnelles Handeln rettet Leben

Bei einem Schlaganfall gilt der Leitsatz "Time is brain" (Zeit ist Gehirn). Das bedeutet, dass jede Minute zählt, um irreversible Schäden im Gehirn zu minimieren. Je schneller die Diagnose gestellt und die Behandlung eingeleitet wird, desto größer sind die Chancen auf eine vollständige oder weitgehende Genesung. Die Fachzeitschrift Lancet berichtete bereits Anfang 2016 darüber, wie es unserer Stroke Unit gelang, die Zeit bis zum Einleiten der Behandlung erfolgreich zu verkürzen (unter Experten "door-to-needle-time" genannt). Unsere Stroke Unit mit Ihren momentam 13 Betten ist nach den strengen Kriterien des zum TÜV Rheinland gehörigen Zertifizierungs-Instituts LGA Intercert überregional zertifiziert, was bedeutet, dass wir maximale Diagnose- und Therapiestandards vorhalten.

Akuttherapie auf der Stroke Unit

Auf der Stroke Unit werden verschiedene Akuttherapien durchgeführt, um die Durchblutung des Gehirns wiederherzustellen und weitere Schäden zu verhindern.

  • Thrombolyse (Lyse-Therapie): Hat ein Blutgerinnsel den Apoplex ausgelöst, erfolgt - wenn möglich - die sogenannte Thrombolyse oder „Lyse-Therapie“. Dabei werden dem Schlaganfall-Patienten Medikamente verabreicht, die das Blutgerinnsel auflösen sollen. Diese Therapie ist in Einzelfällen bis zu neun Stunden nach dem Auftreten ersten Symptome möglich. Ziel ist es, erfolgreich zu sein. Alle Patientinnen und Patienten, die einen Schlaganfall erlitten haben, erhalten ein Medikament, das bei ihnen das Blutgerinnsel in den Hirnarterien auflöst. Diese Infusion muss innerhalb der ersten Stunden nach Einsetzen der Symptome verabreicht werden.
  • Thrombektomie: Als weitere Methode steht die sogenannte Thrombektomie zur Verfügung, wenn größere Blutgefäße im Gehirn verschlossen sind. Hierbei handelt es sich um ein katheterbasiertes Verfahren, bei dem ähnlich wie bei einer Herzkatheteruntersuchung versucht wird, das verschlossene Gefäß wieder zu eröffnen. Hierzu wird der Katheter über die Leistenarterie eingeführt. Wenn möglich, versuchen Ärztinnen und Ärzte, beide Verfahren (Thrombolyse und Thrombektomie) zu kombinieren. Die Erfolgsaussichten sind umso größer, je früher nach Auftreten der Symptome die Behandlung erfolgen kann. Anja Wagner-Brandt: Eine Thrombektomie, eine Entfernung des Blutgerinnsels bei größeren Verschlüssen, machen wir durchschnittlich 15-mal im Monat. In absoluten Zahlen: Im vergangenen Jahr waren es 174 Fälle.
  • Operative Eingriffe: Ist der Apoplex Folge einer Hirnblutung, so wird der Patient möglicherweise am offenen Gehirn operiert. Dieses Verfahren kommt jedoch nicht bei allen Hirnblutungen zur Anwendung, sondern hängt von der Art und Lokalisation der Blutung ab.

Überwachung und Stabilisierung

In der Regel erfolgt die Überwachung auf der „Stroke Unit“, um den Blutdruck rasch zu senken und Komplikationen früh zu erkennen und zu behandeln. Bewusstlose oder beatmungspflichtige Patienten kommen direkt auf die Intensivstation und werden ganzheitlich überwacht. Blutdruck und Blutzucker des Schlaganfall-Patienten müssen exakt eingestellt werden. Ist ein Blutgefäß verstopft, versuchen Ärzte, das Gerinnsel aufzulösen und/oder zu entfernen.

Rehabilitation nach Schlaganfall

Nach der Akutbehandlung beginnt die Rehabilitation, um die verlorengegangenen Fähigkeiten wiederzuerlangen und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern.

Frührehabilitation

Oberstes Ziel der Frührehabilitation (kurz: Frühreha) nach einem Schlaganfall ist es, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen. Besonderes Augenmerk gilt hierbei den Körperfunktionen, die durch den Schlaganfall womöglich geschädigt wurden. Je früher geeignete Therapiemaßnahmen und Übungen umgesetzt werden, desto eher können die Schlaganfall-Symptome behandelt und schwerere Folgeschäden verringert werden. Viele Reha-Maßnahmen werden heute bereits ambulant, aber auch in stationären geriatrischen oder neurologischen Reha-Kliniken angeboten.

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Neurologische Rehabilitation

Eine besondere Form der Rehabilitation ist die neurologische Reha. Hier trainieren Schlaganfall-Patienten intensiv. Das heißt, zwischen 120 und 300 Minuten täglich. Die besondere Form der Rehabilitation kommt nicht für jeden Patienten in Frage.

Geriatrische Rehabilitation

Ältere Schlaganfall-Patienten haben unter Umständen einen Rechtanspruch auf eine sogenannte geriatrische Rehabilitation. Eine geriatrische Rehabilitation wird maximal für 20 Tage genehmigt.

Maßnahmen und Therapien

Je nach Bedarf beziehungsweise dem Ausmaß der verbliebenen Schäden können dabei verschiedene Maßnahmen sowie Therapien zur Anwendung kommen, die ärztlich verordnet werden können. Je nach Bedarf kann Ihnen Ihr Arzt auch geeignete Hilfsmittel verschreiben, die Ihren Alltag unter Umständen erleichtern. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt und Ihrem Umfeld möglichst offen über alle Herausforderungen in Ihrer Alltagsgestaltung, die Sie seit Ihrem Schlaganfall begleiten. Nur so erhalten Sie an entsprechender Stelle die so wichtige Unterstützung. Wichtig aus dem Grund, weil verlorengegangene Fähigkeiten unter Umständen wieder vollständig erlernt werden können. Schlaganfall-Patienten müssen auf jeden Fall eine Menge Geduld aufbringen. Viele Betroffene müssen das Gehen und Sprechen wieder neu lernen und das dauert einfach seine Zeit.

Nachsorge

Nach einem Reha-Aufenthalt erfolgt die Schlaganfall-Nachsorge durch einen Neurologen. Gemeinsam mit dem behandelnden Hausarzt wird unter Umständen auch der Lebensstil angepasst. Zum Beispiel wird hierbei die Ernährung umgestellt oder mehr körperliche Aktivität in den Alltag gebracht.

Risikofaktoren und Prävention

Etwa 75 Prozent der Schlaganfallpatienten sind über 65 Jahre alt. Das Alter spielt also eine große Rolle. Daneben ist ein hoher Blutdruck - mit großem Abstand - der größte Risikofaktor. Erhöhte Blutzuckerwerte bei Diabetes mellitus, erhöhte Blutfette sowie Rauchen stellen additive Risikofaktoren dar. Eine optimale Blutdruck- und Blutzuckereinstellung, regelmäßige Bewegung, Nichtrauchen sowie eine gesunde, ausgewogene Ernährung ist daher essenziell. Eine besondere Ernährung nach einem Schlaganfall kann eine gute Prävention sein, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern. Mit einer gesunden Ernährung im Alter können Risikofaktoren wie zu hohe Cholesterin- oder Zuckerwerte durchaus in Schach gehalten werden, die als Ursache für einen Schlaganfall gelten können. Orientieren Sie sich an den Grundregeln der „mediterranen Diät“: Eine Mischkost aus viel Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch sowie wenig rotem Fleisch.

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Was tun bei Verdacht auf Schlaganfall?

Am wichtigsten ist es, ruhig zu bleiben und sofort den Rettungsdienst unter der 112 zu rufen. Weisen Sie dabei unbedingt darauf hin, dass ein Schlaganfall vorliegen könnte. Bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes sollte der Betroffene sicherheitshalber, aufgrund der möglicherweise auftretenden Schluckbeschwerden, nichts essen oder trinken. Um die Situation besser einschätzen zu können, gibt es auch einfache Tests, mit deren Hilfe schnell beurteilt werden kann, ob ein Schlaganfall vorliegen könnte. Besonders bekannt ist hier der sogenannte FAST-Test.

Der FAST-Test

Der FAST-Test steht für face, arm, speech und time. Das bedeutet auf Deutsch, dass wenn eine Gesichtshälfte, ein Arm (gilt natürlich auch für das Bein) hängt oder die Sprache beeinträchtigt ist, dann ist es höchste Zeit, den Notarzt zu rufen. Besteht also der Verdacht auf einen Schlaganfall, bitten Sie die betroffene Person zu lächeln, beide Arme gleichzeitig zu heben und einen einfachen Satz nachzusprechen. Bereitet eine der Aufgaben Probleme, ist sofort der Notarzt zu rufen. Das gleiche gilt bei unklaren Gleichgewichtsstörungen oder plötzlichen Sehstörungen. Um alle möglichen Formen des Schlaganfalls zu berücksichtigen, wurde der klassische FAST-Test so bereits vor einigen Jahren um die Bereiche „balance“ und „eyes“ erweitert und ist heute auch als sogenannter BE-FAST-Test bekannt. Grundsätzlich gilt jedoch: Verwenden Sie nicht zu viel Zeit für eine Selbstdiagnose. Im Zweifel sollte immer und unverzüglich der Rettungsdienst alarmiert werden.

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