Demenz, der allmähliche Verlust der kognitiven Fähigkeiten, betrifft Millionen Menschen weltweit. Der Verlauf einer Demenz erfolgt meist in mehreren Stadien, die die zunehmende Verschlechterung der kognitiven und körperlichen Fähigkeiten beschreiben. Ein häufig genutztes Modell zur Einteilung der Demenz-Stadien ist die Reisberg-Skala, auch bekannt als Global Deterioration Scale (GDS). Alzheimer verändert Gedächtnis, Denken und Alltagsfähigkeiten - schleichend, aber unumkehrbar. Der Verlauf ist individuell, folgt jedoch bestimmten Mustern.
Demenz: Eine Übersicht
Demenz ist ein Syndrom, also eine Kombination von Symptomen, die unterschiedliche Ursachen haben können. Es handelt sich nicht um eine normale Alterserscheinung, auch wenn sie im höheren Alter häufiger auftritt. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Ursache für Demenz, bei der aus bislang ungeklärten Gründen Nervenzellen im Gehirn absterben. Kennzeichnend ist insbesondere der frühe Verlust des Kurzzeitgedächtnisses.
Formen der Demenz
Innerhalb der primären Demenzen lassen sich verschiedene Formen und Arten unterscheiden, je nach Auslöser:
- Neurodegenerative Demenzen: Ausgelöst durch das Absterben von Nervenzellen im Gehirn. Hierzu gehören Alzheimer, frontotemporale Demenz (Morbus Pick) und Lewy-Körper-Demenz.
- Vaskuläre Demenz: Hier wird das Hirngewebe durch Durchblutungsstörungen nachhaltig geschädigt. Typische Ursachen sind langwährender unbehandelter Bluthochdruck oder Schlaganfälle.
- Sekundäre Demenzen: Werden indirekt durch äußere Einflussfaktoren wie Medikamente, Alkoholmissbrauch oder schädliche Umwelteinflüsse ausgelöst.
In der Praxis treten häufig Mischformen auf, beispielsweise eine neurodegenerative Form in Kombination mit einer vaskulären Demenz.
Stadien der Alzheimer-Krankheit
Die Alzheimer-Demenz verläuft chronisch und schreitet über einen Zeitraum von mehreren Jahren voran. Es lassen sich drei Krankheitsstadien unterscheiden, für die bestimmte Beschwerden charakteristisch sind. Welche Veränderungen wie schnell eintreten, ist jedoch individuell verschieden.
Lesen Sie auch: Die Stadien der Parkinson-Krankheit erklärt
Stadium 1: Leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI) und frühe Alzheimer-Demenz
Im Frühstadium der Erkrankung sind die Gedächtnis- und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Die Vergesslichkeit kann leicht sein und sich (fast) nicht auf den Alltag auswirken. Sie kann aber auch bereits etwas stärker sein, sodass es schwerer fällt, den Alltag selbstständig zu bewältigen. Der Übergang von den normalen Alterseinschränkungen zur Demenz verläuft eher schleichend.
Eine leichte kognitive Beeinträchtigung äußert sich durch leichte Gedächtnis- und Denkprobleme, die sich insbesondere bei komplizierten Alltags-Aufgaben bemerkbar machen. Bei einer leichten kognitiven Beeinträchtigung kann es beispielsweise Probleme bereiten, sich eine kurze Einkaufsliste zu merken oder den aktuellen Wochentag spontan zu erinnern. Die verminderte Leistung stellt im Alltag aber kein bedeutendes Hindernis dar. Ein selbständiges, unabhängiges Leben ist möglich. Die Symptome einer leichten kognitiven Beeinträchtigung sind nur durch genaue Tests und Befragungen von einer normalen Altersvergesslichkeit zu unterscheiden.
Bei einer leichten Alzheimer-Demenz beeinträchtigen die Gedächtnis- und Denkprobleme den Alltag deutlicher: Menschen mit leichter Alzheimer-Demenz sind zunehmend vergesslich, haben Probleme, sich zu konzentrieren und können kompliziertere Alltags-Aufgaben nur noch schwer bewältigen. Beispielsweise brauchen sie fast immer Hilfe bei geschäftlichen und finanziellen Angelegenheiten oder Behördengängen. Kritische Punkte sind oft auch das Autofahren und die regelmäßige Einnahme von Medikamenten. Ein unabhängiges Leben ist aber weitgehend möglich.
Schon im Frühstadium können sich das Verhalten und die Gemütslage verändern. Die krankheitsbedingten Einschränkungen können Angst, Stress, Wut und auch Scham verursachen: Es ist oft peinlich, vergesslich und nicht orientiert zu sein, und es kostet viel Kraft, Strategien zu entwickeln, damit umzugehen.
Der innere Antrieb und das Interesse an Hobbys und Freizeitbeschäftigungen können abnehmen. Manche Menschen sind depressiv verstimmt, reizbar und ihre Stimmung schwankt sehr stark.
Lesen Sie auch: Die Nerven des Unterschenkels: Eine anatomische Betrachtung
Stadium 2: Mittelschwere Alzheimer-Demenz
Menschen im mittleren Stadium (mittelschwere Alzheimer-Demenz) müssen in der Regel ihr selbstständiges Leben aufgeben. Sie können zwar noch ohne Unterstützung essen, trinken, sich waschen und vielleicht auch einfache Arbeiten im Garten und im Haushalt erledigen, müssen aber erinnert und aufgefordert werden. Kochen, Einkaufen, die Wohnung sauber halten und Spazierengehen sind nur noch mit Hilfe möglich.
Das Risiko steigt, sich zu verlaufen, nicht mehr nach Hause zu finden, die Herdplatte brennen zu lassen und sich und andere zu gefährden. Verhaltensweisen wie unruhiges Umherlaufen, scheinbar sinnloses Kramen in Schubladen und Nesteln an der Kleidung werden häufiger. Auch Wutausbrüche, Misstrauen und aggressives Verhalten sind Folgen der Erkrankung, der mit ihr verbundenen Einschränkungen und Wahrnehmungsprobleme.
Der Tag-Nacht-Rhythmus ist oft gestört. Sich sprachlich auszudrücken und andere zu verstehen, wird immer schwieriger. Betroffene vermischen auch Gegenwart und Vergangenheit.
Stadium 3: Schwere Alzheimer-Demenz
Im fortgeschrittenen Stadium (schwere Alzheimer-Demenz) sind die Menschen rund um die Uhr auf die Unterstützung anderer angewiesen. Die Probleme mit der Sprache können so groß werden, dass ein Gespräch kaum noch möglich ist. Auch bei einfachen Alltagstätigkeiten und beim Essen und Trinken ist jetzt Hilfe notwendig. Menschen mit fortgeschrittener Demenz sind oft unruhig, haben Halluzinationen oder vermischen Gegenwart und Vergangenheit. Sie erkennen eigentlich vertraute Personen nicht mehr. Die Kontrolle über die Körperfunktionen kann ebenso verloren gehen wie die Fähigkeit zur Koordination von Bewegungsabläufen.
Diagnose und Behandlung
Wenn der Verdacht auf eine Demenz besteht, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Eine frühe Diagnose erleichtert den Umgang mit der Krankheit und bietet größere Chancen, das Fortschreiten zu verlangsamen.
Lesen Sie auch: Wege zur Sprachwiederherstellung nach einem Schlaganfall
Diagnoseverfahren
- Anamnese (Patientengespräch): Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Symptome.
- Körperliche Untersuchung: Um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen.
- Demenz-Tests: Messen die geistige Leistungsfähigkeit und lassen erkennen, ob Anzeichen für eine Einschränkung vorliegen.
- Bildgebende Verfahren (MRT, CT): Um Veränderungen im Gehirn sichtbar zu machen und andere Erkrankungen auszuschließen.
Behandlungsmöglichkeiten
Obwohl Alzheimer-Demenz und andere Demenzformen nicht heilbar sind, ist eine Behandlung wichtig, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.
- Medikamentöse Therapie: Medikamente können die Hirnfunktionen vorübergehend stabilisieren und die Alltagskompetenzen erhalten. Der Wirkstoff Lecanemab wurde im April 2025 von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) und der Europäischen Kommission zugelassen, derzeit wird aber noch geprüft, unter welchen Bedingungen er in Deutschland für Patientinnen und Patienten verfügbar gemacht werden kann.
- Nicht-medikamentöse Therapien: Geistige und körperliche Aktivierung, Ergotherapie, Physiotherapie,Logopädie und psychosoziale Maßnahmen können die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern.
- Anpassung der Lebensumstände: Barriereabbau, Schaffung einer sicheren Umgebung, Einsatz von Hilfsmitteln und Orientierungshilfen.
- Unterstützung für Angehörige: Beratung, Schulungen, Entlastungsangebote und Selbsthilfegruppen.
Leben mit Demenz
Eine Demenzerkrankung verändert das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen grundlegend. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Krankheit auseinanderzusetzen und sich auf die kommenden Veränderungen vorzubereiten.
Tipps für den Umgang mit Menschen mit Demenz
- Kommunikation: Achten Sie auf eine wertschätzende und respektvolle Kommunikation. Sprechen Sie langsam und deutlich, verwenden Sie einfache Sätze und vermeiden Sie Ironie und Sarkasmus.
- Orientierung: Schaffen Sie eine vertraute Umgebung mit klaren Strukturen und Routinen. Verwenden Sie Orientierungshilfen wie Kalender, Uhren und Fotos.
- Beschäftigung: Bieten Sie altersgerechte und anregende Beschäftigungen an, die die geistigen und körperlichen Fähigkeiten fördern.
- Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten: Bleiben Sie ruhig und geduldig, versuchen Sie, die Ursache für das Verhalten zu verstehen und suchen Sie nach Lösungen.
Entlastung für pflegende Angehörige
Die Pflege von Menschen mit Demenz ist eine große Herausforderung und kann zu Überlastung führen. Es ist wichtig, sich rechtzeitig Unterstützung zu suchen und Entlastungsangebote zu nutzen.
- Ambulante Pflegedienste: Übernehmen die häusliche Pflege und Betreuung.
- Tagespflege: Bietet tagsüber Betreuung und Beschäftigung für Menschen mit Demenz.
- Kurzzeitpflege: Ermöglicht eine vorübergehende stationäre Pflege, beispielsweise bei Urlaub oder Krankheit der pflegenden Angehörigen.
- Selbsthilfegruppen: Bieten Austausch und Unterstützung für Angehörige.
Palliativversorgung und Sterbebegleitung
Im fortgeschrittenen Stadium der Demenz ist eine palliative Versorgung wichtig, um die Lebensqualität der Betroffenen bis zum Lebensende zu erhalten. Ziel ist es, Symptome wie Schmerzen,Unruhe und Atemnot zu lindern und den Betroffenen ein würdevolles Sterben zu ermöglichen.
Symptome in der letzten Lebensphase
- Schmerzen: Treten häufig auf und sollten mit Schmerzmitteln behandelt werden.
- Infekte: Das Immunsystem ist geschwächt, daher kommt es häufig zu Infekten, insbesondere der Lunge.
- Luftnot: Kann sehr belastend und ängstigend sein. Sauerstofftherapie und andere Maßnahmen können die Beschwerden lindern.
- Unruhe und Angst: Engmaschige Begleitung durch vertraute Personen, Berührungen, Massagen und Musik können beruhigend wirken.
- Akute Verwirrtheit: Kann plötzlich auftreten und wieder abklingen.
Sterbeorte
Die meisten Menschen mit Demenz werden zu Hause von ihren Angehörigen betreut und versorgt und wünschen sich, auch dort zu sterben. Mit fortschreitender Erkrankung wird jedoch häufiger eine Pflegeeinrichtung das neue Zuhause.
Todesursachen
Menschen mit fortgeschrittener Demenz versterben überwiegend an den Folgen oder Komplikationen der Demenz. Eine der häufigsten Todesursachen ist die Lungenentzündung (Pneumonie).
Trauerphase
Der Tod eines nahestehenden Menschen ist mit tiefen Emotionen verbunden. Hinterbliebene müssen mit ihrer Trauer nicht allein bleiben. Hospizdienste und Trauerbegleiter können Unterstützung anbieten.
Prävention
Obwohl eine Demenz nicht immer verhindert werden kann, gibt es einige Risikofaktoren, die beeinflusst werden können. Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Erkrankungen durch die gezielte Beeinflussung von 14 Risikofaktoren verhindert oder zumindest hinausgezögert werden könnten.
Wichtige Schutzfaktoren
- Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität fördert die Durchblutung des Gehirns und kann das Demenzrisiko senken.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren kann das Gehirn schützen.
- Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und bleiben Sie aktiv in der Gemeinschaft.
- Geistige Aktivität: Fordern Sie Ihr Gehirn regelmäßig heraus, beispielsweise durch Lesen, Kreuzworträtsel oder das Erlernen neuer Fähigkeiten.