Ein Schlaganfall kann vielfältige Folgen haben, darunter auch vermehrter Speichelfluss, medizinisch als Sialorrhoe bezeichnet. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Therapieansätze für dieses oft übersehene Problem.
Was ist Sialorrhoe?
Sialorrhoe beschreibt einen unkontrollierten Speichelfluss aus dem Mund. Obwohl es oft als geringfügiges Problem abgetan wird, kann es erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität der Betroffenen haben, was zu sozialer Isolation, Stigmatisierung und vermindertem Selbstwertgefühl führt.
Ursachen von Sialorrhoe nach Schlaganfall
Neurologische Schädigung
Nach einem Schlaganfall kann es zu Schädigungen im Gehirn kommen, die das zentrale Nervensystem (ZNS) beeinträchtigen. Da das Schlucken von Speichel durch ein komplexes Zusammenspiel von Gehirn, Nervenbahnen und Schluckmuskulatur gesteuert wird, können gestörte Informationsübermittlungen an das ZNS oder vom ZNS weg zu einem verminderten Abschlucken des Speichels führen. Der Speichel staut sich im Mund und fließt unkontrolliert heraus.
Dysphagie als Hauptursache
Oftmals ist vermehrter Speichelfluss nicht auf eine Überproduktion von Speichel zurückzuführen, sondern auf eine Schluckstörung (Dysphagie). Durch die beeinträchtigte Funktion der am Schluckvorgang beteiligten Muskeln kann der Speichel nicht mehr effektiv in den Magen transportiert werden.
Weitere mögliche Ursachen
Obwohl neurologische Ursachen überwiegen, können auch andere Faktoren eine Rolle spielen:
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- Tumorerkrankungen im Kopf-Hals-Bereich
- Bestimmte Medikamente (insbesondere Neuroleptika)
- Kiefer- und Zahnfehlstellungen
Symptome von Sialorrhoe
Die Symptome von Sialorrhoe können vielfältig sein und variieren je nach Schweregrad der Erkrankung:
- Unkontrollierter Speichelfluss aus dem Mund
- Feuchte Aussprache
- Speichel, der auf Kleidung und Umgebung tropft
- Hustenanfälle bei Mahlzeiten
- Chronischer Husten (auch nachts)
- Zwanghaftes Räuspern
Diagnostik von Sialorrhoe
Anamnese
Eine sorgfältige Anamnese ist der erste Schritt zur Diagnose. Dabei werden Fragen zu Hustenreiz, Verschlucken, Räuspern und dem Ausmaß des Speichelflusses gestellt.
Klinische Untersuchung
Eine inspektorische Untersuchung des Mund- und Rachenbereichs schließt sich an.
Fragebögen
Zur objektiven Erfassung des Schweregrades können standardisierte Fragebögen wie die Drooling Severity and Frequency Scale (DSFS) oder spezifische Fragebögen für Parkinson-Patienten (Sialorrhea Clinical Scale for PD, SCS-PD) eingesetzt werden.
Fiberoptische Untersuchung (FEES)
Bei Verdacht auf eine Schluckstörung ist eine fiberoptische Endoskopische Evaluation des Schluckens (FEES) empfehlenswert. Diese Untersuchung ermöglicht die Beurteilung des Schluckvorgangs und den Ausschluss von Aspiration.
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Weitere diagnostische Methoden
In einigen Fällen können auch eine Gastroskopie oder ein Breischluck zur weiteren Abklärung sinnvoll sein.
Therapie von Sialorrhoe nach Schlaganfall
Die Behandlung von Sialorrhoe zielt darauf ab, den Speichelfluss zu reduzieren, die Schluckfunktion zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen.
Logopädie
Eine logopädische Behandlung ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Durch gezieltes Training und das Erlernen von Schlucktechniken kann die Schluckfunktion verbessert und der Speichelfluss reduziert werden.
Medikamentöse Therapie
Anticholinergika: Diese Medikamente können die Speichelproduktion reduzieren. Allerdings ist zu beachten, dass viele dieser Medikamente nicht speziell zur Behandlung von Sialorrhoe zugelassen sind und ihre Anwendung sorgfältig abgewogen werden muss.Botulinumtoxin: Die Injektion von Botulinumtoxin in die Speicheldrüsen ist eine effektive Methode zur Reduzierung der Speichelproduktion. Die Wirkung hält in der Regel mehrere Monate an.
Weitere therapeutische Maßnahmen
Chirurgische Maßnahmen: In seltenen Fällen können chirurgische Eingriffe zur Reduzierung des Speichelflusses in Erwägung gezogen werden.Strahlentherapie: Eine externe Bestrahlung der Speicheldrüsen kann ebenfalls die Speichelproduktion reduzieren, wird aber aufgrund möglicher Nebenwirkungen nur selten eingesetzt.
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Dysphagie: Definition, Ursachen, Symptome und Behandlung
Definition
Dysphagie, abgeleitet vom griechischen Wort für Schluckstörung, bezeichnet eine Beeinträchtigung des Schluckvorgangs, bei der Speichel, Nahrung oder Flüssigkeiten nicht mehr richtig von der Mundhöhle in den Magen transportiert werden können. Dies kann dazu führen, dass Substanzen in die Luftröhre gelangen, was zu Verschlucken, Atemnot oder sogar Lungenentzündungen führen kann.
Ursachen
Die Ursachen für Dysphagie sind vielfältig. Dazu gehören:
- Neurologische Erkrankungen: Schlaganfall, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose, Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), Demenz
- Schädel-Hirn-Trauma
- Tumore im Gesicht, Hals oder Kehlkopf
- Atemwegserkrankungen: COPD
- Reflux
- Altersbedingte Schwäche der Schluckmuskulatur (Presbyphagie)
Eine neurogene Dysphagie ist eine Schluckstörung, die durch neurologische Ursachen bedingt ist und in der Regel alle vier Phasen des Schluckvorgangs beeinträchtigt.
Symptome
Die Symptome einer Dysphagie können vielfältig sein:
- Verschlucken während oder nach dem Essen/Trinken
- Verminderte Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeiten
- Häufige Infekte und Lungenentzündungen unklarer Ursache
- Erstickungsanfälle
- Starke Atemgeräusche
- Vermehrte Erschöpfung
- Vermehrter Speichelfluss
- "Steckenbleiben" von Nahrung im Hals
- Veränderter, gurgelnder Stimmklang
- Kauschwäche
Es ist wichtig zu beachten, dass es auch Formen der Dysphagie gibt, bei denen offensichtliche Symptome fehlen (stille Aspiration).
Diagnostik
Die Diagnose von Dysphagie umfasst:
- Ausführliche Anamnese: Fragen zu den Schwierigkeiten beim Schlucken, der Ausprägung, der Dauer etc.
- Klinische Schluckuntersuchung: Untersuchung der am Schluckvorgang beteiligten Organe (Kiefer, Lippen, Zunge) und der Schutzfunktionen (Husten, Räuspern).
- Schluckversuche: Beobachtung des Schluckvorgangs bei verschiedenen Konsistenzen.
- Bildgebende Verfahren: Fiberendoskopische Untersuchung des Schluckens (FEES) oder Breischluck, um den Schluckvorgang sichtbar zu machen.
Behandlung
Die Behandlung einer Dysphagie wird in der Regel von einem Logopäden durchgeführt und umfasst:
- Individueller Behandlungsplan: Übungen zur Kräftigung der Schluckmuskulatur, Haltungsänderungen beim Schlucken, Stimulation des Schluckreflexes.
- Anpassung der Nahrungskonsistenz: Um das Schlucken zu erleichtern, kann die Konsistenz der Nahrung angepasst werden (z.B. pürierte Kost, angedickte Flüssigkeiten).
- Schlucktechniken: Erlernen von Techniken, um das Verschlucken zu vermeiden.
- Trinkhilfen: Verwendung spezieller Trinkbecher oder Nasenbecher.
- Magensonde oder Trachealkanüle: In schweren Fällen kann eine Magensonde zur Ernährung oder eine Trachealkanüle zum Schutz der Atemwege erforderlich sein.
Was kann man bei Dysphagie essen?
Die Wahl der geeigneten Nahrungsmittel hängt von der Ausprägung der Dysphagie ab. Im Allgemeinen sollten krümelige Speisen wie Kekse oder Blätterteig vermieden werden. Der Logopäde kann im Rahmen eines Schluckversuchs individuelle Empfehlungen geben.
Maßnahmen zur Unterstützung bei Dysphagie
Zusätzlich zu den oben genannten Therapien können folgende Maßnahmen hilfreich sein:
- Senken des Kopfes zur Brust beim Schlucken
- Aufrechtes Sitzenbleiben nach der Nahrungsaufnahme (15-20 Minuten)
- Kräftiges Husten bei dem Gefühl, dass etwas im Hals stecken bleibt
- Gute Mundhygiene
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