Wadenkrämpfe sind ein weit verbreitetes Phänomen, von dem viele Menschen irgendwann in ihrem Leben betroffen sind. Sie können plötzlich und unerwartet auftreten, oft nachts, und sind durch eine schmerzhafte Kontraktion der Wadenmuskulatur gekennzeichnet. Obwohl die meisten Wadenkrämpfe harmlos sind, können sie sehr unangenehm sein und die Lebensqualität beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen von Wadenkrämpfen, wobei ein besonderer Fokus auf dem Zusammenhang mit Diabetes und Blutzucker liegt.
Was sind Wadenkrämpfe?
Wadenkrämpfe entstehen, wenn sich die Muskulatur im Unterschenkel plötzlich und schmerzhaft zusammenzieht. Diese unwillkürliche Anspannung (Kontraktion) einzelner Muskeln oder ganzer Muskelgruppen führt dazu, dass sich die Muskulatur verhärtet und nicht wieder entspannt. Ein solcher Krampf kann beim Sport oder im Schlaf auftreten und dauert in der Regel nur wenige Minuten. Er verschwindet entweder von selbst oder nach Dehnung bzw. Massage. Manchmal kann sich der Krampf von der Wadenmuskulatur auf das Fußgewölbe und die Zehen ausweiten. Über 90 % aller Menschen haben bereits mindestens einmal im Leben einen Wadenkrampf gehabt, während die Häufigkeit ab 65 Jahren deutlich zunimmt.
Ursachen von Wadenkrämpfen
Wadenkrämpfe können verschiedene Ursachen haben, die in drei Kategorien unterteilt werden:
- Paraphysiologische Krämpfe: Diese Krämpfe sind meist auf ein Ungleichgewicht der Elektrolyte (Magnesium, Kalzium, Natrium) zurückzuführen und treten gelegentlich während der Schwangerschaft oder nach sportlicher Betätigung auf.
- Idiopathische Krämpfe: Die Ursache dieser Krämpfe ist unklar. Betroffene können erblich veranlagt sein oder es besteht eine noch nicht diagnostizierte Erkrankung wie Diabetes mellitus.
- Symptomatische Krämpfe: Diese Krämpfe werden durch verschiedene Erkrankungen von Nervensystem, Herz, Muskeln oder Stoffwechsel ausgelöst. Auch Vergiftungen oder Medikamente können symptomatische Krämpfe verursachen.
Elektrolyt- und Wasserhaushalt
Ein Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt ist eine häufige Ursache für Wadenkrämpfe. Ein Mangel an Salzen wie Magnesium oder Natrium kann die Erregbarkeit der Muskelfasern stören und zu unkontrollierbaren Verkrampfungen führen. Dies kann durch falsche Ernährung, Diabetes mellitus, Darm- und Nierenerkrankungen, Alkoholmissbrauch oder Schwangerschaft verursacht werden. Auch Dehydrierung durch Durchfall, Erbrechen, Diabetes insipidus, entzündliche Darmerkrankungen oder starkes Schwitzen kann zu einem Ungleichgewicht im Mineralstoffhaushalt führen. Andere Störungen des Elektrolythaushaltes, wie Ungleichgewichte der Kalzium-, Kalium- oder Natriumkonzentration, können ebenfalls hinter einem Wadenkrampf stecken.
Hormonhaushalt und Stoffwechsel
Hormonelle und Stoffwechselveränderungen können ebenfalls Wadenkrämpfe verursachen. Bei Schwangeren kommt es zu Verschiebungen im Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt, insbesondere in der zweiten Hälfte der Schwangerschaft, was zu einem erhöhten Bedarf an Magnesium führt. Weitere Ursachen für Muskelkrämpfe in der Wade sind Hormon- und Stoffwechselerkrankungen wie:
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- Diabetes mellitus: Anfangs können Wadenkrämpfe durch Elektrolytstörungen aufgrund häufigen Wasserlassens entstehen. Später können sie Folge von Nervenschäden (Polyneuropathie) sein.
- Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose): Auch bei einer Unterfunktion der Schilddrüse kann es hin und wieder zu einem Muskelkrampf kommen, vor allem nachts.
- Nebenschilddrüsenunterfunktion (Hypoparathyreoidismus): Da die Nebenschildddrüsen stark am Kalziumhaushalt des Körpers beteiligt sind, kann deren Erkrankung zu übererregbaren Muskeln führen.
- Erkrankungen der Nebennierenrinde: Störungen der Hormonproduktion in den Nebennieren können den Wasser- und Mineralhaushalt beeinträchtigen und Muskelkrämpfe verursachen.
- Nierenerkrankungen: Da die Nieren für die Regulation des Flüssigkeitshaushaltes sehr wichtig sind, kann eine Nierenschwäche oder ein Versagen der Nieren zu Krämpfen führen.
Muskelerkrankungen
Eine Muskelerkrankung (Myopathie) kann zu einer Schwächung der Muskeln und krampfartigen Muskelschmerzen führen. Myopathien können erblich bedingt sein oder durch entzündliche oder hormonell bedingte Ursachen ausgelöst werden. Auch Vitamin-D-Mangel kann eine Myopathie verursachen. Beispiele für Myopathien, bei denen Muskelkrämpfe typisch sind, sind das Faszikulations-Crampus-Syndrom, das Brody-Syndrom und die Myotonia Congenita Thomsen.
Erkrankungen des Nervensystems
Eine gestörte Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskeln (Myasthenie) kann zu Muskelschwäche und Wadenkrämpfen führen. Auch andere Erkrankungen des Nervensystems können Krämpfe im Unterschenkel verursachen, wie z.B.:
- Dystonien: Diese Gruppe von Erkrankungen ist durch Störungen im Bewegungsablauf gekennzeichnet und kann zu Muskelkrämpfen, auch in der Wadenmuskulatur, führen.
- Polyneuropathien: Schädigungen der peripheren Nerven können unwillkürliche Muskelkrämpfe auslösen.
- Wundstarrkrampf (Tetanus): Bei dieser Erkrankung kommt es zu Muskelkrämpfen im Gesicht, am Rücken sowie in Armen und Beinen.
- Radikulopathien: Schädigung oder Reizung einer Nervenwurzel kann neben Taubheitsgefühlen und Lähmungen in den Beinen auch Wadenkrämpfe verursachen.
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Diese unheilbare Krankheit wird von schmerzhaften Muskelkrämpfen begleitet.
- Stiff-Man-Syndrom: Charakteristisch ist eine allmählich steigende Anspannung der Muskulatur, insbesondere in Rücken und Beinen, die zu Krämpfen und einer fortschreitenden Versteifung der Muskeln führt.
Medikamente und Gifte
Einige Medikamente können Wadenkrämpfe hervorrufen. Auch Vergiftungserscheinungen äußern sich oft durch Krämpfe in den Muskeln. Auslöser können sein:
- Cholesterinsenker mit dem Wirkstoff Fenofibrat
- Arzneimittel gegen Bluthochdruck wie Beta-Blocker, ACE-Hemmer, Diuretika oder Kalziumkanalblocker
- Hormonelle Verhütungsmittel wie die Pille oder die Spirale
- Sprays gegen Asthma, die Salbutamol enthalten
- Wirkstoffe wie Insulin
- Chemotherapeutika
- Gifte wie Pestizide, Strychnin oder das Gift der Tetanusbazillen
Wadenkrämpfe und Diabetes
Diabetes mellitus ist eine Stoffwechselerkrankung, die durch einen erhöhten Blutzuckerspiegel gekennzeichnet ist. Dies kann entweder durch einen Mangel an Insulin oder durch eine Insulinresistenz verursacht werden. Bei Menschen mit Diabetes können Wadenkrämpfe aus verschiedenen Gründen auftreten:
- Elektrolytstörungen: Wenn der Blutzuckerspiegel die Nierenschwelle überschreitet, wird Zucker über die Nieren ausgeschieden, was zu einem Flüssigkeitsverlust und dem Verlust wichtiger Mineralstoffe wie Kalzium, Kalium und Magnesium führen kann. Dies kann zu einem gestörten Elektrolythaushalt und vermehrten Krämpfen führen.
- Nervenschädigungen (Polyneuropathie): Diabetes kann zu einer dauerhaften Schädigung der Nerven führen, was die Empfindlichkeit gegenüber Nervenreizen erhöhen und Krämpfe verursachen kann.
- Durchblutungsstörungen: Diabetiker leiden häufiger und früher an Durchblutungsstörungen, da zu viel Zucker im Blut die Arterienwände schädigt und Ablagerungen in den Blutgefäßen zu deren Verengung führen kann. Durchblutungsstörungen können zu Krämpfen, insbesondere in den Beinen, führen.
- Magnesiummangel: Typ-2-Diabetiker weisen oft eine niedrigere Magnesiumkonzentration im Blut auf, was auf einen vermehrten Verlust von Magnesium über den Urin oder die Vermeidung von kohlenhydratreichen Lebensmitteln mit hohem Magnesiumgehalt zurückzuführen sein kann. Eine ausreichende Magnesiumzufuhr kann das Ansprechen der Zellen auf Insulin erhöhen und einer Insulinresistenz entgegenwirken.
Diagnose von Wadenkrämpfen
Bei häufigen, schmerzhaften oder therapieresistenten Wadenkrämpfen sollte ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären. Die Diagnose umfasst in der Regel:
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- Anamnese: Der Arzt erfragt die genauen Beschwerden, Begleitsymptome, Vorerkrankungen, Medikamenteneinnahme und familiäre Hintergründe.
- Körperliche Untersuchung: Nervensystem und Muskelfunktionen werden besonders genau untersucht.
- Elektromyografie (EMG): Messung der elektrischen Muskelaktivität, um Muskelerkrankungen oder Nervenstörungen zu erkennen.
- Elektroneurografie: Messung der Leitfähigkeit der Nerven, um Nervenschädigungen zu erkennen.
- Dopplersonografie: Um beispielsweise Thrombosen nachzuweisen.
- Laboruntersuchung: Analyse des Blutes, um Mangel oder Überschuss an Elektrolyten, Blutzucker, Leber- und Nierenwerte zu bestimmen. Bei Verdacht auf eine Fehlfunktion der Schilddrüse ist ein Hormonspiegel hilfreich.
Behandlung von Wadenkrämpfen
Die Behandlung von Wadenkrämpfen richtet sich nach der Ursache.
- Elektrolyt- und Wasserhaushalt: Ausreichend trinken und auf eine ausgewogene Ernährung mit Lebensmitteln mit einem hohen Anteil an Mineralstoffen wie Magnesium, Kalzium oder Natrium achten. Bei starkem Durchfall kann eine Elektrolytlösung helfen. Bei Magnesiummangel können entsprechende Präparate eingenommen werden.
- Medikamente: Bei häufigen und schweren Wadenkrämpfen kann bei Erwachsenen Chininsulfat (Chinin) helfen, jedoch nur nach ärztlicher Rücksprache und nicht während der Schwangerschaft oder in Kombination mit anderen Medikamenten. Bei einer Unterfunktion der Nebenschilddrüse können Vitamin D oder Kalzium verschrieben werden. Bei Erkrankungen der Muskulatur sind physiotherapeutische Maßnahmen hilfreich. Bei Dystonien können Medikamente wie Botulinum-Toxin oder Benzodiazepine verordnet werden. Bei Erkrankungen des Nervensystems können durchblutungsfördernde Arzneien helfen. Wenn die Krämpfe als Nebenwirkung eines Medikamentes auftreten, kann möglicherweise ein anderes Präparat gewählt werden.
- Homöopathie: Gegen Wadenkrämpfe werden bevorzugt folgende homöopathische Mittel empfohlen: Cuprum metallicum, Magnesium phosphoricum, Valeriana officinalis, Thuja.
- Akupunktur: Bei Wadenkrämpfen, die nicht durch ernste Erkrankungen verursacht werden, kann ein Akupunkteur die Krämpfe meist innerhalb weniger Sitzungen behandeln.
Erste-Hilfe-Tipps bei Wadenkrämpfen
- Dehnen: Die Zehen nach oben ziehen und die Ferse fest in den Boden drücken.
- Massage: Den verkrampften Muskel leicht massieren.
- Wärme: Eine warme Dusche oder eine Wärmflasche auf die betroffene Stelle legen.
- Bewegung: Aufstehen und vorsichtig herumlaufen.
- Flüssigkeitszufuhr: Ausreichend trinken, gegebenenfalls mit Elektrolyten.
Vorbeugung von Wadenkrämpfen
- Ausgewogene Ernährung: Achten Sie auf eine ausreichende Zufuhr von Magnesium, Kalzium, Kalium und Natrium. Essen Sie viel Gemüse, Vollkornprodukte und Nüsse.
- Ausreichend trinken: Trinken Sie täglich mindestens 1,5 Liter Wasser, bei warmem Wetter oder nach körperlicher Anstrengung entsprechend mehr.
- Regelmäßige Bewegung: Bleiben Sie in Bewegung, um die Muskeln im Gleichgewicht zu halten und Krämpfen vorzubeugen. Gelenkschonende Sportarten wie Gymnastik, Schwimmen oder Radfahren sind besonders empfehlenswert.
- Dehnübungen: Machen Sie regelmäßig Dehnübungen, um die Muskeln zu lockern und Krämpfen vorzubeugen.
- Vermeiden Sie Risikofaktoren: Verzichten Sie auf Alkohol und Rauchen. Vermeiden Sie Übergewicht und behandeln Sie Grunderkrankungen wie Diabetes oder Bluthochdruck rechtzeitig.
- Magnesium: Diabetiker sollten besonders auf eine ausreichende Magnesiumversorgung achten, da sie oft eine niedrigere Magnesiumkonzentration im Blut aufweisen. Eine ausreichende Magnesiumzufuhr kann das Ansprechen der Zellen auf Insulin erhöhen.
Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen
Kalte Wadenwickel oder Wechselduschen sind bewährte Hausmittel bei venös bedingten Wadenkrämpfen. Die Kälte bewirkt eine Kontraktion der Venen, wodurch die Venenklappen besser schließen und der Blutrückfluss zum Herzen verbessert wird. Dies reduziert Stauungen und damit auch die nächtlichen Krämpfe. Weitere effektive Maßnahmen sind das Hochlagern der Beine, regelmäßige Venengymnastik und das Tragen von Kompressionsstrümpfen tagsüber.
Wann zum Arzt?
Wadenkrämpfe sind meist harmlos. Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn die schmerzhaften Krämpfe sehr häufig auftreten, nachts den Schlaf rauben oder sich tagsüber bemerkbar machen und sich trotz Dehnen oder sanfter Massagen nicht auflösen. Kommen weitere Symptome wie Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Bewegungseinschränkungen hinzu, sollte ebenfalls ein Arzt konsultiert werden.
Wadenkrämpfe im Alter
Krämpfe im Alter sind weit verbreitet und betreffen besonders nachts die Waden vieler Senioren. Bewegungsmangel, altersbedingter Muskelabbau und Mineralstoffmangel sind häufige Ursachen. Regelmäßige Bewegung, eine ausgewogene Ernährung und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr können helfen, das Auftreten von Wadenkrämpfen zu reduzieren.
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