Herzinfarkt und Schlaganfall sind schwerwiegende Ereignisse, die oft durch ähnliche Risikofaktoren begünstigt werden. Ein besonderes Augenmerk gilt dem erhöhten Schlaganfallrisiko, das nach einem Herzinfarkt besteht. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Herzinfarkt und Schlaganfall, die zugrunde liegenden Mechanismen, Risikofaktoren und Möglichkeiten zur Prävention.
Die Verbindung zwischen Herzinfarkt und Schlaganfall
Schlaganfälle und Herzinfarkte haben häufig die gleiche Ursache: ein Blutgerinnsel (Thrombus), das ein Gefäß verstopft. Die von der Durchblutung abgeschnittenen Bereiche sind dann nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Gewebe stirbt ab, und es kommt zum Infarkt. Steckt das Gerinnsel im Herzen fest, ist ein Herzinfarkt die Folge. Wird das Blutgerinnsel mit dem Blutstrom ins Gehirn getragen, droht ein Schlaganfall. Hinzu kommt, dass ein krankes Herz das Schlaganfall-Risiko erhöht. Herzerkrankungen zählen zu den häufigsten Schlaganfall-Ursachen überhaupt. Dies gilt vor allem für Vorhofflimmern und bestimmte Herzklappenerkrankungen.
Arteriosklerose als gemeinsame Ursache
Ein zentraler Faktor, der sowohl Herzinfarkt als auch Schlaganfall begünstigt, ist die Arteriosklerose.
Was ist Arteriosklerose?
Arteriosklerose bezeichnet die krankhafte Einlagerung von Cholesterin und anderen Fetten in die innere Wandschicht arterieller Blutgefäße. Es handelt sich dabei um einen chronisch-entzündlichen Prozess, der bevorzugt an den Herzkrankgefäßen, den Aufzweigungen der Halsschlagadern und den großen Beinarterien auftritt. Die arteriosklerotischen Plaques können die Gefäße so sehr verengen, dass die Sauerstoffversorgung des betroffenen Organs beeinträchtigt wird. Die Folge sind Brustschmerzen, Herzrhythmusstörungen, die Schaufensterkrankheit (Bein) oder eine vaskuläre Gehirnalterung (Demenz). Wenn arteriosklerotische Plaques einreißen, entstehen Blutgerinnsel, die ein Gefäß vollständig verlegen können. Die Folge sind medizinische Notfälle wie ein Herzinfarkt oder Schlaganfall.
Die Response-to-Injury-Hypothese
Im Jahr 1976 veröffentlichte Dr. Russell Ross die "Response to Injury Hypothese", die erstmals die Rolle der Entzündung bei Arteriosklerose und kardiovaskulären Erkrankungen näher untersuchte. Die kardiovaskuläre Erkrankung und die Arteriosklerose beginnt mit einer subendothelialen Ablagerung von cholesterinhaltigen Lipoproteinen. Dieses initiale Ereignis setzt eine Reihe von komplexen biologischen Prozessen in der Arterienwand in Gang, die als Arteriosklerose bezeichnet werden. Der Körper reagiert auf die Verletzung mit einer Entzündungsreaktion die darauf abzielt, Cholesterin aus der Arterienwand zu entfernen. Die Fehlregulation dieses Prozess verstärkt schließlich das Fortschreiten der Cholesterinablagerung und die Bildung von gefährlichen Plaques in den Arterienwänden. Die Folge dieser Plaques ist das Risiko einer Plaqueruptur mit einem nachfolgenden Herzinfarkt oder Schlaganfall.
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Die Rolle von Entzündungen
Es gibt Hinweise darauf, dass Entzündungen innerhalb der Arterienwand der wesentliche Risikofaktor für Herzinfarkt, Schlaganfall und KHK-bedingte Todesfälle sind. Die Gefäßentzündungen tragen sowohl zur Plaquebildung als auch zur Plaqueruptur bei. Die vaskuläre Entzündungsreaktion kann mit modernen Tests leicht gemessen werden. Hierdurch die eine Beurteilung des individuellen kardiovaskulären Risikos unabhängig von den Cholesterinwerten und weiteren Risikowerten wie Hypertonie, Adipositas, Rauchen, westlicher Lebensstil u.a. möglich. Die Überwachung des Entzündungsstatus eines Patienten hilft, verborgene Risiken vom frühen bis zum fortgeschrittenen Stadium der Herz-Kreislauf-Erkrankung aufzudecken.
Risikofaktoren für Schlaganfall nach Herzinfarkt
Mehrere Faktoren können das Risiko eines Schlaganfalls nach einem Herzinfarkt erhöhen:
Bluthochdruck: Bluthochdruck gehört zu den größten Gefahren für die Entwicklung einer Arteriosklerose (Gefäßverkalkung). Die verengten und oft entzündeten Gefäße sind ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung von Blutgerinnseln. „Bei einem Bluthochdruck kann die Senkung des oberen Wertes um nur 10 mmHg das Schlaganfall-Risiko bereits um die enorme Zahl von fast 40 Prozent verringern“, erklärt Prof. Dr. med. Joachim Röther.
Vorhofflimmern: Herzerkrankungen zählen zu den häufigsten Schlaganfall-Ursachen überhaupt. Dies gilt vor allem für Vorhofflimmern.
Herzklappenerkrankungen: Auch bestimmte Herzklappenerkrankungen erhöhen das Schlaganfallrisiko.
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Diabetes mellitus: Diabetes mellitus erhöht die Gefahr für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Bewegungsmangel: Bewegungsmangel erhöht die Gefahr für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Rauchen: Rauchen erhöht die Gefahr für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Starkes Übergewicht: Starkes Übergewicht erhöht die Gefahr für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
Ungünstige Cholesterinspiegel: Ungünstige Cholesterinspiegel erhöhen die Gefahr für Schlaganfälle und Herzinfarkte.
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Schlaganfall/TIA in der Vorgeschichte: Schlaganfall/TIA in der Vorgeschichte erwiesen sich als diejenigen Faktoren, anhand derer sich die Entwicklung von Schlaganfällen am besten voraussagen ließ.
Biomarker zur Risikoeinschätzung
Das kardiovaskuläre Inflammationsprofil umfasst Biomarker, die eine Aussage über oxidativen Stress, den Stoffwechsel sowie Risikomarker die auf instabile Plaques und ein erhöhtes Risiko für unerwünschtes Ereignis wie einen drohenden Herzinfarkt oder Schlaganfall hinweisen.
F2-Isoprostane: Isoprostane werden die Oxidation von Arachnidionsäure bebildet. Die Bestimmung der F2-Isoprostane erlaubt die eine Aussage über das Vorliegen oxidativer Stressbelastungen, die durch Rauchen, ballaststoffarme und einseitige Ernährung, hohen Verzehr von rotem Fleisch und durch eine sitzende Lebensweise getriggert werden. Isoprostane erhöhen das kardiovaskuläre Risiko durch eine erhöhte Gefäßverengung über eine Thrombozytenaggregation. Erhöhte Spiegel von F2-Isoprostan zeigen ein 2,6-fach erhöhtes Risiko für CAD und ein 1,8-fach erhöhtes Risiko für CVD-Mortalität.
OxLDL - oxidiertes LDL: Der Biomarker oxLDL misst die Schädigung der ApoB-Proteinuntereinheit auf der Oberfläche von LDL durch oxidative Modifikation. Die Oxidation von ApoB ist ein auslösender Faktor für die Rekrutierung von Makrophagen, die Bildung von Schaumzellen und die Gefäßentzündung in der Arterienwand. Erhöhte OxLDL-Spiegel zeigen ein 4,3-fach erhöhtes Risiko für ein KHK-Ereignis und ein 3,5-fach erhöhtes Risiko für die Entwicklung des metabolischen Syndroms (MetS).
ADMA - asymmetrisches Dimethylarginin: ADMA ist ein methyliertes Derivat der Aminosäure L-Arginin. ADMA ist ein Inhibitor der Stickstoffmonoxid-Synthase und wirkt über eine Senkung der Stickstoffmonoxid-Spiegel an der Endothelzelle. Stickstoffmonoxid bewirkt nomalerweise eine Entspannung der glatten Gefäßmuskulatur, was wiederum zu einer Vasodilatation (Gefäßerweiterung) und damit zu einer Absenkung der Nachlast des Herzens und des Blutdruckes führt. Die Entkopplung der Synthese von Stickstoffmonoxid ist ein entscheidender Krankheits- und Sterblichkeitsfaktor der gefährlichen oxidativen und nitrosativen Stress erzeugen kann. Erhöhtes ADMA zeigt ein 1,4-fach erhöhtes Risiko für CVD und koronare Herzkrankheit (KHK) und ein 1,6-fach erhöhtes Risiko für Schlaganfall.
hs-CRP (hochsensitives CRP): CRP ist ein sogenanntes akute Phase-Protein, das im Rahmen der Entzündungskaskade gebildet wird. In grossen epidemiologischen Studien konnte gezeigt werden, dass ein erhöhtes CRP ein strenger Indikator kardiovaskulärer Erkrankung ist. Patienten mit einem erhöhten CRP haben einen 1,5 - 2 fach erhöhtes Risiko für die Arteriosklerose im Vergleich zu Patienten mit niedrigem CRP. Studien haben auch gezeigt, dass die Reduktion des CRP-Wertes, unabhängig von der Höhe der Lipidwerte, mit einer 15 % igen Risikoreduktion für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse einhergeht.
Myeloperoxidase (MPO): MPO, oder Myeloperoxidase, ist ein spezifischer Marker für Gefäßentzündungen und ein Maß für gefährdete Plaques. MPO wird während der Aktivierung weißer Blutkörperchen als Reaktion auf Risse, Erosionen oder den Abbau der fibrösen Kappe der Plaques freigesetzt wird. Erhöhte MPO-Werte sagen unabhängig ein 2,0-2,4-fach erhöhtes Risiko für zukünftige kardiovaskuläre Ereignisse voraus.
Lp-PLA2 - PLAC-Test: Lp-PLA2 ist ein gefäßspezifisches Entzündungsenzym, das von Makrophagen und Schaumzellen innerhalb des nekrotischen Kerns der arteriellen Plaque produziert wird. Lp-PLA2 misst die Erkrankung innerhalb der Arterienwand unter der verkalkten Kappe der Plaque. Damit zeigt der PLAC-Test, ob sich in den arteriellen Gefäßwänden instabile zur Ruptur neigende Plaques befinden, die für die Mehrzahl kardiovaskulärer Akuterereignisse und Schlaganfall verantwortlich sind. Erhöhtes Lp-PLA2 wurde mit einem 2,0-fach erhöhten Risiko für die Entwicklung einer koronaren Herzkrankheit in Verbindung gebracht.
Cholesterin und Lipoproteine
Cholesterin erfüllt im Organismus lebenswichtige Funktionen. Es ist Ausgangsstoff für die Bildung der Gallensäuren, notwendig für die Bildung von Vitamin D und Vorläufermolekül für die sogenannten Steroidhormone wie Östrogen, Testosteron und das Stresshormon Cortisol. Drei Viertel des Cholesterins stellt der Körper selbst in der Leber her und nur ca. ein Viertel des Gesamtcholesterins wird mit der Nahrung aufgenommen. Damit Cholesterin im Blut transportiert werden kann, verbindet sich die fettähnliche und damit wasserunlösliche Substanz mit wasserlöslichen Eiweißstoffen. Die so gebildeten Lipoproteine erfüllen verschiedene Aufgaben im Körper. Eingeteilt werden sie - abhängig von ihrem Lipid- bzw. Proteinanteil - nach ihren unterschiedlichen Dichten in Very-Low-Density (VLDL)-, Low-Density (LDL)- und High-Density-Lipoproteine (HDL). Das VLDL ist eine Vorstufe des LDL. Dabei wird das LDL aufgrund seines großen Lipid-Gehalts auch als „schlechtes“ Cholesterin bezeichnet und das HDL wegen seines geringeren Anteils als „gutes Cholesterin“.
LDL- und HDL-Cholesterin
Je mehr LDL-Cholesterin ("schlechtes Cholesterin") in den Adern zirkuliert, umso mehr Cholesterin kann an den Gefäßwänden haften bleiben. Solche Fettablagerungen sind der einer zunehmenden Arteriosklerose. je höher der LDL-Spiegel desto höher das Risiko. Das „gute Cholesterin“ HDL ist der Gegenspieler des LDL. Die HDL-Teilchen sammeln nämlich das an den Gefäßwänden abgelagerte Cholesterin wieder ein und transportieren es zurück zur Leber. Ein hoher HDL-Spiegel bedeutet also, dass die Adern gut von Ablagerungen gereinigt werden. HDL vermindert somit das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung und kann auch erhöhte LDL-Spiegel bis zu einem gewissen Grad neutralisieren. Optimal ist ein HDL-Wert im mittleren Bereich zwischen 40 - 60 mg/dl.
Triglyceride (Neutralfett)
Auch die sogenannten Triglyzeride gehören zu den Blutfetten. Sie bestehen aus einem Glyzerinmolekül und drei Fettsäuren (so genannte Neutralfette), werden mit der Nahrung aufgenommen und im Dünndarm gespalten. In der Leber kann der Körper Triglyzeride aber auch selbst herstellen: Von dort gelangen sie als VLDL(very low density lipoprotein)-Körperchen über das Blut zu den Organen. Genau wie das Cholesterin erfüllen Triglyzeride grundsätzlich wichtige Aufgaben im Körper: Sie sind als Energiereserve im Fettgewebe gespeichert (ca. acht Kilogramm bei einem Menschen von 80 Kilogramm). Des Weiteren haben sie die Aufgabe, den Körper gegen Kälte zu isolieren und die Organe vor Druck zu schützen.
Kleine, dichte LDL (sdLDL)
LDL-Cholesterin stellt keine einheitliche Lipoproteinfraktion dar, sondern besteht aus Subfraktionen, die sich in Größe und Dichte unterscheiden. Die gleiche LDL-Cholesterinmenge kann entweder in wenig große oder in viele kleine LDL-Partikel verpackt werden. Kleine, dichte LDL besitzen aufgrund Ihrer Eigenschaften ein sehr hohes atherogenes Potential und sind damit ein wichtiger eigenständiger Risikofaktor. Kleine, dichte LDL werden langsamer über den LDL-Rezeptor abgebaut und verweilen deshalb länger im Blutplasma. Aufgrund Ihrer Größe können sie leichter in den subendothelialen Raum der Arterienwände eindringen und dort zu der gefährlichen Plaque-Bildung beitragen. Kleine Partikel werden leichter oxidiert und aufgrund des geringeren Gehaltes an Antioxidantien besonders leicht durch freie Radikale der Entzündungskaskade oxidiert. Dabei entsteht viel leichter das gefährliche oxidierte LDL. Eine individuelle Dominanz der sdLDL erhöht - und zwar unabhängig vom LDL Cholesterin - das Herzinfarktrisiko um das 3 bis 7fache.
Lp(a) - Lipoprotein a
Bei Lp(a) handelt es sich ebenfalls um ein Lipoprotein, dass im Aufbau eine große Ähnlichkeit zum LDL-Cholesterin besitzt. Der Normwert für die Lp(a)-Obergrenze wird üblicherweise mit 30 mg/dl angegeben. Ab einem Lp(a)-Wert von 50 mg/dl wird von einem signifikant erhöhten kardiovaskulären Risiko ausgegangen. Eine genetische Verringerung von Lp(a) um eine Standardabweichung (28 mg/dl) vermindert das KHK-Risiko um 29 %, das PAVK-Risiko um 31 %, das Schlaganfallrisiko um 13 % und das Herzinsuffizienzrisiko um 17 %. Patienten mit einem Lp(a) Wert von 60 mg/dl haben ein etwa 3fach erhöhtes Risiko für Herzkreislauferkrankungen. Die Risikoerhöhung entspricht somit in etwa der von Rauchern. Die Höhe des Lipoprotein(a) ist nicht von der Ernährung abhängig und medikamentös nur wenig zu vermindern.
Prävention und Behandlung
Um das Schlaganfallrisiko nach einem Herzinfarkt zu senken, sind verschiedene Maßnahmen wichtig:
Blutdruckkontrolle: Regelmäßige Blutdruckmessungen sind wichtig, da erhöhte Blutdruckwerte oft keine besonders auffälligen Beschwerden hervorrufen und daher häufig unentdeckt bleiben.
Behandlung von Herzerkrankungen: Ein krankes Herz sollte frühzeitig erkannt und entsprechend behandelt werden. Die Einnahme von Gerinnungshemmern (Blutverdünnern) beispielsweise gehört zu den wichtigsten Therapiemaßnahmen bei Vorhofflimmern und Herzklappenerkrankungen.
Gesunder Lebensstil: Diabetes mellitus, Bewegungsmangel, Rauchen, starkes Übergewicht und ungünstige Cholesterinspiegel sind weitere Einflussgrößen, welche die Gefahr für Schlaganfälle und Herzinfarkte erhöhen. Alle diese Faktoren können zu Gefäßverkalkungen führen. „Mit einem gesunden Lebensstil können Sie diese Risikofaktoren reduzieren und je nach eigenem Risikoprofil zum Beispiel mit etwas mehr Bewegung, einer Gewichtsabnahme oder der Normalisierung der Cholesterinspiegel auf einfache Weise einen nachhaltigen Schlaganfall- und Herzinfarkt-Schutz aufbauen“, erklärt Prof. Dr. med.
Medikamentöse Therapie: Die medikamentöse Therapie mit Statinen gehört ebenso zu den risikomindernden Faktoren.
Reperfusionstherapie: Eine Reperfusionstherapie zur Wiederherstellung des gestörten Blutdurchflusses mittels Katheterintervention (PCI) gehört ebenso zu den risikomindernden Faktoren wie eine Auflösung des Blutgerinnsels mittels Fibrinolyse.
Schlaganfall-Warnzeichen erkennen
Wichtig ist außerdem, Schlaganfall-Warnzeichen richtig zu deuten. Einem Schlaganfall gehen oft Vorboten voraus. Diese können Stunden, Tage oder Wochen vor dem Hirninfarkt auftreten. Meist handelt es sich um fast die gleichen Symptome wie bei einem Schlaganfall. Anders als bei einem „echten“ Schlaganfall verschwinden die Beschwerden nach kurzer Zeit jedoch wieder. Mediziner nennen diese Schlaganfall-Vorboten „Transitorische Ischämische Attacke“, kurz TIA. „Tritt auch nur eines der oben genannten Schlaganfall-Warnzeichen auf, rufen Sie sofort den Notruf unter 112 und äußern Sie den Verdacht auf einen Schlaganfall. Bei einem Hirninfarkt zählt jede Minute. Es gilt: ‚Time is Brain‘, also ‚Zeit ist Gehirn‘“, warnt Prof. Dr. med. Joachim Röther.
Troponin-Wert zur Risikoeinschätzung bei Schlaganfall
Bei einem Schlaganfall hilft der sogenannte Troponin-Wert das Risiko eines damit einhergehenden Herzinfarkts einzuschätzen. Das zeigt eine gemeinsame Studie des DZNE und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK), die beide den Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung angehören. Die Befunde könnten den Weg zu einer besseren Behandlung bereiten. Patienten mit akutem Schlaganfall erleiden häufig auch Komplikationen am Herzen. Im Einzelfall ist es allerdings schwer zu beurteilen, ob dabei eine stressvermittelte Herzschädigung vorliegt oder ein Infarkt, also eine Durchblutungsstörung des Herzmuskels, die schnellstmöglich behandelt werden muss. Bei der medizinischen Entscheidung hilft die Bestimmung des Troponin-Wertes im Blut. Dabei wird ein Eiweißstoff erfasst, der aus den Herzmuskelzellen stammt. Ist dessen Konzentration stark erhöht, deutet dies auf einen Infarkt hin - und dann ist eine Herzkatheter-Untersuchung (Koronarangiographie) angesagt. Wird dabei ein Gefäßverschluss oder eine kritische Verengung festgestellt, kann ein sogenannter Stent eingesetzt werden: Dieses Implantat dient dazu, die Gefäße zu erweitern und die Blutversorgung des Herzens zu verbessern.
Unerwartet viele Herzinfarkte bei Schlaganfall
Im klinischen Alltag kommt der Herzkatheter bislang nur bei etwa ein bis zwei Prozent der Schlaganfall-Patienten zum Einsatz. Das könnte sich aufgrund einer interdisziplinären Forschungskooperation von Kardiologen und Neurologen ändern. Denn die gemeinsame PRAISE-Studie von DZHK und DZNE - in deren Rahmen rund 250 Erwachsene mit akutem Schlaganfall und stark erhöhten Troponin-Werten untersucht wurden - ergab: Bei der Hälfte aller Patientinnen und Patienten lag tatsächlich auch ein Herzinfarkt vor. „Das ist zumindest aus Sicht von Neurologen ein überraschend hoher Anteil, so viele Herzinfarkte hatten wir nicht erwartet“, sagt Prof. Matthias Endres, Direktor der Klinik für Neurologie mit Experimenteller Neurologie an der Berliner Charité und Forscher am DZNE-Standort Berlin.
Demnach waren rund 20 Prozent der Schlaganfall-Patienten von einem Herzinfarkt Typ 1 betroffen, der umgehend behandelt werden sollte. Bei weiteren 30 Prozent der Patienten wurde ein Herzinfarkt vom Typ 2 festgestellt, der durch Sauerstoffmangel im Herzen ausgelöst wird, bei dem sich aber keine Blutgerinnsel oder Gefäßverengungen bilden. Die PRAISE-Studie ermittelte außerdem, dass ein um mehr als fünffach erhöhter Troponin-Wert mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Herzinfarkt vom Typ 1 anzeigt. „Das ist eine relevante Erkenntnis“, so Christian Nolte, „der neue Grenzwert kann helfen zu entscheiden, welche Patienten mit Schlaganfall eine Koronarangiographie erhalten sollten“.
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