Nervenschmerzen in der Schulter: Ursachen und Behandlung

Schulterschmerzen sind ein weit verbreitetes Problem, das Menschen jeden Alters betreffen kann. Die Beschwerden können quälend, stark einschränkend und langanhaltend sein. Fast jeder zehnte Mensch klagt über Schulterschmerzen. Sie können isoliert im Schultergelenk bei bestimmten Bewegungen auftreten oder vom Nacken aus in den ganzen Arm ausstrahlen. Auch Schmerzen, die im Handgelenk beginnen und sich bis in die Schulter ziehen, sind möglich. Die Ursachen für Schulterschmerzen sind vielfältig und reichen von akuten Verletzungen bis hin zu chronischen Erkrankungen.

Ursachen von Schulterschmerzen

Die Schulter besteht aus zwei Gelenken: dem glenohumeralen Gelenk, in dem der runde Oberarmkopf (Humerus) mit der Gelenkpfanne (Glenoid) verbunden ist, und dem Schultereckgelenk (AC-Gelenk) zwischen Schlüsselbein und Schulterdach, das für die vertikale Beweglichkeit verantwortlich ist. Aufgrund dieser komplexen Anatomie können Schulterschmerzen viele Ursachen haben.

Häufige Auslöser sind:

  • Akute Verletzungen: Stürze, Aufpralle oder Überlastungen können zu Zerrungen, Prellungen, Überdehnungen von Schultersehnen oder Auskugelungen des Schultergelenks (Dislokationen) führen. Die Fraktur des Oberarmkopfes entsteht durch einen Sturz, der mit der Hand, dem Ellenbogen oder der Schulter abgefangen wird.
  • Chronische Erkrankungen: Verschleiß oder entzündliche Veränderungen der Schulter können chronische Schmerzen verursachen. Dazu gehören Schulterarthrose (Omarthrose), bei der der Gelenkknorpel abgenutzt wird, und Entzündungen der Schultergelenkkapsel.
  • Muskelverspannungen und Haltungsschäden: Haltungsprobleme können zu einem Schulterimpingement führen, bei dem Sehnen und Schleimbeutel unter dem Schulterdach eingeklemmt werden. Das Schulter-Arm-Syndrom wird meist durch muskuläre Verspannungen verursacht.
  • Erkrankungen von Knochen und Gelenken: Selten können auch Tumore und Knochenerkrankungen Schulterschmerzen verursachen.
  • Nerveneinklemmungen: Ausstrahlende Schulterschmerzen können aufgrund von Nerveneinklemmungen (Radikulopathie) oder eines Bandscheibenvorfalls der Halswirbelsäule entstehen. Bei einer neuralgischen Amyotrophie ist ein bestimmtes Nervengeflecht in der Nähe des Schlüsselbeins entzündet.
  • Rotatorenmanschettenruptur: Die Rotatorenmanschette ist ein Ring aus Muskeln und Sehnen, der für die Kraftentfaltung im Schultergelenk sorgt. Risse oder Schädigungen dieser Sehnen können Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursachen. Oft tritt die chronische Erkrankung der Rotatorenmanschette infolge eines Engpasssyndroms (Schulter-Impingement) auf.
  • Kalkschulter (Tendinosis calcarea): Bei der Kalkschulter (Tendinosis calcarea) kommt es zu einer Einlagerung von Kalk in die Sehnen der Rotatorenmanschette.
  • Schultersteife (Frozen Shoulder): Bei der Schultersteife (Frozen Shoulder) ist die Schulter in ihrer Beweglichkeit maximal eingeschränkt. Außerdem schmerzt die Schulter. Die Ursache der Schultersteife ist noch nicht abschließend geklärt.

Diagnose von Schulterschmerzen

Für die präzise Diagnose von Schulterschmerzen spielen neben klinischen Tests bildgebende Verfahren wie Röntgen, Ultraschall (Sonographie) und Magnetresonanztomographie (MRT) eine entscheidende Rolle. Bei Schulterschmerzen wird der Arzt oder die Ärztin Sie zunächst ausführlich zur Krankengeschichte (Anamnese) befragen.

Wichtig ist zum Beispiel, wann und wie oft die Schmerzen in der Schulter auftreten, ob sie sich nur beim Bewegen des Armes beziehungsweise der Schulter oder auch in Ruhe bemerkbar machen. Außerdem ist es wichtig zu wissen, ob Sie neben den Schulterschmerzen noch weitere Beschwerden auftreten, wie Kraftverlust im Arm oder Taubheitsgefühle in den Fingern.

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Dann folgt eine körperliche Untersuchung (klinische Funktionstests, Abtasten von Triggerpunkten, Sehnen und Gelenken, Bewegungsprüfung). Anhand des Anamnesegesprächs und der körperlichen Untersuchung kann der Arzt oder die Ärztin meist schon Vermutungen über die mögliche Ursache der Schulterschmerzen anstellen. Weitergehende Untersuchungen bringen dann Klarheit:

  • Orthopädische Untersuchung: Sie ist Standard bei Schulterschmerzen und kann zum Beispiel Hinweise auf Arthrose des Schultergelenks, Impingement-Syndrom, Kalkschulter, Fibromyalgie und Knochenbrüche (Schlüsselbein- oder Oberarmbruch) geben.
  • Neurologische Untersuchung: Hier wird der Funktions- und Leitungszustand von Nervenbahnen geprüft, falls ein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule die Schulterschmerzen verursacht.
  • Bluttests: Könnte eine Neuroborreliose oder Gürtelrose hinter den Schulterschmerzen stecken, kann eine Blutprobe untersucht werden, ob sich Antikörper gegen den jeweiligen Erreger der Erkrankung nachweisen lassen. Bei Verdacht auf einen Herzinfarkt werden in der Blutprobe die Herzenzyme bestimmt. Auch Gerinnungsstörungen als mögliche Ursache einer Einblutung in das Gelenk lassen sich über eine Blutanalyse feststellen.
  • Röntgen-Untersuchung: Röntgenbilder werden angefertigt, wenn als Auslöser der Schulterschmerzen zum Beispiel Kalkschulter, Polymyalgia rheumatica, ein Knochenbruch oder ein ausgekugeltes Schultergelenk in Frage kommen.
  • Ultraschall-Untersuchung: Mithilfe von Ultraschall (Sonografie) lassen sich beispielsweise Schultersteife, Bizepssehnenriss, Gallenblasenentzündung und Gallensteine als Ursache von Schulterschmerzen identifizieren. Eine Ultraschaluntersuchung ist nicht-invasiv (im Gegensatz zur Blutentnahme) und die Betroffenen sind dabei keinen Strahlen ausgesetzt (im Gegensatz zum Röntgen). Daher handelt es sich um eine häufig verwendete diagnostische Methode.
  • Gelenkpunktion: Vermutet man eine bakterielle Entzündung des Schultergelenks, wird der Arzt oder die Ärztin mit einer dünnen Nadel eine Probe der Gelenkflüssigkeit entnehmen (Gelenkpunktion), um eine Bakterienkultur anzulegen. Lassen sich aus der Gelenkflüssigkeit tatsächlich Bakterien anzüchten, bestätigt dies den ärztlichen Verdacht.
  • Lumbalpunktion: Kommt eine Neuroborreliose als Ursache von Schulterschmerzen in Betracht, wird im Bereich der Lendenwirbelsäule mit einer dünnen Nadel eine Liquor-Probe (Gehirn-Rückenmarksflüssigkeit) entnommen. Im Labor wird die Probe auf Borrelien - die Erreger der Neuroborreliose - hin untersucht.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Eine Magnetresonanz- oder Kernspintomografie ist hilfreich, wenn die Schulterschmerzen möglicherweise durch ein Impingement-Syndrom der Schulter, Gelenkabnutzung, einen Riss der Rotatoren-Manschette oder ein Schultergürtel-Kompressionssyndrom ausgelöst werden.
  • Computertomografie (CT): Kommt als Ursache von Schulterschmerzen beispielsweise ein Lungentumor (Pancoast-Tumor), eine Lungenembolie, ein Schulter-Arm-Syndrom oder ein Bandscheibenvorfall in der Halswirbelsäule in Frage, lässt sich dies mithilfe einer Computertomografie abklären.
  • Elektrokardiogramm (EKG): Eine Aufzeichnung der elektrischen Herzaktivität verrät, ob eventuell ein Herzinfarkt die Schmerzen in der Schulter verursacht.
  • Herzkatheter-Untersuchung: Auch eine Untersuchung mittels Herzkatheter wird immer dann bei Schulterschmerzen durchgeführt, wenn ein Herzinfarkt der Auslöser für die Schmerzen sein könnte.
  • Lungenspiegelung: Bei dieser - auch Bronchoskopie genannten - Untersuchung wird eine kleine Kamera, befestigt an der Spitze eines dünnen Schlauches oder eines Metallrohrs, über Mund oder Nase in die Luftröhre und ihre Hauptabzweigungen (Hauptbronchien) eingeführt. So kann der Arzt die Luftwege von innen anschauen. Das macht man vor allem bei Verdacht auf einen Lungentumor.

Behandlung von Schulterschmerzen

Die Behandlung von Schulterschmerzen richtet sich nach der Ursache der Beschwerden. Grundsätzlich gibt es konservative und operative Therapieansätze.

Konservative Behandlung

Viele Erkrankungen der Schulter können im Frühstadium effektiv und wirksam behandelt werden. Meist sind Physiotherapie und physikalische Therapie vollkommen ausreichend. Bei akuten Schulterschmerzen stehen strukturelle Schäden im Vordergrund. Sie lassen sich durch Schonung und Ruhigstellung behandeln. Bei chronischen Schulterschmerzen oder degenerativen Entzündungen ist das Ziel des behandelnden Orthopäden, das schmerzhafte Entzündungsgeschehen unter Kontrolle zu bekommen und eine Schultersteife zu verhindern. Hier therapieren die Ärzte eher konservativ: medikamentös und mithilfe von Physiotherapie.

Zu den konservativen Therapiemethoden gehören:

  • Schmerzmittel und entzündungshemmende Medikamente: Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) können bei Entzündungen und Schmerzen helfen. Bei starken Schmerzen können auch Analgetika eingesetzt werden.
  • Physiotherapie: Gezielte Übungen können die Muskulatur stärken, die Beweglichkeit verbessern und Fehlhaltungen korrigieren. Eine Physiotherapie kann die Schulter nach und nach wieder beweglicher machen und stärken.
  • Physikalische Therapie: Wärme- und Kälteanwendungen, Bewegungsbäder und Massagen können die Durchblutung fördern und Verspannungen lösen. Hier hilft die Wärmetherapie, das Kinesiotaping und die manuelle Medizin (Chirotherapie).
  • Injektionen: Kortisonspritzen können bei starken Schmerzen und Entzündungen Linderung verschaffen. Auch Injektionen mit Hyaluronsäure oder Blutplasma können entzündungshemmend wirken und den Knorpelstoffwechsel anregen.
  • Stoßwellenbehandlung: Bei Kalkschulter kann eine Stoßwellenbehandlung helfen, die Kalkablagerungen zu zertrümmern. In der Behandlung von Schulterschmerzen bewähren sich konservative Therapiemethoden wie Stoßwellenbehandlungen oft als äußerst erfolgreich.

Operative Behandlung

Falls eine frühzeitige konservative Behandlung nicht mehr ausreicht und bleibende Einschränkungen drohen, kann ein chirurgischer Eingriff erforderlich sein. Bei Rissen und Brüchen erfolgt häufig eine operative Refixierung der Sehnen- oder Knochenfragmente.

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Mögliche operative Eingriffe sind:

  • Arthroskopische Operationen: Minimalinvasive Eingriffe, bei denen geschädigte Strukturen repariert oder entfernt werden. Dabei können beispielsweise Teile des Knochenfortsatzes (Akromion) und der darunterliegende Schleimbeutel entfernt werden.
  • Sehnennaht: Bei einer Rotatorenmanschettenruptur können die gerissenen Sehnen genäht werden. Ist eine traumatische Verletzung ursächlich für die Ruptur der Rotatorenmanschette, kann eine operative Naht der Supraspinatussehne die Rotatorenmanschette wiederherstellen.
  • Gelenkersatz: Bei fortgeschrittener Arthrose kann ein künstliches Schultergelenk (Schulterendoprothese) eingesetzt werden. Hierbei kann beispielsweise eine Schulterendoprothese helfen, um ein abgenutztes natürliches Schultergelenk zu ersetzen und die Mobilität wiederherzustellen.
  • Kapsulotomie: Bei einer Frozen Shoulder kann die verdickte Gelenkkapsel operativ gelöst werden.

Prävention von Schulterschmerzen

Einige Maßnahmen können helfen, Schulterschmerzen vorzubeugen:

  • Stärkung der Schultermuskulatur: Gezieltes Training mit Übungen wie seitliche Armhebungen, Schulterzügen und Rotatorenmanschettenübungen verbessert die Stabilität des Schultergelenks.
  • Vermeidung von Überlastung: Reduzieren Sie wiederholte Bewegungen und schweres Heben, um Überlastung der Schultern zu vermeiden.
  • Ergonomische Arbeitsplatzgestaltung: Achten Sie auf eine gute Körperhaltung und vermeiden Sie einseitige Belastungen.
  • Regelmäßige Bewegung: Sportarten wie Schwimmen, Yoga oder Pilates können die Schultermuskulatur stärken und die Beweglichkeit verbessern.

Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?

Schulterschmerzen sind ernst zu nehmen. Viele Erkrankungen der Schulter können wir im Frühstadium effektiv und wirksam behandeln. Spüren Sie Schmerzen und Druck in der Schulter? Ist der Bewegungsradius Ihrer Schulter eingeschränkt? Fällt es Ihnen schwer, den Arm nach innen zu drehen oder hinten das Gesäß zu erreichen? Können Sie nichts mehr von hohen Regalen herunterholen? Ist Ihr Schultergelenk instabil?

Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn:

  • die Schmerzen plötzlich und heftig auftreten, insbesondere nach einer Verletzung.
  • die Schmerzen länger als ein paar Tage anhalten.
  • die Schmerzen mit Taubheitsgefühlen, Kribbeln oder Schwäche im Arm verbunden sind.
  • die Beweglichkeit der Schulter stark eingeschränkt ist.
  • die Schmerzen nachts oder in Ruhe auftreten.

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