Nach aktuellen Schätzungen leben in Deutschland etwa 1,8 Millionen Menschen mit Demenz, wobei die Alzheimer-Krankheit den größten Teil dieser Fälle ausmacht. Die Tendenz ist steigend, was die Bedeutung des Verständnisses dieser Erkrankung unterstreicht. Morbus Alzheimer, die bekannteste und häufigste Form der Demenz, manifestiert sich meist im höheren Lebensalter, wobei Betroffene selten jünger als 60 Jahre sind. Es ist jedoch wichtig zu wissen, dass die Alzheimer-Erkrankung bereits Jahrzehnte vor den ersten Gedächtnisdefiziten im Gehirn entsteht.
Was ist Alzheimer?
Der Begriff „Demenz“ stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt „Weg vom Geist“ oder „ohne Geist“. Dies beschreibt den Kern einer Demenz recht gut: Es handelt sich um den fortschreitenden Verlust der geistigen Leistungsfähigkeit. Betroffen sind das Gedächtnis, das Denken, die Konzentrationsfähigkeit, aber auch eine Reihe anderer Hirnleistungen sowie das Verhalten. Grund für den Verlust der geistigen Fähigkeiten ist bei allen primären Demenzen ein fortschreitender Untergang von Nervenzellen im Gehirn. Die Ursachen dafür sind vielfältig und Gegenstand intensiver Forschung.
Alois Alzheimer und die Entdeckung
Es war im Jahr 1901, als Alois Alzheimer, damals Oberarzt in der „Anstalt für Irre und Epileptische“ in Frankfurt am Main, erstmals Auguste Deter begegnete. Diese Frau, erst 51 Jahre alt, zeigte eine ausgeprägte Verwirrtheit, die normalerweise nur bei älteren Menschen zu beobachten war. Alzheimer beschrieb sie später als „völlig ratlos“ und bemerkte ihre Schwierigkeiten beim Lesen und ihre häufigen Schreianfälle aufgrund ihrer eigenen Unfähigkeit. Nach ihrem Tod sezierte Alzheimer ihr Gehirn und stellte fest, dass es stark geschrumpft war. Seine Entdeckung von auffälligen Plaques im Gehirn von Auguste Deter war bahnbrechend.
Typische Symptome der Alzheimer-Erkrankung
Zu den typischen Symptomen der Alzheimer-Erkrankung zählen:
- Gedächtnisverlust
- Orientierungslosigkeit
- Unruhezustände
- Sprachstörungen
- Aggression und Enthemmung (auch herausforderndes Verhalten genannt)
Diese Symptome sind bei den Betroffenen unterschiedlich stark ausgeprägt und verstärken sich im Verlauf der Erkrankung. Mit der Zeit kommen weitere Beschwerden hinzu.
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Die drei Phasen der Alzheimer-Erkrankung
Die Alzheimer-Erkrankung verläuft schleichend und wird oft erst spät erkannt. Die Erkrankung beginnt bereits lange Zeit, bevor die ersten Symptome einsetzen. Die Wissenschaft nimmt an, dass es bis zu 25 Jahre dauern kann, bis sich nach den ersten Veränderungen im Gehirn erste Symptome zeigen. Die Alzheimer-Demenz verbindet man in erster Linie mit Vergesslichkeit. Die Erkrankung zeigt sich jedoch auf vielfältige Weise. Auch wenn sie individuell sehr unterschiedlich verläuft, lassen sich drei Krankheitsstadien unterscheiden.
1. Das Frühstadium
Irgendwann machen sich die ersten, vermeintlich harmlosen Aussetzer bemerkbar. Die betroffene Person wirkt fahrig und irgendwie schusselig. Sie wird vergesslich, verlegt Dinge, bringt ihre Sätze nicht zu Ende und kann sich auch sonst schlecht konzentrieren. In dieser ersten Phase wirken Betroffene häufig bedrückt: Die Veränderungen lösen Kummer, Angst und Scham aus. Daher lässt sich die Alzheimer Erkrankung in diesem Stadium nicht immer klar von einer Depression unterscheiden.
Im Frühstadium der Erkrankung sind die Gedächtnis- und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Die Vergesslichkeit kann leicht sein und sich (fast) nicht auf den Alltag auswirken. Sie kann aber auch bereits etwas stärker sein, sodass es schwerer fällt, den Alltag selbstständig zu bewältigen. Der Übergang von den normalen Alterseinschränkungen zur Demenz verläuft eher schleichend. Fachleute unterscheiden eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI, engl. = mild cognitive impairmant) und eine leichte Alzheimer-Demenz.
Eine leichte kognitive Beeinträchtigung äußert sich durch leichte Gedächtnis- und Denkprobleme, die sich insbesondere bei komplizierten Alltags-Aufgaben bemerkbar machen. Bei einer leichten kognitiven Beeinträchtigung kann es beispielsweise Probleme bereiten, sich eine kurze Einkaufsliste zu merken oder den aktuellen Wochentag spontan zu erinnern. Die verminderte Leistung stellt im Alltag aber kein bedeutendes Hindernis dar. Ein selbständiges, unabhängiges Leben ist möglich. Die Symptome einer leichten kognitiven Beeinträchtigung sind nur durch genaue Tests und Befragungen von einer normalen Altersvergesslichkeit zu unterscheiden.
Bei einer leichten Alzheimer-Demenz beeinträchtigen die Gedächtnis- und Denkprobleme den Alltag deutlicher: Menschen mit leichter Alzheimer-Demenz sind zunehmend vergesslich, haben Probleme, sich zu konzentrieren und können kompliziertere Alltags-Aufgaben nur noch schwer bewältigen. Beispielsweise brauchen sie fast immer Hilfe bei geschäftlichen und finanziellen Angelegenheiten oder Behördengängen. Kritische Punkte sind oft auch das Autofahren und die regelmäßige Einnahme von Medikamenten. Ein unabhängiges Leben ist aber weitgehend möglich.
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Schon im Frühstadium können sich das Verhalten und die Gemütslage verändern. Die krankheitsbedingten Einschränkungen können Angst, Stress, Wut und auch Scham verursachen: Es ist oft peinlich, vergesslich und nicht orientiert zu sein, und es kostet viel Kraft, Strategien zu entwickeln, damit umzugehen.
Der innere Antrieb und das Interesse an Hobbys und Freizeitbeschäftigungen können abnehmen. Manche Menschen sind depressiv verstimmt, reizbar und ihre Stimmung schwankt sehr stark.
2. Das mittlere Stadium
In der mittleren Phase leidet das Sprachverständnis zunehmend. Fähigkeiten wie Autofahren, berufliche Fertigkeiten oder das Orientierungsvermögen gehen nach und nach verloren. Neben dem Kurzzeitgedächtnis ist nun auch zunehmend das Langzeitgedächtnis in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem verändert sich verstärkt auch die Persönlichkeit der Betroffenen: Sie sind häufig nervös und rastlos, aber auch misstrauisch, gereizt und zuweilen enthemmt oder aggressiv.
Menschen im mittleren Stadium (mittelschwere Alzheimer-Demenz) müssen in der Regel ihr selbstständiges Leben aufgeben. Sie können zwar noch ohne Unterstützung essen, trinken, sich waschen und vielleicht auch einfache Arbeiten im Garten und im Haushalt erledigen, müssen aber erinnert und aufgefordert werden. Kochen, Einkaufen, die Wohnung sauber halten und Spazierengehen sind nur noch mit Hilfe möglich.
Das Risiko steigt, sich zu verlaufen, nicht mehr nach Hause zu finden, die Herdplatte brennen zu lassen und sich und andere zu gefährden. Verhaltensweisen wie unruhiges Umherlaufen, scheinbar sinnloses Kramen in Schubladen und Nesteln an der Kleidung werden häufiger. Auch Wutausbrüche, Misstrauen und aggressives Verhalten sind Folgen der Erkrankung, der mit ihr verbundenen Einschränkungen und Wahrnehmungsprobleme.
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Der Tag-Nacht-Rhythmus ist oft gestört. Sich sprachlich auszudrücken und andere zu verstehen, wird immer schwieriger. Betroffene vermischen auch Gegenwart und Vergangenheit.
3. Das späte Stadium
Gegen Ende der dritten Phase gesellt sich eine große motorische Unruhe zu den Auffälligkeiten. Im Spätstadium der Erkrankung sind solche Wanderungen nicht mehr möglich. Betroffene werden mehr und mehr zu bettlägerigen Pflegebedürftigen. Sie können nur noch wenige Worte sprechen oder verstummen ganz.
Im fortgeschrittenen Stadium (schwere Alzheimer-Demenz) sind die Menschen rund um die Uhr auf die Unterstützung anderer angewiesen. Die Probleme mit der Sprache können so groß werden, dass ein Gespräch kaum noch möglich ist. Auch bei einfachen Alltagstätigkeiten und beim Essen und Trinken ist jetzt Hilfe notwendig. Menschen mit fortgeschrittener Demenz sind oft unruhig, haben Halluzinationen oder vermischen Gegenwart und Vergangenheit. Sie erkennen eigentlich vertraute Personen nicht mehr. Die Kontrolle über die Körperfunktionen kann ebenso verloren gehen wie die Fähigkeit zur Koordination von Bewegungsabläufen.
Ursachen der Alzheimer-Erkrankung
Die Symptome der Alzheimer-Erkrankung sind die Folge eines massiven Nervensterbens im Gehirn. Zunächst sind vor allem die Synapsen betroffen: Das sind die Verbindungsstellen, über die Informationen von einer Nervenzelle an die nächste weitergeleitet werden. Im Zusammenhang mit diesem Nervenzellsterben sehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auffällige Eiweißablagerungen im Gehirn der Betroffenen. Diese Ablagerungen gelten als mitverantwortlich für den Tod der Nervenzellen: Sogenannte Beta-Amyloid-Proteine verklumpen und sammeln sich zwischen Nervenzellen an. Sie formieren sich zu jenen auffälligen Plaques, die bereits Alois Alzheimer im Gehirn von Auguste Deter entdeckt hatte. Diese Ablagerungen führen zu einer entzündlichen Reaktion umgebender Immun- und Gliazellen, die auf unterschiedliche Weise die Krankheitsprozesse vorantreiben. Schließlich kommt es zu Bildung von Tau-Fibrillen in den Nervenzellen, welche die Nervenzellen in ihrer Funktion beeinträchtigen und zu ihrem Zelltod beitragen.
Genetische Ursachen
Die Alzheimer-Krankheit kann genetisch bedingt sein. Das ist jedoch äußerst selten und betrifft nur rund drei bis fünf Prozent aller Fälle. Bisher sind drei Gene bekannt, die für diese Form verantwortlich sind. Sind sie verändert, bricht die Alzheimer-Erkrankung in jedem Fall aus - und zwar in der Regel sehr früh, zwischen dem 30. und 65. Lebensjahr.
Forschung zum Thema Alzheimer
Forscherinnen und Forscher des DZNE widmen sich der Alzheimer-Erkrankung aus vielen verschiedenen Blickwinkeln. So wollen sie die Mechanismen hinter dieser Demenz besser verstehen: Sie suchen nach den genauen Ursachen für die Veränderungen im Gehirn der Betroffenen und wollen aufklären, in welcher Weise die auffälligen Eiweißablagerungen die Nervenzellen schädigen. Andere Arbeitsgruppen beschäftigen sich mit den möglichen genetischen Ursachen der Erkrankung. Ein weiteres wichtiges Forschungsfeld am DZNE ist die Suche nach Ansatzpunkten für neue Therapien. Nicht zuletzt fahnden Forschende des DZNE nach sogenannten Biomarkern, typischen messbaren Veränderungen z. B. im Blut oder Nervenwasser, die als frühe Warnzeichen dafür dienen können, dass eine Person später an Alzheimer erkranken wird. Dr. Anne Pfitzer-Bilsinghat sich nach ihrem Studium der Biochemie an der Uni Düsseldorf während ihrer Doktorarbeit auf Amyloide spezialisiert.
Diagnose von Alzheimer
Die Diagnose von Demenzerkrankungen lässt sich bei den meisten Betroffenen mit einfachen Mitteln stellen. Auch die Alzheimer-Krankheit kann mit geringem diagnostischen Aufwand gut erkannt werden. Die Ärztin oder der Arzt muss bei Patientinnen und Patienten mit Störungendes Gedächtnisses, der Orientierung, der Sprache oder des Denk- und Urteilsvermögens eine sorgfältige Untersuchung durchführen, um behebbare Ursachen dieser Leistungsstörungen auszuschließen, einen individuell abgestimmten Behandlungsplan zu entwerfen und die Betroffenen und ihre Familien aufzuklären und zu beraten. Sofern Warnsignale vorliegen, zum Beispiel Vergesslichkeit für wiederkehrende Ereignisse und alltägliche Begebenheiten, Wortfindungsstörungen oder Orientierungseinbußen, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Gerade bei leichten, beginnenden Einbußen ist es empfehlenswert, - nach Absprache mit dem Hausarzt - einen Facharzt (Neurologe bzw. Psychiater) oder eine Gedächtnissprechstunde aufzusuchen.
Demenz-Test
Die Alzheimer-Krankheit wirkt sich unter anderem auf die vier Bereiche Gedächtnis, Kommunikation, Orientierung und Konzentration aus. Zusätzlich können auch Symptome wie Antriebsarmut, Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder verschiedene körperliche Störungen auftreten. Dieser Test ist lediglich dazu gedacht, eine Einschätzung von möglichen Symptomen und Verhaltensweisen bei Alzheimer-Erkrankten darzustellen.
Behandlung von Alzheimer
Die Alzheimer-Krankheit ist bisher nicht heilbar, und die Abbauprozesse im Gehirn können derzeit nicht wesentlich verlangsamt oder aufgehalten werden. Vor allem im Frühstadium sind Symptome und Begleiterscheinungen wie Verhaltensauffälligkeiten und psychische Symptome jedoch behandelbar. Dazu gehören Depressionen, Angst, Unruhe, Aggression, Teilnahmslosigkeit, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Wichtig: Sprechen Sie solche Auffälligkeiten im Arztgespräch an, sei es bei sich selbst oder Ihrem/Ihrer Angehörigen. Symptome einer Demenzerkrankung wie Alzheimer können sehr vieldeutig sein und auch auf andere Ursachen zurückzuführen sein als eine Demenz. (Stichwort: Reversible Demenzen) Als erste Anlaufstelle ist daher die hausärztliche Praxis gut geeignet. Hausärzte und Hausärztinnen kennen ihre Patienten meist schon länger und können Symptome daher oft schon sehr gut einordnen.
In der Behandlung von Patienten mit Demenzerkrankungen spielen Medikamente eine wichtige Rolle. Sie werden zur Stabilisierung der geistigen Leistungsfähigkeit und der Alltagsbewältigung, zur Milderung von Verhaltensstörungen und in manchen Fällen auch zur Verhinderung weiterer Schädigungen des Gehirns eingesetzt. Zur Behandlung gehören auch die geistige und körperliche Aktivierung der Betroffenen, die richtige Weise des Umgangs, die bedarfsgerechte Gestaltung der Wohnung und die Beratung der Angehörigen (siehe Informationsblatt 6: Die nicht-medikamentöse Behandlung von Demenzerkrankungen).
Neben der medikamentösen ist die nicht-medikamentöse Behandlung von Menschen mit Demenz von großer Bedeutung. Sie kann die geistige Leistungsfähigkeit und Alltagsfähigkeiten fördern, Verhaltensstörungen abschwächen und das Wohlbefinden verbessern.
Leben mit Alzheimer
Der Verlauf der Krankheit ist bei jedem etwas unterschiedlich. Die Erkrankten sind aber zunehmend auf Hilfe und Unterstützung angewiesen. Die Krankheitsdauer bis zum Tod beträgt im Durchschnitt etwa acht Jahre. Es gibt aber sehr schnelle Verläufe von nur zwei Jahren und sehr langsame Verläufe von über 20 Jahren. Die jeweiligen Anforderungen an Betreuung, Pflege, Therapie und ärztliche Behandlung sind dabei sehr verschieden. Denn Alzheimer-Kranke sind keine einheitliche Gruppe, sondern Individuen mit ganz unterschiedlichen Lebensläufen, Kompetenzen und Defiziten, die in unterschiedlichen sozialen und wirtschaftlichen Situationen leben. Die Krankheit wird in verschiedene Schweregrade eingeteilt.