Was macht ein Facharzt für Neurologie?

Die Neurologie ist ein medizinisches Fachgebiet, das sich mit dem Aufbau, der Funktion und den Erkrankungen des Nervensystems befasst. Dazu gehören das zentrale Nervensystem (ZNS) mit Gehirn und Rückenmark, das periphere Nervensystem (PNS) mit den Nerven außerhalb des Gehirns und Rückenmarks sowie die zugehörigen Muskeln und Blutgefäße. Ein Neurologe ist ein Facharzt, der sich auf die Erkennung und Behandlung von Erkrankungen dieser Bereiche spezialisiert hat. Umgangssprachlich wird der Facharzt für Neurologie in Deutschland oft auch als Nervenarzt bezeichnet.

Aufgaben und Zuständigkeiten eines Neurologen

Ein Neurologe befasst sich mit der Vorbeugung, Erkennung, konservativen Behandlung und Rehabilitation von Erkrankungen des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems einschließlich der Muskulatur. Zu den Hauptaufgaben eines Neurologen gehören:

  • Diagnostik: Umfassende Anamnese, neurologische Untersuchungen und Einsatz verschiedener diagnostischer Verfahren zur Erkennung von Nervenerkrankungen.
  • Therapie: Individuelle Behandlungspläne für neurologische Erkrankungen, einschließlich medikamentöser Therapien, physikalischer Therapien und anderer konservativer Maßnahmen.
  • Rehabilitation: Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung der Selbstständigkeit und Minderung der Pflegebedürftigkeit sowie zur Sicherung der Geschäftsfähigkeit.
  • Notfallmedizin: Akutversorgung von Patienten mit neurologischen Notfällen wie Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma.
  • Langzeitbetreuung: Betreuung von Patienten mit chronischen neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Epilepsie oder Morbus Parkinson.

Der Weg zum Facharzt für Neurologie

Um Neurologe zu werden, ist ein Medizinstudium und eine anschließende fünfjährige Facharztausbildung erforderlich. Das Medizinstudium gliedert sich in Vorklinik, Klinik und praktisches Jahr. Nach dem bestandenen Staatsexamen folgt die Facharztausbildung in einer neurologischen Klinik mit Weiterbildungsermächtigung.

Die Weiterbildung umfasst unter anderem:

  • Die Erhebung einer Anamnese.
  • Die Untersuchung von Patienten.
  • Die Diagnose und Behandlung neurologischer Erkrankungen.
  • Die Versorgung neurologischer Notfälle und palliativmedizinischer Patienten.
  • Die Erstellung wissenschaftlich begründeter Gutachten sowie Rehabilitationspläne.

Ein Teil der Weiterbildung muss in der intensivmedizinischen Versorgung neurologischer Patienten, in der Psychiatrie und Psychotherapie sowie in der stationären neurologischen Patientenversorgung abgeleistet werden.

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Neurologische Untersuchung: Ein umfassender Überblick

Eine neurologische Untersuchung dient dazu, Krankheiten des Nervensystems zu erkennen. Sie beginnt stets mit einem Gespräch, in dem der Arzt unter anderem nach Beschwerden und Vorerkrankungen fragt (Anamnese). Danach wird geprüft, ob es äußere Anzeichen für eine Erkrankung gibt. Dies lässt sich zum Beispiel an der Art zu gehen, an der Körperhaltung, am Gleichgewicht oder an Bewegungseinschränkungen erkennen. Bei einer kurzen körperlichen Untersuchung hört die Ärztin oder der Arzt die Lunge und das Herz ab und misst den Puls.

Es folgen verschiedene Tests, deren Aufwand und Ablauf vom vermuteten Krankheitsbild abhängen. Grundsätzlich können vom Gehirn bis zum Beinmuskel alle Bereiche des Körpers neurologisch untersucht werden, die von Nervenkrankheiten betroffen sein können. Wenn eine Patientin oder ein Patient nicht oder nur eingeschränkt in der Lage ist, Fragen zu beantworten und aktiv bei den Tests mitzumachen, können nahestehende Menschen helfen.

Die neurologische Untersuchung umfasst verschiedene Aspekte:

  • Bewusstseinslage (Vigilanz): Der Arzt stellt Fragen zum Namen, aktuellen Datum oder Geburtsort, um die Vigilanz des Patienten zu testen.
  • Sensibilität: Test der Berührungs-, Schmerz-, Temperatur-, Vibrationsempfindung und Lageveränderungen am gesamten Körper.
  • Motorik und Muskelkraft: Untersuchung der Beweglichkeit und Kraft der Muskeln.
  • Koordination: Überprüfung der Koordination anhand des Finger-Nase-Versuchs.
  • Stand, Gang und Gleichgewicht: Überprüfung des Standes, des Gangs und des Gleichgewichts durch den Romberg-Stehversuch und den Unterberger-Tretversuch.
  • Reflexe: Test der Muskeleigenreflexe mit Hilfe eines Reflexhammers.

Untersuchung der Hirnnerven

Jeder Mensch hat zwölf Hirnnerven, die verschiedene Funktionen steuern. Die Hirnnerven werden einzeln wie folgt untersucht:

  • Nervus olfactorius (Riechen): Riechtests mit verschiedenen Duftstoffen.
  • Nervus opticus (Sehen): Erkennen von Gegenständen oder Buchstaben aus einer bestimmten Entfernung, Überprüfung der Pupillenreaktion.
  • Nervus oculomotorius, Nervus trochlearis, Nervus abducens (Augenbewegung): Der Patient folgt dem Finger des Arztes mit den Augen.
  • Nervus trigeminus (Kauen und Sensibilität): Der Arzt streicht dem Patienten über das Gesicht und fragt, ob er die Berührung spürt, Überprüfung der Austrittspunkte der Nervenäste auf Schmerzanfälligkeit.
  • Nervus facialis (Mimik und Geschmack): Der Patient macht verschiedene mimische Bewegungen nach, das Geschmacksempfinden wird erfragt.
  • Nervus vestibulocochlearis (Hören und Gleichgewicht): Der Arzt reibt die Finger in der Nähe der Ohren, um das Gehör zu überprüfen.
  • Nervus glossopharyngeus (Schlucken): Das Schluckvermögen wird getestet.
  • Nervus vagus (Steuerung von inneren Organen): Atmung, Herzschlag und Verdauung werden durch Abhören und Abklopfen überprüft.
  • Nervus accessorius (Teil der Kopfmuskulatur): Der Arzt drückt die Schultern nach unten, während der Patient diese hochzieht.
  • Nervus hypoglossus (Zunge): Der Patient streckt die Zunge heraus und bewegt sie in alle Richtungen.

Weitere diagnostische Verfahren

Neben der neurologischen Untersuchung kann der Neurologe weitere diagnostische Verfahren einsetzen, um die Ursache der Beschwerden zu ermitteln. Dazu gehören:

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  • Elektroenzephalographie (EEG): Messung der elektrischen Aktivität des Gehirns zur Erkennung von Epilepsie oder anderen Hirnfunktionsstörungen.
  • Elektromyographie (EMG): Messung der elektrischen Aktivität der Muskeln zur Diagnose von Muskelerkrankungen oder Nervenschäden.
  • Elektroneurographie (ENG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit zur Erkennung von Nervenschäden oder Reizleitungsstörungen.
  • Bildgebende Verfahren (CT, MRT): Darstellung von Gehirn und Rückenmark zur Erkennung von Tumoren, Entzündungen oder anderen strukturellen Veränderungen.
  • Laboruntersuchungen: Analyse von Blut und Liquor (Nervenwasser) zur Diagnose von Entzündungen, Infektionen oder Stoffwechselstörungen.

Häufige neurologische Erkrankungen

Das Spektrum neurologischer Erkrankungen ist breit gefächert. Zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen gehören:

  • Schlaganfall: Plötzliche Durchblutungsstörung des Gehirns, die zu neurologischen Ausfällen führen kann.
  • Multiple Sklerose (MS): Chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die zu vielfältigen Symptomen wie Sehstörungen, Lähmungen und Sensibilitätsstörungen führen kann.
  • Morbus Parkinson: Degenerative Erkrankung des Gehirns, die zu Bewegungsstörungen, Muskelsteifigkeit und Zittern führt.
  • Epilepsie: Chronische Erkrankung des Gehirns, die durch wiederholte Krampfanfälle gekennzeichnet ist.
  • Migräne: Anfallsartige Kopfschmerzen, die von Übelkeit, Erbrechen und Lichtempfindlichkeit begleitet sein können.
  • Demenz: Oberbegriff für verschiedene Erkrankungen, die mit einem fortschreitenden Verlust der geistigen Fähigkeiten einhergehen.
  • Polyneuropathie: Erkrankung des peripheren Nervensystems, die zu Sensibilitätsstörungen, Schmerzen und Muskelschwäche führen kann.
  • Hirntumore: Gutartige oder bösartige Wucherungen im Gehirn, die zu verschiedenen neurologischen Symptomen führen können.
  • Hirnhautentzündung (Meningitis): Entzündung der Hirnhäute, die durch Viren, Bakterien oder andere Erreger verursacht werden kann.

Wann sollte man einen Neurologen aufsuchen?

Es gibt verschiedene Symptome, bei denen ein Besuch beim Neurologen ratsam ist. Dazu gehören:

  • Anhaltende Kopfschmerzen oder Migräne
  • Schwindel
  • Lähmungen oder Muskelschwäche
  • Gefühlsstörungen wie Kribbeln oder Taubheit
  • Sehstörungen
  • Sprachstörungen
  • Gedächtnisverlust oder Verwirrtheit
  • Bewegungsstörungen
  • Krampfanfälle

Spezialisierungen innerhalb der Neurologie

Innerhalb der Neurologie gibt es verschiedene Spezialisierungen, die sich auf bestimmte Aspekte des Nervensystems und seiner Erkrankungen konzentrieren. Dazu gehören:

  • Vaskuläre Neurologie: Behandlung von Durchblutungsstörungen des Gehirns wie Schlaganfall.
  • Neuroimmunologie: Behandlung von entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems wie Multiple Sklerose.
  • Neurotraumatologie: Behandlung von Schädel-Hirn-Traumen und Verletzungen des Rückenmarks und der peripheren Nerven.
  • Neuroonkologie: Behandlung von Tumorerkrankungen des Nervensystems.
  • Neuropsychologie: Diagnostik und Therapie von kognitiven Störungen.
  • Neuroradiologie: Diagnostische Darstellung und Beurteilung von Gehirn und Nervensystem mit bildgebenden Verfahren.
  • Neurochirurgie: Operative Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems.
  • Neuropädiatrie: Behandlung neurologischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen.

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