Ein Hirntumor ist eine Raumforderung im Gehirn, die durch unkontrollierte Zellvermehrung entsteht. Diese Wucherungen können direkt im Gehirn entstehen (primäre Hirntumoren) oder von anderen Körperstellen ins Gehirn streuen (sekundäre Hirntumoren oder Hirnmetastasen). Hirntumoren sind seltene onkologische Erkrankungen bei Erwachsenen, aber die zweithäufigste Krebsart bei Kindern.
Arten von Hirntumoren
Es gibt verschiedene Arten von Hirntumoren, die sich in Ursprung, Wachstumsverhalten, Ansprechen auf Behandlung und Prognose unterscheiden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine Gradierung entwickelt, die von Grad I (gutartig, langsames Tumorwachstum, sehr gute Prognose) bis Grad IV (sehr bösartig, rasches Tumorwachstum, nach der Operation sind Strahlen- und/oder Chemotherapie notwendig, schlechte Prognose) reicht.
Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Hirntumoren.
Primäre Hirntumoren
Primäre Hirntumoren entstehen aus den Zellen des Nervensystems selbst, dem Hirnstützgewebe, den Hirnanhangsgebilden, den Hirngefäßen oder dem Hirn Stützgewebe, sowie den Lymphomen, die primär im ZNS entstehen. Es kann sich sowohl um gutartige als auch um bösartige Tumoren handeln. Zu den häufigsten primären Hirntumoren gehören:
- Gliome: Sie entstehen aus den Stützzellen des Gehirns, den Gliazellen. Je nachdem, aus welchem Zelltyp der Gliazellen sie sich entwickelt haben, unterscheidet man Astrozytome, Oligodendrogliome und Ependymome. Das Glioblastom ist ein besonders aggressiv wachsendes Astrozytom (WHO-Grad IV). Gliome machen etwa 50 % der primären Hirntumoren aus.
- Meningeome: Sie entstehen aus den Zellen der Hirnhaut und sind meist gutartig (WHO-Grad I).
- Neurinome/Schwannome: Sie entstehen aus den Zellen, die die Hirnnerven umhüllen und sind meist gutartig (WHO-Grad I). Am häufigsten ist der achte Gehirnnerv betroffen, der für den Gehör- und Gleichgewichtssinn zuständig ist (Akustikus-Neurinom oder Vestibularis-Schwannom).
- Medulloblastome: Sie entstehen aus unreifen (embryonalen) Zellen im Kleinhirn und sind bösartig (WHO-Grad IV). Sie sind die häufigsten bösartigen Tumoren bei Kindern.
Sekundäre Hirntumoren (Hirnmetastasen)
Sekundäre Hirntumoren entstehen, wenn Krebszellen aus einem anderen Organ im Körper ins Gehirn streuen und dort Metastasen bilden. Betroffene mit Hirnmetastasen erhalten eine Behandlung, die sich auch an der ursprünglichen Krebsart orientiert, von der die Metastasen stammen.
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Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für die Entstehung von Hirntumoren sind weitgehend unbekannt. Es gibt kaum bekannte Risikofaktoren für Hirntumorerkrankungen. In einigen Fällen spielen folgende Faktoren eine Rolle:
- Genetische Veranlagung: Das Risiko für einen Hirntumor ist bei bestimmten erblichen Krankheitsbildern erhöht, wie z.B. bei Tumor-Syndromen (Lynch- oder Li-Fraumeni-Syndrom) sowie bei Neurofibromatose oder Tuberöser Sklerose.
- Strahlentherapie: Hirntumoren können bei Erwachsenen und insbesondere bei Kindern und Jugendlichen viele Jahre nach einer Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich oder des Schädels auftreten.
- Familiäre Vorbelastung: Erkranken Patienten jung an einem Hirntumor, ist das Risiko für Verwandte ersten Grades zu erkranken ebenfalls leicht erhöht.
- Computertomografie (CT) im Kindesalter: Bei einer solchen diagnostischen Untersuchung der Kopf-Hals-Region kann sich das Risiko für Hirntumoren geringfügig erhöhen.
Symptome
Die Symptome eines Hirntumors hängen von der Größe, Lage und Wachstumsgeschwindigkeit des Tumors ab. Sie können sehr unterschiedlich sein. Einige häufige Symptome sind:
- Kopfschmerzen: Besonders stärker werdende und nicht auf Schmerzmittel ansprechende Schmerzen, die vor allem nachts oder in den frühen Morgenstunden auftreten und sich beim Liegen verschlimmern können.
- Neurologische Ausfälle: Lähmungen, Sprachstörungen, Sehstörungen, Gefühlsstörungen, Koordinationsstörungen, epileptische Anfälle.
- Übelkeit und Erbrechen: Häufig am frühen Morgen auf leeren Magen.
- Persönlichkeitsveränderungen: Erhöhte Reizbarkeit, geringere Frustrationsgrenze, Wesensveränderungen.
- Hormonelle Störungen: Können durch Tumoren im Bereich der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) verursacht werden.
- Schwindel
- Bewusstseinsstörungen
- Gedächtnisstörungen
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome auch andere Ursachen haben können. Bei Verdacht auf einen Hirntumor sollte jedoch umgehend ein Arzt aufgesucht werden.
Diagnose
Bei Verdacht auf einen Hirntumor wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und eine neurologische Untersuchung durchführen. Anschließend kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz, um den Tumor sichtbar zu machen:
- Magnetresonanztomographie (MRT): Sie ist die wichtigste Methode zur Darstellung von Hirntumoren. Mit speziellen Sequenzen können zusätzlich die verschiedenen Funktionsbereiche und dazugehörigen Leitungsbahnen des Gehirns dargestellt werden (funktionelle MRT/Traktografie). In den Schön Kliniken wird aus den Daten der MRT mithilfe einer speziellen Computer-Software ein dreidimensionales Bild des Gehirns berechnet. Dieses dient zur Planung einer neuronavigierten Operation.
- Computertomographie (CT): Sie kann ebenfalls zur Darstellung von Hirntumoren eingesetzt werden, ist aber weniger genau als die MRT.
- Biopsie: Wenn sich in der MRT eine tumorverdächtige Struktur zeigt, kann eine Biopsie weitere Klarheit schaffen. Nach vorheriger Planung kann millimetergenau eine kleine Gewebeprobe aus dem Gehirn entnommen werden. Dies genügt in den allermeisten Fällen, um die genaue Artdiagnose eines Tumors zu stellen. Eine Biopsie kann neuronavigiert oder auch robotergestützt durchgeführt werden. Die neuropathologische Untersuchung des Tumorgewebes ist wichtig für die exakte Diagnosestellung und die Bestimmung des Tumortyps und -grades.
Behandlung
Die Behandlung von Hirntumoren hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Gewebetyp des Tumors, seinem WHO-Grad, der Größe und Lage des Tumors, dem Alter und Allgemeinzustand des Patienten. Drei verschiedene Therapiemöglichkeiten können alleine oder auch in Kombination zum Einsatz kommen:
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Operation
Im Idealfall kann der Gehirntumor vollständig operativ entfernt werden, ohne Tumorzellen zurückzulassen. Häufig gelingt es jedoch nur, einen Grossteil des Tumors zu entfernen. In manchen Fällen, z.B. bei schlechtem Allgemeinzustand des Patienten oder ungünstiger Tumorlage, kann auch nur die Entnahme einer kleinen Gewebeprobe (Biopsie) zur Diagnosesicherung möglich sein. Die Lage eines Hirntumors beeinflusst die Behandlung maßgeblich. Tumoren in gut erreichbaren Bereichen lassen sich oft operativ entfernen, was die besten Heilungschancen bietet. Befindet sich der Tumor nahe an wichtigen Hirnregionen - etwa für Sprache, Bewegung oder Atmung - kann eine vollständige Entfernung zu riskant sein.
Strahlentherapie
Da in den allermeisten Fällen keine vollständige Entfernung der Tumorzellen möglich ist und durch eine ausgedehnte Operation lebenswichtige Strukturen des Gehirns verletzt werden würden, ist eine Nachbehandlung mittels Strahlentherapie angeraten. Auch bei vollständiger Tumorentfernung ist in Abhängigkeit vom WHO-Grad des Tumors eine Nachbehandlung sinnvoll. Eine Strahlentherapie als Ersttherapie wird insbesondere dann eingesetzt, wenn der Tumor an einer besonders kritischen Stelle im Gehirn liegt und deswegen nur eine Biopsieentnahme und keine Operation möglich ist. Die Anzahl der Bestrahlungssitzungen und die Bestrahlungsintensität sind abhängig vom Gewebetyp.
Die Strahlentherapie hat die Vernichtung der Krebszellen zum Ziel. Durch eine gezielte Strahlenkonzentration sollen die Krebszellen geschädigt, das gesunde Gewebe aber verschont werden. Durch eine Bestrahlung kann das Risiko eines erneuten Tumorwachstums vermindert werden. Auch bei weit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen mit großen Tumoren oder Metastasen kann die Strahlentherapie eingesetzt werden, in diesem Fall insbesondere zur Kontrolle der Beschwerden und zur Schmerzlinderung.
Während der Strahlentherapie können Nebenwirkungen wie Kopfdruck, Kopfschmerzen, Übelkeit, Haarausfall und ggf. Müdigkeit auftreten. Die meisten Nebenwirkungen können jedoch häufig durch den Einsatz von verschiedenen Medikamenten gemildert werden.
Chemotherapie
Eine Chemotherapie alleine, ohne Operation und Strahlentherapie, zeigt bei den meisten Gehirntumoren eine nur geringe Wirkung. Jedoch kann eine Chemotherapie bei kombiniertem Einsatz mit der Strahlentherapie die Wirkung der Strahlentherapie verbessern. Die Chemotherapie kann nach Ende der Bestrahlung bei nachgewiesener Wirksamkeit fortgesetzt werden, um die bis dahin erreichte Wirkung (Symptomkontrolle, Größenstabilisierung oder Größenreduktion) aufrecht zu erhalten und weiter zu verbessern. Auch bei Einsatz einer Chemotherapie nach einer Strahlentherapie, wenn diese nicht mehr möglich ist, z.B. im Falle eines erneuten Auftretens eines Tumors, kann durch verschiedene Substanzen und durch verschiedene Kombinationen eine Symptomkontrolle ggf. mit Ansprechen des Tumors (Größenstabilisierung oder Größenreduktion) erreicht werden.
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Seit kurzem stehen zur Chemotherapie von Gehirntumoren neuere gutverträgliche Substanzen zur Verfügung, für die eine Wirksamkeit bei verschiedenen Tumoren des Gehirns gezeigt werden konnte und für andere Tumoren im Weiteren noch gezeigt werden muss. Da aufgrund neuer Erkenntnisse die Wirksamkeit vieler bekannter und neuentwickelter Substanzen in der Therapie der Gehirntumoren untersucht werden, ist es grundsätzlich für Patienten mit einem Gehirntumor ratsam, diese tumorspezifischen Therapien von spezialisierten Ärzten an "Therapiezentren" und falls möglich innerhalb "klinischer Studien" durchführen zu lassen. Ein Teil dieser Therapien kann ambulant durchgeführt werden.
Weitere Therapieansätze
- Zielgerichtete Therapien: Sie zielen auf spezifische Eigenschaften des Tumors ab und können in bestimmten Fällen eingesetzt werden.
- Immuntherapie: Sie aktiviert das körpereigene Immunsystem, um Krebszellen zu bekämpfen. Sie wird bei einigen Hirntumoren bereits eingesetzt und wird in klinischen Studien weiter erforscht.
Supportive Therapie
Der Gehirntumor selbst oder Nebenwirkungen einer Therapie können Beschwerden auslösen. Ziel einer supportiven Therapie ist es, solche Beschwerden zu lindern. Sie kann Beschwerden, die durch die Krebserkrankung selbst und/oder die Behandlung entstehen, lindern oder vorbeugen.
Nachsorge
Nach der Therapie sind regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen wichtig, um ein Rezidiv (Wiederauftreten des Tumors) frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Die Nachsorge umfasst in der Regel regelmäßige MRT-Untersuchungen und neurologische Untersuchungen.
Prognose
Die Prognose bei Hirntumoren hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. dem Tumortyp, seinem WHO-Grad, der Vollständigkeit der operativen Entfernung, dem Ansprechen auf die Therapie und dem Allgemeinzustand des Patienten. Grundsätzlich gilt: Je früher ein Gehirntumor erkannt wird, umso günstiger ist die Prognose für den Patienten. Bei gutartigen Hirntumoren, die vollständig entfernt werden können, ist die Prognose in der Regel sehr gut. Bei bösartigen Hirntumoren ist die Prognose oft ungünstiger, aber auch hier gibt es je nach Tumortyp und -grad große Unterschiede. In Abhängigkeit von der WHO-Klassifikation des Tumors ist meist jedoch keine Heilung, sondern eine Symptomkontrolle ggf. mit Verlängerung des Überlebens und Stabilisierung bzw. Reduktion der Tumorgröße möglich.
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