Was tun bei der Demenzdiagnose: Ein umfassender Ratgeber für Betroffene und Angehörige

Die Diagnose Demenz stellt einen Wendepunkt im Leben dar - sowohl für die betroffene Person als auch für ihre Angehörigen. Plötzlich stehen Sie vor neuen Herausforderungen, die den Alltag verändern und Anpassungen erfordern. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, die ersten Schritte nach der Diagnose zu meistern, den Alltag zu erleichtern und ein stabiles Miteinander zu gestalten.

Was bedeutet die Diagnose Demenz?

Der Begriff "Demenz" ist ein Oberbegriff für eine Vielzahl von Erkrankungen, die mit einem Verlust der geistigen Fähigkeiten einhergehen. Es gibt nicht "die eine" Demenz, sondern verschiedene Formen mit unterschiedlichen Ursachen. Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Form, gefolgt von vaskulärer Demenz und anderen selteneren Formen wie der Lewy-Körperchen-Krankheit und der frontotemporalen Demenz.

Primäre und sekundäre Demenzen

Es wird grundsätzlich zwischen primären und sekundären Demenzformen unterschieden. Primäre Demenzen, wie die Alzheimer-Krankheit, sind in der Regel irreversibel und werden durch Veränderungen im Gehirn verursacht. Sekundäre Demenzen hingegen sind Folgeerscheinungen anderer Grunderkrankungen, wie Stoffwechselstörungen, Vitaminmangel oder chronische Vergiftungen. In einigen Fällen können sekundäre Demenzen behandelt und sogar geheilt werden, was zu einer Rückbildung der Symptome führen kann.

Häufige Demenzformen im Überblick

  • Alzheimer-Krankheit: Mit einem Anteil von 60 bis 65 Prozent ist die Alzheimer-Krankheit die häufigste Demenzform. Sie wird durch den Verlust von Nervenzellen im Gehirn verursacht, was Gedächtnis, Sprache, Orientierung und Wahrnehmung beeinträchtigen kann.
  • Vaskuläre Demenz: Diese Form der Demenz wird durch Veränderungen der Blutgefäße im Gehirn verursacht. Verengungen oder Schädigungen der Gefäße führen zu Durchblutungsstörungen und Schädigungen des Hirngewebes. Risikofaktoren sind Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes und Rauchen.
  • Lewy-Körperchen-Krankheit: Diese Demenzform ist durch den Verlust von Nervenzellen gekennzeichnet, der zu kognitiven Einschränkungen, Bewegungsstörungen und Wahnvorstellungen führen kann.
  • Frontotemporale Demenz: Diese seltene Form betrifft vor allem jüngere Menschen und führt zu Verhaltensänderungen und/oder Sprachstörungen.

Erste Schritte nach der Diagnose

Die Diagnose Demenz wirft viele Fragen auf und kann Ängste und Unsicherheiten auslösen. Es ist wichtig, sich umfassend zu informieren und professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Der Hausarzt als erster Ansprechpartner

Der Hausarzt ist in der Regel die erste Anlaufstelle bei Verdacht auf Demenz. Er kann erste Untersuchungen durchführen und bei Bedarf an Fachärzte (Neurologen, Psychiater, Geriater) oder Gedächtnisambulanzen überweisen.

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Diagnoseverfahren

Zur Diagnose einer Demenz werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:

  • Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte, aktuelle Beschwerden, Vorerkrankungen und Risikofaktoren. Angehörige können wichtige Informationen beisteuern.
  • Körperliche Untersuchung: Eine allgemeine körperliche Untersuchung dient dazu, andere mögliche Ursachen für die Beschwerden auszuschließen.
  • Kognitive Tests: Neuropsychologische Tests überprüfen Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und andere Hirnfunktionen. Häufig eingesetzt wird der Mini-Mental-Status-Test (MMST).
  • Bildgebende Verfahren: Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) ermöglichen Einblicke ins Gehirn und können Veränderungen wie Durchblutungsstörungen oder Schlaganfälle sichtbar machen.
  • Blut- und Nervenwasseruntersuchung: Diese Untersuchungen können helfen, behandelbare Ursachen einer Demenz zu erkennen oder bestimmte Biomarker nachzuweisen, die für die Alzheimer-Krankheit typisch sind.

Die Bedeutung einer frühen Diagnose

Auch wenn die meisten Demenzformen nicht heilbar sind, ist eine frühe Diagnose wichtig. Sie ermöglicht:

  • Ausschluss anderer Erkrankungen: Symptome, die einer Demenz ähneln, können auch durch andere behandelbare Erkrankungen verursacht werden.
  • Frühzeitige Behandlung: Medikamente und andere Therapien können den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen und Symptome lindern.
  • Planung der Zukunft: Betroffene und Angehörige haben die Möglichkeit, wichtige Entscheidungen zu treffen, wie z.B. die Erstellung einer Vorsorgevollmacht oder die Wahl der Pflegeform.
  • Entlastung und Verständnis: Die Diagnose kann helfen, Verhaltensweisen besser einzuordnen und nachzuvollziehen, was zu mehr Verständnis und Akzeptanz innerhalb der Familie führen kann.

Alltag mit Demenz gestalten

Der Alltag mit Demenz kann herausfordernd sein, aber mit den richtigen Strategien und Hilfsmitteln können Sie die Lebensqualität für die betroffene Person und ihre Angehörigen verbessern.

Kommunikation

Die Kommunikation mit Menschen mit Demenz erfordert Geduld und Einfühlungsvermögen. Hier sind einige Tipps:

  • Sprechen Sie langsam und deutlich.
  • Verwenden Sie einfache Sätze und vermeiden Sie komplizierte Begriffe.
  • Wiederholen Sie Informationen bei Bedarf.
  • Achten Sie auf nonverbale Signale wie Mimik und Gestik.
  • Nehmen Sie sich Zeit für Gespräche und zeigen Sie Wertschätzung.
  • Versuchen Sie, sich in die Perspektive des Betroffenen hineinzuversetzen.
  • Erinnern Sie sich daran, dass auch im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ein Austausch möglich ist.

Tagesstruktur und Routinen

Eine klare Tagesstruktur und feste Routinen geben Menschen mit Demenz Sicherheit und Orientierung.

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  • Halten Sie sich an vertraute Abläufe wie Aufstehen, Frühstücken, Anziehen und Duschen.
  • Planen Sie regelmäßige Aktivitäten ein, die Freude bereiten, wie Spaziergänge, soziale Kontakte oder Hobbys.
  • Sorgen Sie für ausreichend Tageslicht und frische Luft am Tag und für Ruhe und gedimmtes Licht am Abend.

Ernährung

Eine Demenzerkrankung kann das Ess- und Trinkverhalten verändern. Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Flüssigkeitszufuhr.

  • Bieten Sie feste Essenszeiten und eine ruhige Umgebung.
  • Verwenden Sie vertrautes Geschirr.
  • Beobachten Sie das Essverhalten und passen Sie die Ernährung bei Bedarf an.
  • Achten Sie auf Kau- und Schluckbeschwerden und bieten Sie gegebenenfalls pürierte oder weiche Kost an.

Körperpflege

Die Körperpflege kann für Menschen mit Demenz eine Herausforderung darstellen.

  • Schaffen Sie eine angenehme und entspannte Atmosphäre.
  • Vermeiden Sie Sinnesüberlastung durch laute Geräusche, helles Licht oder intensive Düfte.
  • Bereiten Sie die Aktivitäten behutsam und in kleinen Schritten vor.
  • Ermutigen Sie die Betroffenen, sich so weit wie möglich selbst zu versorgen.
  • Halten Sie das Angebot an Kleidung klein und leicht kombinierbar.

Umgang mit "herausforderndem Verhalten"

Im Verlauf einer Demenzerkrankung kann es zu Verhaltensänderungen kommen, die als "herausforderndes Verhalten" bezeichnet werden. Dazu gehören Unruhe, Aggressivität, Rückzug oder Verweigerung. Es ist wichtig, die Ursachen für dieses Verhalten zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.

  • Versuchen Sie, das Verhalten genau zu beschreiben und die Auslöser zu identifizieren.
  • Berücksichtigen Sie sowohl Hintergrundfaktoren (Persönlichkeit, Biographie) als auch Nahfaktoren (Schmerzen, Hunger, Langeweile).
  • Erkennen Sie "herausforderndes Verhalten" als eine Form der Kommunikation an.
  • Gehen Sie aus der Situation heraus, wenn der Geduldsfaden reißt.
  • Holen Sie sich professionelle Hilfe und Unterstützung.

Unterstützung für Angehörige

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die Angehörige oft an ihre Grenzen bringt. Es ist wichtig, sich rechtzeitig Unterstützung zu suchen und auf die eigenen Bedürfnisse zu achten.

Beratungsstellen und Anlaufstellen

Es gibt zahlreiche Beratungsstellen und Anlaufstellen, die Angehörigen von Menschen mit Demenz Unterstützung anbieten:

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  • Pflegeberatungsstellen und Pflegestützpunkte: Hier erhalten Sie Informationen zu Pflegeleistungen, Finanzierungsmöglichkeiten und Entlastungsangeboten.
  • Alzheimer Gesellschaften: Diese bieten Beratung, Selbsthilfegruppen und Schulungen für Angehörige an.
  • Krankenkassen: Ihre Krankenkasse kann Sie zu den verschiedenen Unterstützungsleistungen beraten.
  • Online-Selbsthilfeprogramme: Die AOK bietet beispielsweise ein Online-Selbsthilfeprogramm für pflegende Angehörige an.

Entlastungsangebote

Nutzen Sie die verschiedenen Entlastungsangebote, um sich Freiräume zu schaffen und neue Kraft zu tanken:

  • Ambulante Pflegedienste: Diese übernehmen die Pflege und Betreuung im häuslichen Umfeld.
  • Tagespflege: Menschen mit Demenz verbringen den Tag in einer Tagespflegeeinrichtung und werden dort betreut.
  • Kurzzeitpflege: Bei Bedarf können Menschen mit Demenz vorübergehend in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung untergebracht werden.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich und entlastend sein.
  • Pflegekurse: In Pflegekursen lernen Sie wichtige Handgriffe und erhalten Informationen zum Umgang mit Demenz.

Rechtliche Vorsorge

Im Anfangsstadium einer Demenz können wichtige Entscheidungen noch selbst getroffen werden. Klären Sie rechtzeitig Fragen der rechtlichen Vertretung und Vorsorge:

  • Vorsorgevollmacht: Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine Vertrauensperson, Ihre Angelegenheiten zu regeln, wenn Sie selbst nicht mehr dazu in der Lage sind.
  • Betreuungsverfügung: In einer Betreuungsverfügung legen Sie fest, wer im Bedarfsfall als rechtlicher Betreuer bestellt werden soll.
  • Patientenverfügung: In einer Patientenverfügung äußern Sie Ihre Wünsche zur medizinischen Behandlung im Falle einer schweren Erkrankung.

Prävention von Demenz

Auch wenn nicht alle Demenzformen vermeidbar sind, gibt es einige Risikofaktoren, die Sie beeinflussen können. Eine gesunde Lebensweise kann dazu beitragen, das Risiko einer Demenzerkrankung zu senken.

Veränderbare Risikofaktoren

  • Rauchen: Verzichten Sie auf das Rauchen.
  • Übermäßiger Alkoholkonsum: Trinken Sie Alkohol nur in Maßen.
  • Bewegungsmangel: Bewegen Sie sich regelmäßig.
  • Bluthochdruck: Lassen Sie Ihren Blutdruck regelmäßig kontrollieren und behandeln.
  • Übergewicht: Achten Sie auf ein gesundes Gewicht.
  • Diabetes: Lassen Sie sich auf Diabetes untersuchen und behandeln.
  • Nicht korrigierte Schwerhörigkeit: Lassen Sie Ihre Ohren untersuchen und gegebenenfalls ein Hörgerät anpassen.
  • Geistige Inaktivität: Fordern Sie Ihr Gehirn regelmäßig heraus.
  • Soziale Isolation: Pflegen Sie soziale Kontakte.
  • Depression: Lassen Sie sich bei Depressionen behandeln.
  • Kopfverletzungen: Vermeiden Sie Kopfverletzungen.
  • Luftverschmutzung: Achten Sie auf eine gute Luftqualität.

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