Die Diagnose Demenz ist für Betroffene und Angehörige ein einschneidendes Ereignis. Umso wichtiger ist es, frühzeitig zu handeln und die richtigen Schritte einzuleiten. Dieser Artikel soll Ihnen helfen, den Verdacht auf Demenz richtig einzuordnen und die ersten Schritte zu unternehmen.
Was ist Demenz?
Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich "ohne Geist". Er beschreibt den fortschreitenden Verlust geistiger Fähigkeiten wie Gedächtnis, Denkvermögen, Orientierung und Sprache. Eine Demenz geht jedoch weit über reine Vergesslichkeit hinaus. Betroffene haben zunehmend Schwierigkeiten, sich in ihrem Alltag zurechtzufinden, vertraute Tätigkeiten auszuführen und für sich selbst zu sorgen.
Aktuell leben in Deutschland rund 1,6 Millionen Menschen mit Demenz. Heilbar ist die Krankheit bis heute nicht, aber eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können den Verlauf positiv beeinflussen und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
Formen der Demenz
Es gibt verschiedene Formen von Demenz, die sich in ihren Ursachen und Symptomen unterscheiden. Die häufigsten sind:
- Alzheimer-Krankheit: Sie ist die häufigste Form der Demenz und macht etwa 60 Prozent aller Fälle aus. Hierbei bilden sich Eiweißablagerungen im Gehirn, die zum Absterben von Nervenzellen führen.
- Vaskuläre Demenz: Sie ist die zweithäufigste Form und wird durch Durchblutungsstörungen im Gehirn verursacht.
- Lewy-Körperchen-Demenz: Bei dieser Form treten neben kognitiven Beeinträchtigungen auch Symptome wie Halluzinationen, Schwankungen in der Aufmerksamkeit und Bewegungsstörungen auf.
- Frontotemporale Demenz: Diese seltene Form betrifft vor allem den Stirn- und Schläfenlappen des Gehirns und führt zu Veränderungen im Verhalten, der Persönlichkeit und der Sprache.
- Sekundäre Demenz: Diese Form wird durch andere Grunderkrankungen wie Tumor-, Stoffwechselerkrankungen oder Alkoholmissbrauch verursacht. In manchen Fällen können sich die Demenz-Symptome bessern, wenn die Grunderkrankung behandelt wird.
Anzeichen und Symptome: Wann sollte man hellhörig werden?
Die meisten Demenzerkrankungen beginnen schleichend und bleiben oft lange unbemerkt. Es gibt jedoch bestimmte Anzeichen und Symptome, die auf eine beginnende Demenz hindeuten können:
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- Gedächtnisstörungen: Vor allem das Kurzzeitgedächtnis ist betroffen. Betroffene vergessen beispielsweise Termine, wiederholen Fragen oder verlegen Gegenstände. Dinge aus der weiter zurückliegenden Vergangenheit sind oft noch gut erinnerlich.
- Orientierungsstörungen: Schwierigkeiten, sich in ungewohnter Umgebung zurechtzufinden oder sich an den Wochentag zu erinnern.
- Sprachprobleme: Wortfindungsstörungen, Schwierigkeiten, Gesprächen zu folgen oder sich auszudrücken.
- Veränderungen im Verhalten und der Persönlichkeit: Betroffene werden launisch, ziehen sich zurück, sind unruhig oder zeigen ungewöhnliche Verhaltensweisen.
- Probleme mit alltäglichen Aufgaben: Schwierigkeiten, vertraute Tätigkeiten wie Kochen, Einkaufen oder die Bedienung von technischen Geräten auszuführen.
- Fehlendes Urteilsvermögen: Betroffene treffen unüberlegte Entscheidungen oder unterschätzen Gefahren.
Es ist wichtig zu beachten, dass diese Symptome auch andere Ursachen haben können, wie z.B. Depressionen, Stress oder altersbedingte Veränderungen. Wenn Sie jedoch mehrere dieser Anzeichen bei sich oder einem Angehörigen beobachten, sollten Sie einen Arzt aufsuchen.
Erste Schritte bei Verdacht auf Demenz
Wenn Sie den Verdacht haben, dass eine Demenz vorliegen könnte, sind folgende Schritte empfehlenswert:
1. Gespräch mit dem Hausarzt
Die erste Anlaufstelle ist in der Regel der Hausarzt. Dieser kann die Beschwerden beurteilen, eine erste Untersuchung durchführen und gegebenenfalls an einen Facharzt überweisen.
Im Gespräch mit dem Arzt sollten Sie alle beobachteten Symptome und Veränderungen schildern. Es ist hilfreich, wenn Sie sich im Vorfeld Notizen machen, um nichts zu vergessen. Der Arzt wird auch nach Vorerkrankungen, Medikamenten und möglichen Risikofaktoren fragen.
2. Fachärztliche Untersuchung
Der Hausarzt kann Sie an einen Neurologen oder Psychiater überweisen, der weitere Untersuchungen durchführen kann, um die Diagnose zu sichern und die Form der Demenz zu bestimmen.
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Folgende Diagnoseverfahren können zum Einsatz kommen:
- Kognitive Tests: Diese Tests überprüfen verschiedene geistige Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Sprache und Problemlösungsfähigkeit. Ein Beispiel ist der MMST (Mini-Mental-Status-Test), den Sie auch selbst ausprobieren können. Beachten Sie jedoch, dass die Ergebnisse zuverlässiger sind, wenn der Test von einem Experten durchgeführt wird.
- Bildgebende Verfahren: Mittels Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) können Veränderungen im Gehirn sichtbar gemacht werden, die auf eine Demenz hindeuten.
- Laboruntersuchungen: Blut- und Nervenwasseruntersuchungen können bestimmte Biomarker nachweisen, die für die Alzheimer-Krankheit typisch sind.
- Neuopsychologische Testung: Das Gedächtnis, die Aufmerksamkeit, die Sprache und verschiedene andere höhere Hirnfunktionen werden untersucht. Das sind Tests, die mit dem Stift auszufüllen sind oder am Computer.
- Kurztest: In einem Kurztest werden drei Wörter vorgegeben, z.B. 'Auto, Blume, Kerze', dann wird eine kleine Rechenaufgabe - Man muss von 100 sieben abziehen bis 65 runter - gestellt. Damit wird so ein bisschen die Aufmerksamkeit, den Faden halten, die Konzentration geprüft und nachdem die Patienten gerechnet haben, wird gefragt: 'Ich hatte Ihnen eben oder Sie hatten mir drei Wörter wiederholt, wie hießen die? Und die Patienten, die eine deutlichere Ausprägung haben, die können sich nie diese drei Wörter merken.
- Ausführlicher Gedächtnistest: In der Gedächtnisambulanz wird ein ausführlicher Gedächtnistest durchgeführt, bei dem man 15 Wörter lernen muss und zwar fünfmal hintereinander und dass danach eine zweite Wortliste gelernt wird, auch mit 15 Wörtern und dass danach - nach weiteren 20 Minuten - nach der ersten Wortliste nochmal gefragt wird.
3. Diagnosemitteilung und Beratung
Nachdem alle Untersuchungen abgeschlossen sind, wird der Arzt die Diagnose mitteilen und die weiteren Behandlungsmöglichkeiten besprechen. Es ist wichtig, dass Sie sich ausreichend Zeit nehmen, um alle Fragen zu stellen und sich umfassend beraten zu lassen.
Scheuen Sie sich nicht, eine zweite Meinung einzuholen, wenn Sie sich unsicher fühlen.
4. Informationen sammeln und Unterstützung suchen
Besteht der Verdacht auf Demenz, hilft es Ihnen als Angehöriger, sich über die Krankheit zu informieren. Es gibt zahlreiche Informationsangebote für Betroffene und Angehörige, wie z.B. Broschüren, Webseiten, Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft ist eine wichtige Anlaufstelle für Informationen und Unterstützung.
Auch die AOK bietet spezielle Pflegekurse an, in denen nicht nur Basiswissen vermittelt wird, sondern auch intensiv auf die Pflege zu Hause eingegangen wird. In einigen Fällen besteht die Möglichkeit, einen speziellen Aufbaukurs für die Pflege von Demenzkranken zu absolvieren. Die Pflegekurse finden sowohl vor Ort als auch online statt.
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5. Rechtliche und finanzielle Fragen klären
Eine Demenzdiagnose wirft viele rechtliche und finanzielle Fragen auf, die frühzeitig geklärt werden sollten. Dazu gehören:
- Vorsorgevollmacht: Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigen Sie eine Vertrauensperson, Entscheidungen zu treffen, wenn Sie selbst dazu nicht mehr in der Lage sind.
- Patientenverfügung: In einer Patientenverfügung legen Sie fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen oder ablehnen, wenn Sie nicht mehr in der Lage sind, sich selbst zu äußern.
- Betreuungsverfügung: Wenn keine Vorsorgevollmacht vorliegt, kann das Betreuungsgericht einen rechtlichen Betreuer bestellen. Mit einer Betreuungsverfügung können Sie festlegen, wer diese Aufgabe übernehmen soll.
- Pflegegrad beantragen: Um finanzielle Unterstützung für die Pflege zu erhalten, müssen Sie einen Pflegegrad bei der Pflegekasse beantragen.
6. Alltag anpassen und Unterstützung organisieren
Menschen mit Demenz benötigen im Alltag zunehmend Unterstützung. Es ist wichtig, die Lebensumstände an ihre Bedürfnisse anzupassen und Hilfen zu organisieren.
Folgende Maßnahmen können hilfreich sein:
- Wohnung demenzgerecht einrichten: Entfernen Sie Stolperfallen, sorgen Sie für eine gute Beleuchtung und installieren Sie bei Bedarf Handläufe.
- Tagesstruktur schaffen: Feste Tagesabläufe und Rituale geben Orientierung und Sicherheit.
- Unterstützung im Haushalt und bei der Pflege organisieren: Ambulante Pflegedienste, Tagesbetreuung oder eine Haushaltshilfe können Angehörige entlasten.
- Technische Hilfsmittel nutzen: Hausnotrufsysteme, Ortungsgeräte oder spezielle Apps können die Sicherheit erhöhen.
Umgang mit Verhaltensänderungen bei Demenz
Demenz kann zu Verhaltensänderungen führen, die für Angehörige eine große Herausforderung darstellen. Es ist wichtig, diese Veränderungen zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren.
Typische Verhaltensänderungen sind:
- Unruhe und Umherwandern: Betroffene sind rastlos und laufen ziellos umher.
- Aggressivität: Betroffene reagieren gereizt, aggressiv oder ausfallend.
- Wahnvorstellungen und Halluzinationen: Betroffene haben falsche Überzeugungen oder nehmen Dinge wahr, die nicht real sind.
- Schreien: Betroffene schreien ohne erkennbaren Grund.
- Depressionen und Rückzug: Betroffene sind traurig, ziehen sich zurück und verlieren das Interesse an ihren Hobbys.
Im Umgang mit diesen Verhaltensänderungen ist es wichtig, geduldig, verständnisvoll und einfühlsam zu sein. Versuchen Sie, die Ursachen für das Verhalten zu erkennen und die Bedürfnisse des Betroffenen zu erfüllen. Vermeiden Sie Diskussionen und Konfrontationen und lenken Sie den Betroffenen ab, wenn er sich in einer schwierigen Situation befindet.
Es gibt auch spezielle Schulungen und Kurse, in denen pflegende Angehörige lernen, mit herausforderndem Verhalten umzugehen.
Selbstfürsorge für Angehörige
Die Pflege eines Menschen mit Demenz ist eine große Belastung, die oft über Jahre andauert. Es ist daher wichtig, dass Sie als Angehöriger auch auf Ihre eigene Gesundheit und Ihr Wohlbefinden achten.
Nehmen Sie sich regelmäßig Auszeiten, um neue Energie zu tanken. Suchen Sie sich Unterstützung bei anderen Familienmitgliedern, Freunden oder professionellen Helfern. Treiben Sie Sport, pflegen Sie Ihre Hobbys und gönnen Sie sich Entspannung.
Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie sich überfordert fühlen. Es gibt zahlreiche Beratungsstellen und Selbsthilfegruppen, die Ihnen zur Seite stehen.