Weiße Flecken im Gehirn nach Corona: Ursachen und Hintergründe

Obwohl COVID-19 primär als Atemwegserkrankung bekannt ist, manifestieren sich bei vielen Patienten neurologische Symptome. Diese reichen von einem Verlust des Geruchssinns über unspezifische Beschwerden wie Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen bis hin zu kognitiven Störungen und Schlaganfällen. Die Ursachen dieser neurologischen Komplikationen sind komplex und noch nicht vollständig verstanden. Ein besonderes Merkmal, das bei einigen Patienten beobachtet wird, sind "weiße Flecken" im Gehirn, die in Magnetresonanztomografien (MRT) sichtbar werden. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen dieser weißen Flecken im Zusammenhang mit COVID-19 und gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung.

Neurologische Symptome bei COVID-19: Ein breites Spektrum

COVID-19 kann eine Vielzahl neurologischer Symptome auslösen. Zu den häufigsten gehören:

  • Riechstörungen: Treten bei einem Großteil der Betroffenen auf und können auch nach der akuten Infektion bestehen bleiben.
  • Kopfschmerzen und Muskelschmerzen: Sind unspezifische Symptome, die jedoch häufig im Zusammenhang mit COVID-19 auftreten.
  • Bewusstseinsstörungen und Delir: Werden vor allem bei schweren Krankheitsverläufen beobachtet und können ein Indikator für eine schlechtere Prognose sein.
  • Schlaganfälle: Können in jeder Phase der Erkrankung auftreten und sich durch typische halbseitige Lähmungen sowie Sensibilitäts- und Sehstörungen äußern.
  • Entzündungen des Gehirns und Rückenmarks: Sind selten, aber möglich und können durch das Virus selbst oder durch eine Reaktion des Immunsystems bedingt sein.

Weiße Flecken im MRT: Was bedeuten sie?

Auf MRT-Bildern des Gehirns erscheinen weiße Flecken als hyperintense Läsionen. Häufig handelt es sich dabei um Entzündungsherde. Diese Läsionen können verschiedene Ursachen haben, darunter:

  • Entzündungsreaktionen: COVID-19 kann Entzündungsreaktionen im Gehirn auslösen, die zu weißen Flecken führen.
  • Mikroblutungen: Punktuelle Blutungen in den kleineren Blutgefäßen des Gehirns können ebenfalls als weiße Flecken sichtbar werden.
  • Mikrothromben: Kleine Blutgerinnsel, die Infarkte auslösen, können ebenfalls zu Läsionen führen.
  • Hypoxische Schäden: Sauerstoffmangel im Gehirn, beispielsweise aufgrund von Atemwegsproblemen, kann ebenfalls Schäden verursachen.

Ursachenforschung: Was zeigen aktuelle Studien?

Mehrere Forschungsteams haben sich mit den Ursachen der neurologischen Komplikationen bei COVID-19 beschäftigt und dabei unterschiedliche Erkenntnisse gewonnen.

  • Studie von Isaac Solomon (Brigham and Women’s Hospital): Fand bei der Untersuchung von Gehirnen von COVID-19-Patienten vor allem hypoxische Schäden und in einigen Fällen auch genetische Spuren des Virus im Gehirn.
  • Studie von Avindra Nath (US-National Institute of Neurological Disorders and Stroke): Verglich MRT-Befunde mit histologischen Präparaten von Verstorbenen. Dabei zeigten sich punktförmige Läsionen, die entweder hypointens (dunkel) oder hyperintens (hell) waren. Die hyperintensen Läsionen wiesen auf Entzündungsherde hin, während die hypointensen Läsionen eher auf Blutungen deuteten. Die Forscher vermuten, dass die Läsionen die Folge einer entzündlichen Reaktion des Gehirns oder von Mikrothromben sind.
  • Studie der Charité - Universitätsmedizin Berlin: Fand keine SARS-CoV-2-infizierten Nervenzellen im Gehirn von verstorbenen COVID-19-Patienten. Die Forscher vermuten, dass die neurologischen Symptome eher eine Folge der Entzündung im Rest des Körpers sind.
  • Freiburger Forscherinnen: Fanden im Gehirn von COVID-19-Genesenen Anzeichen einer anhaltenden Aktivierung des angeborenen Immunsystems. Diese Erkenntnisse könnten entscheidend für die Entwicklung neuer Therapien für Patientinnen mit langfristigen neurologischen Symptomen nach COVID-19 sein.

Mechanismen der Hirnschädigung durch SARS-CoV-2

Wie genau SARS-CoV-2 das Gehirn schädigt, ist noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Hypothesen:

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  • Direkte Schädigung der Blutgefäße: Das Coronavirus kann über den ACE2-Rezeptor in die Endothelzellen der Blutgefäße eindringen und diese schädigen. Dies kann zu einer Zerstörung der Blut-Hirn-Schranke und zu einer Beeinträchtigung der Hirnfunktion führen.
  • Indirekte Schädigung durch Immunreaktionen: Die Entzündungsreaktionen, die durch die Virusinfektion ausgelöst werden, können auch das Gehirn schädigen. Immunzellen können ins Gehirn wandern und dort Entzündungen verursachen.
  • Schädigung über den Riechnerv: Das Virus kann über die Riechschleimhaut in das Gehirn gelangen und dort Schäden verursachen.
  • Hypoxie: Sauerstoffmangel aufgrund von Atemwegsproblemen kann zu Hirnschäden führen.

Die Rolle der weißen Substanz

Einige Studien deuten darauf hin, dass die weiße Substanz im Gehirn besonders anfällig für Schädigungen durch COVID-19 ist. Die weiße Substanz besteht aus Nervenfasern (Axonen), die die verschiedenen Hirnregionen miteinander verbinden. Entzündungen oder Schädigungen der weißen Substanz können die Kommunikation zwischen den Hirnregionen beeinträchtigen und zu kognitiven Störungen führen. Eine Studie aus Freiburg konnte mittels DMI ("diffusion microstructure imaging") bei Covid-19-Betroffenen mit subakuten neurokognitiven Symptomen ausgedehnte Volumenverschiebungen zerebraler Flüssigkeit nachweisen, die im normalen MRT nicht sichtbar sind.

Weiße Flecken und Long COVID

Viele der neurologischen Symptome, die im Zusammenhang mit COVID-19 auftreten, klingen wieder ab. Allerdings klagen einige Betroffene auch nach Monaten noch über anhaltende Beschwerden, die unter dem Begriff "Long COVID" zusammengefasst werden. Zu den häufigsten neurologischen Symptomen bei Long COVID gehören:

  • Fatigue (chronische Erschöpfung)
  • Kognitive Beeinträchtigungen (Gedächtnis-, Konzentrationsstörungen)
  • Riechstörungen
  • Muskelschmerzen

Es ist noch unklar, ob die weißen Flecken im Gehirn, die bei einigen COVID-19-Patienten beobachtet werden, eine Rolle bei der Entstehung von Long COVID spielen. Einige Forscher vermuten, dass eine chronische Entzündung im Gehirn für die anhaltenden neurologischen Symptome verantwortlich sein könnte.

Differentialdiagnose: Was kommt noch in Frage?

Es ist wichtig zu betonen, dass weiße Flecken im Gehirn nicht immer auf COVID-19 zurückzuführen sind. Sie können auch andere Ursachen haben, wie zum Beispiel:

  • Multiple Sklerose (MS)
  • Kleine Schlaganfälle
  • Normale Alterungsprozesse
  • Mikroangiopathien (Erkrankungen der kleinen Blutgefäße)
  • Andere entzündliche Erkrankungen
  • Infektionen
  • Traumatische Hirnschäden

Eine sorgfältige Diagnose ist daher unerlässlich, um die Ursache der weißen Flecken zu ermitteln und die geeignete Behandlung einzuleiten. Die Analyse von Liquorproben kann ein wichtiges Puzzlestück sein, um die richtige Diagnose zu finden.

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