Drogenkonsum kann schwerwiegende Auswirkungen auf das Gehirn haben. Drogen "manipulieren" das Gehirn, indem sie Botenstoffe freisetzen, die zunächst Wohlbefinden auslösen und so zur Sucht führen. Verschiedene Mechanismen im Gehirn sorgen dafür, dass das Verlangen immer größer wird, während gleichzeitig die Bedeutung anderer Dinge wie Partnerschaft, Freundschaften, Hobbies oder Beruf abnimmt. „Drogen machen uns zu Zombies, wir werden fremdgesteuert und verlieren uns als Mensch, das eigene Sein wird der Droge untergeordnet“, so Prof. Dr.
Wie Drogen das Gehirn beeinflussen
Drogen erhöhen die Konzentration bestimmter Botenstoffe im Gehirn, zum Beispiel Dopamin. Dadurch wird das sogenannte Belohnungszentrum befeuert, was zunächst Wohlbefinden auslöst. Dieser Effekt kann jedoch trügerisch sein, da langfristiger Drogenkonsum zu teils schwerwiegenden psychischen Erkrankungen führen kann.
Die Rolle von Botenstoffen
„Erklären lässt sich das durch drogenkonsumbedingte Erhöhung von Botenstoffen im Gehirn - z. B. Dopamin, wodurch das ‚Belohnungszentrum‘ befeuert wird." Dies führt zu einem Teufelskreis, in dem das Verlangen nach der Droge immer stärker wird.
Kokain: Schlaganfälle und beschleunigte Hirnalterung
Kokain ist besonders schädlich für das Gehirn. Vor zwei Jahren zeigte eine systematische Metaanalyse von 36 Studien, dass der Konsum von Kokain das Risiko für Hirnblutungen und ischämischen Schlaganfällen verfünffacht.
Zunehmende Schlaganfallrate bei jüngeren Menschen
„Ein Schlaganfall tritt meistens erst in der zweiten Lebenshälfte auf. In aktuellen epidemiologischen Studien sehen wir aber, dass gerade die Schlaganfallrate von jüngeren Menschen unter 50 Jahren angestiegen ist, möglicherweise hängt das auch damit zusammen, dass deutlich mehr Kokain in Deutschland konsumiert wird“, erklärt Prof. Dr.
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Gefäßveränderungen und ihre Folgen
Kokain-induzierte Gefäßveränderungen beeinträchtigen die vaskuläre Funktion, führen zur Verengung und Entzündung der Blutgefäße (Vasokonstriktion und Vaskulitis). Eine weitere Folge des regelmäßigen Kokainkonsums ist besonders weitreichend: Kokain beschleunigt den Alterungsprozess des Gehirns, indem es die Hirnstruktur verändert.
Atrophie der grauen Substanz
Eine 2023 publizierte Studie verglich das Hirngewebe von Kokain-Abhängigen und Nicht-Konsumenten. Festgestellt wurde bei den Suchtkranken eine ausgedehnte Atrophie der grauen Substanz in den Bereichen Temporallappen, Frontallappen, Insula und limbischer Lappen.
Einschränkungen der kognitiven Leistungsfähigkeit
Schon 2012 war eine Arbeitsgruppe der Frage nachgegangen, warum Langzeit-Kokain-Abhängige Einschränkungen in Bezug auf Gedächtnisleistung, Aufmerksamkeit und Reaktionszeit aufweisen und führte eine Bildgebungsstudie durch. Auch hier zeigte sich eine schnellere Abnahme der grauen Substanz, der Schwund ging doppelt so schnell vonstatten wie bei gesunden Menschen.
Ironischer Effekt
„Das Perfide ist, dass Kokain oft von Menschen geschnupft wird, die ihre kognitive Leistungsfähigkeit steigern wollen. Die Droge hat hier zwar tatsächlich einen kurzfristigen Effekt, doch den zahlt man langfristig doppelt und dreifach in der gleichen Währung zurück. Sogar gelegentlicher Kokain-Konsum könnte einer Erhebung zufolge bereits mit kognitiven Defiziten verbunden sein.
Alkohol: Ein Zellgift mit weitreichenden Folgen
Alkohol ist ein Zellgift, weshalb es auch als Desinfektionsmittel Verwendung findet. Reiner Ethylalkohol, also Trinkalkohol, ist deshalb nur in geringen Mengen genießbar. Ein schwerer Rausch führt zum Absterben von Gehirnzellen und kann tödlich sein. Auch der regelmäßige Konsum kleiner Mengen kann weit reichende Hirnschädigungen nach sich ziehen.
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Das Korsakow-Syndrom
Eine der schwersten Erkrankungen ist das so genannte Korsakow-Syndrom, bei dem es zum Absterben ganzer Hirnregionen kommt: Die Betroffenen können sich nichts merken, sind schwer dement (intellektueller Verfall) und desorientiert. Dies ist aber nur das Endstadium. Bei regelmäßigem Konsum nicht mehr risikoarmer Mengen ist der geistige Verfall schleichend.
Warnzeichen
Ein Blackout nach durchzechter Nacht beispielsweise sollte als Warnzeichen interpretiert werden. Wer für längere Zeit alkoholabhängig ist, schädigt sein Gehirn nicht nur durch den Alkohol alleine, sondern auch weil der Alkohol verhindert, dass bestimmte Vitamine der Gruppe B überhaupt ins Blutkreislaufsystem und damit ins Gehirn gelangen. Einige Nervenzellen im Gehirn, ärgerlicherweise ausgerechnet welche, die mit dem Faktenlernen und mit dem autobiografischen Gedächtnis in Zusammenhang stehen, sterben daraufhin ab. Dieser Schaden ist irreparabel.
Ecstasy: Schädigung der Blut-Hirn-Schranke
Ecstasy beeinflusst die Konzentration von Serotonin, einem wichtigen Botenstoff im Gehirn. In den jüngsten Forschungsarbeiten dazu verdichten sich die Hinweise, dass es dabei zu gravierenden Hirnschäden kommen kann. Diese sind sehr wahrscheinlich dosisabhängig: Je mehr konsumiert wird, desto größer sind die Schäden.
Gedächtnisprobleme
Bemerkbar machen sich die Schäden in erster Line als Gedächtnisprobleme. In einer Studie wurde beispielsweise festgestellt, dass Ecstasykonsumierende mehr vergessen als drogenfreie Personen, wenn sie verschiedene Dinge einkaufen sollten.
Beschädigung der Blut-Hirn-Schranke
Einer aktuellen tierexperimentellen Untersuchung zufolge schädigt Ecstasy auch die Blut-Hirn-Schranke. Dies ist der Schutzwall des Gehirns, der normalerweise das Eindringen von Schadstoffen und Erregern ins Gehirn verhindert. Wie dauerhaft die durch Ecstasykonsum verursachten Hirnschäden sind, ist noch nicht bekannt. Bei Menschen, mutmaßen die Autorinnen und Autoren der Studie, könnte die Schädigung der Blut-Hirn-Schranke noch Jahre nach der letzten Ecstasypille anhalten.
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Verminderung der Gedächtnisleistung
Beim Drogenkonsum kommt es darauf an, welche Drogen man genommen hat. Wenn man Ecstasy plus verwandte Drogen genommen hat, ist es in der Tat zu beobachten, dass es eine Verminderung der Gedächtnisleistung gibt. Da kann es manchmal Monate bis Jahre dauern, bis sich die wieder normalisiert.
Cannabis: Beeinträchtigung der Hirnleistung
Der Konsum von Cannabis, vor allem der regelmäßige und dauerhafte Gebrauch, hat negative Effekte auf die Hirnleistung. So wurden Beeinträchtigungen des Kurzzeitgedächtnisses festgestellt und Einbußen beim logischen Denken und Urteilen nachgewiesen.
Erholung des Gehirns
Nach bisherigen Erkenntnissen scheinen hier zwar keine bleibenden Gehirnschäden zugrunde zu liegen, da sich das Gehirn nach Beendigung des Konsums wieder erholt. Dauerhaft scheint allerdings das Lernen neuer Informationen beeinträchtigt zu sein. Langfristig kann es zu einer Verringerung des Denk- und Lernvermögens führen - möglicherweise durch eine Veränderung der Durchblutung im Gehirn. Besonders gefährlich: Die krebserregenden Giftstoffe, die Konsumenten beim Rauchen einatmen.
Amphetamine und Methamphetamine: Neurotoxische Effekte
Neurotoxische Effekte (Schädigungen von Nervenzellen) sind bei Amphetaminen gut nachgewiesen. Am giftigsten ist Methamphetamin, das auch als Crystal bekannt ist. Konzentrationsschwierigkeiten und Aufmerksamkeitsdefizite sind noch die harmloseren Folgen. Schwerwiegender sind Hirnblutungen und Schlaganfälle mit plötzlichen Lähmungen.
Verhaltensänderungen
Die Folgen dauerhaften Amphetaminkonsum sind auch im Verhalten sichtbar. So neigen die Betroffenen häufig dazu, dieselben Tätigkeiten ständig zu wiederholen, beispielsweise immer wieder eine Schublade zu öffnen und sich auf einen bestimmten Gedanken zu fixieren.
Crystal Meth: Schnelle Sucht und gravierender Verfall
Crystal Meth gehört zu den gefährlichsten Drogen unserer Zeit. Sie macht besonders schnell süchtig und hat einen gravierenden psychischen und körperlichen Verfall zur Folge. „Die Wirkung von Methylamphetamin ist fatal. Im Vergleich zu anderen Drogen - beispielsweise Kokain - erreicht die Substanz im Belohnungszentrum des Gehirns eine noch schnellere Wirkung und höhere Konzentration. Dies hat eine extreme Steigerung des Selbstwertgefühls zufolge, die kaum eine andere Droge erreicht. Das beschleunigte Anfluten an das Belohnungszentrum und die intensive Wirkung im Belohnungszentrum haben massive psychische und körperliche Folgen und führen zu einer schnelleren und stärkeren Abhängigkeitsbildung“, warnt Prof. Dr. med. Stefan Bleich von der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) mit Sitz in Berlin.
Craving und Wirkdauer
„Die Konsumenten erleben einen enormen Schub an Selbstbewusstsein, Euphorie und Wachsamkeit, sie fühlen sich glücklich, tatkräftig und großartig, wie sie es nie zuvor erlebt haben. Dieses Erlebnis macht die Droge so attraktiv und verursacht in Kombination mit den schwer erträglichen Entzugssymptomen einen starken Suchtdruck. Dieses unter Fachleuten als «Craving» bezeichnete Bedürfnis, die Droge erneut zu konsumieren, kann schon nach einmaligem Konsum sehr ausgeprägt sein und ein unausweichliches Verlangen provozieren.“ Die Wirkdauer von Crystal Meth, das im Unterschied zum Kokain synthetisch hergestellt wird, kann bis zu zwölf Stunden betragen und ist damit deutlich länger als die von Kokain.
Verlust von Gefühlen und Leistungssteigerung
Unter dem Einfluss der Droge schwinden auch Gefühle wie Angst, Hunger und Schmerz, während Leistungsfähigkeit und das sexuelle Bedürfnis steigen. Crystal putscht Körper und Geist länger auf als übliche Amphetamine oder Kokain. Im Studium und Berufsleben wird die Droge von Menschen konsumiert, die einen hohen Leistungsdruck verspüren oder die auch körperlich viel leisten müssen - etwa bei Nacht- oder Schichtarbeit“, ergänzt Prof. Bleich. „Doch auch Mütter und Väter, die sich offenbar einem hohen Druck ausgesetzt sehen, konsumieren die Droge, um ihren Alltag besser bewältigen zu können. Ein weiteres Motiv ist, dass es eine starke sexuelle Stimulation verursacht - stärker noch als es von Kokain bekannt ist.“
Massive Schäden bei längerem Konsum
Wird die Droge über längere Zeit eingenommen, sind die Schäden massiv: „Es können Gewichtsverlust, Schäden an Magen, Leber und Nieren, Herzrhythmusstörungen auftreten sowie faulende Zähne, Hautausschläge und schwere Schlafstörungen“, erklärt Prof. Dr. Bleich. „Typische psychische Komplikationen sind Gedächtnis- und Konzentrationsprobleme, Aggression, Depression sowie gravierende Persönlichkeitsveränderungen. Insbesondere bei häufiger Einnahme besteht das Risiko, eine sogenannte Amphetamin-Psychose zu entwickeln, die mit Wahnvorstellungen, Halluzinationen sowie Angstzuständen einhergehen kann.“ Zudem wirkt Crystal Meth extrem neurotoxisch - es zerstört Nervenzellen des Gehirns, ohne dass sie sich regenerieren können, was zu einem extrem schnellen körperlichen Verfall beiträgt.
Hilfe und Unterstützung
Erste Anlaufstellen bei Drogenmissbrauch können Drogenberatungsstellen sein. Auf den Internetseiten der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA) können Drogenkonsumenten nach Suchtberatungsstellen in ihrer Nähe suchen. „Wer suchtkrank ist, braucht eine an die Art des Suchtmittels, das Stadium und die Schwere der Krankheit angepasste Behandlung. Sie kann je nach Schweregrad der Erkrankung ambulant oder stationär erfolgen“, berichtet Prof. Bleich.
Motivation und Rückfallprävention
„Entscheidend ist es, den Abhängigen im eigenen Interesse zur Entwöhnung zu motivieren sowie Maßnahmen, die einen Rückfall verhindern, anzubieten. Der Patient muss alternative Mechanismen bei Problemen und Konflikten erlernen, damit er in Stresssituationen und schlechten Zeiten nicht wieder zur Droge greift. Es gilt, die Persönlichkeit des Betroffenen zu stabilisieren, das meist sehr reduzierte Selbstbewusstsein zu stärken und die Kontrollfähigkeit über das eigene Verhalten wiederherzustellen. Begleiterkrankungen müssen selbstverständlich ebenfalls behandelt werden“, erklärt der Suchtexperte.
Weitere schädliche Substanzen
Neben den bereits genannten Drogen gibt es weitere Substanzen, die das Gehirn schädigen können. Dazu gehören:
- Heroin
- Flunitrazepam
- LSD
- Toluol
Psychische Erkrankungen und Drogenkonsum
Vor allem auf lange Sicht kann eine Drogensucht zu teils schwerwiegenden psychischen Erkrankungen führen. Wenn Sie regelmäßig Drogen konsumieren und sich oft traurig, einsam oder gereizt fühlen, verbinden Sie diese und andere negative Emotionen möglicherweise nicht sofort mit Ihrem Konsum. Je häufiger die psychischen Probleme auftreten und je länger sie anhalten, desto schwieriger kann es werden, sie wieder in den Griff zu bekommen.
Depressionen und Persönlichkeitsveränderungen
Einige Drogen können bei chronischem Gebrauch Ihre Persönlichkeit verändern. Konsumieren Sie dauerhaft Cannabis, können Sie beispielsweise interesselos und antriebsarm werden. Nehmen Sie über einen längeren Zeitraum Kokain oder Amphetamine zu sich, können Sie aggressiv, ängstlich, panisch oder depressiv werden. Ecstasy, Cannabis oder LSD können darüber hinaus psychoseähnliche Zustände auslösen.
Zerstörung von Gehirnzellen
Amphetamine wie Speed oder Crystal Meth, aber auch Alkohol und viele andere Drogen können Gehirnzellen zerstören. Erst einmal geschädigt, erholen sich solche Nervenzellen möglicherweise nicht mehr. In der Folge kann sich Ihr geistiges Leistungsvermögen zum Teil deutlich vermindern.