Welche Gehirnhälfte ist wichtiger? Wissenschaftliche Erkenntnisse im Überblick

Die Frage, ob eine Gehirnhälfte wichtiger ist als die andere, beschäftigt die Wissenschaft seit langem. Entgegen der populären Vorstellung, dass die linke Gehirnhälfte allein für logisches Denken und die rechte für Kreativität zuständig ist, zeigt die Forschung, dass beide Gehirnhälften eng zusammenarbeiten und sich ergänzen. Es gibt zwar Bereiche, die für spezielle Tätigkeiten zuständig sind, jedoch ist ein isoliertes Training einer einzelnen Gehirnhälfte nicht sinnvoll.

Einführung in die Funktionsweise des Gehirns

Das menschliche Gehirn besteht aus zwei Hemisphären, der linken und der rechten, die durch den Corpus callosum, eine Art Datenautobahn aus Nervenfasern, miteinander verbunden sind. Jede Hemisphäre ist für bestimmte Funktionen und Fähigkeiten verantwortlich. Die linke Gehirnhälfte steuert die rechte Körperhälfte und ist zuständig für logisches Denken, Sprachsteuerung, die Verarbeitung abstrakter Begriffe, die Wahrnehmung von Details und zeitlichen Abläufen. Die rechte Gehirnhälfte hingegen steuert die linke Körperhälfte und ist eher für räumliches Denken, Intuition, Kreativität und die Verarbeitung von Emotionen zuständig.

Spezialisierung der Gehirnhälften

Obwohl beide Gehirnhälften zusammenarbeiten, gibt es Bereiche, die für spezielle Tätigkeiten zuständig sind:

  • Motorische Sprachsteuerung: Die komplexen Vorgänge während des Sprechens werden hauptsächlich in der linken Gehirnhälfte kontrolliert.
  • Verständnis abstrakter Begriffe: Konzepte wie Glück und Liebe, die nicht konkret sind, werden vorwiegend in der linken Gehirnhälfte verarbeitet.
  • Wahrnehmung von Details: Die Wahrnehmung von Details findet hauptsächlich in der linken Gehirnhälfte statt.
  • Wahrnehmung von zeitlichen Details: Kleine Unterschiede zwischen Zeitabständen werden ebenfalls dort verarbeitet.
  • Episodisches Gedächtnis: Befindet sich in der rechten Hirnregion.
  • Semantisches Gedächtnis: Ist in der linken Hemisphäre angesiedelt.

Es wird vermutet, dass sehr detaillierte Funktionen einer Gehirnhälfte zuzuordnen sind, es aber nicht möglich ist, größere Funktionen, wie z.B. analytisches Denken, ausschließlich der linken oder rechten Gehirnhälfte zuzuschreiben.

Die Zusammenarbeit beider Hemisphären

Die Goethe-Universität in Frankfurt am Main hat in einer Studie das Zusammenspiel der beiden Gehirnhälften beim Sprechen untersucht und neue Erkenntnisse gewonnen. Es konnte festgestellt werden, dass die linke Gehirnhälfte zeitliche Aspekte wie den Übergang von Sprachlauten kontrolliert, während die rechte Hirnhälfte dafür zuständig ist, dass die Laute, die unser Mund formt, auch so klingen, wie sie klingen sollen. Des Weiteren wurde herausgefunden, dass die linke Hemisphäre bevorzugt zum Steuern schneller Bewegungen genutzt wird, während die rechte Seite besser langsame Abläufe kalibrieren kann.

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Der Mythos der Gehirnhälfte-Dominanz

Entgegen der Vorstellung, dass Menschen entweder eine "Linkshirn-" oder eine "Rechtshirn-Dominanz" haben, nutzen alle Menschen ihre gesamten Gehirne auf die gleiche Weise. Es ist ein Missverständnis, dass alle analytischen Aufgaben eher mit der einen Hälfte und alle kreativen eher mit der anderen zusammenhingen.

Auswirkungen eines Ausfalls der linken Gehirnhälfte

Wenn die linke Gehirnhälfte ausfällt, beispielsweise aufgrund eines Schlaganfalls, findet eine Lähmung der rechten Seite des Körpers statt, eine sogenannte Hemiplegie. Außerdem kann eine Wortfindungsstörung ausgelöst werden.

Gehirntraining für beide Hemisphären

Ein ganzheitliches Gehirntraining, das beide Hemisphären anspricht, ist effektiver als der Versuch, nur eine Gehirnhälfte zu trainieren. Übungen, die schlussfolgerndes Denken, Logik, Deduktion und Induktion fördern, sind besonders geeignet, um die Fähigkeiten der linken Gehirnhälfte zu trainieren. Da die linke Gehirnhälfte die rechte Hand kontrolliert, können Linkshänder davon profitieren, einfache Aufgaben wie das Zähneputzen mit der rechten Hand zu erledigen.

Es ist wichtig zu beachten, dass Übungen, die angeben, lediglich eine Gehirnhälfte zu trainieren, wissenschaftlich nicht fundiert sind. Bei jeglicher Art von Gehirntraining werden immer beide Hälften aktiv, jedoch in unterschiedlicher Form.

Tipps zur Verbesserung der Zusammenarbeit beider Gehirnhälften

Um die Zusammenarbeit und Synchronisation beider Gehirnhälften zu stärken, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

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  • Multisensorische Aktivitäten: Durchführen von Tätigkeiten, die mehrere Sinne ansprechen und somit beide Gehirnhälften gleichzeitig aktivieren.
  • Kinesiologische Übungen: Übungen, die die Koordination zwischen beiden Gehirnhälften verbessern sollen.
  • Lernen durch Visualisierung und Assoziation: Das Gehirn durch verschiedene Lern- und Denkprozesse fordern und trainieren, um eine bessere Vernetzung der gespeicherten Informationen zu erreichen.
  • Verbindung zwischen systematischem Denken und Intuition: Um das Gedächtnis zu verbessern, müssen Synapsen verstärkt werden. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, ist die Verbindung zwischen systematischem Denken und Intuition.
  • Verwendung von Mind Maps oder anderen visuellen Techniken: Durch das Zusammenspiel beider Gehirnhälften können Informationen besser verarbeitet und abgerufen werden. Dies ist besonders wichtig für die kreative Problemlösung und das Lernen.

Weitere Faktoren, die die Gehirnleistung beeinflussen

Neben dem Training beider Gehirnhälften gibt es weitere Faktoren, die die Gehirnleistung positiv beeinflussen können:

  • Ausreichend Schlaf: Ausschlafen macht das Gehirn lernbereit, und der Schlaf nach dem Lernen stärkt die Herausbildung von Gedächtnisinhalten und das Erinnerungsvermögen.
  • Aerobic: Sport verbessert das Gedächtnis und erhöht Flexibilität und Schnelligkeit bei der Informationsverarbeitung.
  • Emotionen und moderater Stress: In Situationen, bei denen Emotionen im Spiel sind, oder bei moderatem Stress kann die Aktivierung von Hirnstrukturen wie der Amygdala sowie die Freisetzung von Hormonen wie Adrenalin und Glucocorticoiden im Blut das Lernen und Erinnern erleichtern.
  • Arbeitsgedächtnis: Fächer wie Philosophie oder Mathematik fördern diese Art Gedächtnis, das eng mit der fließenden Intelligenz verbunden ist, d.h. mit der Fähigkeit, zu überlegen und neue Probleme unabhängig von Vorwissen zu lösen.
  • Mehrsprachigkeit: Menschen, die sich in der Kindheit mehrere Sprachen aneignen und sie im Laufe ihres Lebens sprechen, entwickeln eine höhere selektive Aufmerksamkeit sowie eine bessere Praxis, mentale Inhalte umzuwandeln.
  • Lesen: Lesen ist eine der besten Übungen, um das Gehirn in Form zu halten, weil das Lesen eine große Zahl mentaler Prozesse erfordert, wobei Wahrnehmen, Erinnern und Überlegen herausragen.

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