Die Frage, welche Musik das Gehirn entspannt, ist von großem Interesse. Dabei rückt die Frequenz von 432 Hz immer wieder in den Vordergrund. Seit vielen Jahren fasziniert diese Frequenz die Menschen und ihre möglichen positiven Auswirkungen auf Körper und Geist. Lange Zeit tappte man mangels nötiger Studienergebnisse im Dunkeln. Die Forschung zum Thema 432 Hz befindet sich noch in einem sehr frühen Stadium, aber es gibt mittlerweile eine Reihe kleinerer und größerer Studien, die wir uns genauer ansehen wollen.
432 Hz Musik: Was sagt die Wissenschaft?
Die wohl meistgeforschte Fragestellung im Zusammenhang mit der Frequenz 432 Hz ist, ob 432 Hz im Allgemeinen und 432 Hz Musik im Speziellen positive Auswirkungen auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden haben kann. Im Folgenden werden einige Studien vorgestellt, die sich mit dieser Frage auseinandersetzen.
Auswirkungen auf Gesundheit und Wohlbefinden
Calamassi und Pomponi von der Universität Florenz untersuchten im Jahr 2019 die Auswirkungen von 440 bzw. 432 Hz Musik auf die menschliche Gesundheit. Es ist wichtig zu erwähnen, dass es sich hierbei um eine Pilotstudie mit geringer Stichprobengröße (n=33) handelt.
Ein Forscherteam der Adler und Augusta University (USA) sowie der Jinan University (Guangzhou, China) untersuchte im Jahr 2018 die Auswirkung von Niedrigfrequenzmusik, insbesondere 432 Hz Musik, auf die Herzfrequenz von Risikopatienten bekannter Herz-Kreislauf-Erkrankungen. 16 Patienten wurde an zwei unabhängigen Untersuchungstagen (Experiment & Kontrolltag) in 432 und 440 Hz gestimmte Musik vorgespielt. Während die Probanden die 432 Hz Musik hörten, verringerten sich ihr Blutdruck, ihre Herzfrequenz und ihr allgemeiner Stresspegel signifikant. Auch hier ist die geringe Stichprobengröße (n=16) und der Pilotstudiencharakter der Untersuchung zu beachten.
Anfang 2021 erforschte eine Gruppe von Wissenschaftlern des Sri Sai College of Engineering and Technology in Indien die Wirkung unterschiedlicher Frequenzen in Form von akustischen Vibrationen auf den menschlichen Organismus und insbesondere das Gehirn. Dazu wurden 50 Probanden entsprechenden akustischen Vibrationen ausgesetzt und die Reaktionen ihres Körpers mithilfe von Infrarot-Messgeräten festgestellt, da Stressbelastungen und Ermüdungserscheinungen sich in Temperaturveränderungen, vor allem im Gesicht, niederschlagen.
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Reduktion von Angstzuständen
Die Untersuchung von Vitaldaten kann nicht nur Hinweise auf die Gesundheit und das Wohlbefinden liefern. Auch Angst und unser diesbezügliches Empfinden sind eng an diese gut messbaren Werte gekoppelt. Die folgenden Studien untersuchen diese Aspekte.
Ein Forscherteam unter der Leitung von Luca Di Nasso untersuchte im Jahr 2016 100 Patienten vor, während und nach einer Wurzelbehandlung hinsichtlich klassischer Angstsymptome. Dabei wurden vor allem der Blutdruck und die Herzfrequenz gemessen. Eine Gruppe der Probanden hörte vor und während der Behandlung Musik in 432 Hz Stimmungsfrequenz. Es ist wichtig zu beachten, dass die Methodik nur den Vergleich 432 Hz Musik oder keine Musik anstellte.
Wissenschaftler der Erbakan University in der Türkei erforschten Ende 2020 die unterschiedlichen Auswirkungen sogenannter „binauraler Beats“, also sehr niedriger Frequenzen im Bereich 210 bzw. 220 Hz, auf die Angst von Patienten vor Zahnoperationen im Vergleich zu 432 Hz Musik. Dazu wurden 90 Patienten in 3 Gruppen (Binaurale-Beats-Gruppe, 432-Hz-Gruppe und Kontrollgruppe ohne Musik) aufgeteilt und erhielten jeweils eine lokale Betäubung, wie sie bei umfassenderen zahnmedizinischen Eingriffen üblich ist. Die beiden Gruppen, die Musik hörten, hörten diese für jeweils 10 Minuten.
Eine klinische Studie der chilenischen Universidad Austral erforschte und verglich im Jahr 2020 die Auswirkungen von 432 und 440 Hz Musik auf das Angstempfinden und die Spiegel des Stresshormons Cortisol vor Zahnarztbehandlungen (Ziehen von Zähnen). Dazu wurden 42 Patienten, welchen die Entfernung eines Zahns bevorstand in drei Gruppen unterteilt. Während das allgemeine Angstempfinden unabhängig von der Frequenz bei beiden Musik-Gruppen reduziert wurde, sanken die Cortisolspiegel im Blut der 432-Hz-Gruppe signifikant stärker als die der 440-Hz-Probanden.
Verbesserung der Schlafqualität
Erholsamer Schlaf stellt eine wichtige Grundlage für ein gesundes und zufriedenes Leben dar. Viele Menschen nutzen Musik als Einschlafhilfe und auch in diesem Kontext ist Musik in 432 Hz Schwingungsfrequenz in das Interesse der Forschung gerückt.
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Ein Forscherteam des All India Institute of Medical Sciences führte im Jahr 2019 eine Schlafstudie durch, die Aufschluss über den Einfluss von 432 Hz Musik auf den Verlauf und die Qualität des Schlafs geben sollte. Dazu hörten 15 Probanden, die unter dem Delayed Sleep Syndrome litten und somit zwei oder mehr Stunden benötigten, um in den Schlaf zu finden, eine Woche lang 432 Hz Musik vor dem Schlafengehen. Während der Studie wurden wichtige Schlafparameter gemessen. Die Schlaflatenz verringerte sich (geringe Signifikanz) und die Alphawellen wurden stark reduziert (hohe Signifikanz). Es ist wichtig zu beachten, dass es sich hierbei um eine Pilotstudie mit geringer Stichprobengröße (n=15) handelt.
Wissenschaftler der Universität Florenz führten im Jahr 2020 eine Studie mit 12 Patienten durch, die in Folge einer Rückenmarksverletzung unter Schlafstörungen litten. Auch hier ist die geringe Stichprobengröße (n=12) und der Pilotstudiencharakter der Untersuchung zu beachten.
Einfluss auf das emotionale Wohlbefinden
In einer neuropsychologischen Studie untersuchten türkische Wissenschaftler Anfang 2021 den unterschiedlichen Einfluss von 440 und 432 Hz Musik auf das emotionale Wohlbefinden. Dazu wurden 51 Menschen traurige und fröhliche Musikstücke jeweils in 440 und 432 Hz Stimmungsfrequenz vorgespielt und sowohl deren emotionale Erfahrung als auch ausgewählte Vitaldaten gemessen. Nach dem Hören von 440 Hz Musik, unabhängig von der Grundstimmung des Musikstücks, gaben die Probanden im Vergleich zur 432 Hz Musik eine negativere Grundstimmung an. Vor allem die männlichen Teilnehmer der Studie berichteten nach dem Hören der 440 Hz Musik von einer negativeren Stimmung.
Kritische Stimmen und Gegenpositionen
Um das Thema aus wissenschaftlicher Sicht möglichst unvoreingenommen und ganzheitlich zu erfassen, ist es wichtig, auch auf die wissenschaftlichen Stimmen hinzuweisen, die sich gegen die positive Wirkung der Frequenz 432 Hz aussprechen.
Auch nach intensiver Recherche konnte nur eine geringe Anzahl wissenschaftlicher Literatur und Untersuchungen gefunden werden, die eine Gegenposition einnehmen und wissenschaftlichen Standards genügen.
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Mythen und Legenden in der Musikpsychologie
Im Handbuch Musikpsychologie aus dem Jahr 2018 erwähnen die Autoren Reuter und Mühlhans im Kapitel „Mythen und Legenden zur Wirkung von Musik“ ebenfalls die Musik in 432 Hz Schwingungsfrequenz. Die Autoren setzen das Thema 432 Hz insbesondere in Zusammenhang mit Verschwörungstheorien und „esoterischen Überzeugungen“. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die sich gegen die Wirkung von 432 Hz aussprechen sind im Sinne eines transparenten Umgangs mit dem Thema nötig und wichtig.
Klangqualität: 432 Hz vs. 440 Hz
Im Jahr 2003 untersuchten Wissenschaftler der TU München mögliche Wirkungs- und Wahrnehmungsunterschiede bei der Stimmung eines Flügels in 440 bzw. 432 Hz. Dazu wurde ein Flügel jeweils in 440 und 432 Hz gestimmt, anschließend sechs identische Musikstücke gespielt und hiervon Aufnahmen angefertigt. Die Angaben der Probanden ließen keine Schlüsse auf eine bessere Klangqualität der einen oder der anderen Frequenz zu. Es ist wichtig zu beachten, dass es sich hierbei um eine Pilotstudie mit geringer Stichprobengröße (n=13) handelt.
Binaurale Beats: Eine weitere Möglichkeit zur Entspannung?
Neben der 432 Hz Musik gibt es noch weitere Ansätze, um das Gehirn durch Musik und Klänge zu entspannen. Ein Beispiel hierfür sind die sogenannten binauralen Beats.
Was sind binaurale Beats?
Binaurale Beats entstehen im Gehirn, wenn via Kopfhörer auf dem rechten und dem linken Ohr zwei unterschiedliche Frequenzen zugespielt werden. Zum Ausgleich wird im Stammhirn eine mittlere Frequenz gebildet - sie gleicht die Differenz zwischen den beiden zugeführten Klängen aus und bietet sich dem Hörer oft als subtiler Brummton dar. Es handelt sich bei Binauralen Beats also wissenschaftlich betrachtet um „eingebildete“ Töne, da diese in unserem Gehirn von uns selbst als Mittelwert produziert werden. Binaurale Beats sind sozusagen eine „auditive Illusion“.
Wie wirken binaurale Beats?
Es gibt Hinweise wissenschaftlicher Studien darauf, dass binaurale Beats dazu beitragen können, kognitive Fähigkeiten zu verbessern, z. B. unsere Konzentrations- und Erinnerungsfähigkeit. Ebenfalls können bestimmte Frequenzen deiner Kreativität Flügel verleihen! Die elektrische Gehirnaktivität liegt zwischen 0.1 und 30 Hertz und kann als Parameter für mentale Zustände betrachtet werden. Entspannung, Stress, Angst oder Müdigkeit - sie alle zeigen sich in unserer Gehirnaktivität. Binaurale Beats sind eine sehr sanfte Methode, mithilfe derer man mentale Zustände durch Gehirnwellenmodulation optimieren kann. Dabei handelt es sich um eine rein auditive, nicht invasive Stimulation und eine sehr schonende Form der Klangtherapie. Der richtige Sound kann also heilsam auf dein Wohlbefinden wirken.
Wissenschaftliche Erkenntnisse zu binauralen Beats
Eine im Springer-Verlag 2017 veröffentlichte Studie belegt, dass die richtigen Frequenzen positive Auswirkungen auf das Langzeitgedächtnis haben können. Bei dem Experiment wurden 32 Teilnehmer mit differenten Frequenzen auf dem rechten und linken Ohr über Kopfhörer beschallt, so dass binaurale Beats im Gehirn der Testpersonen entstanden. 16 Studienteilnehmer bildeten Beta-Frequenzen und die anderen 16 Theta-Frequenzen. Die Beta-Frequenz-Gruppe zeigte eine deutlich bessere Erinnerungsfähigkeit an zuvor aufgesagte Worte.
Wissenschaftlich fundierte Meta-Analysen führen zu dem Ergebnis, dass die Beschallung mit Binauralen Beats auch bei der Schmerzlinderung und der Milderung von Angstzuständen positive Effekte haben kann. Eine wichtige Rolle spielen hierbei Dauer, Häufigkeit und die jeweilig gewählte Frequenz. Um allgemeingültige Aussagen treffen zu können, ist es erforderlich, weitere Beobachtungen zu dokumentieren.
Kritische Betrachtung von binauralen Beats
Wissenschaftlich konnten die versprochenen Effekte bislang so gut wie nicht nachgewiesen werden. Es gibt zu viele widersprüchliche Ergebnisse, da auch die Zugangsweisen und Ziele der Forscherinnen und Forscher zu unterschiedlich sind. In ernstzunehmenden wissenschaftlichen Journals mit unabhängigem Peer-Review-Verfahren gibt es so gut wie keinen Nachweis über die Wirksamkeit von binauralen Beats.
Die Forschung zum Thema legt also nahe, dass binaurale Beats keine der diskutierten Effekte auf Schlaf, Gedächtnis, Schmerzen, Konzentration, Stress oder Ängste haben. Wer sie sich dennoch anhören möchte - unabhängig davon ob sie nun wirken oder nicht, ist es ja ein interessantes akustisches Phänomen - muss daher auch nichts weiter beachten. Gefährlich ist das Anhören nicht.
Weitere entspannende Klänge
Neben 432 Hz Musik und binauralen Beats gibt es noch weitere Klänge, die entspannend wirken können.
ASMR
ASMR, kurz für “Autonomous Sensory Meridian Response”, bezeichnet weitestgehend eine unabhängige (Körper-)Reaktion auf Sinnesreize. Im Internet gibt es eine Vielzahl an Plattformen, bei denen ASMR-Inhalte zu finden sind. Charakteristisch für diesen Content sind sogenannte Trigger. Das sind bestimmte, ruhige und sich wiederholende Geräusche, aber auch sanfte Bewegungen oder Gesten, die sogenannte Tingles auslösen. Wie und welche Trigger auf den Hörer wirken, kann individuell sehr unterschiedlich sein.
Naturgeräusche
Das Knistern des Kaminfeuers oder Regengeplätscher wirken auf viele Menschen beruhigend.
Musik und Emotionen
Wenn das richtige Lied im Radio läuft, kann uns das von jetzt auf gleich in gute Stimmung versetzen. Doch warum eigentlich? Aus Experimenten geht hervor: Für die Hochgefühle ist in erster Linie der Botenstoff Dopamin verantwortlich. Seine Ausschüttung im Gehirn führt nicht nur dazu, dass uns Musikhören glücklich macht.
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