Polyneuropathie, insbesondere im Zusammenhang mit Diabetes, kann schwerwiegende Folgen für die Füße haben. Nervenschäden und Durchblutungsstörungen führen zu einem Verlust des Gefühlsempfindens und erhöhen das Risiko von Druckstellen, Verletzungen und Infektionen. Kompressionsstrümpfe und spezielle Diabetikersocken können eine wichtige Rolle bei der Prävention und Behandlung spielen. Dieser Artikel gibt Empfehlungen zur Auswahl und Anwendung von Strümpfen bei Polyneuropathie, basierend auf aktuellem wissenschaftlichem Stand.
Die Bedeutung von Kompressionsstrümpfen
Die gängige Lehrmeinung besagt, dass ein höherer Kompressionsdruck eine bessere Therapie darstellt. Jedoch sinkt mit zunehmendem Druck oft die Therapietreue der Patienten. Es ist daher entscheidend, einen Kompressionsstrumpf zu finden, der zum Leben und Alltag des Patienten passt. Anziehhilfen können dabei eine wertvolle Unterstützung sein.
Auswahl des richtigen Materials und Passform
Für den Gefäßspezialisten ist die richtige Wahl des Strumpfmaterials wichtiger als die Kompressionsklasse. Der Strumpf sollte nicht rutschen, einschnüren oder Juckreiz verursachen und gleichzeitig leicht anzuziehen sein.
Fußpflege bei Polyneuropathie: Prävention ist entscheidend
Um Juckreiz und anderen Hautauffälligkeiten vorzubeugen, ist eine konsequente Fußpflege unerlässlich. Hier sind einige wichtige Maßnahmen:
- Tägliche Fußwäsche: Waschen Sie Ihre Füße täglich mit milder Seife und warmem Wasser. Testen Sie die Wassertemperatur immer zuerst mit der Hand. Vermeiden Sie es, die Füße einzuweichen.
- Sorgfältiges Trocknen: Trocknen Sie die Füße nach dem Waschen gründlich ab, besonders zwischen den Zehen, um Feuchtigkeit und damit das Wachstum von Pilzen zu verhindern. Verwenden Sie ein weiches Handtuch und vermeiden Sie starkes Reiben.
- Feuchtigkeitspflege: Verwenden Sie täglich eine Feuchtigkeitscreme, um die Haut der Füße weich und geschmeidig zu halten. Dies beugt trockener Haut, Rissen und Infektionen vor. Tragen Sie keine Lotion zwischen den Zehen auf.
- Nagelpflege: Schneiden Sie Ihre Zehennägel gerade und vermeiden Sie es, die Ecken zu schneiden, um eingewachsene Zehennägel zu verhindern. Verwenden Sie eine Nagelfeile, um scharfe Kanten zu glätten. Bei eingewachsenen Zehennägeln suchen Sie einen Arzt oder Podologen auf.
- Vorsicht bei der Anwendung von Substanzen: Verwenden Sie keine antiseptischen Lösungen, Drogerie-Medikamente, Heizkissen oder scharfen Instrumente an Ihren Füßen.
- Vermeiden Sie Hitze und Kälte: Stellen Sie Ihre Füße nicht in die Nähe von Heizkörpern oder vor den Kamin. Halten Sie Ihre Füße immer warm und trocken. Tragen Sie bequeme Socken im Bett und im Winter warme Socken und Schuhe.
Verhaltensregeln für den Alltag
- Niemals barfuß gehen: Der Nervenschaden verringert das Gefühlsempfinden, sodass Sie möglicherweise nicht bemerken, dass kleine Kieselsteine oder andere Gegenstände in Ihrem Fuß stecken geblieben sind. Dies kann zu schweren Infektionen führen. Das Tragen von Schuhen oder Hausschuhen verringert dieses Risiko.
- Nicht rauchen: Rauchen schädigt die Blutgefäße und stört die Versorgung des Gewebes mit Sauerstoff.
- Tägliche Fußinspektion: Untersuchen Sie Ihre Füße gründlich jeden Tag auf Stichwunden, Blutergüsse, Druckstellen, Rötungen, Wärme, Blasen, Geschwüre, Kratzer, Schnitte und Nagelprobleme. Verwenden Sie einen Spiegel oder bitten Sie jemanden um Hilfe, um alle Bereiche gründlich zu inspizieren. Achten Sie auf neu aufgetretene Schwellungen, insbesondere einseitige Schwellungen, da dies ein frühes Anzeichen für einen Charcot-Fuß sein kann.
- Sorgfältige Schuhwahl: Wählen Sie Ihre Schuhe sorgfältig aus. Ein schlecht sitzender Schuh kann ein Geschwür verursachen und zu einer Infektion führen. Kaufen Sie neue Schuhe am Nachmittag, wenn Ihre Füße angeschwollen sind. Kaufen Sie bequeme Schuhe ohne Einlaufzeit. Überprüfen Sie die Passform in Breite, Länge und Höhe. Lassen Sie Ihre Füße jedes Mal messen, wenn Sie neue Schuhe kaufen, da sich Ihre Fußgröße im Laufe der Jahre ändern kann. Vermeiden Sie spitze Schuhe und High Heels. Kaufen Sie Schuhe aus weichem Obermaterial und mit hohem Zehenraum. Tragen Sie neue Schuhe anfangs nicht länger als 2 Stunden und tragen Sie nicht jeden Tag das gleiche Paar. Inspizieren Sie die Innenseite jedes Schuhs vor dem Anziehen auf Fremdkörper. Schnüren Sie Ihre Schuhe nicht zu fest oder zu locker. Vermeiden Sie lange Spaziergänge ohne Pause, ziehen Sie Schuhe und Socken aus und suchen Sie nach Druckstellen (Rötungen) oder Geschwüren.
Spezielle Socken für Diabetiker
Spezielle Socken für Diabetiker können vor Empfindungsstörungen, Schmerzen, Geschwüren und sogar Amputationen der Füße bewahren. Die Schuhversorgung bei Patienten mit diabetischem Fußsyndrom erfolgt entsprechend den IWGDF Guidelines 2019. Wien.
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Neuroprothese "NeuroStep" als innovative Therapieoption
Bisherige Therapien gegen die diabetische Neuropathie zielten darauf ab, die Symptome zu lindern. Nun entwickelten Forscher:innen aus der Schweiz und Österreich eine nichtinvasive Neuroprothese namens "NeuroStep". Dieses System, das wie ein herkömmlicher Socken getragen werden kann, stellt mit gezielten elektrischen Impulsen die gestörte Nervenleitung und damit das verlorene Gefühl in den Füßen wieder her.
Das internationale Forschungsteam um Studienleiter Stanisa Raspopovic vom Zentrum für Medizinische Physik und Biomedizinische Technik der MedUni Wien und die Erstautor:innen Noemi Gozzi sowie Lauren Chee von der ETH Zürich haben gemeinsam mit Kolleg:innen der Universitätskliniken Zürich und Balgrist die tragbare, nichtinvasive Neuroprothese «NeuroStep» entwickelt und an 14 Patient:innen mit diabetischer Neuropathie getestet.
Die Technologie wird eingesetzt, um die noch teilweise funktionierenden Nervenbahnen durch die Haut zu stimulieren und die beeinträchtigte Reizleitung wiederherzustellen. Dies geschieht über ein personalisiertes Kalibrierungsverfahren, das die Stimulation an den individuellen Grad der Nervenschädigung der Patient:innen anpasst. Das System arbeitet dabei im geschlossenen Regelkreis während des Gehens und bietet in Echtzeit sensorisches Feedback.
Testpersonen berichteten im Rahmen der Studie bereits nach nur einem Tag Nutzung der Neuroprothese über deutliche Verbesserungen des Empfindungsvermögens und der Bewegungskoordination sowie weniger Schmerzen. Diese subjektiven Angaben wurden durch Messungen der Forscher:innen bestätigt. Ergebnisse von Magnetresonanztomografien zeigten außerdem, dass das Gehirn das wiederhergestellte Gefühlsempfinden ähnlich verarbeitet wie natürliche Sinnesreize, was eine intuitive Nutzung der Neuroprothese ermöglicht. Bevor «NeuroStep» in der Praxis eingesetzt werden kann, sind weitere Untersuchungen nötig. Eine Folgestudie, an der das Team bereits arbeitet, konzentriert sich auf die Langzeitanwendung der Neuroprothese und deren Auswirkung auf den Verlauf der diabetischen Neuropathie.
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