Nervenschmerzen: Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten

Nervenschmerzen, auch bekannt als neuropathische Schmerzen oder Neuralgien, sind eine besondere Form von Schmerz, die durch eine Schädigung oder Fehlfunktion des Nervensystems verursacht wird. Im Gegensatz zu anderen Schmerzarten, die durch Reizung von Schmerzrezeptoren im Gewebe entstehen, resultieren Nervenschmerzen aus einer direkten Schädigung der "Gefühlsfasern" des Nervensystems. Sie können sich sehr unterschiedlich äußern und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen.

Was sind Nervenschmerzen?

Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen) treten oft stechend oder kribbelnd in Rücken oder Beinen auf. Der Nervenschmerz, der sogenannte neuropathische Schmerz, ist definiert als ein Schmerz, der auftritt im Rahmen einer Erkrankung oder Läsion von Nervenstrukturen. Sie werden als direkte Folge einer Schädigung von „Gefühlsfasern“ des Nervensystems verursacht. Im Gegensatz zu allen anderen Schmerzarten entsteht der Schmerz hier nicht an den Nervenenden von Schmerzfasern im Gewebe des Körpers, sondern im Verlauf der Schmerzbahn selbst, die von der Nervenschädigung aus bis zum Gehirn reicht.

Ursachen von Nervenschmerzen

Nervenschmerzen entstehen durch Erkrankungen, Infektionen oder Verletzungen, die zu Nervenschädigungen und Fehlfunktionen im Nervensystem führen. Die Einwirkung von Neurotoxinen (Nervengifte) kann ebenfalls zu Nervenschmerzen führen. Neurotoxine können tierische, chemische oder pflanzliche Gifte sein, wie sie zum Beispiel in einem giftigen Pilz oder beim Kugelfisch zu finden sind. Oftmals sind die Nerven selbst oder die sie versorgenden Blutgefäße erkrankt.

Zu den häufigsten Ursachen gehören:

  • Diabetes mellitus: Die diabetische Polyneuropathie entsteht durch Ablagerungen, die die Durchblutung kleiner Blutgefäße beeinträchtigen und zu Nervenschädigungen führen, insbesondere im Bereich der Füße, Unterschenkel und Hände.
  • Infektionen: Ein Beispiel für eine Nervenschädigung in Folge einer Infektion ist die Gürtelrose, eine Spätfolge der Windpocken. Die auslösenden Viren (Varizella-zoster-Viren) verbleiben nach dem Abklingen der Windpocken in den Nerven und werden zu einem späteren Zeitpunkt reaktiviert.
  • Verletzungen: Sind neuropathische Schmerzen Folge einer Verletzung kann der Nerv aufgrund einer Fehlschaltung empfänglich für die Botenstoffe des sympathischen Nervensystems sein.
  • Autoimmunerkrankungen: Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, die neuropathische Schmerzen verursachen kann.
  • Alkoholmissbrauch: Übermäßiger Alkoholkonsum kann zu Nervenschäden führen.
  • Tumore: Tumore können auf Nerven drücken und Schmerzen verursachen.
  • Medikamente: Bestimmte Medikamente können als Nebenwirkung Nervenschmerzen verursachen.
  • Genetisch bedingte Erkrankungen: In seltenen Fällen können genetische Faktoren eine Rolle spielen.

Innerhalb der Wirbelsäule verläuft der Rückenmarkskanal mit einer Vielzahl von Nervensträngen, die Signale an das Gehirn senden bzw. von diesem empfangen. Weiterhin stellen Nervenstränge, die zwischen den Wirbelkörpern austreten, eine Verbindung zwischen dem Rückenmark und den verschiedenen Körperregionen her. Nervenschmerzen können im Bereich dieser Ein- und Austrittsstellen der Nervenstränge auftreten und in das von ihnen versorgte Körperareal ausstrahlen. Werden Nerven nur vorübergehend eingeklemmt oder gereizt, tritt der Schmerz blitzartig auf und hält nur wenige Sekunden an. Man spricht in diesen Fällen von einer Neuralgie. Ursache kann eine Fehlstellung der Wirbelkörper sein. Ferner können die Bandscheiben auf die Nervenstränge drücken. Aber auch Verspannungen oder altersbedingte Abnutzungen können für Nervenschmerzen verantwortlich sein.

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Symptome von Nervenschmerzen

Nervenschmerzen äußern sich vielfältig und können von Person zu Person unterschiedlich sein. Die Schmerzwahrnehmung bei Nervenschmerzen ist typischerweise verändert. Schon harmlose Reize wie leichte Berührung, Wärme, Kälte oder Druck auf der Haut können bei Betroffenen Schmerzen auslösen (Allodynie). Eine verstärkte Schmerzempfindlichkeit (Hyperalgesie) kann zusätzlich auftreten.

Typische Symptome sind:

  • Brennende, stechende, schneidende oder einschießende Schmerzen: Diese Schmerzen werden oft als sehr intensiv und quälend beschrieben.
  • Kribbeln, Taubheit oder Missempfindungen: Viele Betroffene leiden unter Gefühlsstörungen in den betroffenen Bereichen.
  • Allodynie: Schmerzen, die durch normalerweise nicht schmerzhafte Reize ausgelöst werden, wie z.B. leichte Berührung.
  • Hyperalgesie: Eine übermäßige Schmerzempfindlichkeit gegenüber schmerzhaften Reizen.
  • Spontane Schmerzattacken: Plötzlich auftretende, heftige Schmerzattacken ohne erkennbaren Auslöser.
  • Schmerzen im Versorgungsgebiet eines Nervs: Die Schmerzen strahlen oft in den Bereich aus, der von dem geschädigten Nerv versorgt wird.
  • Neuropathische Schmerzen strahlen meist in den ganzen Körperbereich aus, der von einem Nerv oder mehreren Nerven versorgt wird. Manchmal haben Betroffene auch an verschiedenen Körperstellen gleichzeitig stechende Schmerzen.

Nervenschmerzen können nicht nur körperliche Auslöser haben. Eine Angststörung, eine Depression oder ständiger Stress kann körperliche Symptome zur Folge haben. Dann ist die Spannung im Körper erhöht, die Schmerzempfindlichkeit steigt. Man nennt diese Form von Schmerzsyndromen somatoforme Störung beziehungsweise somatoforme Schmerzstörung oder auch psychosomatische Erkrankung.

Diagnose von Nervenschmerzen

Die Diagnose von Nervenschmerzen erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung durch einen erfahrenen Arzt. Das Gespräch mit Ihrer Ärztin/Ihrem Arzt bildet die Grundlage der Diagnose und Behandlung Ihrer Schmerzen. Hier finden Sie eine Liste an Fragen, die Sie sich vor dem Arztgespräch stellen können, um Ihre Beschwerden genau schildern zu können. Außerdem finden Sie hier eine Liste mit hilfreichen Formulierungen, wie Sie Ihre Schmerzen besser in Worte fassen.

Wichtig ist es, die genaue Schmerzlokalisation und -qualität festzustellen. Die Diagnose neuropathischer Schmerzen (Nervenschmerzen) kann umso sicherer gestellt werden, je mehr Hinweise auf eine Nervenschädigung während der Untersuchung und Befragung des Patienten übereinstimmen.

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Folgende Untersuchungen können zur Diagnose beitragen:

  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Reflexe, Sensibilität und Muskelkraft.
  • Schmerzfragebögen: Zur Erfassung der Schmerzintensität, -qualität und -lokalisation.
  • Quantitative sensorische Testung (QST): Prüfung der Hautempfindlichkeit auf verschiedene Reize.
  • Neurographie: Bestimmung der Nervenleitgeschwindigkeit.
  • Somatosensibel evozierte Potenziale (SEP): Prüfung der gesamten Gefühlsbahn von der Haut über das Rückenmark bis ins Gehirn.
  • Bildgebende Verfahren (CT, MRT): Zum Ausschluss anderer Ursachen und zur Darstellung von Nervenschädigungen.

Behandlung von Nervenschmerzen

Die Behandlung von Nervenschmerzen ist oft schwierig und erfordert einen multimodalen Ansatz, der verschiedene Therapieformen kombiniert. Ziel der Behandlung ist es, die Schmerzen zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die Funktionalität wiederherzustellen. Eine absolute Schmerzfreiheit kann nur in den seltensten Fällen erreicht werden. Daher konzentrieren sich die Ziele der Behandlung auf eine deutlich merkbare Verbesserung der Lebensqualität des Patienten. Unsere Experten im Schmerzzentrum Wiesbaden stehen Ihnen zur Seite und bieten eine umfassende, individuell abgestimmte Behandlung bei Neuropathie (Nervenschmerzen). Gemeinsam entwickeln wir einen maßgeschneiderten Therapieplan.

Die Therapie kann folgende Elemente umfassen:

  • Medikamentöse Therapie:
    • Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva (z. B.
    • Antiepileptika: Diese Medikamente werden häufig zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt, da sie die Erregbarkeit der Nerven reduzieren können.
    • Opioide: Niedrig dosierte Opioide wie Tramadol werden aufgrund ihrer Wirkung auf die endogene Schmerzhemmung und ihrer zusätzlichen serotonergen Effekte teilweise eingesetzt.
    • Lokalanästhetika: Können den Teufelskreis vorübergehend unterbrechen.
    • Capsaicin-Pflaster: Können bei oberflächlichen Nervenschmerzen eingesetzt werden.
    • Botulinumtoxin: Kann in bestimmten Fällen zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt werden.
  • Physiotherapie: Kann helfen, die Muskeln zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und Schmerzen zu lindern.
  • Psychotherapie: Neuropathische Schmerzen gehen oft mit Angst oder Depression einher, die die Schmerzen verschlimmern können. Eine Psychotherapie kann helfen, diese Begleiterkrankungen zu behandeln und den Umgang mit den Schmerzen zu erlernen.
  • Nervenblockaden und Infiltrationen: Können zur Schmerzlinderung eingesetzt werden, indem sie die Nerven blockieren, die die Schmerzsignale weiterleiten.
  • Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Kann zur Schmerzlinderung eingesetzt werden, indem sie die Nerven stimuliert.
  • Entspannungstechniken: Können helfen, Stress abzubauen und die Schmerzen zu lindern.
  • Ergotherapie: Kann helfen, die Alltagsfähigkeiten zu verbessern und den Umgang mit den Schmerzen zu erlernen.
  • Alternative Therapien: Einige Patienten berichten von einer Linderung ihrer Beschwerden durch alternative Therapien wie Akupunktur oder Homöopathie.

Was Sie selbst tun können

Neben der ärztlichen Behandlung können Sie selbst einiges tun, um Ihre Nervenschmerzen zu lindern:

  • Gesunde Lebensweise: Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und der Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum können helfen, die Nervengesundheit zu fördern.
  • Blutzuckerkontrolle: Bei Diabetes ist eine konsequente Blutzuckerkontrolle entscheidend, um Nervenschäden zu vermeiden.
  • Stressmanagement: Stress kann die Schmerzen verstärken. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können helfen, Stress abzubauen.
  • Wärme- oder Kälteanwendungen: Patienten können akute Beschwerden lindern, indem sie Wärme- oder Kälteanwendungen ausprobieren, abhängig davon, was besser hilft.
  • Bewegung: Die Intensität von Nervenschmerzen verführt häufig dazu, sich zu schonen. Bewegung kann jedoch Verspannungen lösen, die Muskulatur stärken und Schmerzen lindern. Da körperliche Aktivität positive Emotionen fördert, profitiert auch die Seele. Das wiederum aktiviert die Selbstheilungs-kräfte und verbessert die Lebensqualität. Beginnen Sie sanft: Ein Spaziergang, behutsame Deh-nungsübungen. Wenn Sie sich unsicher sind, sprechen Sie mit einem Arzt oder Physiotherapeuten. Gerade physiotherapeutische Maßnahmen können eine Schmerztherapie bei bestimmten Neuralgien sinnvoll unterstützen.
  • Den Geist anregen: Sich regen, bringt Segen: Das gilt für Körper und Geist. Besonders bei anhaltenden Schmerzzuständen passiert es schnell, dass der Schmerz unser ganzes Denken bestimmt. Beschäftigungen, die guttun und uns ein Stück herausfordern, helfen dabei vom Schmerz abzulenken. Das wiederum trägt zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Also, was wollten Sie schon immer einmal ausprobieren? Auch die aktive Kontrolle der Gedanken, ist ein wichtiges Hilfsmittel für den Alltag mit Schmerzen. Achtsamkeit für die positiven Dinge des Lebens (die Sonne, ein Kinderlachen), die es abseits vom Schmerz gibt, können sehr heilsam sein.
  • Schmerztagebuch: Viele PatientInnen nutzen ein sogenanntes Schmerztagebuch, um ihre Schmerzen besser beobachten und systematisch dokumentieren zu können. Im Schmerztagebuch beschreiben Sie wann, wo, wie oft, wie stark und unter welchen Umständen der Schmerz auftritt. Das unterstützt Sie dabei, Ihren Schmerz besser einordnen zu können. Außerdem sind diese Informationen für Ihre Ärztin/Ihren Arzt nützlich, um eine sichere Diagnose und Therapie Ihrer Schmerzen zu gewährleisten. Ein Schmerz-Tagebuch hilft dabei, den Schmerz besser zu verstehen und zu charakterisieren. Es gibt einen genauen Überblick über Zeit, Dauer, Art und Stärke der Schmerzen, aber auch über begleitende Faktoren, die den Schmerz beeinflussen.

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