Die Alzheimer-Demenz ist primär mit Vergesslichkeit verbunden, doch die Krankheit manifestiert sich vielfältig. Obwohl der Verlauf individuell variiert, lassen sich drei Krankheitsstadien unterscheiden. Der Verlauf und die Ausprägung der Alzheimer-Demenz hängen nicht nur von Veränderungen im Gehirn ab, sondern auch von der körperlichen Verfassung, der Persönlichkeit und der Lebensgeschichte des Betroffenen.
Altersbedingte Veränderungen vs. Demenz
Mit zunehmendem Alter lassen Gedächtnis und geistige Fähigkeiten bei den meisten Menschen nach. Es gehört zum Älterwerden, dass die Flexibilität und Reaktionsgeschwindigkeit auf neue Situationen abnimmt. Auch das Erkennen und Lösen von Problemen in neuen Bereichen kann schwerer fallen. Jedoch bleibt der Zugriff auf über Jahre erlangtes Wissen weiterhin möglich. Orientierung, Urteilsfähigkeit und Selbstständigkeit bleiben erhalten.
Bei Menschen mit Alzheimer-Demenz ist dies anders. Ihr Gedächtnis lässt immer mehr nach. Zunächst ist das Kurzzeitgedächtnis stärker betroffen. Betroffene vergessen kürzlich zurückliegende Ereignisse, erinnern sich aber an ältere Erfahrungen. Mit der Zeit nimmt auch das Langzeitgedächtnis ab. Die Konzentrationsfähigkeit lässt nach, und die zeitliche und räumliche Orientierung verschlechtert sich. Es fällt zunehmend schwerer, früher Erlerntes mit aktuellen Situationen oder neuen Eindrücken zu verknüpfen. Irgendwann ist es nicht mehr möglich, Informationen in einen Zusammenhang zu setzen, zu bewerten, sich ein Urteil zu bilden und daraus Konsequenzen für das eigene Handeln abzuleiten.
Ein Beispiel: Eine Person mit fortgeschrittener Alzheimer-Demenz erkennt, dass es regnet, und kann dies auch verbalisieren. Sie kann daraus aber keine Schlussfolgerung für ihr Handeln ziehen und könnte beispielsweise im Unterhemd zum Einkaufen gehen, anstatt eine Regenjacke anzuziehen.
Frühsymptome und Veränderungen im Verhalten
Handlungen, die aus mehreren Einzelschritten bestehen (wie Einkaufen oder Kochen), fallen immer schwerer, wenn Gedächtnis, Auffassungsgabe und Planungsfähigkeit nachlassen. Im frühen Stadium einer Demenz kann das Abwickeln komplexerer geschäftlicher Angelegenheiten Schwierigkeiten bereiten; so wird etwa die Steuererklärung zum unlösbaren Rätsel.
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Vergesslichkeit kann dazu führen, dass man nicht mehr weiß, was man einkaufen wollte oder warum man das Haus verlassen hat. Jeder Mensch sucht gelegentlich nach dem richtigen Wort. Auffällig ist jedoch, wenn sich das Vergessen einzelner Worte häuft. Mit dem Fortschreiten der Demenz haben Betroffene nicht nur zunehmend Schwierigkeiten, sich an die richtigen Worte zu erinnern; sie verwenden stattdessen häufig unpassende Füllworte oder ganze Phrasen, die nicht in den Zusammenhang passen. Dadurch werden ihre Sätze schwer verständlich. Zusätzlich vergessen Menschen mit einer Demenz auch die Bedeutung von Worten und verstehen dann oft den Gesprächspartner nicht mehr.
Bei vielen Menschen mit Alzheimer-Demenz verändert sich das Verhalten, später auch die Persönlichkeit deutlich. Sie verhalten sich ungewohnt ängstlich, misstrauisch, passiv oder auch aggressiv. Solche Veränderungen können plötzlich auftreten und sich zum Beispiel in Wutausbrüchen äußern - oder sich allmählich entwickeln, wie zum Beispiel Antriebslosigkeit.
Verhaltensauffälligkeiten können mit der Krankheit zusammenhängen. Angst, Passivität oder Aggressivität können aber auch normale Reaktionen auf die Umstände sein: Wer erkrankt ist, findet sich schließlich immer öfter in Situationen wieder, die unverständlich und verwirrend sind und in denen man sich „falsch“ verhält. Hinzu kommen Scham und Frustration darüber, zunehmend vergesslich zu sein, öfter Fehler zu machen und immer mehr die Selbstständigkeit zu verlieren. Viele Menschen mit Demenz fühlen sich bevormundet und haben Angst davor, dass andere sie nur noch als erkrankte, hilfsbedürftige Person wahrnehmen. Nicht wenige Menschen mit Alzheimer-Demenz haben zudem Depressionen und Schlafstörungen.
Krankheitsstadien der Alzheimer-Demenz
Die Alzheimer-Demenz ist eine chronische Erkrankung, die über einen Zeitraum von mehreren Jahren voranschreitet. Sie beginnt meist erst nach dem 65. Lebensjahr. Tritt eine Alzheimer-Demenz vor dem 65. Lebensjahr auf, verläuft sie meist rascher, als wenn sie erst im höheren Alter einsetzt. Drei Krankheitsstadien lassen sich unterscheiden, für die bestimmte Beschwerden charakteristisch sind. Welche Veränderungen wie schnell eintreten, ist jedoch individuell verschieden.
Frühstadium
Im Frühstadium der Erkrankung sind die Gedächtnis- und die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt. Die Vergesslichkeit kann leicht sein und sich (fast) nicht auf den Alltag auswirken. Sie kann aber auch bereits etwas stärker sein, sodass es schwerer fällt, den Alltag selbstständig zu bewältigen. Der Übergang von den normalen Alterseinschränkungen zur Demenz verläuft eher schleichend. Fachleute unterscheiden eine leichte kognitive Beeinträchtigung (MCI, engl. = mild cognitive impairment) und eine leichte Alzheimer-Demenz.
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Eine leichte kognitive Beeinträchtigung äußert sich durch leichte Gedächtnis- und Denkprobleme, die sich insbesondere bei komplizierten Alltags-Aufgaben bemerkbar machen. Bei einer leichten kognitiven Beeinträchtigung kann es beispielsweise Probleme bereiten, sich eine kurze Einkaufsliste zu merken oder den aktuellen Wochentag spontan zu erinnern. Die verminderte Leistung stellt im Alltag aber kein bedeutendes Hindernis dar. Ein selbständiges, unabhängiges Leben ist möglich. Die Symptome einer leichten kognitiven Beeinträchtigung sind nur durch genaue Tests und Befragungen von einer normalen Altersvergesslichkeit zu unterscheiden.
Bei einer leichten Alzheimer-Demenz beeinträchtigen die Gedächtnis- und Denkprobleme den Alltag deutlicher: Menschen mit leichter Alzheimer-Demenz sind zunehmend vergesslich, haben Probleme, sich zu konzentrieren und können kompliziertere Alltags-Aufgaben nur noch schwer bewältigen. Beispielsweise brauchen sie fast immer Hilfe bei geschäftlichen und finanziellen Angelegenheiten oder Behördengängen. Kritische Punkte sind oft auch das Autofahren und die regelmäßige Einnahme von Medikamenten. Ein unabhängiges Leben ist aber weitgehend möglich.
Schon im Frühstadium können sich das Verhalten und die Gemütslage verändern. Die krankheitsbedingten Einschränkungen können Angst, Stress, Wut und auch Scham verursachen: Es ist oft peinlich, vergesslich und nicht orientiert zu sein, und es kostet viel Kraft, Strategien zu entwickeln, damit umzugehen. Der innere Antrieb und das Interesse an Hobbys und Freizeitbeschäftigungen können abnehmen. Manche Menschen sind depressiv verstimmt, reizbar und ihre Stimmung schwankt sehr stark.
Mittleres Stadium
Menschen im mittleren Stadium (mittelschwere Alzheimer-Demenz) müssen in der Regel ihr selbstständiges Leben aufgeben. Sie können zwar noch ohne Unterstützung essen, trinken, sich waschen und vielleicht auch einfache Arbeiten im Garten und im Haushalt erledigen, müssen aber erinnert und aufgefordert werden. Kochen, Einkaufen, die Wohnung sauber halten und Spazierengehen sind nur noch mit Hilfe möglich.
Das Risiko steigt, sich zu verlaufen, nicht mehr nach Hause zu finden, die Herdplatte brennen zu lassen und sich und andere zu gefährden. Verhaltensweisen wie unruhiges Umherlaufen, scheinbar sinnloses Kramen in Schubladen und Nesteln an der Kleidung werden häufiger. Auch Wutausbrüche, Misstrauen und aggressives Verhalten sind Folgen der Erkrankung, der mit ihr verbundenen Einschränkungen und Wahrnehmungsprobleme. Der Tag-Nacht-Rhythmus ist oft gestört. Sich sprachlich auszudrücken und andere zu verstehen, wird immer schwieriger. Betroffene vermischen auch Gegenwart und Vergangenheit.
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Fortgeschrittenes Stadium
Im fortgeschrittenen Stadium (schwere Alzheimer-Demenz) sind die Menschen rund um die Uhr auf die Unterstützung anderer angewiesen. Die Probleme mit der Sprache können so groß werden, dass ein Gespräch kaum noch möglich ist. Auch bei einfachen Alltagstätigkeiten und beim Essen und Trinken ist jetzt Hilfe notwendig. Menschen mit fortgeschrittener Demenz sind oft unruhig, haben Halluzinationen oder vermischen Gegenwart und Vergangenheit. Sie erkennen eigentlich vertraute Personen nicht mehr. Die Kontrolle über die Körperfunktionen kann ebenso verloren gehen wie die Fähigkeit zur Koordination von Bewegungsabläufen.
Demenz-Tests und Diagnose
Verschiedene Anzeichen im Verhalten einer Person können auf eine Demenz hinweisen. Eine mögliche Auffälligkeit ist es, wenn eine Person mehrmals am Tag die gleiche Geschichte erzählt, ohne das selbst wahrzunehmen. Außerdem fehlen betroffenen Personen gelegentlich die richtigen Worte während des Gesprächs (auch Wortfindungsstörung genannt).
Bei psychometrischen Tests / Demenz-Tests werden Verhaltensweisen in einer standardisierten und künstlich erzeugten Situation von Fachexperten erhoben und analysiert. Psychometrische Tests sind also keine zuverlässigen Testverfahren für Alzheimer und können ärztliche Untersuchungen nicht ersetzen. Sie werden dennoch oft als Demenz-Tests bezeichnet, weil sie sehr zuverlässige Hinweise auf eine Demenz geben können. Diese Testverfahren sollten am besten von Experten durchgeführt werden, also zum Beispiel Neurologen, Psychiater, Psychologen oder entsprechend ausgebildetes Personal.
Bekannte Demenz-Tests sind:
- Der Demenz-Detektions-Test (DemTect)
- Der Mini-Mental-Status-Test (MMST)
- Der Montreal-Cognitive-Assessment-Test (MoCa-Test)
- Der Uhrentest
- Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung (TFDD)
- Der Syndrom-Kurztest (SKT)
Einfache Testverfahren für Demenz können keine absolut zuverlässigen Ergebnisse liefern, da sie nur Symptome erkennen können, die auch Anzeichen für andere Erkrankungen sein können.
Es ist wichtig, bei Verdacht auf Demenz einen Arzt aufzusuchen, um andere Ursachen für die Symptome auszuschließen und eine professionelle Behandlung zu erhalten.
Vorbeugung und Therapie
Studien zeigen, dass bis zu 45 Prozent aller Demenzerkrankungen durch einen gesunden Lebensstil und die gezielte Beeinflussung von Risikofaktoren verhindert oder hinausgezögert werden können. Bewegung, gesunde Ernährung, soziale Kontakte und geistige Aktivität spielen dabei eine zentrale Rolle.
Die Alzheimer-Krankheit ist bisher nicht heilbar, und die Abbauprozesse im Gehirn können derzeit nicht wesentlich verlangsamt oder aufgehalten werden. Vor allem im Frühstadium sind Symptome und Begleiterscheinungen wie Verhaltensauffälligkeiten und psychische Symptome jedoch behandelbar. Dazu gehören Depressionen, Angst, Unruhe, Aggression, Teilnahmslosigkeit, Wahnvorstellungen und Halluzinationen.
Umgang mit der Diagnose
Eine drohende Demenz-Erkrankung belastet Betroffene, Angehörige und Freunde schon im Vorfeld. Unterstützung von außen und Aufklärung sind die wichtigsten Mittel, um sich dem Thema Demenz konstruktiv zu nähern. Es gibt viele regionale Anlaufstellen für das Thema Demenz, die Sie mit Ihren Fragen und Sorgen kontaktieren können.