Nervenschmerzen erkennen: Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten

Nervenschmerzen, auch bekannt als neuropathische Schmerzen, sind eine besondere Art von Schmerz, die durch Schädigungen oder Funktionsstörungen des Nervensystems verursacht wird. Sie unterscheiden sich grundlegend von anderen Schmerzarten wie Rücken-, Kopf- oder Tumorschmerzen. In Deutschland leiden bis zu zehn Prozent der Bevölkerung unter Nervenschmerzen, was etwa zehn Millionen Menschen betrifft.

Symptome von Nervenschmerzen

Nervenschmerzen können sich vielfältig äußern und von Person zu Person unterschiedlich sein. Typische Symptome sind:

  • Brennende Schmerzen: Ein anhaltendes, brennendes Gefühl, oft begleitet von anderen Schmerzempfindungen.
  • Elektrisierende Schmerzen: Plötzlich einschießende, blitzartige Schmerzen, die an Stromschläge erinnern.
  • Stechende Schmerzen: Scharfe, stechende Schmerzen, die in verschiedene Bereiche ausstrahlen können.
  • Ameisenlaufen: Ein kribbelndes, prickelndes Gefühl auf der Haut.
  • Taubheitsgefühl: Ein Verlust der Empfindung in bestimmten Körperregionen.
  • Allodynie: Schmerzen, die durch normalerweise nicht schmerzhafte Reize wie leichte Berührungen oder warmes Wasser ausgelöst werden.
  • Hyperalgesie: Eine übermäßige Schmerzempfindlichkeit, bei der Schmerzen stärker wahrgenommen werden, als man es bei dem Schmerzreiz erwarten würde.

Neben diesen typischen Symptomen können Nervenschmerzen auch von neurologischen Ausfällen begleitet sein, wie z. B. Missempfindungen, Muskelschwäche oder Lähmungen. Einige Betroffene leiden auch unter psychischen Beschwerden wie Depressionen, Angstzuständen oder Schlafstörungen.

Ursachen von Nervenschmerzen

Nervenschmerzen können durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden. Dazu gehören:

  • Erkrankungen:
    • Diabetes mellitus: Ein dauerhaft erhöhter Blutzuckerspiegel kann die feinen Nervenendigungen schädigen und zu einer diabetischen Polyneuropathie führen.
    • Herpes Zoster (Gürtelrose): Eine Reaktivierung von Windpocken-Viren kann zu einer Nervenentzündung und nachfolgenden Nervenschmerzen führen (Post-Zoster-Neuralgie).
    • Multiple Sklerose: Eine Autoimmunerkrankung, die das Nervensystem schädigt.
    • Tumorerkrankungen: Tumore können auf Nerven drücken oder in Nervenstrukturen einwachsen und so Schmerzen verursachen.
    • Alkoholismus: Chronischer Alkoholkonsum kann zu Nervenschädigungen und Nervenschmerzen führen.
    • Genetisch bedingte Erkrankungen: In seltenen Fällen können genetische Faktoren Nervenschmerzen verursachen.
  • Verletzungen:
    • Bandscheibenvorfall: Eine vorgefallene Bandscheibe kann auf Nervenwurzeln drücken und Nervenschmerzen verursachen.
    • Nervenquetschungen oder -durchtrennungen: Unfälle oder Operationen können zu Nervenverletzungen und nachfolgenden Schmerzen führen.
    • Amputationen: Nach einer Amputation können Phantomschmerzen im Bereich des entfernten Körperteils auftreten.
  • Weitere Faktoren:
    • Engpass-Syndrome: Eine Einengung von Nerven in anatomischen Strukturen, wie z. B. beim Karpaltunnelsyndrom, kann Nervenschmerzen verursachen.
    • Medikamentöse Therapien: Einige Medikamente können als Nebenwirkung Nervenschmerzen verursachen.
    • Mangelerscheinungen: Ein Mangel an bestimmten Vitaminen, insbesondere B-Vitaminen, kann Nervenschmerzen begünstigen.
    • Durchblutungsstörungen: Rauchen und andere Faktoren, die zu Durchblutungsstörungen führen, können Nervenschäden und Nervenschmerzen verursachen.
    • Psychische Faktoren: Angststörungen, Depressionen und Stress können die Schmerzempfindlichkeit erhöhen und Nervenschmerzen verstärken.

Diagnose von Nervenschmerzen

Die Diagnose von Nervenschmerzen basiert auf einer sorgfältigen Anamnese, einer körperlichen Untersuchung und gegebenenfalls weiteren diagnostischen Maßnahmen.

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  • Anamnese: Der Arzt wird den Patienten ausführlich nach seinen Beschwerden fragen, einschließlich der Art, Lokalisation, Intensität und Dauer der Schmerzen. Auch Begleitsymptome, mögliche Auslöser und Vorerkrankungen werden erfragt.
  • Körperliche Untersuchung: Der Arzt wird die Hautempfindlichkeit, Reflexe und Muskelkraft des Patienten überprüfen.
  • Klinisch-neurologische Untersuchung: Hierbei werden die Funktionen des Nervensystems untersucht, um festzustellen, welche Nerven betroffen sind.
  • Schmerzfragebögen und -tagebücher: Der Patient wird gebeten, seine Schmerzen regelmäßig zu dokumentieren, um ein besseres Verständnis des Schmerzmusters zu erhalten.
  • Quantitative Sensorische Testung (QST): Mit dieser Methode wird die Sensibilität der Haut für verschiedene Reize wie Temperatur, Berührung und Vibration gemessen.
  • Elektrophysiologische Untersuchungen:
    • Elektroneurografie: Hierbei wird die Erregbarkeit der Nerven überprüft.
    • Elektromyografie: Hierbei wird die Funktionalität der Muskeln untersucht.
    • Somatosensibel evozierte Potenziale (SEP): Hierbei wird die gesamte Gefühlsbahn von der Haut über das Rückenmark bis ins Gehirn geprüft.
  • Bildgebende Verfahren:
    • Computertomografie (CT):
    • Magnetresonanztomografie (MRT): Diese Verfahren können Nervenschädigungen direkt sichtbar machen und andere Ursachen für die Schmerzen ausschließen.
    • Hochauflösende Ultraschall-Untersuchung: Kann in Kombination mit einer Elektroneurografie eingesetzt werden.
  • Nervenbiopsie: In seltenen Fällen kann eine Nervenbiopsie erforderlich sein, um eine Erkrankung der dünnen Nervenfasern (Small-Fiber-Neuropathie) festzustellen.

Behandlung von Nervenschmerzen

Die Behandlung von Nervenschmerzen ist oft komplex und erfordert einen individuellen Therapieplan. Ziel der Behandlung ist es, die Schmerzen zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die zugrunde liegende Ursache zu behandeln, wenn möglich.

  • Medikamentöse Therapie:
    • Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva und selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) können bei Nervenschmerzen wirksam sein.
    • Antiepileptika: Medikamente wie Gabapentin und Pregabalin werden häufig zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt.
    • Opioide: In schweren Fällen können Opioide zur Schmerzlinderung eingesetzt werden, jedoch nur unter strenger ärztlicher Aufsicht.
    • Lokalanästhetika: Pflaster mit Lidocain können bei oberflächlichen Nervenschmerzen helfen.
    • Capsaicin-Pflaster: Capsaicin, der Wirkstoff in Chili, kann bei bestimmten Arten von Nervenschmerzen eingesetzt werden.
    • Botulinumtoxin: Injektionen mit Botulinumtoxin können bei einigen Patienten mit Nervenschmerzen Linderung verschaffen.
  • Nicht-medikamentöse Therapie:
    • Physiotherapie: Kann helfen, die Muskeln zu stärken, die Beweglichkeit zu verbessern und die Schmerzen zu lindern.
    • Ergotherapie: Kann helfen, den Alltag besser zu bewältigen und die Selbstständigkeit zu erhalten.
    • Psychotherapie: Kann helfen, mit den Schmerzen umzugehen, Stress abzubauen und die Lebensqualität zu verbessern.
    • Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS): Hierbei werden elektrische Impulse über die Haut geleitet, um die Schmerzen zu lindern.
    • Nervenblockaden und Infiltrationen: Hierbei werden Lokalanästhetika oder andere Medikamente in die Nähe der betroffenen Nerven gespritzt, um die Schmerzen zu blockieren.
    • Entspannungstechniken: Autogenes Training, progressive Muskelentspannung und andere Entspannungstechniken können helfen, Stress abzubauen und die Schmerzen zu lindern.
    • Akupunktur: Kann bei einigen Patienten mit Nervenschmerzen Linderung verschaffen.
  • Weitere Maßnahmen:
    • Operation: In einigen Fällen, z. B. bei einem Bandscheibenvorfall oder einem Engpass-Syndrom, kann eine Operation erforderlich sein, um den Nerv zu entlasten.
    • Ernährungsumstellung: Eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen, insbesondere B-Vitaminen, kann die Nervengesundheit fördern.
    • Vermeidung von Risikofaktoren: Rauchen, übermäßiger Alkoholkonsum und andere Risikofaktoren sollten vermieden werden, um Nervenschäden vorzubeugen.

Was Sie selbst tun können

Neben der ärztlichen Behandlung können Sie auch selbst einiges tun, um Ihre Nervenschmerzen zu lindern:

  • Führen Sie ein Schmerztagebuch: Dokumentieren Sie Ihre Schmerzen, um Muster zu erkennen und Auslöser zu identifizieren.
  • Bewegen Sie sich regelmäßig: Körperliche Aktivität kann helfen, die Muskeln zu stärken, die Durchblutung zu fördern und die Schmerzen zu lindern.
  • Entspannen Sie sich: Sorgen Sie für ausreichend Entspannung und Stressabbau.
  • Ernähren Sie sich gesund: Achten Sie auf eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Nährstoffen.
  • Vermeiden Sie Alkohol und Nikotin: Diese Substanzen können Nervenschäden verursachen oder verstärken.
  • Suchen Sie sich Unterstützung: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, Ihrer Familie oder Freunden über Ihre Schmerzen. Es gibt auch Selbsthilfegruppen für Menschen mit Nervenschmerzen.

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