Wenn Bakterien in das Zahninnere eindringen, kann es zu Entzündungen kommen, die schmerzhaft sind und unbehandelt zum Verlust des Zahnes führen können. Eine Wurzelbehandlung kann oft den Zahn retten. Doch wie lange hält ein Zahn ohne Nervbehandlung wirklich? Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte, die diese Frage beantworten helfen.
Anatomie des Zahnes und die Rolle des Zahnmarks
Ein Zahn besteht aus mehreren Teilen. Der sichtbare Teil im Mund ist die Zahnkrone, während die Zahnwurzel den Zahn im Ober- oder Unterkieferknochen verankert. Schneide- und Eckzähne haben meist eine Wurzel, Backenzähne können bis zu vier Wurzeln haben. Der Zahnschmelz bildet die äußere harte Schicht, während das Innere hauptsächlich aus Dentin besteht, einem knochenähnlichen Gewebe. Feine Wurzelkanäle durchziehen das Dentin, wobei jede Wurzel mindestens einen Kanal enthält. Diese Kanäle sind mit dem Zahnmark oder der Pulpa gefüllt, einem weichen Gewebe, das Blutgefäße und Nerven enthält.
Die Notwendigkeit einer Wurzelbehandlung
Eine Wurzelbehandlung, medizinisch korrekt als Wurzelkanalbehandlung bezeichnet, wird notwendig, wenn das Zahnmark entzündet, verletzt oder abgestorben ist. Zahnärzte entfernen in diesem Fall das entzündete oder abgestorbene Gewebe, reinigen und desinfizieren die Oberflächen im Inneren des Zahns und versiegeln den Hohlraum mit einer Füllung. Durch eine Wurzelbehandlung werden Zähne mit entzündetem Zahnmark erhalten und Zahnverlust vermieden. Wenn Bakterien in das Zahnmark eindringen, können sie eine Entzündung auslösen. Im gesunden Zahn ist das Mark gut geschützt, aber bei geschädigten Zähnen können Bakterien eindringen.
Ursachen hierfür können sein:
- Karies (die Hauptursache)
- Schäden am Zahn durch einen Unfall
- Undichte oder rissige Füllungen
- Abnutzung
- Entzündliche Erkrankungen des Zahnfleischs (Gingivitis und Parodontitis)
Symptome einer entzündeten Zahnwurzel
Manche Entzündungen verlaufen ohne spürbare Symptome, aber meistens löst die Entzündung Beschwerden aus, da sich die Gefäße im Mark ausdehnen und auf den Zahnnerv drücken. Typische Symptome sind:
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- Anhaltender Zahnschmerz, der auf Kiefer und Gesicht ausstrahlen kann
- Schmerz bei heißen oder kalten Getränken und Speisen
- Schmerz beim Aufbeißen und Druck von außen
- Geschwollenes und empfindliches Zahnfleisch
- Kleine pickelartige Erhebungen am Zahn, aus denen Eiter austreten kann
- Dunkle Verfärbung des Zahns
- Geloockerter Zahn
- Schwellungen des Zahnfleischs am Kiefer oder der Wange
Was passiert, wenn eine entzündete Zahnwurzel unbehandelt bleibt?
Ohne Behandlung kann sich die Entzündung ausweiten und den Kieferknochen befallen. Unterhalb der Wurzel kann ein Abszess entstehen, eine Ansammlung von Eiter. Wie bei anderen Entzündungen können sich Bakterien in andere Körperregionen ausbreiten und dort weitere Entzündungen auslösen. Daher ist die Behandlung einer Zahnmarkentzündung unerlässlich. Eine rechtzeitig durchgeführte Wurzelbehandlung beseitigt den Entzündungsherd und rettet meist den betroffenen Zahn. Die Entfernung des Zahnmarks schränkt die Funktion des behandelten Zahns nicht ein, da das umliegende Knochengewebe einen voll ausgebildeten Zahn ausreichend versorgt.
Wurzelbehandlung oder Zahn ziehen?
Zahnärzte stellen eine Entzündung des Zahnmarks mithilfe von Tests und Röntgenaufnahmen fest. Sie beraten die Patienten über mögliche Behandlungen. Wenn die Zerstörung des Zahns nicht zu weit fortgeschritten ist, stellt eine Wurzelkanalbehandlung die beste Option dar. Es gibt jedoch keine Garantie für eine erfolgreiche Behandlung, die den Zahn rettet und dauerhaft schmerzfrei hält. Die Erfolgsaussichten einer Wurzelbehandlung sind aber gut, und ein wurzelbehandelter Zahn kann ein Leben lang halten. Die einzige Alternative zur Wurzelbehandlung ist das Ziehen des Zahns, um eine Entzündung wirksam zu bekämpfen. Um die Kaufunktion des Gebisses zu erhalten und eine Fehlstellung benachbarter Zähne zu vermeiden, ist anschließend Zahnersatz notwendig.
Ablauf einer Wurzelkanalbehandlung
Je nach Ausmaß der Entzündung kann die Behandlung einen oder mehrere Termine erfordern. Im Durchschnitt dauert eine Wurzelbehandlung etwa 30 bis 60 Minuten, bei einem größeren Zahn mit mehreren Wurzeln bis zu eineinhalb Stunden.
Der Ablauf umfasst folgende Schritte:
- Betäubung: Der infizierte Zahn und das umliegende Zahnfleisch werden örtlich betäubt.
- Isolation: Der Zahn wird vom übrigen Mundraum abgeschirmt, um ihn während der Behandlung trocken und frei von Bakterien zu halten. Dies geschieht meist mit einem Spanngummi, dem sogenannten Kofferdam.
- Öffnung: Die Zahnkrone wird mit einem Bohrer geöffnet, um zum Zahnmark zu gelangen.
- Entfernung: Mit feinsten Instrumenten wird das Zahnmark entfernt.
- Reinigung und Desinfektion: Die leeren Kanäle werden gereinigt und desinfiziert.
- Füllung: Die sauberen Kanäle werden mit einem flexiblen Material gefüllt.
- Verschluss: Die Zahnkrone wird mit einer Zahnfüllung verschlossen. Oft ist eine künstliche Zahnkrone nötig, um den behandelten Zahn zu schützen und die Gebissfunktion wiederherzustellen.
Beschwerden während oder nach der Behandlung
Dank moderner Technik und Anästhesie sind Wurzelbehandlungen in der Regel schmerzfrei. Die meisten Patienten spüren kaum etwas. Nach der Behandlung können die Zähne in den ersten Tagen empfindlich sein, was meist binnen ein bis zwei Wochen abklingt. Bei guter Mundpflege bleibt ein wurzelbehandelter Zahn meist beschwerdefrei.
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Wie lange hält ein Zahn ohne Nervbehandlung?
Ein toter Zahn, also ein Zahn ohne Nerv, kann in Ausnahmefällen sogar lange unbemerkt bleiben. Einerseits, weil der Zahnschmelz auch ohne Blutversorgung eine Weile stabil bleibt, und andererseits, weil ein Zahn ohne Nerv nicht unbedingt Beschwerden verursacht. Jedoch ist es wichtig zu verstehen, dass ein Zahn ohne Nervbehandlung anfälliger für Komplikationen ist.
Faktoren, die die Lebensdauer beeinflussen
- Gründliche Zahnpflege: Eine regelmäßige und gründliche Zahnpflege ist entscheidend für die Lebensdauer eines wurzelbehandelten Zahns.
- Regelmäßige Kontrollen: Regelmäßige Besuche beim Zahnarzt zur Kontrolle und professionellen Zahnreinigung sind unerlässlich.
- Vermeidung von übermäßigem Druck: Übermäßiger Druck durch Kauen auf harten Gegenständen wie Eis, Nüssen oder Bonbons sollte vermieden werden.
- Vermeidung von Zähneknirschen: Wenn Sie nachts mit den Zähnen knirschen, sprechen Sie mit Ihrem Zahnarzt über eine Knirscherschiene.
Die Rolle der Mundhygiene
Die Mundhygiene spielt eine entscheidende Rolle bei der Erhaltung eines Zahnes ohne Nervbehandlung. Nach der Entfernung des Nervs (Pulpa) verliert der Zahn seine Innervation und Ernährung. Er reagiert nicht mehr auf Wärme, Kälte, Nahrung oder Getränke. Eine gute Mundhygiene kann das Risiko von Schmerzen verringern und die Lebensdauer des Zahnes verlängern.
Mögliche Komplikationen
Ein toter Zahn kann gesundheitliche Folgen für den ganzen Körper haben. Die abgestorbene Pulpa bietet einen idealen Nährboden für weitere Bakterien. Diese kommen aus der Mundhöhle und wandern problemlos in den Zahn ein, wenn sich die Karies schon den Weg dorthin gebahnt hat.
Durch die Bakterien beginnt das tote Gewebe zu faulen. Eine aggressive Entzündung entsteht (Gangrän genannt). Ein derart entzündeter toter Zahn geht mit Eiter einher und macht sich durch einen üblen Geruch bemerkbar. Weil sich die Erreger ohne weiteres in den ganzen Kiefer vorarbeiten können, ist die Gangrän besonders gefährlich: Bricht eine an der Wurzelspitze vorhandene Entzündung in das umliegende Gewebe durch, dann kommt es zu einem Abszess.
Zudem entstehen bei der Verstoffwechselung des Pulpa-Eiweißes durch die Bakterien toxische Stoffe, die umgangssprachlich Leichengift genannt werden. Bleibt ein toter Zahn unbehandelt, kann das Leichengift Symptome im ganzen Körper verursachen, denn es gelangt über die Pulpaöffnung im Kiefer in den Organismus. Dort können die Stoffe dauerhafte Entzündungen auslösen, die mitunter das Immunsystem anhaltend schwächen.
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Wann muss ein toter Zahn raus?
Der Zahnarzt versucht, einen toten Zahn nach Möglichkeit zu erhalten. Das gelingt jedoch nicht immer. Unter anderem muss der Zahnarzt in folgenden Fällen einen toten Zahn ziehen (Extraktion):
- Ein abgestorbener Zahn ist brüchig.
- Er sitzt locker.
- Er ist dauerhaft infiziert.
Die Bedeutung der Wurzelkanalrevision
Wenn nach der Wurzelbehandlung weiterhin Beschwerden auftreten, ist die Behandlung nicht abgeschlossen. Eine zweite Behandlung muss durchgeführt werden, wenn das Wurzelkanalsystem nicht ausreichend oder gar nicht gespült wurde. Dann können sich möglicherweise noch Mikroorganismen und Bakterien im Kanalsystem befinden. Falls nur einzelne Bereiche des Wurzelkanals behandelt wurden, steigt das Risiko, dass die Entzündung nicht vollständig beseitigt wurde.
Die Wurzelspitzenresektion als letzte Option
Zeigt auch eine Revisionsbehandlung keinen Erfolg, ist eine Wurzelspitzenresektion die letzte Möglichkeit. Nur mit dieser Behandlung lässt es sich noch vermeiden, den Zahn endgültig zu ziehen.