In der Medizin stellt ein künstliches Koma einen erheblichen Eingriff dar, der in der Regel bei einem lebensbedrohlichen Zustand gewählt wird. Es handelt sich dabei um eine Form der Langzeitnarkose, bei der Patienten mittels medikamentöser Unterstützung und unter Überwachung von Herz und Kreislauf in einen tiefen Schlaf versetzt werden. Das künstliche Koma ist somit ein Symptom und keine Krankheit. Es ist Ausdruck einer schwersten Störung der Großhirnfunktion und zumeist lebensbedrohend.
Was ist ein künstliches Koma?
Der Begriff "künstliches Koma" ist medizinisch gesehen nicht korrekt. Eigentlich handelt es sich dabei um eine kontrollierte Langzeitnarkose, bei der Patient*innen mithilfe von Medikamenten gezielt in eine Art Tiefschlaf versetzt werden. Um die Narkose zu initiieren, kommen als Medikamente einerseits Narkosemittel und andererseits Schmerzpräparate zur Anwendung. Die Dosierung der Medikamente richtet sich nach dem individuellen Zustand und bestimmt, ob die Sedierung eher flach oder tief ausfällt. Grundsätzlich versuchen Fachleute, das künstliche Koma so leicht wie möglich zu halten, um das spätere Aufwachen zu erleichtern.
Dieser Begriff wird zumeist synonym für eine Sedierung oder Narkose verwendet, um einem medizinischen Laien eine medikamentös herbeigeführte Bewusstseinsminderung zu erklären. Dabei muss die Bewusstseinslage nicht komatös sein, auch leichtere Sedierungen mit dem Ziel der Beruhigung werden oft so bezeichnet. Das erklärt, weshalb Patienten im künstlichen Koma Wahrnehmungen und Erinnerungen an diese Zeit haben können. Im Rahmen einer tiefen Sedierung z.B.
Gründe für ein künstliches Koma
Der zentrale Grund für eine kontrollierte Langzeitnarkose ist in der Regel die Entlastung des menschlichen Körpers nach einer schweren Verletzung. Wenn der Körper in Folge eines Unfalls oder einer komplexen Operation auf besondere Schonung und Genesungsressourcen angewiesen ist, bietet ein künstliches Koma unter Umständen wertvolle Hilfe.
Ein künstliches Koma ist eine wichtige Maßnahme, um den Körper zu entlasten und lebenswichtige Therapien wie künstliche Beatmung zu ermöglichen. Es kann in vielen Fällen zum Einsatz kommen - etwa bei:
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- Schweren Verletzungen nach einem Unfall
- Nach schweren Operationen
- Bei einer lebensbedrohlichen Erkrankung, etwa akutem Lungenversagen (ARDS)
- Nach einem Herzinfarkt (Myokardinfarkt)
- Störungen der Lungenfunktion (z. B. bei Lungenentzündungen, einer Lungenembolie oder einem Lungenödem)
- Mehreren Rippenbrüchen
- Einer Blutvergiftung (Sepsis)
Stürze - etwa beim Skifahren - führen beispielsweise häufig zu schweren Kopfverletzungen wie einem Schädel-Hirn-Trauma. Dabei steigt der Druck im Inneren des Schädels, wodurch Blutgefäße und Nervenzellen abgeklemmt werden können. Durch ein künstliches Koma werden die Gehirnaktivität sowie der Sauerstoff- und Nährstoffbedarf im Gehirn gezielt heruntergefahren. So sinkt der Hirndruck, das Gehirn wird entlastet und hat bessere Chancen, sich von der Verletzung zu erholen.
Auch nach einem Herzinfarkt (Myokardinfarkt) kann es nötig sein, die betroffene Person in ein künstliches Koma zu versetzen. Beim Infarkt verstopft eines der Herzkranzgefäße, wodurch ein Teil des Herzmuskelgewebes abstirbt. Im künstlichen Koma kann sich das geschwächte Herz nach der Operation besser erholen.
Darüber hinaus versetzen Fachleute Patient*innen häufig in ein künstliches Koma, wenn diese künstlich beatmet werden müssen. Bei einer künstlichen Beatmung liegt ein Schlauch (Tubus) in der Luftröhre, über den die Luft in die Lungen gepumpt und wieder abgezogen wird. Das akute Atemnnotsyndrom (ARDS) ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der häufig in Folge einer Lungenentzündung auftritt.
Dauer des künstlichen Komas
Der zeitliche Rahmen, den der Arzt für ein künstliches Koma ansetzt, orientiert sich an der Schwere und Art der Krankheit. Prinzipiell beträgt die Dauer wenige Stunden, aber bei Bedarf auch mehrere Monate. Meist wird der genaue Zeitraum während des Komas selbst entschieden. Er hängt wesentlich vom Verlauf der Genesung und der damit verbundenen Erholung des Körpers ab.
Wie lange jemand im künstlichen Koma liegen muss, ist unterschiedlich - die Dauer hängt vor allem von der Grunderkrankung beziehungsweise der Schwere der Verletzungen ab und davon, wie schnell der Körper sich erholt. Wenige Tage, mehrere Wochen, aber auch Monate sind möglich. Theoretisch könnte das künstliche Koma sogar mehrere Jahre aufrechterhalten werden. Generell gilt jedoch: Je länger jemand im künstlichen Koma liegt, desto höher ist das Risiko für Komplikationen wie zum Beispiel eine Lungenentzündung.
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Die Koma-Tiefe ist von der Grunderkrankung und dem individuellen Patientenzustand abhängig. Je tiefer der Arzt die Sedierung vornimmt, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit eines unbeabsichtigten Aufwachsens. Wenn erhebliche Verletzungen vorliegen, beispielsweise ein Schädel-Hirn-Trauma, ist ein eher tiefes Koma sinnvoll.
Die Aufwachphase
Wenn eine deutliche gesundheitliche Verbesserung gegeben ist und die ursächliche Erkrankung stabilisiert werden konnte, leitet der Arzt allmählich die Aufwachphase ein. Je nach Dauer und Tiefe der Narkose reduziert er dabei schrittweise die Medikamente. Der zeitliche Verlauf nimmt häufig mehrere Tage in Anspruch.
Hat sich die Grunderkrankung gebessert und der Kreislauf stabilisiert, kann die Sedierung langsam aufgehoben werden. Dazu wird die Dosierung der Narkosemittel vorsichtig reduziert, um den Körper nicht zu überfordern. Dieses schrittweise Absetzen der Medikamente nennt sich auch Ausschleichen. Dabei wird der Gesundheitszustand der Patient*innen kontinuierlich überwacht - insbesondere der Hirndruck. Die Dosierung kann gegebenenfalls angepasst werden. Wird die Narkose zu schnell ausgeschlichen, können Entzugserscheinungen wie Verwirrtheit auftreten.
Gibt es verschiedene Formen der Aufwachphase aus dem künstlichen Koma? In der Tat kann man die Aufwachphase grob unterteilen.
- Das sogenannte neurologische Fenster: Kurz gesagt wird das künstliche Koma für einen kurzen Zeitraum pausiert oder besser gesagt unterbrochen. Der Sinn dahinter soll sein, frühzeitig Schäden am Gehirn festzustellen. Dies wird vor allem nach Kopfverletzungen (Schädel - Hirn - Trauma; Hirnblutung, Schlaganfall) durchgeführt um die Bewusstseinslage des Betroffenen einschätzen zu können. Folgende Fragen sollen damit beantwortet werden: Wird der Betroffene wach? Gibt es Bewusstseinsstörungen? Können Arme und Beine bewegt werden? Können diese Fragen positiv beantwortet werden und sollten keine weiteren Komplikationen zu erwarten sein, kann die Aufwachphase intensiviert werden. Sollten aber Komplikationen auftreten, wie zum Beispiel die Verschlechterung der Vitalwerte oder der Stress ist für den Betroffenen sichtlich zu hoch, werden die Medikamente wieder gestartet und eventuell zu einem späteren Zeitpunkt ein erneuter Aufwachversuch gestartet.
- Die eigentliche Aufwachphase: Ist die Akutphase überstanden (Verletzungen versorgt, Vitalwerte stabil) gibt es keinen Grund ein künstliches Koma noch länger aufrecht zu erhalten. Das langsame Reduzieren der Medikamente soll ein schonendes Aufwachen ermöglichen.
Dauer der Aufwachphase
Die Aufwachphase nach einem künstlichen Koma kann einige Tage, aber auch mehrere Wochen andauern - je nach:
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- Dauer des künstlichen Komas
- Alter der betroffenen Person
- Allgemeinem Gesundheitszustand
- Abbau der Medikamente im Körper
Die künstliche Beatmung bleibt in der Aufwachphase meist noch eine Weile bestehen. Der Grund: Die Atemmuskulatur hat sich je nach Dauer des künstlichen Komas unter Umständen zurückgebildet und kann womöglich zunächst nicht selbständig arbeiten. Betroffene müssen Schritt für Schritt von dem Beatmungsgerät entwöhnt werden und ihre Atemmuskulatur trainieren - Fachleute bezeichnen diese Phase als "Weaning" (engl. to wean = entwöhnen).
Wie lange dauert die Aufwachphase? Diese Frage lässt sich pauschal nicht beantworten. Es gehören nämlich viele Faktoren dazu, die das aufwachen aus dem künstlichen Koma beeinflussen können. Dazu gehören:
- Wie lange hat das künstliche Koma gedauert?
- Welche Medikamente wurden eingesetzt?
- In welcher Dosierung wurden die Medikamente eingesetzt?
- Welche Grunderkrankung liegt vor?
- Welche Komplikationen sind aufgetreten?
2 Tage, 1 Woche oder sogar mehr als 1 Monat? Das sind ausschlaggebende Faktoren die auch das aufwachen beeinflussen können. Der Körper muss die Medikamente die ihm über diesen Zeitraum verabreicht wurden auch wieder abbauen. Umso länger die Zeit des künstlichen Komas, umso länger ist wahrscheinlich auch die Aufwachphase.
Auch die Art der Medikamente kann ein wichtiger Einflussfaktor sein. Es gibt unterschiedlich wirkende Substanzen die auch in verschieden miteinander kombiniert werden können. Einige haben eine geringe „halbwertszeit“, werden also schnell abgebaut, für andere Medikamente benötigt der Körper auch länger um sie wieder auszuscheiden.
Jeder Mensch ist anders. Ein kleines Beispiel: Eine ältere Dame die gerade einmal 50kg wiegt, benötigt aller Wahrscheinlichkeit nach weniger hohe Dosierungen als ein stattlicher Junger Mann der 90kg oder mehr auf die Waage bringt. Je jöher die Dosierung, umso länger kann der Körper brauchen bis die Medikamente wieder ausgeschieden sind.
Es ist ein großer Unterschied ob unser Gehirn durch einen Unfall geschädigt wurde und daraus resultiert das die Aufwachphase länger dauert, als zum Beispiel nach einem Herzinfarkt, bei dem das Gehirn primär nicht betroffen ist (auch hier können Schäden am Hirn auftreten, wenn die Zeit von Herzinfarkt bis zur ersten Hilfe zu lange dauert und somit irreversible Hirnschäden eingetreten sind).
Bleiben wir bei dem Beispiel mit dem Herzinfarkt. Eine mögliche Komplikation habe ich schon oben erwähnt. Hirnschäden in Folge von Sauerstoffmangel. Ein weiteres Beispiel wäre ein schwerer Unfall mit einem Schädel Hirn Trauma, sollte das Hirn schwere Verletzungen erlitten haben, kann dies die Aufwachphase verlängern. Ebenso das Auftreten von Entzündungen, speziell von Lungenentzündungen, hervorgerufen durch die künstliche Beatmung können das Aufwachen aus dem künstlichen Koma erschweren.
Die Kombination aus allen Faktoren ist unberechenbar! Wie sie jetzt sehen kann man nicht nur einen Faktor betrachten sondern muss immer auch alle anderen Möglichkeiten mit einbeziehen. Deswegen ist es auch so schwierig Prognosen abzugeben, wie lange eine Aufwachphase aus dem künstlichen Koma dauern kann.
Ablauf der Aufwachphase
Die Medikamente die das künstliche Koma aufrecht erhalten werden reduziert und schließlich ganz ausgestellt. Die Aufwachphase aus dem künstlichen Koma beginnt sozusagen mit dem Reduzieren der Medikamente.
Nachdem die Akutphase überstanden ist und keine weiteren Komplikationen zu erwarten sind wird die Aufwachphase eingeleitet. Wie schon erwähnt werden die Medikamente Schrittweise reduziert. Dabei werden alle Vitalwerte engmaschig überwacht, ebenso eventuelle erste Reaktionen seitens des Patienten. Diese Reaktionen werden ganz Simpel getestet - gibt es Reaktionen auf Ansprache, Berührungen oder Schmerzreize?
Sind erste Reaktionen zu erkennen werden die Medikamente weiter reduziert. Im weiteren Verlauf werden Bewegung und Koordination getestet, wie zum Beispiel das Bewegen von Extremitäten auf Ansprache oder auch das Drücken der Hand.
Neben allen motorischen Funktionen muss natürlich überprüft werden ob der Betroffene selbständig Atmen und auch Husten kann, denn nur so ist gewährleistet, dass er auch tief genug Luft holt und das Sekret aus der Lunge abhusten kann. Sollten auch hier keine Probleme auftreten, kann der Beatmungsschlauch entfernt werden. Die Aufwachphase ist damit beendet.
Bei einer sehr langen Behandlungszeit im künstlichen Koma, wird den Betroffenen ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie) gesetzt. Die Aufwachphase ist zwar gleich, allerdings wird eine längere Entwöhnung vom Beatmungsgerät nötig sein.
Probleme beim Aufwachen und Folgeschäden
Ein Koma, vor allem bei längerer Dauer, birgt immer auch gewisse Risiken und die Gefahr eventueller Folgeschäden. Gerade bei älteren Patienten besteht die Möglichkeit zu einem Delir, einer Form der Desorientierung. Auch das Nichtaufwachen nach dem Absetzen der Medikamente ist eine Option, die jedoch meist in Zusammenhang mit einer erheblichen Grunderkrankung steht.
Vor allem bei älteren Menschen, die längere Zeit im künstlichen Koma lagen, kann die Aufwachphase zu Problemen führen. Einige Betroffene leiden zum Beispiel unter:
- Verwirrtheit (Delir)
- Angststörungen
- Schlafstörungen
- Schmerzen
- Halluzinationen oder Wahnvorstellungen
- Selten: Krampfanfällen im Gehirn
Nach einer tiefen Sedierung können zudem neurologische, psychische und muskuläre Folgen auftreten, weshalb frühe Mobilisation und Reha wichtig sind.
Delir
Das Delir ist eine sehr häufige Folge von Langzeitsedierungen. Die Bewusstseinsstörung geht mit Symptomen einher, wie:
- Desorientierung
- Gedächtnisproblemen
- Halluzinationen
- Unruhe
- Sprach- und Denkstörungen
Das Risiko für ein Delir steigt mit:
- Höherem Alter der betroffenen Person
- Längerer Dauer des künstlichen Komas
- Vorliegender Demenz
- Stoffwechselstörungen
Für den Körper bedeutet ein Delir enormen Stress. Um zu verhindern, dass der Blutdruck der Person schnell steigt oder sie sich durch unkontrolliertes Entfernen von Kathetern und Drainagen selbst gefährdet, können in der Aufwachphase Schmerz- und Beruhigungsmittel zum Einsatz kommen.
Um dieser Komplikation vorzubeugen, ist es wichtig, den Tag-Nacht-Rhythmus wiederherzustellen. Zum Beispiel durch den Einsatz von:
- Tageslicht
- Uhren
- Jalousien
- Ggf. Schlafmasken und Ohrstöpseln
Angehörige können zur Reorientierung beitragen, indem sie vertraute Gerüche, Musik, alte Fotos oder bekannte Gegenstände mitbringen.
Rehabilitation nach dem künstlichen Koma
Wenn Sie ein Koma und eine künstliche Beatmung hinter sich haben, gilt es häufig viele Dinge neu zu erlernen. Neben dem selbstständigen Atmen und Schlucken zählen vor allem auch sämtliche Bewegungsabläufe dazu. Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie stehen zur Verfügung. Sie haben die Möglichkeit, sich vertraute Bewegungsabläufe sowie sensorische und motorische Fähigkeiten unter Anleitung wieder anzueignen.
Die sogenannte neurologische Rehabilitation (von lateinisch rehabilitatio = Wiederherstellung) verläuft in verschiedenen Phasen und hat den Zweck nach und nach so viel Selbstständigkeit wie möglich zu erreichen. Nach dem künstlichen Koma mit der dazugehörenden intensivmedizinischen Betreuung geht es hierbei vor allem um den Wiedererwerb von Funktionen und Fähigkeiten. Dazu zählen beispielsweise Sprache und Motorik. Besonders sportliche und auch junge Patienten haben gute Chancen für eine umfassende Genesung.
Die Dauer der Reha hängt von der Länge des vorangegangenen künstlichen Komas und der damit verbundenen Schwere der ursprünglichen Erkrankung ab. Auch Alter und körperliche Leistungsfähigkeit spielen eine wesentliche Rolle. Die Reha-Maßnahme bedeutet in vielen Fällen eine Hilfestellung zur Rückkehr in ein aktives Leben. Das entsprechende Wiedererlernen von Alltagskompetenzen erfolgt schrittweise und dauert Wochen, gegebenenfalls Monate, aber auch Jahre.
Überlebenschancen
Ein künstliches Koma kann die Chancen auf Genesung erhöhen - ausschlaggebend bleibt aber immer die zugrunde liegende Erkrankung. Es kann daher passieren, dass jemand aus einem künstlichen Koma nicht wieder aufwacht. Das liegt dann allerdings nicht an der Sedierung.
Wie hoch die Überlebenschancen sind, hängt stark von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
- Alter
- Vorerkrankungen
- Schwere der Grunderkrankung bzw.
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