Die erstaunliche Anzahl der Synapsen im menschlichen Gehirn

Das menschliche Gehirn ist ein Wunderwerk der Natur, ein komplexes Organ, das uns zu dem macht, was wir sind. Seine Fähigkeit zu lernen, sich anzupassen und Informationen zu verarbeiten ist unvergleichlich. Ein Schlüsselfaktor für diese Fähigkeiten ist die enorme Anzahl an Synapsen, den Verbindungsstellen zwischen den Nervenzellen.

Die Komplexität des menschlichen Gehirns

Das menschliche Gehirn ist das komplexeste Organ, das die Natur je hervorgebracht hat. Es besteht aus etwa 86 Milliarden Neuronen und einer noch größeren Anzahl von Gliazellen. Diese Zellen sind durch ein riesiges Netzwerk von Verbindungen miteinander verbunden, den Synapsen. Man schätzt, dass das menschliche Gehirn etwa 100 Billionen Synapsen enthält.

Lernen und Plastizität im Gehirn

Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften des Gehirns ist seine Plastizität, d. h. seine Fähigkeit, sich im Laufe der Zeit zu verändern und anzupassen. Diese Plastizität beruht auf Veränderungen in den Synapsen. Synapsen können verstärkt oder abgeschwächt werden, und es können sogar neue Synapsen gebildet werden. Dieser Prozess, der als synaptische Plastizität bezeichnet wird, ist die Grundlage für Lernen und Gedächtnis.

Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass Synapsen die Effektivität der Übertragung variieren können. Man bezeichnet dieses Phänomen auch als synaptische Plastizität. So kann eine Synapse durch einen Vorgang namens Langzeitpotenzierung (LTP) verstärkt werden, indem sie mehr Botenstoff ausschüttet oder mehr Botenstoffrezeptoren bildet. Die Übertragung von Signalen kann aber nicht nur verstärkt oder abgeschwächt werden, sie kann auch überhaupt erst ermöglicht oder völlig gekappt werden. So wissen Neurowissenschaftler heute, dass Synapsen selbst im erwachsenen Gehirn noch komplett neu gebildet oder abgebaut werden können. An wenigen Stellen wie zum Beispiel im Riechsystem können sogar zeitlebens neue Nervenzellen gebildet werden. Es ist also nicht übertrieben, wenn man sagt: Unser Gehirn gleicht zeitlebens einer Baustelle.

Die Rolle der Synapsen bei der Signalübertragung

Synapsen sind die Kontaktstellen zwischen Nervenzellen, an denen die elektrischen Signale von einer Zelle zur nächsten übertragen werden. Diese Übertragung erfolgt durch chemische Botenstoffe, die Neurotransmitter. Wenn ein elektrisches Signal eine Synapse erreicht, werden Neurotransmitter freigesetzt, die an Rezeptoren auf der nächsten Nervenzelle binden. Diese Bindung löst ein neues elektrisches Signal in der empfangenden Zelle aus.

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Synapsen übertragen nicht nur elektrische Signale von einer Nervenzelle zur nächsten, sie können die Intensität des Signals auch verstärken oder abschwächen.

Die Kartierung des Gehirns: Das Konnektom

Um die Funktionsweise des Gehirns besser zu verstehen, arbeiten Wissenschaftler daran, das Konnektom zu kartieren, d. h. die vollständige Karte aller neuronalen Verbindungen im Gehirn. Dies ist eine gewaltige Aufgabe, da das menschliche Gehirn Billionen von Synapsen enthält. Wissenschaftler entwickeln deshalb neue Methoden, mit denen sie das Konnektom entschlüsseln können. Als Modellfälle dienen ihnen dafür Mäuse: Zuletzt haben sie die Verschaltung von Bereichen der Netzhaut des Auges sowie der Großhirnrinde aufgeklärt und herausgefunden, dass Nervenzellen im sogenannten entorhinalen Kortex der Großhirnrinde wie ein Transistor organisiert sind: Bevor eine Nervenzelle eine andere Zelle aktivieren kann, kontaktiert sie eine hemmende Zelle und wird so in ihrer eigenen Aktivität behindert. Anhand solcher Schaltpläne wollen Wissenschaftler lernen, wie das Gehirn funktioniert.

Das Gehirn als Vorbild für künstliche Intelligenz

Die Funktionsweise des Gehirns inspiriert auch die Entwicklung künstlicher Intelligenz. Forscher versuchen, neuronale Netze zu entwickeln, die die Struktur und Funktion des Gehirns nachbilden. Diese neuronalen Netze können verwendet werden, um komplexe Aufgaben wie Bilderkennung und Sprachverarbeitung zu lösen.

Das menschliche Gehirn dient Physikern als Vorbild, um neuartige Computerarchitekturen zu entwickeln. Welche Vorteile solche neuromorphen Systeme gegenüber klassischen Rechnern bieten und wie man sie herstellen will, erklärte Karlheinz Meier vom Kirchhoff-Institut für Physik der Universität Heidelberg in unserem Podcast.

Die Bedeutung der Gehirnforschung

Die Erforschung des Gehirns ist von entscheidender Bedeutung, um neurologische und psychische Erkrankungen besser zu verstehen und zu behandeln. Durch die Entschlüsselung der Geheimnisse des Gehirns können wir neue Therapien entwickeln, um Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson und Depression zu behandeln.

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Die Rolle des Gehirns im Alltag

Unser Nervensystem im Alltag: Wie funktioniert unser Nervensystem? Diese Fragen haben wir einmal etwas anders beleuchtet.Unser Nervensystem besteht aus Abermilliarden Nervenzellen. Das komplexe Netz steuert bewusste und unbewusste Prozesse - wie die folgende, für die meisten von uns ganz alltägliche Szene an der Kaffeemaschine deutlich macht. Erfahren Sie hier, was Ihr Nervensystem leistet, wenn Sie sich eine Tasse Kaffee schmecken lassen.

Die Entwicklung des Gehirns im Laufe des Lebens

Wissenschaftler:innen aus Jülich sind seinen Geheimnissen auf der Spur. Beispielsweise wollen sie herausfinden, wie sich unser Denkorgan im Laufe des Lebens entwickelt und wie kognitive Prozesse im gesunden und im kranken Gehirn ablaufen. Dadurch erhoffen sie sich neue Möglichkeiten für die Behandlung von neurologischen Erkrankungen wie Parkinson oder der Alzheimer-Demenz.

Die Plastizität des Gehirns und Rehabilitation

Seine Plastizität hilft dem Gehirn zudem, Schäden zumindest teilweise zu reparieren. Sterben beispielsweise bei einem Schlaganfall Nervenzellen ab, können benachbarte Hirnregionen die Aufgaben des betroffenen Gebiets zum Teil übernehmen. Am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften haben Forscher herausgefunden, dass das Gehirn so die Schäden nach einem Schlaganfall zum Teil kompensieren kann.

Die Bedeutung der Anzahl der Nervenzellen

Oft liest man, das menschliche Gehirn habe 100 Milliarden Nervenzellen, dann wieder heißt es 86 Milliarden. Was stimmt? Prof. Dr. Stefan Liebau, Leiter des Instituts für Neuroanatomie und Entwicklungsneurobiologie der Universität Tübingen: Im Moment setzen wir auf die Zahl 86 Milliarden als beste Näherung. Wie auch die vorherige Schätzung von 100 Milliarden kam sie nicht durch eine komplette Zählung aller Nervenzellen im Gehirn zustande. Stattdessen wurden die Nervenzellen in kleineren Abschnitten gezählt und das dann mathematisch auf das ganze Gehirn hochgerechnet. Das können wir uns so vorstellen: Wir nehmen einen Liter Wasser aus dem atlantischen Ozean, messen darin den Salzgehalt und schließen so darauf, wie viel Salz in allen Ozeanen ist. Mit dieser einfachen Methode lägen wir weit daneben, denn an hundert verschiedenen Stellen bekämen wir ganz unterschiedliche Salzgehalte. Das ist auch im Gehirn so: Genauere Messungen zeigen, dass in jeder Gehirnregion, sogar innerhalb des Großhirns, Nervenzellen in unterschiedlicher Dichte vorliegen. Das ist bei den neuen Schätzungen stärker berücksichtigt und es wurde an mehreren Stellen gemessen. Trotzdem bleibt es eine Annäherung.

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