Wasser ist ein essentielles Element für das Leben und spielt eine entscheidende Rolle in zahlreichen Körperfunktionen. Besonders das Gehirn, als Steuerzentrale unseres Körpers, ist in hohem Maße auf eine konstante Wasserversorgung angewiesen. Doch wie viel Wasser steckt tatsächlich in unserem Denkorgan, und welche Auswirkungen hat der Wasserhaushalt auf seine Leistungsfähigkeit? Dieser Artikel beleuchtet detailliert den Wassergehalt des Gehirns, seine Bedeutung und die Folgen von Flüssigkeitsmangel und -überschuss.
Die Bedeutung von Wasser für den menschlichen Körper
Bevor wir uns dem Gehirn im Detail widmen, ist es wichtig, die allgemeine Bedeutung von Wasser für den menschlichen Körper zu verstehen. Der Körper eines normalgewichtigen Erwachsenen besteht zu 50 bis 65 Prozent aus Wasser. Bei Neugeborenen liegt dieser Wert sogar bei etwa 80 Prozent. Wasser ist nicht nur ein Baustoff des Körpers, sondern übernimmt auch vielfältige Funktionen:
- Transportmittel: Wasser transportiert Nährstoffe zu den Zellen und Abfallprodukte ab.
- Lösungsmittel: Viele chemische Reaktionen im Körper können nur in wässriger Umgebung ablaufen.
- Wärmeregulator: Durch Schwitzen kann der Körper überschüssige Wärme abgeben und so eine Überhitzung vermeiden.
- Baustein: Wasser ist Bestandteil von Zellen, Geweben und Organen.
Kein Vorgang im Körper des Menschen läuft ohne Wasser ab. Es ist also essentiell, den Flüssigkeitshaushalt des Körpers im Gleichgewicht zu halten.
Der Wassergehalt des Gehirns
Das menschliche Gehirn besteht zu 75 bis 80 Prozent aus Wasser und ist damit besonders abhängig von einer stabilen Flüssigkeitszufuhr. Dieser hohe Wasseranteil ist entscheidend für die Funktion der Nervenzellen und die Übertragung von Signalen.
Liquor cerebrospinalis: Das Nervenwasser des Gehirns
Das Gehirn schwimmt quasi in einer speziellen Flüssigkeit, dem Liquor cerebrospinalis (Nervenwasser). Wir haben etwa 140 Milliliter Nerven- oder Hirnwasser, medizinisch: Liquor cerebrospinalis. Es ist eine durchsichtige Flüssigkeit, in der unser Gehirn im Schädel quasi schwimmt und die es vor Erschütterungen schützt. Der Liquor befindet sich in den inneren Hohlräumen des Gehirns und umgibt Gehirn und Rückenmark. Täglich werden rund 600 Milliliter dieses „Nervenwassers“ gebildet, was auch dem Durchsatz entspricht.
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Der Liquor ist eine klare, farblose und zellarme Flüssigkeit, die in ihrer Zusammensetzung stark der Lymphflüssigkeit ähnelt. Ähnlich wie die Lymphe entsteht der Liquor durch eine Ultrafiltration des Blutes im Gehirn und wird auch in die Venen des Blutgefäßsystems abgeleitet. Gehirnflüssigkeit und Blut sind also eng miteinander verknüpft.
Die Durchblutung des Gehirns
Zur gesamten Flüssigkeitsmenge, die durch das Gehirn fließt, zählt freilich auch das Blut. Und das Hirn ist sehr gut durchblutet. Wie gut, das lässt sich berechnen: Das Herzminutenvolumen, also die Menge, die das Herz pro Minute in den Kreislauf pumpt, beträgt in Ruhe 4,5 bis 5 Liter. Wenn wir für die Rechnung von 5 Litern pro Minute ausgehen, multipliziert mit 1.440 Minuten pro Tag, sind das 7.200 Liter auf den gesamten Körper bezogen. 15 Prozent des Blutvolumens beansprucht das Gehirn, durch das demnach täglich rund 1.080 Liter Blut fließen. Blut hat einen Wasseranteil von 92 Prozent.
Die Auswirkungen von Flüssigkeitsmangel auf das Gehirn
Schon ein geringer Flüssigkeitsmangel kann die Funktion des Gehirns beeinträchtigen. Bereits ein bis zwei Prozent weniger Wasser können zu Kopfschmerzen, Schwindel und Konzentrationsstörungen führen.
Experimentelle Studien zum Thema Dehydration
Um die Auswirkungen von Dehydration auf das Gehirn zu untersuchen, haben Forscher aufschlussreiche Versuche durchgeführt. In einer Studie mussten Jugendliche einen luftdichten Overall tragen und auf einem Hometrainer Rad fahren, um einen Flüssigkeitsverlust von etwa eineinhalb Litern zu erzeugen. Anschließend wurden ihre Gehirnaktivitäten in einem funktionellen Magnetresonanztomografen (fMRT) gemessen, während sie ein Computerspiel zur Testung der Planungsfähigkeit spielten.
Die Ergebnisse zeigten, dass die Probanden im dehydrierten Zustand im Cortex in drei Bereichen eine deutlich erhöhte neuronale Aktivität zeigten. Dies deutet darauf hin, dass die Gehirne im dehydrierten Zustand stärker arbeiten müssen, um die gleiche Leistung zu erzielen wie in der Bedingung ohne Wassermangel.
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Symptome und Folgen von Dehydration
Die ersten Anzeichen dafür, dass dem Organismus etwas zu wenig Flüssigkeit zur Verfügung steht, sind:
- Durst
- Mundtrockenheit
- Trockene Augen
- Trockene Schleimhäute
- Kopfschmerzen
- Verstopfung
- Konzentrationsschwierigkeiten
Langfristig kann ein geringfügiger Flüssigkeitsmangel zu Gedächtnisstörungen, Bluthochdruck, Infektanfälligkeit und Nierenstörungen führen. Eine stärkere Dehydration kann Schwindel, Muskelkrämpfe, Bewusstseinsstörungen und im schlimmsten Fall zu einem Schock mit Organversagen führen.
Dehydration im Alter
Häufig sind es ältere Menschen, die zu wenig trinken. Denn im Alter arbeiten die Durst-Rezeptoren im Gehirn nicht mehr verlässlich: Trotz Wassermangels verspüren ältere Menschen häufig keinen oder wenig Durst. Die mangelnde Flüssigkeit führt dann oft zu Verwirrtheitszuständen und Schwindel, was wiederum das Risiko für Stürze und Verletzungen erhöht.
Die Auswirkungen von Flüssigkeitsüberschuss auf das Gehirn
Auch ein übermäßiger Konsum von Wasser kann negative Auswirkungen haben. Werden innerhalb kurzer Zeit große Mengen Wasser getrunken, kann es zu einer sogenannten Wasservergiftung (Hyponatriämie) kommen. Dabei wird das Blut stark verdünnt, was zu einem Mangel an Natrium führt. In extremen Fällen kann dies lebensbedrohlich sein.
Wie man den Flüssigkeitshaushalt des Gehirns reguliert
Neurobiologen der Universität Heidelberg haben den Mechanismus entdeckt, der die Fließgeschwindigkeit und die Fließrichtung des Wassereinstroms zwischen Gehirn-Rückenmarks-Flüssigkeit und Gehirnzellen reguliert. Dieser Mechanismus kann auch für die Behandlung von Hydrocephalus-Erkrankungen von großer Bedeutung sein.
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Die Forschungsgruppe von Francesca Ciccolini hat nun den Mechanismus entdeckt, der den Einbau eines bestimmten AQP-Kanalproteins in sogenannten ependymalen Gehirnzellen kontrolliert, die als Barriere zwischen Gehirn und Ventrikelsystem dienen. Dadurch wird die Fließgeschwindigkeit des Wassereinstroms zwischen Cerebrospinalflüssigkeit und Gehirnzellen reguliert. Eine zentrale Rolle bei diesem Mechanismus spielen der Neurotransmitter Gamma-Aminobuttersäure (GABA) und die GABAA-Rezeptoren.
Tipps für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr
Um das Gehirn optimal mit Flüssigkeit zu versorgen, sollten folgende Tipps beachtet werden:
- Regelmäßig trinken: Über den Tag verteilt kleine Mengen trinken, anstatt große Mengen auf einmal.
- Durstgefühl beachten: Sobald Durst empfunden wird, ein Glas Wasser trinken.
- Ausreichende Menge: Ernährungsphysiologen empfehlen für Männer 2,5 Liter und für Frauen 2 Liter Flüssigkeit pro Tag.
- Geeignete Getränke: Wasser, ungezuckerte Tees und Saftschorlen sind die besten Durstlöscher.
- Trinkmenge notieren: Wer Schwierigkeiten hat, ausreichend zu trinken, kann sich die Trinkmenge notieren, bis sich eine Gewohnheit etabliert hat.
- Auf den Körper hören: Ein Mensch, der sich konzentrieren muss, sollte auf seinen Körper hören. Er sollte sich nicht zum Trinken zwingen.
- Tests durchführen: Beim Hautfaltentest wird die Haut, zum Beispiel auf dem Handrücken oder am Unterarm, zwischen Daumen und Zeigefinger zusammengedrückt. Glättet sich die Haut nach dem Loslassen nicht sofort wieder, sondern bleibt als Falte stehen, leidet der Körper unter Wassermangel. Ärzte drücken mitunter auch aufs Nagelbett eines Fingers, um den Flüssigkeitshaushalt zu testen.