Wundermittel gegen Demenz? Aktuelle Forschung und neue Therapieansätze bei Alzheimer

Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte gemacht. Lange Zeit konzentrierte sich die Behandlung auf die Linderung von Symptomen, doch nun rücken Therapien in den Fokus, die an den Ursachen der Krankheit ansetzen. Alzheimer ist eine Form von Demenz, die durch Eiweißablagerungen im Gehirn, sogenannte Amyloid-Plaques, gekennzeichnet ist. Diese Plaques werden für die Entstehung und das Fortschreiten der Krankheit verantwortlich gemacht.

Lecanemab: Ein neuer Antikörper auf dem deutschen Markt

Seit kurzem ist mit Lecanemab ein neues Medikament auf dem deutschen Markt verfügbar, das unter dem Handelsnamen Leqembi vertrieben wird. Dieser Wirkstoff ist ein Antikörper, der gezielt die schädlichen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn bekämpft. Lecanemab bindet an diese Eiweißablagerungen und aktiviert das Immunsystem, um sie abzubauen. Die EU-Zulassung wurde im April 2025 erteilt, und Deutschland und Österreich gehören zu den ersten EU-Ländern, in denen das Medikament verfügbar ist. In den USA wird es bereits seit zwei Jahren eingesetzt.

Wie wirkt Lecanemab?

Lecanemab zielt darauf ab, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit zu verlangsamen, eine Heilung ist jedoch auch mit diesem Medikament nicht möglich. Studien haben gezeigt, dass Lecanemab das Fortschreiten der Erkrankung um etwa ein halbes Jahr verzögern kann. Peter Berlit, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, betont, dass Betroffene dadurch sechs Monate bei guter Lebensqualität gewinnen, bevor die typischen Symptome einsetzen.

Für wen ist Lecanemab geeignet?

Es ist wichtig zu beachten, dass Lecanemab nicht für alle Alzheimer-Patienten geeignet ist. Zugelassen ist es für die Behandlung von leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) im frühen Stadium der Alzheimer-Krankheit. Das Zentralinstitut für kassenärztliche Versorgung schätzt, dass von den rund 460.000 Patienten mit leichter Demenz in Deutschland etwa 73.000 für eine Therapie mit Lecanemab in Frage kommen.

Aufwendige Diagnostik erforderlich

Um festzustellen, ob ein Patient für die Lecanemab-Therapie geeignet ist, sind umfangreiche Untersuchungen erforderlich. Dazu gehören Nervenwasseruntersuchungen, Gentests und MRT-Scans. Patienten mit mehr als einer Kopie des ApoE4-Gens sind aufgrund des erhöhten Risikos von Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Auch Patienten, die Blutverdünner einnehmen, sind nicht geeignet.

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Durchführung und Kosten der Behandlung

Die Behandlung mit Lecanemab ist aufwendig und beinhaltet einstündige intravenöse Infusionen alle zwei Wochen über einen Zeitraum von bis zu 18 Monaten. Während der Infusion müssen die Patienten mehrere Stunden unter ärztlicher Aufsicht bleiben. Regelmäßige MRT-Untersuchungen sind notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder Blutungen im Gehirn frühzeitig zu erkennen. Die Kosten für das Medikament werden auf etwa 24.000 Euro pro Patient und Jahr geschätzt, hinzu kommen etwa 10.000 Euro für Tests, Durchführung der Therapie und Überwachung.

Enge medizinische Kontrolle gefordert

Die Arzneimittelbehörden fordern eine enge medizinische und wissenschaftliche Kontrolle des Medikaments. Der Gemeinsame Bundesausschuss von Ärzten und Krankenkassen wird prüfen, welchen Nutzen das Mittel im Vergleich zu bisherigen Therapien hat. Das Ergebnis dieser Prüfung wird Grundlage für die Preisverhandlungen zwischen Herstellern und Krankenkassen sein.

Donanemab (Kisunla): Ein weiterer Antikörper zur Behandlung von Alzheimer

Mit Donanemab (Kisunla) steht ein weiterer Antikörper zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zur Verfügung. Dieser Wirkstoff ist seit September 2025 in der EU zugelassen und zielt ebenfalls auf die Beseitigung von Amyloid-Plaques im Gehirn ab. Donanemab bindet spezifisch an eine Form von Beta-Amyloid, die sich bereits in Form von Plaques an den Zellen angelagert hat, und aktiviert das körpereigene Immunsystem, um die Plaques abzubauen.

Unterschiede zu Lecanemab

Es gibt einige wichtige Unterschiede zwischen Lecanemab und Donanemab. Kisunla wird alle vier Wochen verabreicht, und die Therapie ist nach spätestens 18 Monaten beendet. Leqembi hingegen wird alle zwei Wochen gegeben und ist als Dauertherapie angelegt. Studien deuten darauf hin, dass Leqembi eine geringere Rate an symptomatischen ARIAs (Amyloid-bedingte Bildgebungsauffälligkeiten) aufweist, aber möglicherweise geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wirksamkeit zeigt. Für Kisunla liegen solche Unterschiede bislang nicht vor.

Studienergebnisse zu Donanemab

Die Entwicklung von Donanemab basiert auf den Ergebnissen der TRAILBLAZER-ALZ-2-Studie, die zeigte, dass Donanemab die schädlichen Amyloid-Ablagerungen effektiv abbauen und den geistigen Abbau um 35 Prozent verlangsamen konnte. Ein Vorteil von Donanemab ist, dass die Behandlung beendet werden kann, sobald die Amyloid-Ablagerungen entfernt wurden, was die Therapiedauer verkürzt und Kosten reduziert.

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Auswahlkriterien und Risiken

Auch bei Donanemab ist es wichtig, dass der Wirkstoff nur bei Erkrankten im frühen Krankheitsstadium mit bislang nur wenigen kognitiven Beeinträchtigungen eingesetzt wird. Vor der Verabreichung muss nachgewiesen werden, dass sich bereits Amyloid-Plaques im Gehirn gebildet haben. In der EU ist außerdem ein Gentest auf ApoE4 vorgeschrieben, und Menschen mit zwei Kopien dieses Gens sind ausgeschlossen. Personen, die Antithrombotika einnehmen, müssen dies mit ihrem Arzt abklären.

Mögliche Nebenwirkungen

Zu den häufigsten Nebenwirkungen von Donanemab gehören Kopfschmerzen, allergische Reaktionen während oder nach der Infusion und potenziell ernsthafte Veränderungen im Gehirn, sogenannte ARIA, die Hirnschwellungen oder Hirnblutungen bedeuten können.

Intranasales Insulin: Ein neuer Ansatz zur Behandlung von Alzheimer?

Ein Forschungsteam der Wake Forest University School of Medicine untersucht die Möglichkeit, Insulin über ein Nasenspray ins Gehirn zu transportieren. Da Insulinresistenz als Risikofaktor für Alzheimer gilt, ist das Ziel, die Versorgung des Gehirns mit Insulin sicherzustellen und die richtigen Gehirnregionen zuverlässig anzusprechen.

Ergebnisse einer Pilotstudie

In einer Studie mit älteren Erwachsenen wurde festgestellt, dass intranasales Insulin die Insulinaufnahme in kritischen Bereichen des Gedächtnisses (Hippocampus, olfaktorischer Kortex, Amygdala und Temporallappen) erhöhte. Kognitiv nicht eingeschränkte Personen zeigten dabei eine höhere Aufnahme und unterschiedliche Zeitmuster der Insulinabgabe im Vergleich zu eingeschränkten Personen. Die Forscher planen nun größere Validierungsstudien, um zu untersuchen, wie die Gefäßgesundheit, die Amyloid-Akkumulation und geschlechtsspezifische Unterschiede die Insulinabgabe im Gehirn beeinflussen.

Prävention und Früherkennung von Alzheimer

Neben der Entwicklung neuer Medikamente sind Prävention und Früherkennung wichtige Strategien im Kampf gegen Alzheimer. Es gibt 14 bekannte Risikofaktoren für die Alzheimer-Erkrankung, auf die man achten kann, um das Risiko zu mindern und den Verlauf der Krankheit zu verzögern. Dazu gehören:

Lesen Sie auch: Präventive Maßnahmen gegen Demenz

  • Rauchen vermeiden
  • Übergewicht reduzieren
  • Bewegungsmangel ausgleichen
  • Hohe LDL-Cholesterinwerte senken
  • Sehverlust und Schwerhörigkeit behandeln lassen
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzieren
  • Gesunde Ernährung
  • Soziale Kontakte pflegen und sich beschäftigen

Neue S3-Leitlinie Demenz

Seit November 2023 gibt es eine neue S3-Leitlinie Demenz, die einen Paradigmenwechsel in der Diagnostik darstellt. Die Leitlinie empfiehlt eine klinische und Biomarker-gestützte Diagnostik, um eine Diagnose bereits im Stadium der leichten kognitiven Störung stellen zu können, wenn die Symptome noch nicht stark ausgeprägt sind.

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