Zoster Neuralgie Leitlinie: Umfassender Überblick über Ursachen, Diagnose und Therapie

Der Herpes zoster, auch Gürtelrose genannt, ist eine Viruserkrankung, die durch die Reaktivierung des Varizella-Zoster-Virus (VZV) verursacht wird. Dieses Virus verursacht auch Windpocken (Varizellen). Nach einer Windpockenerkrankung verbleibt das Virus inaktiv in den Nervenzellen und kann sich später im Leben, insbesondere bei älteren oder immungeschwächten Menschen, reaktivieren. Die Zoster Neuralgie Leitlinie bietet Fachkreisen, insbesondere Ärzten und medizinischem Fachpersonal, eine aktuelle und konzentrierte Orientierung zu dieser wichtigen Infektionskrankheit.

Epidemiologie und Ursachen

Die Inzidenz von Herpes zoster steigt mit zunehmendem Alter. Schätzungen zufolge erkrankt jeder zweite Mensch, der das 85. Lebensjahr erreicht, mindestens einmal an Zoster. In Deutschland rechnet man mit etwa 400.000 Erkrankungsfällen pro Jahr. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Risikofaktoren für eine Reaktivierung des VZV sind:

  • Höheres Alter: Mit zunehmendem Alter lässt die Immunabwehr nach, was die Reaktivierung des Virus begünstigt.
  • Immunsuppression: Erkrankungen wie HIV/AIDS, maligne Lymphome oder die Einnahme immunsuppressiver Medikamente (z. B. Kortikoide, Zytostatika) schwächen das Immunsystem und erhöhen das Risiko.
  • Andere Erkrankungen: Chronische Erkrankungen wie rheumatoide Arthritis, chronisch entzündliche Darmerkrankungen, COPD, Asthma, chronische Niereninsuffizienz und Diabetes können ebenfalls das Risiko erhöhen.
  • Stress und Schlafstörungen: Psychischer Stress und Schlafstörungen können das Immunsystem beeinträchtigen.

Übertragung und Infektiosität

Die Übertragung des VZV erfolgt aerogen durch virushaltige Tröpfchen, die beim Atmen oder Husten ausgeschieden werden. Bei Varizellen ist die Ansteckungsgefahr sehr hoch, während bei Herpes zoster die Übertragung hauptsächlich durch direkten Kontakt mit dem Bläscheninhalt erfolgt. Die Ansteckungsfähigkeit besteht bis zur vollständigen Verkrustung aller Läsionen.

Symptome und Verlauf

Herpes zoster manifestiert sich typischerweise durch einen unilateralen, gürtelförmigen Hautausschlag mit Bläschenbildung, der von starken Schmerzen begleitet wird. Die Dermatome T3 bis L3 sind am häufigsten betroffen. In einigen Fällen kann es auch zu einem Zoster ophthalmicus (Befall des Nervus trigeminus) kommen.

Die Erkrankung beginnt oft mit unspezifischen Prodromi wie Unwohlsein, Kopf- und Gliederschmerzen. Anschließend entwickeln sich die typischen Hautläsionen, die aus Papeln, Bläschen und Schorf in verschiedenen Entwicklungsstadien bestehen. Die Schmerzen werden als brennend, stechend oder pulsierend beschrieben.

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Bei Kindern verläuft die Erkrankung in der Regel gutartig, während Erwachsene häufig unter erheblichen Schmerzen leiden. Bei Immundefizienz kann es zu einem disseminierten Zoster kommen, der nicht mehr segmental begrenzt ist und sich auf mehrere Körperstellen ausbreiten kann.

Komplikationen

Die häufigste Komplikation von Herpes zoster ist die Post-Zoster-Neuralgie (PZN), bei der die Schmerzen auch nach Abheilen des Hautausschlags über Monate oder sogar Jahre anhalten. Weitere Komplikationen können sein:

  • Bakterielle Superinfektionen: Die Hautläsionen können sich bakteriell infizieren.
  • Varizellenpneumonie: Insbesondere bei Erwachsenen kann es zu einer Lungenentzündung kommen.
  • ZNS-Manifestationen: In seltenen Fällen kann das zentrale Nervensystem betroffen sein, was zu Meningitis oder Enzephalitis führen kann.
  • Zoster ophthalmicus: Eine Beteiligung des Auges kann zu schweren Komplikationen wie Hornhautentzündung, Uveitis oder sogar Erblindung führen.
  • Ramsay-Hunt-Syndrom: Diese seltene Form des Zoster betrifft den Nervus facialis und kann zu Gesichtslähmung, Ohrenschmerzen und Hörverlust führen.

Diagnose

Die Diagnose von Herpes zoster wird in der Regel anhand des typischen klinischen Bildes gestellt. In unklaren Fällen oder bei Komplikationen kann eine spezifische Labordiagnostik erforderlich sein. Hierzu gehören:

  • Direkter Virusnachweis: Der VZV-Nukleinsäurenachweis mittels Polymerase-Kettenreaktion (PCR) ist die Methode der Wahl, um das Virus direkt nachzuweisen.
  • Antigennachweis: Der Antigennachweis durch den direkten Immunfluoreszenztest kann ebenfalls verwendet werden.
  • Antikörpernachweis: Der Nachweis spezifischer IgA-Antikörper kann bei Herpes zoster eine hohe diagnostische Aussagekraft haben.

Therapie

Die Therapie von Herpes zoster zielt darauf ab, die akute Krankheitsphase zu verkürzen, die Schmerzen zu lindern und Komplikationen zu verhindern. Die Behandlung umfasst in der Regel:

  • Antivirale Therapie: Eine antivirale Therapie mit Aciclovir, Valaciclovir, Famciclovir oder Brivudin sollte so früh wie möglich, idealerweise innerhalb von 72 Stunden nach Symptombeginn, eingeleitet werden. Diese Medikamente hemmen die Virusreplikation und können den Verlauf der Erkrankung verkürzen.
  • Schmerztherapie: Eine adäquate Schmerztherapie ist wichtig, um die Beschwerden zu lindern und einer Chronifizierung der Schmerzen vorzubeugen. Je nach Schmerzintensität können nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID), Opioide oder Koanalgetika wie Antidepressiva und Antikonvulsiva eingesetzt werden.
  • Lokale Therapie: Die Hautläsionen können lokal mit antiseptischen Lösungen oder Cremes behandelt werden, um bakterielle Superinfektionen zu verhindern.

Antivirale Medikamente im Detail

  • Aciclovir: Aciclovir ist ein Nukleosidanalogon, das die Virusreplikation hemmt. Es kann oral oder intravenös verabreicht werden. Bei immunkompetenten Patienten ist die orale Gabe ausreichend, während bei Immundefizienz oder schweren Verläufen die intravenöse Gabe bevorzugt wird.
  • Valaciclovir: Valaciclovir ist ein Prodrug von Aciclovir mit einer höheren Bioverfügbarkeit. Es wird nach oraler Gabe vollständig zu Aciclovir umgewandelt und kann daher seltener dosiert werden.
  • Famciclovir: Famciclovir ist ebenfalls ein Nukleosidanalogon, das oral verabreicht wird. Es hat eine ähnliche Wirksamkeit wie Valaciclovir.
  • Brivudin: Brivudin ist ein hochpotentes Nukleosidanalogon mit einer langen intrazellulären Verweildauer. Es wird einmal täglich eingenommen und ist bei Niereninsuffizienz Mittel der Wahl, sofern keine intravenöse Therapie indiziert ist. Allerdings sind bei der Anwendung von Brivudin Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu beachten, insbesondere mit 5-Fluorouracil und dessen Derivaten.

Spezielle Hinweise zur Brivudin-Therapie

Brivudin ist nicht für alle Patienten geeignet. Insbesondere bei gleichzeitiger Anwendung von 5-Fluorouracil oder dessen Prodrugs (Capecitabin, Tegafur) kann es zu einer potenziell tödlichen Interaktion kommen. Daher ist es wichtig, vor der Verordnung von Brivudin die Medikation des Patienten sorgfältig zu prüfen. Patienten, die Brivudin einnehmen, sollten eine Patientenkarte mit sich führen, die auf die möglichen Wechselwirkungen hinweist.

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Prävention

Die beste Vorbeugung gegen Varizellen und Herpes zoster ist die Impfung. Seit 2004 wird die Varizellen-Schutzimpfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Kinder und Jugendlichen empfohlen. Seit 2018 empfiehlt die STIKO außerdem allen Personen ab 60 Jahren die Impfung mit dem adjuvantierten Herpes-zoster-Subunit-(HZ/su)-Totimpfstoff (Shingrix®) als Standardimpfung. Für Personen ab 50 Jahren mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit wird die Impfung als Indikationsimpfung empfohlen.

Impfempfehlungen der STIKO

  • Varizellenimpfung: Die STIKO empfiehlt die Varizellenimpfung für alle Kinder und Jugendlichen. Die erste Dosis sollte im Alter von 11 Monaten, die zweite Dosis im Alter von 15 Monaten erfolgen.
  • Herpes-zoster-Impfung: Die STIKO empfiehlt die Herpes-zoster-Impfung mit dem HZ/su-Totimpfstoff für alle Personen ab 60 Jahren als Standardimpfung und für Personen ab 50 Jahren mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer Grundkrankheit als Indikationsimpfung.

Hygienemaßnahmen

Im häuslichen Umfeld sind in der Regel keine speziellen Maßnahmen für Patienten und Kontaktpersonen notwendig. Unter stationären Bedingungen sollten Patienten mit Varizellen-Primärinfektion isoliert werden. Bei Herpes zoster kann die Übertragung durch Abdeckung der Läsionen und Einhaltung der Basishygiene reduziert werden.

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