Akuter Schlaganfall: Blutzuckerwerte und Behandlungsstrategien

Ein Schlaganfall ist ein Notfall, der durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutzufuhr zum Gehirn oder durch eine Blutung im Gehirn verursacht wird. Unabhängig von der Ursache führt dies zu einer Schädigung des Hirngewebes. Die rasche und effiziente Behandlung ist entscheidend, um Nervenzellen zu retten und Folgeschäden zu minimieren. Der Leitsatz "Time is brain" unterstreicht die Bedeutung jeder einzelnen Minute.

Bedeutung der Schlaganfall-Spezialstation (Stroke Unit)

Die frühe Behandlung auf einer spezialisierten Schlaganfallstation (Stroke Unit) verbessert die Überlebenschancen und reduziert neurologische Defizite. Hier erfolgt eine multidisziplinäre Behandlung, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Schlaganfallpatienten zugeschnitten ist.

Basistherapie: Fundament der Akutversorgung

Die Basistherapie bildet das Fundament jeder Schlaganfallbehandlung in den ersten drei bis fünf Tagen nach dem Ereignis. Sie umfasst folgende Maßnahmen:

  • Aufrechterhaltung eines hochnormalen Blutdrucks: In der Initialphase eines Hirninfarktes ist eine generelle Blutdrucksenkung nicht angebracht, es sei denn, es liegen Druckwerte über 200 mmHg systolisch und 110 mmHg diastolisch vor oder spezielle Begleiterkrankungen (z.B. Myokardinfarkt) erfordern dies. Zu rasche Blutdrucksenkungen können die Prognose verschlechtern. Im postakuten Stadium ist eine normotone Blutdruckeinstellung wichtig, um das Fortschreiten der Arteriosklerose und zerebralen Mikroangiopathie zu verringern.
  • Offenhalten der Atemwege und Kontrolle der Atemfunktion: Eine Sauerstoffsättigung zwischen 95 und 100 Prozent (Pulsoxymetrie) und Normokapnie werden angestrebt. Eine Intubation ist nur bei Bewusstseinsstörungen, eingeschränkten Schutzreflexen, Aspirationsgefahr sowie bei pCO2-Werten über 50 mmHg indiziert.
  • Einstellung einer Normoglykämie (normaler Blutzuckerspiegel): Sowohl hypoglykämische als auch hyperglykämische Blutzuckerwerte sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert. Bei Blutzuckerwerten über 150 mg/dl sollte der Blutzucker durch Altinsulin gesenkt werden, wobei ein Absinken unter 100 mg/dl vermieden werden sollte.
  • Optimierung der Herzauswurfleistung: Eine Herzfrequenz über 100/Minute sollte durch Volumenzufuhr, Digitalis oder gegebenenfalls Isoptin gesenkt werden, um die Herzauswurfleistung und den zerebralen Perfusionsdruck zu erhöhen.
  • Senkung der Körpertemperatur: Erhöhte Körpertemperatur verschlechtert die Prognose nach Schlaganfall. Daher sollten erhöhte Temperaturen frühzeitig physikalisch (Wadenwickel) oder medikamentös (Paracetamol) gesenkt werden.
  • Pflegerische Maßnahmen zur Aspirationsprophylaxe: Patienten mit Schluckstörungen (z.B. bei Hirnstamminsult, Bewusstseinsstörung, großen hemisphärischen Infarkten) benötigen eine Magensonde.
  • Senkung des Hirndrucks: Maßnahmen zur Behandlung des Hirnödems umfassen Kopfhochlagerung, frühzeitige Intubation und Beatmung, Osmotherapie und Hypothermie.
  • Frühmobilisation: Patienten, die sich nicht selbst bewegen können, müssen mindestens alle vier Stunden mit Unterstützung der paretischen Seite gelagert werden. Die Mobilisierung und Krankengymnastik beginnen so schnell wie möglich.

Spezifische Therapien bei ischämischem Schlaganfall

Bei einem ischämischen Schlaganfall, der durch ein Blutgerinnsel verursacht wird, kommen folgende Therapien in Frage:

  • Thrombolyse (Lyse-Therapie): Medikamente werden verabreicht, um das Blutgerinnsel aufzulösen. Diese Therapie ist in Einzelfällen bis zu neun Stunden nach dem Auftreten erster Symptome möglich.
  • Thrombektomie: Ein katheterbasiertes Verfahren, bei dem das verschlossene Gefäß mit einem Katheter, der über die Leistenarterie eingeführt wird, wiedereröffnet wird.
  • Kombinationstherapie: Ärzte versuchen, wenn möglich, Thrombolyse und Thrombektomie zu kombinieren.

Behandlung bei hämorrhagischem Schlaganfall

Ist der Schlaganfall Folge einer Hirnblutung, kann eine Operation am offenen Gehirn erforderlich sein, um die Blutung zuStillen und den Druck im Gehirn zu reduzieren. Die Überwachung erfolgt in der Regel auf der Stroke Unit, um den Blutdruck rasch zu senken und Komplikationen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Bewusstlose oder beatmungspflichtige Patienten werden auf der Intensivstation überwacht.

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Blutzuckermanagement beim akuten Schlaganfall

Sowohl zu hohe als auch zu niedrige Blutzuckerwerte können sich negativ auf den Verlauf eines Schlaganfalls auswirken. Eine aktuelle Studie (SHINE-Studie) untersuchte den Einfluss einer strengen Blutzuckereinstellung (Zielbereich 80-130 mg/dl) im Vergleich zu einer Standardtherapie (Zielbereich 80-179 mg/dl) bei Patienten mit akutem ischämischem Schlaganfall und Hyperglykämie. Die Ergebnisse zeigten, dass eine strenge Blutzuckereinstellung in den ersten 72 Stunden keine Verbesserung der neurologischen Funktion nach 90 Tagen brachte. Zudem traten unerwünschte Ereignisse, einschließlich Hypoglykämien, häufiger in der Gruppe mit strenger Blutzuckereinstellung auf. Daher wird aktuell ein Zielbereich für die Blutzuckereinstellung zwischen 80 und 179 mg/dl (4,4-9,9 mmol/l) empfohlen.

Medikamentöse Therapie und Überwachung

  • Acetylsalicylsäure (ASS): Die frühe Gabe von ASS beim ischämischen Insult führt zu einer minimalen Reduktion der Mortalität und der Reinsultrate.
  • Thrombembolieprophylaxe: Bei bettlägrigen oder immobilen Patienten wird eine subkutane, niedrig dosierte Heparinisierung zur venösen Thromboseprophylaxe durchgeführt.
  • Überwachung: Kontrolle der Elektrolyte, Flüssigkeitsbilanzierung, Überwachung der kardialen Funktion, Blutdruck und Sauerstoffsättigung.

Behandlung des Hirnödems

Zur Behandlung der intrakraniellen Druckerhöhung stehen physikalische, beatmungstechnische und pharmakologische Maßnahmen zur Verfügung:

  • Physikalische Maßnahmen: Oberkörperhochlagerung (bis 30°) und Geradelagerung des Kopfes in der Körpermittelachse.
  • Beatmungstechnische Maßnahmen: Rechtzeitige Analogsedierung, Intubation und Beatmung. Hyperventilation wird nur zur kurzfristigen Akutbehandlung von Hirndruckkrisen empfohlen.
  • Pharmakologische Maßnahmen: Osmotisch wirksame Substanzen wie Glycerol, Mannitol oder hypertone Kochsalzlösung. In schweren Fällen kann eine intravenöse Gabe von THAM versucht werden. Eine milde Hypothermie (32 bis 30 °C) scheint ebenfalls einen positiven Effekt zu haben.
  • Dekompressionsoperation: Bei jungen Patienten mit malignem Hirnödem kann eine Dekompressionsoperation in Betracht gezogen werden.

Rehabilitation: Zurück ins Leben finden

Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist ein individueller Prozess, der darauf abzielt, die körperlichen Funktionen wiederherzustellen und die Lebensqualität zu verbessern.

Frührehabilitation

Oberstes Ziel der Frührehabilitation ist es, die durch den Schlaganfall geschädigten Körperfunktionen wiederherzustellen. Je früher geeignete Therapiemaßnahmen und Übungen umgesetzt werden, desto eher können die Schlaganfall-Symptome behandelt und schwerere Folgeschäden verringert werden.

Maßnahmen und Therapien

Je nach Bedarf können verschiedene Maßnahmen und Therapien zur Anwendung kommen, die ärztlich verordnet werden können:

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  • Krankengymnastik: zur Verbesserung der Beweglichkeit und Koordination.
  • Ergotherapie: zur Verbesserung der Alltagsfähigkeiten.
  • Logopädie: zur Behandlung von Sprach- und Schluckstörungen.
  • Neuropsychologie: zur Behandlung von kognitiven Defiziten.

Unterstützung im Alltag

  • Hilfsmittel: Je nach Bedarf kann der Arzt geeignete Hilfsmittel verschreiben, die den Alltag erleichtern.
  • Offene Kommunikation: Es ist wichtig, offen über alle Herausforderungen in der Alltagsgestaltung zu sprechen, um die so wichtige Unterstützung zu erhalten.
  • Geduld: Schlaganfall-Patienten müssen eine Menge Geduld aufbringen, da das Wiedererlernen von Fähigkeiten Zeit braucht.

Rechtliche Aspekte und Kosten

  • Rechtsanspruch auf Rehabilitation: Seit 2007 haben viele ältere Patienten einen Rechtsanspruch auf eine geriatrische Rehabilitation.
  • Kostenträger: Welcher Kostenträger für die Rehabilitation zuständig ist, richtet sich nach bestimmten Faktoren im Einzelfall.

Selbsthilfe und Nachsorge

  • Schlaganfall-Selbsthilfegruppen: können eine große Unterstützung sein, um mit den Folgen und Auswirkungen eines Schlaganfalls zu leben.
  • Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe: ist eine gute Adresse, um Kontakt zu Selbsthilfegruppen aufzunehmen.
  • Schlaganfall-Nachsorge: erfolgt durch einen Neurologen und den behandelnden Hausarzt.
  • Anpassung des Lebensstils: Ernährungsumstellung und mehr körperliche Aktivität.

Prävention eines erneuten Schlaganfalls

  • Gesunde Ernährung: Orientierung an den Grundregeln der „mediterranen Diät“: viel Obst und Gemüse, Olivenöl, Fisch sowie wenig rotes Fleisch.
  • Kontrolle von Risikofaktoren: wie zu hohe Cholesterin- oder Zuckerwerte.
  • Regelmäßige Bewegung: Schwimmen, Radfahren, Jogging, Walking etc.
  • Diabetes-Behandlung: Die richtige Diabetes-Behandlung kann einen Schlaganfall verhindern und ist somit eine sehr effektive Präventionsmaßnahme.

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