Die Alzheimer-Krankheit ist eine der größten medizinischen Herausforderungen unserer Zeit. Weltweit leiden Millionen Menschen an dieser fortschreitenden Erkrankung des Gehirns, die durch den Verlust von Nervenzellen und den Abbau kognitiver Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erzielt, die neue Hoffnung auf wirksame Therapien und sogar eine mögliche Heilung wecken.
Die Alzheimer-Krankheit: Eine Übersicht
Die Alzheimer-Krankheit ist eine Form der Demenz, bei der Nervenzellen im Gehirn absterben. Dies führt zu Gedächtnisverlust, Orientierungsstörungen und Beeinträchtigungen des Denk- und Urteilsvermögens. Die genauen Ursachen der Alzheimer-Krankheit sind noch nicht vollständig geklärt, aber es gibt eine Reihe von Faktoren, die das Risiko erhöhen können, darunter genetische Veranlagung, Alter, Lebensstil und Umweltfaktoren.
Im Gehirn von Alzheimer-Patienten bilden sich typische Eiweißablagerungen, sogenannte Amyloid-Plaques und Tau-Fibrillen. Diese Ablagerungen stören die Kommunikation zwischen den Nervenzellen und führen schließlich zu ihrem Absterben.
Neue Therapieansätze in der Alzheimer-Forschung
Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren eine Reihe vielversprechender neuer Therapieansätze hervorgebracht. Einige dieser Ansätze zielen darauf ab, die Entstehung von Amyloid-Plaques zu verhindern oder sie aufzulösen, während andere darauf abzielen, Entzündungsprozesse im Gehirn zu stoppen oder die Funktion der Nervenzellen zu verbessern.
Antikörper-Wirkstoffe: Donanemab und Leqembi
Zwei der vielversprechendsten neuen Therapieansätze sind die Antikörper-Wirkstoffe Donanemab (Kisunla) und Leqembi (Lecanemab). Beide Wirkstoffe zielen darauf ab, die Amyloid-Plaques im Gehirn zu reduzieren.
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Donanemab (Kisunla)
Donanemab ist ein monoklonaler Antikörper, der sich gezielt gegen eine spezielle Form des Amyloid-Beta-Peptids (Pyroglutamat-Amyloid-beta) richtet, das sich bereits in Form von Plaques an den Zellen angelagert hat. Der Wirkstoff setzt eine Immunreaktion in Gang, die darauf abzielt, die Plaques zu entfernen.
Die Ergebnisse der TRAILBLAZER-ALZ-2-Studie zeigten, dass Donanemab die schädlichen Amyloid-Ablagerungen effektiv abbauen und den geistigen Abbau der Patientinnen und Patienten um 35 Prozent verlangsamen konnte. Eine wichtige Erkenntnis war, dass die Erkrankten nach Entfernung der Amyloid-Ablagerungen die Behandlung beenden konnten, was eine kürzere Therapiedauer und vergleichsweise geringe Kosten ermöglicht.
Donanemab ist unter dem Handelsnamen Kisunla unter anderem in den USA, Japan, China und Großbritannien zugelassen. Für die EU wurde im Juli 2025 die Zulassung durch den Expertenrat der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) empfohlen. Kisunla kann bei Erwachsenen im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit eingesetzt werden, das heißt bei Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung (MCI) und leichter Alzheimer-Demenz, bei denen Amyloid-Plaques im Gehirn nachgewiesen wurden.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen gehören Kopfschmerzen, allergische Reaktionen während oder nach der Infusion und potenziell ernsthafte Veränderungen im Gehirn, sogenannte ARIA, die Hirnschwellungen oder Hirnblutungen bedeuten.
Leqembi (Lecanemab)
Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab beziehungsweise verhindert die Bildung neuer Plaques.
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Leqembi ist seit April 2025 in der EU zugelassen, in Deutschland aber noch nicht verfügbar. Derzeit laufen die Vorbereitungen für den Einsatz. Der Wirkstoff kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Dazu zählen vor allem Personen mit einer Alzheimer-Diagnose im Stadium eines Mild Cognitive Impairment (MCI, zu Deutsch „leichte kognitive Störung“) oder im frühen Stadium einer Alzheimer-Demenz.
Auch bei der Behandlung mit Leqembi sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen. So müssen die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn nachgewiesen werden - entweder durch eine Lumbalpunktion oder mittels Amyloid-PET. Zudem dürfen Erkrankte höchstens eine Kopie des sogenannten ApoE4-Gens tragen. Personen mit zwei Kopien sind wegen der erhöhten Gefahr für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Leqembi eignet sich außerdem nicht für Menschen, die Gerinnungshemmer einnehmen.
In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmenden Nebenwirkungen auf - darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H).
Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Wie Leqembi konzentriert sich auch Kisunla auf die Beseitigung der Amyloid-Plaques, wobei Leqembi auch an lösliche Formen von Beta-Amyloid bindet, während Kisunla spezifisch an eine Form von Beta-Amyloid bindet, die sich bereits in Form von Plaques an den Zellen angelagert hat.
Kritik und Einschränkungen
Obwohl Donanemab und Leqembi vielversprechende neue Therapieansätze darstellen, gibt es auch Kritik und Einschränkungen. So können beide Medikamente Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf aufhalten. Ziel der Behandlung ist es, den geistigen Abbau bei Menschen im frühen Krankheitsstadium zu verlangsamen. Zudem sind die Medikamente mit potenziellen Nebenwirkungen verbunden, und nicht jeder Patient profitiert von der Behandlung.
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Ein weiterer Kritikpunkt ist der hohe Preis der Medikamente. Die Behandlung mit Donanemab und Leqembi ist sehr teuer und aufwendig, da die Patientinnen und Patienten für die Infusionen in eine Klinik müssen und die ganze Zeit engmaschig per Hirnscan überwacht werden müssen.
Weitere Forschungsansätze
Neben den Antikörper-Wirkstoffen werden in der Alzheimer-Forschung auch viele andere Ansätze verfolgt. Dazu gehören:
- Gentherapie: Ein Forschungsteam um Prof. Martin Fuhrmann (Bonn) möchte mit Hilfe eines gentherapeutischen Verfahrens das Risiko-Gen ApoE4 verändern und damit das Risiko für Alzheimer senken.
- Immunmodulation: Ein Forschungsteam um Prof. Stefan Lichtenthaler (München) befasst sich mit TREM2, einem Eiweiß-Molekül, das auf der Oberfläche der Immunzellen des Gehirns vorkommt. In Laborexperimenten wollen die Forschenden untersuchen, wie man diesen Schalter beeinflussen kann, um entzündliche Prozesse, die mit Alzheimer einhergehen, einzudämmen.
- Repurposing von Medikamenten: Es häufen sich vielversprechende Studien mit Diabetesmedikamenten und neuen Abnehmspritzen wie Wegovy. Studien dazu laufen bereits. Was bei den verschiedenen Wirkstoffen gegen Diabetes genau im Gehirn passiert, ist noch unklar.
- Impfungen: Eine Studie im Fachmagazin Nature Medicine hat bei mehr als 100.000 Menschen untersucht, wie sich Shingrix, der neue Impfstoff gegen Gürtelrose, auf den Ausbruch von Alzheimer auswirkt. Alzheimer wurde zwar auch bei einigen Geimpften diagnostiziert - aber im Schnitt rund ein halbes Jahr später als bei den Ungeimpften.
- Bluttests: Prof. Monique Breteler (Bonn) wird gemeinsam mit Fachleuten aus den Niederlanden anhand von Daten aus zwei großen bevölkerungsbasierten Studien untersuchen, inwieweit Bluttests das Alzheimer-Risiko im frühen Stadium zuverlässig abschätzen können.
- Neue Methode zur Reduktion schädlicher Plaques: Das Team um Zott konnte jetzt im Laborversuch mit Mäusen nachweisen, dass sich durch die Gabe von Anticalin die erhöhte Aktivität der Nervenzellen wieder normalisiert.
Prävention von Alzheimer
Obwohl die Alzheimer-Krankheit noch nicht heilbar ist, gibt es eine Reihe von Maßnahmen, die man ergreifen kann, um das Risiko zu senken oder den Ausbruch zu verzögern. Dazu gehören:
- Gesunder Lebensstil: Vermeiden Sie Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht und Bewegungsmangel.
- Kognitive Aktivität: Fordern Sie Ihr Gehirn regelmäßig durch Lesen, Lernen, Spielen und soziale Interaktion heraus.
- Soziale Kontakte: Pflegen Sie soziale Kontakte und bleiben Sie aktiv in Ihrer Gemeinde.
- Regelmäßige Bewegung: Treiben Sie regelmäßig Sport, um Ihre körperliche und geistige Gesundheit zu fördern.
- Gesunde Ernährung: Ernähren Sie sich gesund und ausgewogen, mit viel Obst, Gemüse und Vollkornprodukten.
- Kontrolle von Risikofaktoren: Lassen Sie regelmäßig Ihren Blutdruck, Cholesterinspiegel und Blutzucker kontrollieren und behandeln Sie gegebenenfalls erhöhte Werte.
- Vermeidung von Sehverlust: Achten Sie auf Ihre Augengesundheit und lassen Sie Sehprobleme frühzeitig behandeln.
- Impfungen: Lassen Sie sich gegen Gürtelrose impfen, um möglicherweise das Risiko für Alzheimer zu senken.
Herausforderungen und Ausblick
Die Alzheimer-Forschung steht weiterhin vor großen Herausforderungen. So sind die genauen Ursachen der Krankheit noch nicht vollständig geklärt, und es gibt noch keine Heilung. Zudem ist die Diagnose im Frühstadium oft schwierig, und viele Patienten werden erst spät im Krankheitsverlauf diagnostiziert.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch viele Gründe für Optimismus. Die Alzheimer-Forschung hat in den letzten Jahren bedeutende Fortschritte erzielt, und es gibt eine Reihe vielversprechender neuer Therapieansätze, die in den kommenden Jahren möglicherweise zur Verfügung stehen werden. Zudem werden die Präventionsmaßnahmen immer besser verstanden, und es gibt immer mehr Möglichkeiten, das Risiko für Alzheimer zu senken oder den Ausbruch zu verzögern.
Die Alzheimer Forschung Initiative (AFI) fördert Forschungsprojekte, um die Ursachen der Alzheimer-Krankheit besser zu verstehen und neue Therapieansätze zu entwickeln.
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